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Artikel
2001
Photographica
Mit Federkraft
ROBOT II: MIT ROTATIONSVERSCHLUSS
Sie ist eine der interessantesten kameratechnischen Konstruktionen aus den dreißiger Jahren: die ROBOT MIT FEDERMOTOR, ausgelegt für das Filmformat 24x24 mm und mit so manchen damals neuartigen Details ausgestattet.
Sie liefert Bilder im Format 24 x 24 mm auf Kleinbildfilm. Und sie sieht ganz unauffällig aus. Erst bei näherem Hinsehen offenbaren sich die Besonderheiten dieser Kamera: der große Aufzugsknopf in der Mitte der Deckkappe und das Einstellrad für die Belichtungszeiten an der Vorderseite unten neben dem Objektiv.
Die Robot ist tatsächlich keine normale Kamera. Ihr Clou: Sie hat einen Motorantrieb.
Bei der heutigen Yuppie-Generation erregt so etwas freilich kein Aufsehen mehr, denn schon die billigste Knipse hat ja einen automatischen Filmtransport. Doch die Robot entstand eben lange vor der Erfindung der Hochleistungsbatterien. Der Motor funktioniert noch mit Federkraft und muss per Hand aufgezogen werden. Und das geht hier so seidenweich, dass man sich fragt, ob diese Technik im Zuge des Umweltschutzes nicht mal wieder neu belebt werden sollte.
Der Rotationsverschluss
Der Verschluss weicht ebenfalls völlig vom Gewohnten ab. Es ist weder ein Schlitz- noch ein Zentralverschluss. Stattdessen wurde ein Rotationsverschluss hinter dem Objektivgewinde ins Gehäuse eingebaut. Sein Prinzip: Eine Scheibe mit einem ausgeschnittenen Sektor dreht sich hinter der Öffnung, ähnlich wie bei einer Filmkamera. Der Vorteil: Es gibt kein Vor und Zurück wie bei anderen Verschlüssen, sondern die Scheibe rotiert nur in eine Richtung und ermöglicht dadurch schnelle Bildfolgen und Zeiten von 1/500 bis 1/2 Sekunde. Eine zweite Abdeckung, die sich beim Druck auf den Auslöser öffnet, sorgt für zusätzliche Sicherheit. Die Verschlussscheibe ist aus sehr leichtem Blech und erzeugt keine spürbaren Erschütterungen - eine geniale Konstruktion. Die restliche Ausstattung wirkt eher schlicht: Bildzählwerk, Blitzbuchse, ein sehr kleiner Sucher im Stil der Zeit und Befestigungsbuchsen für Zubehör auf dem Suchergehäuse. Der Sucher hat einen zuschaltbaren 90-GradSpiegel, mit dessen Hilfe man um die Ecke blicken kann. Das soll unauffälliges Fotografieren ermöglichen, bleibt aber eine nette, bedeutungslose Spielerei.
Gute Verarbeitung
War's das? Nein, nicht ganz. Etwas an dieser Kamera lässt sich eher fühlen als sehen: die hervorragende Fertigungsqualität. Die Robot II ist klein und handlich, das Gehäuse gerade mal 11 cm lang, dabei aber recht schwer. Selbst das lichtstarke Objektiv von Carl Zeiss Jena scheint eine Sonderanfertigung in massiver Ausführung zu sein. Mit einer Lichtstärke von 1:2 gehörte der Sechslinser damals zweifellos zum Besten auf dem Markt. Zudem kann man die Optik wechseln. Angeboten wurden verschiedene Lichtstärken und Teleobjektive mit 26-mm-Schraubanschluss.
Tücken der Praxis
Es ist auch heute noch reizvoll, mit dieser Kamera zu fotografieren. Zugegeben: dass sie keinen Belichtungsmesser hat, erschwert die Arbeit ein wenig. Aber schließlich haben ja Generationen von Fotografen die Belichtung nur geschätzt, und bei den heutigen Negativfilmen mit ihrem großen Belichtungsspielraum dürfte die Trefferquote hoch sein.
Allerdings gibt es zwei Hindernisse. Das Hauptproblem stellt die spezielle Filmpatrone dar, die den Robot-Fotografen zum Selbstverarbeiter macht: Zunächst müssen Sie die alten Patronen also erst mal auftreiben. Dann gilt es, den normalen Kleinbildfilm hineinzuspulen. Diese lästige Prozedur hat aber durchaus ihren Sinn. Denn die Spezialpatronen öffnen den Patronenschlitz, sobald Sie die Kamera schließen. So kann die Robot den Film leichter und schneller transportieren. Auch das Filmformat 24 x 24 mm macht nur dem Selbstverarbeiter Spaß, denn in Großlaboren wird es recht stiefmütterlich behandelt. Die späteren Robot-Modelle nehmen normalen Kleinbildfilm auf, unter ihnen gibt es auch welche für das Format 24 x 36 mm.
Der Federmotor
Der Motorantrieb ist für Serienaufnahmen prinzipiell gut geeignet. Allerdings fehlt eine Serienbildfunktion. Stattdessen müssen Sie für jedes Bild einzeln auslösen, so dass die eigene Fingerfertigkeit die Bildfolge begrenzt. In der Praxis sind mehr als drei Aufnahmen pro Sekunde kaum drin, während rein technisch mindestens das Doppelte möglich wäre.
70 Jahre Robot
Die Geschichte dieser Kamera ist nicht minder interessant als ihre Technik. Heinz Kilfitt - schon in jungen Jahren ein begnadeter Konstrukteur - baute bis 1931 einen Prototyp. Doch von den etablierten Kameraherstellern fand sich keiner zur Produktion bereit; zu ausgefallen schien der Apparat, zu ungewohnt die Technik. Bei der Firma Berning in Düsseldorf fand er schließlich offene Ohren, und 1934 erschien das erste Serienmodell. Betuchte Amateure, Berufsfotografen und Spezialanwender kauften Robots, auch für militärische Zwecke wurden sie eingesetzt. Das hier gezeigte Modell blieb mit geringen Variationen von 1939 bis 1960 (!) im Angebot. Heute stellt die Robot Foto & Elektronic vor allem Überwachungskameras her. Bei Monochrom in Kassel gibt es jetzt wieder einen Robot-Klassiker zu kaufen, der technisch auf der hier gezeigten Variante basiert, wobei allerdings der Preis die Zielgruppe stark eingrenzt; das preisgünstigste Modell kostet dort 2980 Mark.
Kein Schnäppchen
Billig konnte die Kamera bei der Qualität auch damals nicht sein. Bei Schaja kostete sie 1939 in dieser Ausstattung 295 Reichsmark. Mit dreilinsigem Objektiv war sie für 165 Mark zu haben und lag damit auf dem Niveau der preisgünstigsten Leica. Auf Fotobörsen kann man heute noch fündig werden; das gezeigte Modell dürfte im mittleren Zustand ab 400 Mark kosten. Spätere Robots mit rechteckigem Filmformat sind wesentlich teurer.
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