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Artikel
2001
Kameras
Erster Test: Canon EOS1V
Energische Modelloffensive
Die neue Canon EOS 1V bringt sowohl elektronisch als auch mechanisch einen kräftigen Technik-Schub in die Kamerawelt. Hinter dem schnittigen Design, das die dynamischen Qualitäten der EOS 1V auch formal zum Ausdruck bringt, verbirgt sich eine Neuinterpretation der Profikamera, die keine Zweifel daran lässt, wer der Marktführer ist.
+ neue, sehr leistungsfähige Hard- und Software
+ Außengehäuse aus Magnesiumlegierung
+ Verbesserter Flächen-Autofokus mit 45 AF-Sensoren
+ AF-gekoppelte Mehrfach-Belichtungsmessung mit 21 Messsegmenten
+ Spotmessung, an den aktiven AF-Sensor koppelbar
+ Multispotmessung mit automatischer Mittelwertbildung aus bis zu 8 Einzelmessungen
+ Schärfenachführung bei 9 Bilder/Sekunde (mit Booster)
+ 20 Individualfun4<tionen mit 63 Einstellmöglichkeiten
+ Programmshift
+ Belichtungsreihenautomatik mit frei wählbarem Abstand der flankierenden Belichtungen
+ Hervorragende E-TTL-Blitzsteuerung
+ Blitzbelichtungskorrektur
+ Blitzbelichtungsreihen
+ Blitzbelichtungsspeicherung
+ ausgezeichneter Systemausbau
+ Zahlreiche weitere Ausstattungs-HighLights, wie z.B. Einbelichtung einer Filmidentifikationsnummer. Spiegelvorauslösung, in der Zeit- und Blendenautomatik Safety Shift und freie Wahl der Einstellstufen
- in der höchsten Ausbaustufe mit Booster PB-E2 und Ni-MH-AkkuPack NP-E2 samt Ladegerät hoher Gesamtpreis (ca. 5400 Mark)
Die neue EOS 1V versucht nicht, durch eine wuchtige Erscheinung zu beeindrucken. Vielmehr liegt der Unterschied zwischen dem „Semiprofimodell" EOS 3 und dem Profimodell EOS 1V dort, wo sonst der Teufel sitzt, nämlich im Detail. Zwar ist die technische und optische Verwandtschaft beider Modelle offensichtlich, doch das neue Zugpferd der Marke hat deutlich an Souveränität gewonnen. Und die kommt nicht von irgendwelchen neuartigen Technik-Sensationen (wie seinerzeit bei der EOS 3), sondern von beharrlich betriebenem Fortschritt, der sich in erster Linie in mechanischer Opulenz konkretisiert.
Bei praktisch gleichen Abmessungen (die EOS 1V ist lediglich 1,6 mm höher als die EOS 3), bringt die EOS 1V gute 185 Gramm mehr auf die Waage. Der Grund für die Gewichtszunahme liegt im vermehrten Einsatz von Metall. Das Innengehäuse ist aus einem robusten Aluminium-Druckguss gefertigt, die anderen Teile aus einem glasfaserverstärkten Polycarbonat. Anders als bei der EOS 3 und der EOS 1N besteht jedoch das vordere und obere Außengehäuse nicht aus Kunststoff, sondern aus einer speziellen Magnesiumlegierung. Diese macht die Gehäusekonstruktion insgesamt härter und verwindungsfester sowie widerstandsfähiger gegenüber mechanischen Einflüssen (kratzfest). Ferner hat die Magnesiumlegierung eine Schutzschild-Funktion für die Kameraelektronik gegenüber elektromagnetischer Strahlung. Bei der Kamerarückwand und der Bodenplatte hat Canon auf den teuren Magnesium-Einsatz verzichtet, weil Versuche in Japan ergeben haben, dass weder die Gehäuse-Steifheit noch die Schutzwirkung dadurch signifikant verbessert werden.
An insgesamt 72 Stellen sind Silikondichtungen angebracht, so dass die Kamera gegen Regen und Spritzwasser geschützt ist. Auch die Verschlusslamellen sind wasserabweisend, was beim Filmwechsel im Regen wichtig ist. Professionelle Sport-, Tier- oder Reisefotografen, die auch bei Regenwetter oder hoher Luftfeuchtigkeit ihre Arbeit verrichten müssen, werden das zu schätzen wissen. Aber auch anspruchsvolle Fotoamateure profitieren von der umfassenden Abdichtung, denn diese bietet den bestmöglichen Schutz der Kameraelektronik. Neu und extrem robust ist auch der Verschluss, der für mindestens 150 000 Auslösungen ausgelegt ist (zum Vergleich: bei der EOS 3 und der EOS 1N sind es 100 000 Auslösungen - interne Canon-Versuche mit der EOS 1V wurden nach 200 000 Auslösungen ohne Schaden unterbrochen). Verbessert wurde auch die elektromagnetische Steuerung und der Antriebsmechanismus, so dass der vertikal ablaufende Präzisionsverschluss extrem schnell arbeitet: Beide Verschlussvorhänge bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von 2,2 Millisekunden auf 24 mm (Filmfenster). Die Auslöseverzögerung beträgt kurze 55 Millisekunden (EOS 1N: 65 Millisekunden).
Von einer wesentlichen Konstruktions-Verbesserung profitiert auch der Rückschwingspiegel. Der Ablaufmechanismus ist schneller und ruhiger geworden. Die Vibrationen durch den unvermeidlichen Spiegelschlag wurden durch eine bessere Dämpfung deutlich reduziert. Für das Herunterklappen und die Stabilisierung des Spiegels benötigt die EOS 1V maximal 47 Millisekunden (zum Vergleich: 65 ms/EOS 3 und 80 ms/EOS 1N). Dadurch verkürzt sich deutlich auch die Dunkelphase im Sucher auf 87 Millisekunden bei der EOS 1V, während sie bei der EOS 3 noch 105 und bei der EOS 1N sogar 140 Millisekunden beträgt. Weil die EOS 1V keine Augensteuerung hat, war es möglich, Dioptrienausgleich (-3 bis +2 Dioptrien) und Okularverschluss in den Pentaprismensucher einzubauen. Der Sucher zeigt 100% des Bildausschnitts und liefert ein sehr helles Sucherbild. Die neue Standard-Einstellscheibe Ec-CIII kann gegen jede beliebige Ec-Einstellscheibe ausgetauscht werden. Die AF-Messpunkte werden auf jede Einstellscheibe projiziert. Der High-Eyepoint-Sucher (Austrittspupille 20 mm) liefert auch Brillenträgern einen vollständigen Suchereinblick. Die Sucheranzeigen informieren übersichtlich über alle wichtigen Kameraeinstellungen und sind bei jedem Licht sehr gut ablesbar, denn ihre Helligkeit wird automatisch der Sucherhelligkeit angepasst.
In der Grundausstattung kostet die EOS 1V noch erträgliche 3999 Mark, für die HS-Variante sind 4599 Mark fällig (HS = High Speed, mit Power Drive Booster PB-E2). Die Markteinführung in Deutschland ist für April geplant. Canon gibt für den Zusatz „V" drei Erklärungen: V steht für Vision, Vanguard (Spitze, Führung) und Vertex (Krone, Gipfel). Als „römisch 5" gelesen, gibt das V die fünfte Generation der Profi-EOS an. Die Spitzenleistung einer High-Tech-Kamera wird freilich nicht nur im mechanischen, sondern auch und vor allem im Bereich der Elektronik definiert. Und hier hat die Canon EOS 1V im Detail mehr zu bieten, als man es zunächst aufgrund der „elektronischen Abstammung" von der EOS 3 vermuten würde.
Die Canon EOS 1V ist, genauso wie die EOS-3, mit dem neuen CMOS-Sensor (Complementary Metal Oxyde Semiconductor) ausgestattet, der mit 45 Autofokus-Sensoren, darunter sieben AF-Kreuzsensoren, arbeitet. Auch die Anzahl der Bildpunkte ist mit 10 724 Pixel gleich geblieben (zum Vergleich: die EOS-1N verfügt über „nur" 382 Pixel). Bei der EOS 1V wurde jedoch die effektive lichtempfindliche Fläche der einzelnen Bildpunkte um zwölf Prozent vergrößert und mit einer Antireflexschicht überzogen. Dadurch reagieren die AF-Sensoren auch bei kritischen Lichtverhältnissen schneller und präziser. Ferner haben die Entwicklungsingenieure von Canon den verbesserten CMOS-Sensor in einer optisch und mechanisch vollkommen neu entwickelten AF-Einheit untergebracht. Das neue AF-Chassis ist sehr robust konstruiert, schockabsorbierend und unempfindlich gegen Umwelteinflüsse wie Luftfeuchtigkeit und Temperaturschwankungen. Das optische System für den AF-Strahlengang ist nun linear angeordnet, während es bei der EOS 3 einen 90xGRADx-Winkel macht. Dadurch konnte auf den zweiten schräg stehenden vollreflektierenden Spiegel der EOS 3 verzichtet werden, der bei ungünstigem Lichteinfall unerwünschte Reflexionen verursachen kann. Auch die asphärische Linse ist neu gerechnet und aus Glas (statt aus Kunststoffharz) gepresst, was ihre optischen Eigenschaften verbessert.
Eine weitere, entscheidende Quelle für die gesteigerte AF-Geschwindigkeit der EOS 1V ist der ultraschnelle 32-bit Mikroprozessor, der mit einer Taktfrequenz von 33,3 MHz arbeitet. Zum Vergleich: Der 32-bit-Rechner der EOS 3 hat eine Taktfrequenz von 24,5 MHz, während die Taktfrequenz der CPU-Einheit der EOS 1 und 1N bei 12 MHz liegt. Die Verarbeitungsgeschwindigkeit der EOS 1V liegt bei 0,3 Mikrosekunden, die der EOS 3 bei 0,4 Mikrosekunden, während die älteren Prozessoren 0,17 Mikrosekunden (EOS 1N) oder sogar 0,33 Mikrosekunden (EOS 1) benötigen. Bei der EOS 1V wurde auch die AF-Software und der Steuerungsalgorithmus verbessert. Hier ein Beispiel: Normalerweise arbeitet der statische AF immer mit Schärfepriorität (Kamera löst nur bei scharfem Bild aus) und der kontinuierliche AF mit Auslösepriorität (Kamera löst auch bei unscharfem Bild aus, weil man bei bewegten Objekten davon ausgeht, dass ein unscharfes Foto einer Auslösesperre vorzuziehen ist). Bei der Canon EOS 1V wurde die Software für die Schärfenachführung wie folgt geschrieben: Die erste Aufnahme einer Serie mit kontinuierlichem AF erfolgt mit Auslösepriorität, damit sicherheitshalber ein Bild „im Kasten" ist. Ab der zweiten Aufnahme schaltet die Kamera auf Schärfenachführung mit Schärfepriorität um, damit die nachfolgenden Aufnahmen auch tatsächlich scharf werden. Das ist eine sehr durchdachte und ausgesprochen praktische Lösung, über die sich professionelle Sport- und Tierfotografen freuen dürfen. Diese Zielgruppe hat auch noch einen weiteren Grund zur Freude: Bestückt mit dem optional erhältlichen Booster PBE2 mit Ni-MH-Akku-Pack NP-E2 funktioniert die Schärfenachführung (AI-Servo-AF) zwischen den Einzelaufnahmen sogar bei einer Bildfrequenz von neun Bildern pro Sekunde. Die hohe
Messfelddichte der 45 AF-Sensoren erleichtert das Verfolgen und die Schärfenachführung bei bewegten Objekten.
Während die sehr schnelle Canon EOS1N die Schärfenachführung bis zu Objektgeschwindigkeiten von 40 km/h auf acht Meter schafft, liegt bei der EOS 1V und der EOS-3 die Grenze bei 50 km/h auf acht Meter (mit Objektiv EF 2,8/300 mm L USM). Während die EOS 3 diese Leistung „nur" bis zu einer maximalen Bildfrequenz von sieben Bildern pro Sekunde erbringt, schafft es die EOS 1V sogar bei neun Bildern pro Sekunde (mit Scharfeinstellung vor jeder Aufnahme). Mit statischem Autofokus (One-Shot-AF) erhöht sich die Bildfrequenz auf zehn Bilder pro Sekunde, wobei auch hier zwischen den Einzel= aufnahmen jedes Mal fokussiert wird. Diese Daten beziehen sich auf den Betrieb mit Booster PB-E2 mit Ni-MH-Akku-Pack NP-E2. Ohne Booster schafft die EOS 1V 3,5 Bilder pro Sekunde bei statischem und drei Bilder pro Sekunde bei dynamischem Autofokus.
Die AF-Sensoren können automatisch durch den Kameracomputer oder manuell aktiviert werden. Die EOS 1V bietet zusätzlich die Möglichkeit, einen bestimmten AF-Sensor zu registrieren, der mit einer separaten Taste aktiviert werden kann. Diese Taste, die nur bei der EOS 1V vorhanden ist und bei Redaktionsschluss noch keine offizielle deutsche Bezeichnung hatte (engl. „AF Assist Button"), kann so programmiert werden, dass immer der zentrale AF-Sensor beim Druck auf den „AF-Assistenten" eingeschaltet wird. Mit den Individualfunktionen sind weitere Programmierungen möglich, wie zum Beispiel die manuelle Wahl des AF-Sensors auf das Daumenrad zu legen oder die Anzahl der AF-Messpunkte auf elf oder neun zu reduzieren. Der hochpräzise zentrale AF-Kreuzsensor besteht aus einem bis Objektiv-Anfangsöffnung 1:8 empfindlichen vertikalen AF-Sensor und einem bis 1:4 empfindlichen Horizontalsensor. Dadurch ist AF-Betrieb sogar bei Anfangsöffnung 1:8 möglich, was vor allem beim Einsatz von Objektiven mit Telekonvertern wichtig ist. Die große Anzahl der AF-Sensoren mit ihrer hohen Messdichte, der sehr leistungsfähige, ultraschnelle Mikroprozessor mit Software vom Feinsten sowie die blitzschnell und leise arbeitenden USM-Objektive machen sich in der Praxis bezahlt und die Canon EOS IV zum neuen AF-Technologieträger.
Belichtungssteuerung. Die Belichtungsmessung der Canon EOS 1V ist an die der EOS 3 angelehnt. Zwar sind die Belichtungsmessarten bei beiden Kameras identisch: Mehrfeldmessung mit 21 Messfeldern, mittenbetonte Integralmessung, Selektiv-, Spot- und Multispotmessung. Aber der Algorithmus für die Belichtungssteuerung wurde bei der EOS IV verbessert. Auch die E-TTL-Blitzbelichtungsmessung der EOS IV entspricht weitgehend der EOS 3, die neue Software kann jedoch die Motivhelligkeit noch genauer analysieren und die Mess-Segmente noch differenzierter gewichten. Die Belichtungsprogramme sind für die Einsatzgebiete der Profifotografen konzipiert, eignen sich jedoch hervorragend auch für andere engagierte Fotografen.
Ergonomie und Sonstiges. Mit 20 Individualfunktionen und 63 Einstellmöglichkeiten kann jeder Fotograf die EOS 1V so programmieren, wie es seiner Arbeitsweise oder den motivspezifischen Aufnahmesituationen entspricht (zum Vergleich: die EOS 3 bietet 52 Einstellungen in 18 Individualfunktionen, die EOS 1N hat 14 Funktionen mit 35 Einstellungen). Neu und zukunftsweisend ist auch das PC-Anschlussterminal der EOS 1V, mit dem die Kamera an einen Computer angeschlossen werden kann. Auf diese Weise können bestimmte Kamerafunktionen umprogrammiert (z.B. Belichtungsreihenautomatik mit zwei statt drei Belichtungen) oder die detaillierten Aufnahmedaten auf die Festplatte gespeichert und ausgedruckt werden. Je nach Anzahl der gespeicherten Funktionen (es sind 27 Funktionen mit jeweils mehreren Optionen einstellbar), kann die EOS IV die Daten von 50 bis 200 Filmen mit 36 Aufnahmen speichern. Unabhängig davon belichtet die EOS 1V vor dem ersten Bild eine Film-Identifikationsnummer auf der Filmlasche. Anders als die EOS 3 ist die EOS 1N auch für den Einsatz von Infrarotfilm geeignet. Abblendtaste, Spiegelvorauslösung, Selbstauslöser mit zwei Vorlaufzeiten, ständige Batteriekontrolle, Bildzähler auch im Sucher (vor- oder rückwärtszählend) ergänzen die üppige Ausstattung. Verhältnismäßig leise sind auch die Betriebsgeräusche. Ober den PC-Link kann die Lautstärke beim Einfädeln des Films um 5 dB verringert werden (von 67dB auf 62 dB, die Einfädelzeit verlängert sich dabei von 0,46 auf 0,73 s). Die Individualfunktion CF-1 bietet auch die Wahl zwischen schnellem (59 dB bei 8 s für einen 36er Film) oder leisem Filmrücktransport (49 dB bei 18 s für einen 36er Film). Insgesamt erreichen die Betriebsgeräusche (Filmtransport/ Spiegelschlag/Verschlussablauf) bei Serienbildschaltung 79,2 dB bei der EOS 1V (87,1 dB bei der EOS 3 und 78,9 dB bei der EOS 1N) und bei Einzelbildschaltung 76,2 dB bei der EOS 1V (77,8 dB bei der EOS 3 und 79,4 dB bei der EOS 1N). Das Bedienungskonzept der Canon EOS 1V ist an das der EOS 1N und der EOS 3 angelehnt. Die Ergonomie ist jedoch durch Änderungen im Detail, vor allem gegenüber der EOS 1N, verbessert worden. Das betrifft beispielsweise die Anordnung und die Belegung wichtiger Funktionstasten.
FAZIT:
Die Canon E05 1V ist der neue Technologieträger des Hauses und ein Spitzenprodukt ohne Wenn und Aber. Die Kamera ist aufgrund ihrer Hightech-Ausstattung sehr spontan in ihren Reaktionen und folgt noch unmittelbarer als andere Modelle der Königsklasse den Intentionen des Fotografen. Durch ihre kompromisslose Robustheit eignet sich die E05 1V bestens für den harten Profieinsatz, bei dem zwei oder drei Gehäuse gegeneinander baumeln oder auch mal gegen eine Wand knallen können. Die Canon E05 1V erhält das COLOR FOTO-Prüfsiegel hervorragend*****".
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