← Zurück

Artikel

2003

KAMERAS TEST

Mamiya 645 AF D mit Kodak-Digitalrückteil

Starkes Gespann

Mit Kodaks DCS Pro Back 645 wird die Mamiya 645 AF D zur Digitalkamera mit 16 Millionen Pixel Auflösung: Dank eingebautem Monitor und Image-Processing ist das starke Gespann auch für den Outdoor-Einsatz gut geeignet.

Ein Digitalrückteil ist für den Besitzer einer Mittelformatkamera wie das Tor zur Zukunft der Fotografie. Und die Möglichkeit, solche Rückteile an Mittelformatkameras zu adaptieren, bestätigt die innere Logik dieses klassisch-modularen Kamerakonzepts. Wenn eine Mittelformatkamera darüber hinaus mit zeitgemäßer Technik inklusive Autofokus aufwarten kann, ist sie geradezu prädestiniert für die Kombination mit einem Digitalrückteil wie dem DCS Pro Back 645 von Kodak mit 16 Mio. Pixel Auflösung. Wir testeten das Rückteil in Kombination mit der Mamiya 645 AF D; es lässt sich aber auch mit der Mamiya 645 AF und der Contax 645 verwenden.

Konstruktion

Für den Mittelformat-Fotografen ist es nur ein winziger Schritt von der Analog- zur Digitalfotografie: Rollfilmmagazin abnehmen und Digitalrückteil ansetzen. Mit angesetztem DCS Pro Back wird die Kamera zwar um etwa 770 Gramm schwerer, verliert aber nichts von ihrer systemtypischen Mobilität. Das Digitalrückteil kann mit dem 645-Standardmodell ebenso betrieben werden wie mit der in diesem Jahr erschienenen 645 AF D. Das D-Modell wurde zum einen kameratechnisch weiterentwickelt - es besitzt beispielsweise eine TTL-Blitzsteuerung mit Blitzkorrektur und -belichtungsreihen (mit Metz-Geräten des SCA3002-Systems). Zum anderen optimierte man es für den digitalen Anwendungsfall: Die Verbindung zum Digitalrückteil schafft beim D-Typ eine Schnittstelle namens MSCE. Diese schließt die Lücke zwischen analoger und digitaler Fotografie ohne zusätzliche Kabelverbindung. Die MSCE-Schnittstelle ermöglicht nicht nur das Übertragen der Empfindlichkeit des Digitalrückteils auf die Kamera, sondern auch die automatische Belichtung. Darüber hinaus werden Aufnahmebereitschaft sowie Aufnahme- und Speicherungsstatus auf dem Kameradisplay angezeigt. Beim Fotografieren mit dem Digitalrückteil benutzt man eine spezielle Mattscheibe, die an Stelle der vorhandenen eingesetzt wird. Sie ist mit Bildfeldmarkierungen versehen, die dem Fotografen drei Möglichkeiten lassen: Bei Vollbild-Darstellung (5x5) wird der quadratische Bildsensor voll ausgenutzt, während man mit der Einstellung 5 x 4 ein Querformat und mit 4x5 ein Hochformat erzeugt. Die Bildgröße beträgt bei Vollbild-Darstellung und 300 dpi rund 34,5 x 34,5 cm. An der dem Kamera-Body zugewandten Seite ist beim Pro Back ein Infrarot-Sperrfilter befestigt, das abgenommen und bei Bedarf gegen ein Anti-Aliasing-Filter getauscht werden kann. Dieses erfüllt den gleichen Zweck wie das IR-Filter, verringert aber zusätzlich Bildstörungen (Aliasing), die in bestimmten Aufnahmesituationen auftreten können. Das DCS Pro Back 645 ist mit einem 256 MB großen Arbeitsspeicher ausgestattet und benutzt als Massenspeicher CompactFlash-Karten (Typ II) oder Microdrives. Angesichts der großen Datenmengen sollte man sich mindestens ein Gigabyte Speicherkapazität gönnen. Das Kodak-Rückteil erweist sich im Umgang als unkompliziert. Es arretiert beim Ansetzen an die Kamera selbsttätig. Der zum Betrieb nötige Lithium-Akku-Block wird unten an das Rückteil angesetzt, ist damit besonders leicht zugänglich und schnell zu wechseln. Der dafür nötige Entriegelungshebel sitzt an der Rückseite zusammen mit den wenigen anderen Bedienelementen: 4-Weg-Auswahlschalter und Menütaste, dazu drei weitere Tasten für OK, Cancel und „Tag". Die „Tag"-Taste ist besonders praktisch, weil man mit ihr ohne Umstände Bilder für die verschiedensten Aufgaben markieren kann. Was wiederum fehlt, ist eine Taste zum schnellen Löschen von Einzelbildern.

Mit und ohne PC

Abgespeichert werden die Bilder in der Regel als RAW-Dateien mit der Endung DCR, die man mit Hilfe der mitgelieferten Software öffnen, bearbeiten und in einem gängigen Dateiformat wie Tiff oder Jpeg abspeichern kann. Eine einfache Möglichkeit, DCR-Dateien direkt in Photoshop zu öffnen, bietet das mitgelieferte Plug-in „DCR File Format Module", das gleichermaßen auf der Windows- und Mac-Plattform verwendet werden kann. Soll die Kamera während der Aufnahmen direkt an einen Computer angeschlossen werden, benötigt man den DCS Camera Manager. Offnen und bearbeiten lassen sich die Dateien mit der ebenfalls im Lieferumfang enthaltenen Software Photo Desk (Windows/Mac). Wesentlich mehr Möglichkeiten bietet die
nur auf der Mac-Plattform verwendbare Software DCS Capture (mehr darüber im Themenkasten). Bei Reportagen und anderen On-Location-Terminen kann es aber auch vorteilhaft sein, wenn Bilddateien sofort in Standardformaten wie Tiff oder Jpeg zur Verfügung stehen. Für diesen Fall bietet das Rückteil eine Processing-Funktion: RAW-Dateien werden wahlweise in Tiffs oder Jpegs umgewandelt. Die Bildverarbeitung läuft im Hintergrund, das heißt, der interne Mikroprozessor wandelt DCR-Dateien in den Belichtungspausen automatisch um. DCR-Dateien, die sich im dafür reservierten Ordner befinden, lassen sich aber auch nachträglich konvertieren. Auf der Speicherkarte werden dabei automatisch Ordner für Tiffs oder Jpegs angelegt. Schließlich gibt es die Möglichkeit, nach der Konvertierung die DCR-Dateien automatisch löschen zu lassen. Benutzt man gleichzeitig die Jpeg-Komprimierung, ist dies die Methode mit dem geringsten Speicherplatzbedarf. Mit der gelöschten DCR-Datei gibt man aber auch das „digitale Negativ" und subtile Möglichkeiten der Bildoptimierung preis. Wenigstens sollte man bei diesem Procedere die Bildverarbeitung in der Kamera optimieren. Dies funktioniert wiederum mit Hilfe der DCS-Capture-Software, deren Einstellungen auf die Kamera übertragen werden können.
Sieht man von den zusätzlichen Rechenzeiten ab, die eventuell für das Image Processing nötig sind, lässt sich mit der Kamera laut Hersteller alle 1,8 Sekunden ein Bild fotografieren (acht Bilder in Serie). Eine in der Kamera zum Tiff verarbeitete Bilddatei ist rund 50 MB groß, so dass man etwa 20 Bilder dieses Formats in voller Auflösung auf einem Speichermedium mit 1 GB Kapazität unterbringt; bei Bedarf kann man auch eine geringere Auflösung wählen (67, 50, 25 %). Die RAW-Dateien der Testmotive hatten Umfänge zwischen 16 und 20 MB. Bei Jpegs sind drei Kornpressionsstufen möglich (Good, Better, Best); die Dateigrößen variierten bei den Testaufnahmen zwischen 1,5 und 7 MB in Abhängigkeit von der Art des Motivs.

Monitor und Menüs

Die Bildschirm-Menüs gliedern sich in sechs Abteilungen: Ordner, Einstellungen, Weißlichtabgleich, Status, Video (wenn aktiviert) und LCD-Helligkeit. Alle wichtigen Einstellungen auf einen Blick zeigt der Status-Monitor. Dazu gehören der Ladezustand des Akkus, die geschätzte Anzahl speicherbarer Bilder, Speicherauslastung (Grafik), ISO-Einstellung, aktiver Ordner und Anzahl der darin befindlichen Bilder, das gewählte Bildformat (Vollbild, Hoch- oder Querformat). Für den Weißlichtabgleich gibt es neben „Auto" und vier Festeinstellungen (Daylight, Tungsten, Fluorescent und Flash) auch die Möglichkeit manueller Anpassung. Das Ordner-Menü am linken Rand zeigt auf einen Blick die vorhandenen Ordner und die Anzahl der darin gespeicherten Bilder; gleich daneben das Funktionen-Menü mit den Untermenüs „Main", „Properties" und Language. In „Main" verstecken sich alle für die Aufnahme relevanten Parameter wie ISO-Zahl (100 bis 400), Image-Format oder Bildverarbeitung (Processing) mit verschiedenen Einstelloptionen - dazu gehören neben den Dateiformaten auch das Schärfen, Auflösung, „Look" (zwei Voreinstellungen für Porträt und Product). Zu den Optionen zählt auch„ Long Exposure". Wenn aktiviert, unterdrückt ein spezieller Algorithmus das Bildrauschen, das bei Langzeitbelichtungen auftreten kann. Nachteil: Die Bearbeitungszeit nach der Aufnahme verlängert sich erheblich. Aufgenommene Bilder lassen sich wahlweise als Vollbild oder Vierertableau darstellen; der Wechsel von Bild zu Bild vollzieht sich angenehm schnell. Die Bildlupe erlaubt drei Vergrößerungsstufen (1:16, 1:4 und 1:1) und die freie Wahl des Ausschnitts. Außerdem ist in diesem Betrachtungsmodus ein so genanntes Luminometer aktiv: Ein verschiebbares Fadenkreuz ermöglicht das Anmessen bestimmter Bildpartien, deren Helligkeit in Prozent angegeben wird. So kann man beispielsweise eine mitfotografierte Standard-Graukarte anmessen. Die ist dann richtig belichtet, wenn das Luminometer 18 Prozent anzeigt. Dieses Ausstattungsmerkmal wünscht man sich eigentlich bei jeder professionellen Digitalkamera. 

Fazit

> > Karl Stechl

16 Millionen Pixel: Das Kodak DCS Pro Back an der Mamiya 645 AF D erreicht im Rahmen der bisherigen Tests eine Rekord-Punktzahl bei der Auflösung. Bei Rauschen, Farbgenauigkeit und Objektkontrast werden gute bis sehr gute Werte erreicht, die etwa auf dem Niveau einer Canon D60 oder Nikon D100 liegen. Weitere Querverweise auf diese 6-Millionen-Pixel-Kameras in Kleinbildgehäusen verbieten sich aber: Man vergliche Äpfel mit Birnen.

{ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}