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Artikel
2001
Kameras
Übersicht: Alle Manuell Fokussierbaren Kameras des Marktes
Nicht nur für Könner
High-Tech-Kameras machen es Amateur- und Profifotografen heute immer leichter, zu guten Bildern zu kommen. Dennoch behaupten sich auch manuell zu fokussierende Kleinbild-Sucher- und Spiegelreflexkameras am Markt. Die klassische KB-Messsucherkamera erlebt seit kurzem sogar eine Art Wiedergeburt mit modernstem Innenleben. Grund genug, das Angebot und die Möglichkeiten manueller KB-Kameras genauer zu beleuchten.
Aktuelle manuelle Kleinbild-Messsucherkameras
Aktuelle manuelle Kleinbild-Spiegelreflexkameras (SLR-Kameras)
Aktuelle manuelle Kleinbild-Sucherkameras
Seit nicht einmal zehn Jahren scheinen die manuell zu fokussierenden Kleinbild-Sucher- und -Spiegelreflexkameras vom Markt verschwunden. Dabei sind sie sehr robust und kompakt gebaut und boten bereits damals, dank einer hochentwickelten Belichtungsautomatik, eine Menge Komfort. Nachdem sich Ende der achtziger Jahre der Autofokus im professionellen Bereich zu bewähren begann, stellten fast alle Kamerahersteller auf vollautomatische AF-Kameras um. Die heutigen automatischen KB-Kameras haben nicht mehr nur eine AF-Funktion, sondern sind mit allen nur erdenklichen Ausstattungen versehen - von den mit Macht auf den Markt drängenden Digitalkameras ganz zu schweigen. Das Angebot an manuellen Kameras ging erheblich zurück.
Bei den modernen automatischen Kameras werden nicht nur die Filme mit atemberaubender Geschwindigkeit durchs Gehäuse gezogen - Autofokus und modernste Mehrfeldzonentechnik, gepaart mit Mikroelektronik vom Feinsten, sichern dem Fotografen gute Ergebnisse.
Kreativität steht ganz vorne
Macht es da noch Sinn, mit einer manuell zu fokussierenden Kamera zu arbeiten? Vielleicht würde man nur als Nostalgiker oder Foto-Purist abgestempelt. Vielleicht steht aber doch für viele Fotografen die Frage im Vordergrund, inwieweit sie mit ihrer Kamera eine Aufnahme bewusst und frei gestalten, mit Schärfentiefe arbeiten und ihre Kreativität umsetzen können. Eine High-Tech-Kamera macht zwar vieles bequemer, kann aber die schöpferischen Freiräume auch enorm einschränken oder dem Fotografen das Ruder auch schon einmal ganz aus der Hand nehmen. Die Wahl der richtigen Belichtung, der Entfernung und der Schärfentiefe sind immer noch ursprüngliche Tätigkeiten eines Fotografen, die er nicht immer der Technik überlassen kann und will. Eine gelungene Aufnahme hängt vom komplexen Wissen über die Technik und über die kreativen Gestaltungsmöglichkeiten hinter der Kamera ab.
Welche Vor- und Nachteile besitzen die manuellen Kameras nun konkret und was können sie einem Fotografen bieten? Was die Schnelligkeit betrifft, ist die automatische Kamera in bestimmten Aufnahmesituationen, wie beim Sport oder im modernen Bildjournalismus überlegen. Dennoch gibt es eine Reihe von Motiven, die Fotografen auch immer wieder zur manuellen Kamera greifen lassen.
Einfach, robust und leise
So sind die manuellen Kamera sehr robust und kompakt gebaut. Ihre Bauweise macht sie zu unscheinbaren Reisebegleitern und ihre robuste Natur erlaubt es, sie auch in extremen Situationen einzusetzen - wie bei großen Temperaturschwankungen oder starken elektrischen oder magnetischen Feldern, wie sie in Kraftwerken auftreten. Vollelektronische Kameras sind hier zu störanfällig oder sie versagen gar völlig.
Dazu kommt, dass mechanische Kameras mit erstaunlich wenig Bedienelementen auskommen. Ist die Filmempfindlichkeit eingestellt, muss nur noch der Schnellspannhebel betätigt, mit Blendenring und Verschlusszeitenrad - bei TTL-Messung - die exakte Belichtung bestimmt und von Hand scharf gestellt werden - schon kann man auslösen. Will man hingegen alle Funktionen einer vollelektronischen Kamera optimal nutzen, muss man sich zunächst durch die sehr umfangreiche Bedienungsanleitung arbeiten. Für Funktionen, die man nicht regelmäßig braucht, muss man zudem immer wieder nachlesen. Darüber hinaus wird die Nutzung vieler Funktionen oft durch die Doppelbelegung der Bedienknöpfe erschwert.
Manche Funktionen, die manuelle Kameras bieten, fehlen bei den automatischen ganz, so z. B. der Schnellspannhebel, der auch einen etwas stramm sitzenden Film noch transportiert. Auch die Rückspulkurbel ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Gerade eingelegte Filme kann man damit etwas spannen, so dass sie richtig durch die Kamera laufen. An der Kurbel sieht man auch, ob der Film in der Kamera beim Spannen richtig transportiert wird.
Da sie den Film in der Regel manuell und nicht automatisch transportieren, sind die manuellen Kameras beim Auslösen sehr leise. Spitzenreiter in dieser Hinsicht ist die mechanische Messsucherkamera Leica M6. Sie ist vor allem durch ihren flüsterleisen Verschluss und das Fehlen des Spiegelschlags - wie er bei einer SLR-Kamera immer zu hören ist - ungeschlagen.
Individuelle Korrekturen
Die exakte Belichtung einer Aufnahme erfordert immer ein passendes Zeit-/Blende-Paar. Gerade hier können vollelektronische Kameras aber trotz modernster Technologie schon einmal daneben liegen. Dann ist die Erfahrung des Fotografen gefragt. Die Nachführmessung mit dem Blendenring am Objektiv einer manuellen Kamera erlaubt mit dem Verschlusszeitenrad immer noch die schnellste Belichtungskorrektur für das Motiv oder eine Belichtung, die technisch vielleicht nicht korrekt ist, dafür aber den künstlerischen und gestalterischen Ambitionen des Fotografen entspricht. Von Vorteil ist natürlich auch die Schärfentiefenskala am Objektiv, die sofort einen Überblick bietet. Der Schärfebereich kann abgelesen und bei einer Spiegelreflexkamera durch Drücken der Abblendtaste auch visuell begutachtet werden. Bei manueller Fokussierung kann der Fotograf den Schärfebereich ganz nach seinen persönlichen Vorstellungen einstellen und sein Motiv entsprechend ablichten.
Viele erfahrene Fotografen überprüfen deshalb auch bei ihren modernsten Kameras ständig die Belichtungsangebote der Automatik, korrigieren die Einstellung oder greifen auf die klassischen Messmethoden zurück. Bei bestimmten Motiven und Aufnahmesituationen schalten sie auch den Autofokus der Kamera ab und arbeiten mit der Hand.
Moderne Kameras verbrauchen für die Elektronik, den Autofokus und das Filmspulen sehr viel Energie. Das kostet nicht nur Geld, sondern geht bei einigen Modellen auch schon mal ins Gewicht. Und es bringt natürlich auch alle allgemein von Batterien bekannten Nachteile mit sich: Sie sind im falschen Moment leer, können auslaufen oder - wenn es draußen sehr kalt ist - auch schon mal den Dienst versagen.
Für das TTL-Messsystem und die Steuerung des elektronischen Verschlusses brauchen manuellen Kameras meist nur wenig Energie. Die erforderlichen Batterien reichen oft über zwei Jahre. Rein mechanisch arbeitende Kameras, wie die Nikon FM2, die Leica R 6.2, die Olympus OM3 Ti, die Leica M6 oder die beiden Bessa-Modelle funktionieren zur Not auch ohne Batterie, dann allerdings ohne TTL-Messung.
Fotografischen Einsteigern fehlen oft noch tiefere Kenntnisse und Erfahrungen zum Verhältnis von Blende und Belichtungszeit, zur Schärfentiefe, zur Gestaltung mit gezielter Schärfe oder auch zum Kontrastumfang von Motiven. Gerade für Einsteiger lohnt sich die Überlegung, es einmal mit einer preisgünstigen manuellen SLR-Kamera zu versuchen. Sie ist zwar nicht so schnell wie eine vollautomatische, zwingt aber dazu, über Blende, Belichtungszeit und Schärfentiefe und die Nutzung dieser Komponenten bei der Bildgestaltung nachzudenken. Man kann seine fotografischen Fertigkeiten ausbauen und bekommt ein Gefühl für die bewusste Gestaltung in der Fotografie.
Vielfach sind manuelle Kameras auch heute noch das Werkzeug der engagierten Fotografen im Amateur- und Profilager. Sicherlich gibt es auch einige Fotografen, die einfach noch das Einrasten der Blende in halben Stufen spüren wollen.
Nicht ohne Grund wirbt aber auch eine Firma für ihre Messsucherkamera mit dem Slogan „Leider nur für Könner".
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