← Zurück
Artikel
Normtest
Canon F-1
Mehr Werkzeug als Spielzeug
Alle guten Dinge sind drei. Nachdem Nikon zuerst mit seinem neuen Spitzenmodell F3 auf den Markt kam, Pentax mit der LX folgte, wurde die neue Canon F-1 mit Spannung erwartet. Jetzt ist sie da.
Die alte Canon F- 1 war eine Kamera, die den Eindruck vermittelte, daß man mit ihr Nägel in die Wand schlagen könnte. Sie strahlte allein durch ihre Erscheinung und ihr Feeling das Gefühl von Solidität aus, das sich auch in der Praxis bis heute unter Beweis stellt. Hier galt es, mit dem Nachfolgemodell anzuknüpfen. Unter Beibehaltung dieser Qualitäten war den Entwicklungen moderner Kameratechnologie, insbesondere im elektronischen Bereich, Rechnung zu tragen. So standen die Canon-Konstrukteure vor der schwierigen Aufgabe, eine mechanische Kamera mit elektronischen Bauteilen zu bauen. Zur Verwirklichung dieses Zieles bedienen sie sich bei der neuen Canon F-1 des Baukastenprinzips.
Funktionen
Im Kern ist die neue F-1 eine Kamera mit Nachführmessung, wahlweise mit Offenblenden- oder Arbeitsblendenmessung. Dabei werden die Zeiten von 1/2000 s bis zur X-Synchronzeit von 1/90 s mechanisch gesteuert, so daß die Kamera zur Not in diesem Bereich - natürlich ohne Belichtungsmessung - auch ohne Batterien funktionsfähig bleibt. Die längeren Zeiten von 1/60 s bis 8 s werden elektronisch gesteuert. Diese Kamera erhält man, wenn man die F-1 mit dem Prismensucher FN erwirbt.
Als Alternative dazu gibt es die F- 1 in der Grundausstattung auch mit dem Prismensucher AE Finder FN. Dieser erschließt dem Fotografen neben der schon beschriebenen Nachführmessung zusätzlich die automatische Belichtungssteuerung mit Zeitautomatik bei Blendenvorwahl. Die Umschaltung erfolgt über einen Steuernocken an der Seite des Suchers, der von einem Mitnehmer auf dem Verschlußzeitenknopf bei Einstellung auf die arretierte Automatikposition betätigt wird. Im Zeitautomatikbetrieb kann sowohl mit Offenblendmessung gearbeitet werden, was meist der Fall sein wird, aber auch Arbeitsblendenmessung ist möglich. Mit ihr wird z. B. beim Einsatz von Nahaufnahmezubehör oder von Objektiven ohne Blendensimulation wie Spiegel-Teles oder Shift-Objektiven fotografiert.
Zum Blendenautomaten wird die F-1 auf eine originelle Weise. Nämlich dann, wenn der Motorantrieb AE FN oder der Power Winder AE FN angesetzt werden, unabhängig davon, ob die Kamera mit dem einfachen Sucherprisma oder dem Zeitautomatik-Prisma versehen ist. Ist letzteres der Fall, so kann wahlweise mit Zeit- oder Blendenautomatik gearbeitet werden. Zum Betrieb als Blendenautomat wird der Blendenring des Objektivs auf "A" gestellt. Eine Kombination von Zeit- und Blendenautomatik zur Programmautomatik ist allerdings nicht möglich. Sie dürfte allerdings auch für die Zielgruppe der F- 1 weniger interessant sein.
Die automatische Belichtungssteuerung kann über einen Belichtungskorrekturring in arretierten 1/3-Stufen bis zu ±2 LW beeinflußt werden. Eine Einschränkung tritt erst bei Empfindlichkeiten höher als 1600 ASA und niedriger als 25 ASA auf und spielt somit in der täglichen Praxis keine Rolle. Wir vermißten bei der Canon F-1 eine Meßwertspeichermöglichkeit, die bei einer Kamera dieser Preisklasse und mit diesem Anspruch eigentlich nicht fehlen sollte. Das Fehlen erscheint umso unverständlicher, da so eine Einrichtung gerade bei der mit den entsprechenden Einstellscheiben (siehe auch das zugehörige Kapitel) gebotenen Möglichkeit der Spotmessung sehr sinnvoll ist und keine technischen Gründe einer Meßwertspeicherung entgegenstellen, wie etwa bei der Pentax LX oder der Olympus OM-2.
Automatische Blitzaufnahmen sind mit den Canon Speedlites möglich. Wenn der Verschlußzeitenknopf nicht auf "B" steht, wird die Synchrozeit von 1/90 s selbsttätig eingestellt, und die im Sucher auf die Blendenzahl des am Blitzgerät eingestellten Wertes schwingende Meßnadel zeigt die Blitzbereitschaft an. Mit angesetztem Motor oder Winder und Objektiveinstellung auf "A" wird diese Blende auch automatisch eingestellt. Ansonsten muß die Einstellung von Hand erfolgen. Die Blitzbelichtungsmessung erfolgt über den Sensor des Blitzgerätes. Die F-1 besitzt keine TTL-Blitzmessung wie ihre Konkurrenten Nikon F3 und Pentax LX. Mit den Blitzgeräten 199 A, 533 G und 577 G sind auch längere Verschlußzeiten als 1/90 s synchronisierbar. Bei Aufnahmen mit anderen als Systemblitzgeräten wird der Verschlußzeitenknopf auf das Blitzsymbol eingestellt.
Belichtungssteuerung
Die Belichtungsmessung in der F-1 geschieht über eine Silizium-Fotodiode. Sie liegt auf der hinteren Längsseite des Mattscheibenrahmens der Kamera. Durch diese Positionierung macht Canon eine neuartige Wahl der Meßcharakteristik möglich. Durch verschiedenartige Strahlenteiler innerhalb der Mattscheiben ist eine mittenbetonte Integralmessung, eine selektive oder eine Punktmessung möglich. Uns stand zum Test die Kamera mit einer Mattscheibe für die selektive Messung zur Verfügung. Aus Gründen der Aktualität haben wir uns jetzt schon entschlossen, die F- 1 zu testen, auch wenn die beiden anderen Typen noch nicht lieferbar waren. Zuverlässigkeit und Genauigkeit von Zeit- und Blendensteuerung bleiben unabhängig von der gerade verwendeten Mattscheibe unberührt, Daher gelten diese Testergebnisse allgemein. Inwieweit das geänderte Meßfeld eventuell Abweichungen hervorruft und wie die einzelnen Meßfelder genau definiert sind, bleibt noch in einer späteren Nachprüfung festzustellen.
Der Arbeitsbereich des Belichtungsmeß- und -steuersystems reicht von LW -1 bis LW 20. Auch der Filmempfindlichkeitsbereich ist beachtlich. Es können Filme von 6-6400 ASA bzw. 9-39 DIN verwendet werden. Bei manueller Zeitenwahl, sowohl für Nachführmessung wie auch bei Blendenautomatik, stehen die Zeiten von 1/200 bis 8 s zur Verfügung. Die automatische Zeitensteuerung mit dem AE-Sucher arbeitet im Bereich von 1/1000 bis 8 s.
Aktiviert wird das Meßsystem durch leichten Druck auf den Auslöser, entweder an der Kamera oder an Motor/Winder. Wie lange die Kamera eingeschaltet bleibt, hängt von der Stellung eines kleinen Schalters an der Kamera links vom Okular ab. In der "Normal"-Stellung schaltet alles beim Loslassen des Auslösers sofort wieder ab. In der "Hold"-Stellung bleibt die Messung 16 s eingeschaltet. Das gilt auch für die "Light"-Position, nur wird dabei zusätzlich die Sucherskala noch beleuchtet.
Manuelle Verschlußzeiten
Die manuellen Zeiten werden von 1/2000 bis zur X-Synchronzeit 1/90 s mechanisch gesteuert, so daß sie auch ohne Batterie ablaufen. Die Kurve des Diagramms stellt der Mechanik ein außerordentlich gutes Zeugnis aus. Die Abweichung in diesem Bereich liegt bei maximal 1/6 Blendenstufe bei 1/2000 s. Noch besser, mit praktisch nicht mehr zu übertreffender Genauigkeit, werden die elektronisch gesteuerten Zeiten länger als 1/90 s eingehalten. Die Kurve in diesem Bereich entspricht fast der Nullgeraden.
Zeitautomatik
Der hervorragende Eindruck der manuellen Zeiten wird auch hier bestätigt. Die F- 1 zeigt, daß es auch ohne Quartz möglich ist, eine optimale Belichtung über den gesamten Bereich von 8 bis 1/1000 s zu erzielen. Die Abweichung von der Ideallinie ist so gering, daß sie nur noch meßtechnisch feststellbar ist.
Blendenautomatik
Auch die Genauigkeit der Blendenautomatik ist überdurchschnittlich gut. Allerdings sind die Abweichungen, wie bei anderen Kameras auch, etwas größer als mit Zeitautomatik. Das liegt an den etwas größeren Toleranzen einer mechanischen Blendensteuerung gegenüber einer elektronischen Verschlußzeitensteuerung. Die Abweichung bei der F-1 beträgt aber maximal nur 1/3 Blendenstufe.
Sucher/Anzeigen
Fünf verschiedene Wechselsucher werden zunächst zur F-1 angeboten. Davon erlaubt nur der Automatik-Prismensucher das Fotografieren mit Zeitautomatik. Mit dem einfachen Prismensucher, dem um 180' schwenkbaren Sportsucher für horizontalen und vertikalen Einblick, dem 6-fach Lupensucher und dem starren Lichtschacht an der Kamera ist nur Nachführmessung möglich, bzw. bei angesetztem Motor/Winder auch Blendenautomatik. Der Sucherwechsel geht einfach und problemlos vonstatten. Der Einsatz wird mit Druck auf zwei seitliche Entriegelungsknöpfe nach hinten herausgezogen. Beim Einsetzen wird der Sucher einfach bis zum Einrasten nach vorne geschoben. Ist der Sucher der F-1 herausgenommen, können auch die Mattscheiben sehr einfach gewechselt werden. Sie wird an der Hinterkante mit einem oder besser zwei Fingernägeln angehoben und kann dann der Führung entnommen werden. Wie Eingangs schon erwähnt, wird durch die Wahl der Mattscheibe auch die Art der Messung bestimmt. Die mittenbetonte Integralmessung berücksichtigt das gesamte Bildfeld, die von uns getestete selektive Messung berücksichtigt 12% des Bildfeldes und die Spotmessung nur noch 3%. Für jede Meßart stehen verschiedene Mattscheibentypen zur Wahl, deren einzelne Aufführung den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde. Insgesamt sind es 32 verschiedene. Bei den Anzeigen im Sucher bleibt Canon bei dem schon von der alten F-1 bekannten Prinzip von Zeigernadel und -kelle, allerdings in verfeinerter Form. Bei Nachführmessung und Blendenautomatik erscheint rechts außerhalb des Bildfeldes die Blendenskala, darunter wird die eingestellte Zeit eingespiegelt. Wird mit dem Automatiksucher und Zeitautomatik gearbeitet, so verschwindet diese Skala und unterhalb des Sucherbildes taucht eine Verschlußzeitenskala mit Zeiger auf. Gleichzeitig wird daneben die Blende in direkter Ablesung vom Objektiv eingespiegelt. Beide Skalen können bei schlechten Lichtverhältnissen beleuchtet werden. Ober- und Unterbelichtung werden durch rote Felder auf beiden Skalen angezeigt. Eine arretierbare Abblendtaste erlaubt die Kontrolle der Schärfentiefe im Sucher.
Batterien/Verbrauch
Fast schon Standard bei Canon ist die nicht ganz billige 6-Volt-Batterie vom Typ PX-28. Sie sitzt an der für Canon typischen Stelle, vorne rechts in der Kamera, aber diesmal - im Gegensatz zu den A-Modellen - hinter einer leicht und ohne Hilfsmittel zu öffnenden grifförmig gestalteten Abdeckplatte.Diegrößere6-Volt-Batteriehat ihre Berechtigung, denn der Stromverbrauch der F-1 liegt über dem NORMTEST-Durchschnitt. Die Belichtungsmessung erfordert 25 mA gegenüber durchschnittlich 14 mA, bei eingeschalteter Skalenbeleuchtung werden sogar 46 mA "gefressen". Auch bei offenem Verschluß wird mit 33 mA etwas mehr als der Durchschnitt mit 28 mA verbraucht Die Batterieprüfung der F-1 signalisiert "o.k." bis herab zu einer Spannung von 3,75 Volt, während die Kamera erst ab einer Spannung von 3,5 Volt blockiert. Mechanisch kann dann erst ausgelöst werden, wenn die Batterie entnommen ist.
Wie es sich für eine echte Systemkamera gehört, ist die Rückwand der F-1 auswechselbar. Ein Datenrückteil erlaubt die Einbelichtung des Datums oder bestimmter Buchstaben/Ziffernkombinationen. Die andere Alternative zur Standardrückwand ist das Langfilmmagazin FN-100, das 100 Aufnahmen auf Langfilm möglich macht.
Mit angesetztem Motor bietet die F- 1 auch noch den Vorteil einer motorischen Filmrückspulung. Das Ansetzen und Abnehmen von Motor und Winder ist etwas umständlich, wenn man nicht gerade sehr spitze Finger hat. Hier gibt es anderswo bessere Lösungen. Neben der Blendenautomatik hat der Motor Serienbelichtungen von 3,5 und 5 Bildern pro Sekunde sowie Einzelbildschaltung zu bieten, während der Winder sich neben der Einzelbildschaltung mit Serienbelichtung von 2 Bildern pro Sekunde zufrieden gibt. Eine motorische Rückspulung mit ihm ist nicht möglich.
Wenn man nun Ausstattung und Möglichkeiten summiert, die nicht nur auf dem Papier stehen, sondern auch praktisch ausgezeichnet funktionieren, bleibt nur die Feststellung, daß die neue Canon F-1 nicht nur ein fototechnischer Leckerbissen ist, sondern mehr als das, nämlich ein ernstzunehmendes Werkzeug. Daß gute Werkzeuge auch ihren "guten" Preis haben, wird auch von der F- 1 bestätigt.
Plus und Minus
Plus
sehr genaue Belichtung bei allen Betriebsarten
Meßcharakteristik veränderbar
mechanische Zeiten
universelle Systemkamera
Minus
keine Meßwertspeichermöglichkeit
keine TTL-Blitzmessung
{ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}