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Artikel
2003
KAMERAS TEST
MINOLTA DYNAX 4 GEGEN NIKON F55
Preisbrecher
Minolta und Nikon kämpfen mit neuen Modellen um Marktanteile im Einsteigersegment. Dabei beweisen die Neuentwicklungen, dass Einsteigerkameras längst keine Sparmodelle mehr sind, sondern vollwertige Spiegelreflexkameras.
Minolta Dynax 4
Plus
+ klein und leicht
+ sichere Belichtung
+ Programmshift
+ nützliche Sonder-Funktionen
Minus
- kein AF-Hilfslicht ohne Blitz
- schlechte Sucherübersicht
Nikon F55
Plus
+ klein, leicht und schick
+ sichere Belichtung
+ Belichtungsreihenautomatik
+ Dioptrienkorrektur
Minus
- kein Kreuzsensor
- kein Programmshift
- kein Belichtungsspeicher
- keine Spotmessung
Wenn sie so vor einem stehen, die aktuellen Basismodelle von Minolta und Nikon, scheint die Entscheidung klar. Die Nikon F55 wirkt edel und wertig mit ihren Chromknöpfen und dem Titan-Look. Dabei ist ihr Gehäuse genauso aus Kunststoff wie das der Minolta Dynax 4. Die sieht aber auch danach aus. Da ginge der Sieg im Schönheitswettbewerb an die Nikon. Doch da Kameras nicht dazu da sind, fotografiert zu werden, sondern um mit ihnen zu fotografieren, ist vor einer Kaufentscheidung ein Blick auf die inneren und praktischen Werte angebracht. Unser Vergleichstest beschränkt sich auf die neuen Minolta- und Nikon-Einsteigerkameras, da die Pentax MZ-60 noch nicht lieferbar ist. In den wesentlichen Ausstattungsmerkmalen ist der Unterschied ähnlich gering wie beim Preis. 230 Euro empfiehlt Minolta für den Dynax-4Body und 240 Euro Nikon für das F55-Gehäuse. Wer zur Zielgruppe gehört und als Einsteiger gleich ein Objektiv mitkaufen will, zahlt bei beiden zusammen mit einem 2880-mm-Zoom günstige 330 Euro. Die F55 wie auch die Dynax 4 bieten drei im H-Schema angeordnete AF-Messpunkte, die entweder automatisch oder manuell vom Fotografen ausgewählt werden. Mit der Anzeige des automatisch aktivierten Messfeldes im Sucher gibt sich die Minolta etwas informativer als die Nikon. Der zentrale Kreuzsensor der Dynax 4 gibt zudem zusätzlich Sicherheit bei kritisch strukturierten Motiven. Mit Reaktionsgeschwindigkeiten von 388 Millisekunden bei der F55 und 439 Millisekunden bei der Dynax 4 landen beide AF-Systeme im guten Mittelfeld aller 25 bislang aktuell von Colorfoto getesteten Kameras. Nur bei den längeren Brennweiten fällt die Minolta mit 844 Millisekunden gegenüber den 639 Millisekunden der F55 etwas ab.
Die Punkte, die die Dynax 4 bei der AF-Reaktionsgeschwindigkeit mit langen Brennweiten gegenüber der F55 einbüßt, holt sie sich bei der Verschlussgenauigkeit der Zeiten kürzer als 1/1000 s wieder zurück. Im normalen Verschlusszeitenbereich verhalten sich beide Modelle mit praktisch irrelevanten Abweichungen von nur 0,055 EV bei Dynax 4 und 0,075 EV bei F55 mustergültig. Viel besser als das Bild der Dynax-Kurve kann kein Verschlusszeitenverlauf sein. Die kürzeste Zeit beider Kameras von 1/2000 s lässt in der Praxis kaum Wünsche offen, auch wenn der F55-Ausreißer von mehr als 1/3 EV Stufe Punkte kostet. Ein ähnlich überzeugendes Bild ergibt sich bei der Belichtungsgenauigkeit. Auch hier kommt die Dynax 4 mit einer mittleren Belichtungsabweichung von 0,098 EV dem Ideal noch einen kleinen Tick näher als die F55 mit 0,163 EV.
Der in der Praxis zur Verfügung stehende Funktionsumfang ist praktisch identisch, von den fünf Motivprogrammen über Standard-Programm-, Blenden, Zeitautomatik und Nachführmessung bis hin zur Korrekturmöglichkeit und automatischer Belichtungsreihe. Bei der Nikon ist die manuelle Nachführmessung zwangsweise mit mittenbetonter Integralmess-Charakteristik gekoppelt, da ist die Dynax 4 variabler. Sie erlaubt es über die Individual-Funktion Nr. 8, einen manuellen Programmshift per Einstellrad zu aktivieren. Bei der F55 ist das Programmshift den Sparmaßnahmen gegenüber der Nikon F65 zum Opfer gefallen.
Praktisch sowohl bei der Entfernungs- wie der Belichtungsmessung sind die beiden Tasten der Dynax 4, die jederzeit die spontane Umschaltung auf zentrale Spotmessung der einzelnen Parameter erlauben. Bei der F55 ist für Spot-AF neben einem Tastendruck ein zusätzlicher Dreh am Einstellrad erforderlich, eine Spot-Belichtungsmessung bietet die F55 nicht.
In den Suchern beider Kameras werden alle wichtigen Informationen angezeigt. Die fehlende Analog-Skala der auf die reinen Plus/Minus-Symbole beschränkten Nachführmessanzeige ist lediglich eine Frage des Komforts. Während der Nikon-Sucher auch für Brillenträger übersichtlich ist und den Blick aufs ganze Bild sowie die Informationen zugleich erlaubt, lässt der Minolta-Sucher in diesem Punkt zu wünschen übrig. Auch eine Dioptrienkorrekturmöglichkeit hat die F55 der Dynax 4 voraus. Die integrierten Blitzgeräte sind von den technischen Daten her identisch, leider auch in der relativ langsamen kürzesten X-Synchronisationszeit von '/,)o s. Im Gegensatz zur Nikon beherrscht die Minolta keine TTL- Mehrfeldmessung beim Blitzen. Weitere Unterschiede zeigen sich in den Zusatzfunktionen. So erlaubt die Dynax 4 kabellos TTL-gesteuertes Blitzen mit externen Systemblitzgeräten. Da ein Stroboskop-Blitz als AF-Hilfslicht dient, steht dieses nur zur Verfügung, wenn der Blitz ausgeklappt ist. Wer nicht blitzen will, muss ohne AF-Hilfslicht arbeiten. Nikon hat der F55 dagegen ein separates AF-Hilfslicht spendiert. Eine Einschränkung bei der F55 - quasi außer Konkurrenz und nicht gewertet, weil sich das Luxus-Problem bei Minolta gar nicht stellt - liegt in der Tatsache, dass der F55Autofokus nicht mit den AF-S und AF-F-Nikkoren funktioniert und der Bildstabilisator der VR-Objektive ebenfalls nicht.
Zugunsten einer möglichst kompakten Bauweise setzen Minolta und Nikon auf die kleinen Lithium-Batterien des Typs CR2. Dadurch bekleckern sich Dynax 4 wie F55 im Kapitel „Filme pro Batteriesatz" absolut nicht mit Ruhm. Relativ gesehen wird die potenzielle Zielgruppe mit 54 Filmen bei der Minolta und 62 bei der Nikon leben können. Was das Handling generell angeht, so schmiegt sich die rundlichere Nikon angenehmer in die Hand als die etwas eckigere Minolta. Ob man das Haupteinstellrad vertikal oder horizontal angeordnet bevorzugt, bleibt genauso Geschmackssache wie die Frage, ob man es lieber vorne mit dem Zeigefinder oder hinten mit dem Daumen bedient. Dass die Dynax 4 insgesamt etwas unaufgeräumter aussieht, lässt sich nur zum Teil mit der etwas größeren Funktionsvielfalt erklären.
Fazit
Die Minolta Dynax 4 gewinnt ganz knapp den Einsteigerkamera-Test vor der Nikon F55. Im Vergleich punktet die Minolta bei der Belichtungsgenauigkeit und holt auch einen Punkt mehr bei der Ausstattung, während für die Nikon der etwas schnellere Autofokus spricht.
Kommentar
Horst Gottfried
Was dieser Test offenbart, ist eine Vielseitigkeit und ein Leistungsvermögen, das die Klassifizierung „Einsteigerkameras" für diese beiden Modelle zu einer groben Untertreibung macht. Abgesehen von der reichlichen Verwendung von Kunststoff bis hin zum Bajonett stützt sich dieses Prädikat hauptsächlich auf den Preis. Damit machen beide nicht nur ihren großen Schwestern Dynax 5 und F65, sondern auch der Konkurrenz das Leben etwas schwerer.
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