← Zurück

Artikel

2003

KAMERAS TEST

Mehr Speed

Canon EOS 300V im Minolta-, Nikon-, Pentax-Vergleich

Einen Bestseller zu ersetzen, ist oft ein Kunststück. Canon versucht es mit der brandneuen EOS 300V. Wir klären zwei Punkte: Wie gut ist die EOS 300V im Vergleich zur Konkurrenz von Nikon, Minolta, Pentax, und steht V (Velocity) wirklich für Geschwindigkeit.

Canon EOS 300V

Plus

+ AF-Geschwindigkeit 
+ Kreuzsensor
+ gute Energieausnutzung
+ Serienbelichtung mit 2,5 B/s

Minus

- kürzeste X-Synchronzeit nur 1/90 s
- enger Suchereinblick für Brillenträger
- glattes Gehäuse

Wer hat den besten Autofokus? fragten wir vor einem Jahr beim großen Autofokus-Test in ColorFoto Heft 11/2001 und attestierten der Canon EOS 300 eine „Position im guten Mittelfeld" sowie „sieben AF-Messfelder, die die EOS 300 in punkto Ausstattung weit über das Übliche hinaus heben". Die Geschichte muss jetzt neu geschrieben werden, und das nicht nur, weil Minolta in der 300-Euro-Klasse mit der Dynax 5 inzwischen ebenfalls mit sieben AF-Feldern aufwartet und der Unterschied zu den fünf Feldern der Nikon F65 nicht so gravierend ist. Canon verspricht eine der EOS-1V vergleichbare AF-Geschwindigkeit der EOS 300V, und die Messungen der Testfactory bestätigen, dass Canon den Mund nicht zu voll genommen hat.

Auch die EOS 300V ist weiterhin mit sieben AF-Messfeldern ausgestattet, darunter jetzt ein Kreuzsensor. Die Felder auf dem CMOS-Flächensensor können automatisch oder manuell angewählt werden, aber nicht augengesteuert wie bei der EOS 30. Vor allem die automatische Entscheidung für eines oder mehrere der Felder bedeutet viel Arbeit für den Rechenknecht in der Kamera. Das Ergebnis wird durch die rot leuchtenden Markierungen des oder der gewählten AF-Felder angezeigt, während das Objektiv auf den davon erfassten Bereich scharfgestellt wird. Ganz nebenbei wird der 35-Feld-Belichtungsmesser darüber informiert, wohin er dementsprechend den Schwerpunkt seiner Messung legen soll.

Schneller Rechenknecht

Das erledigt die EOS 300V in weniger als 0,4 s bei 50 mm Brennweite und in kaum mehr als 0,5 s mit 200 mm. Damit liegt sie tatsächlich auf dem Niveau der EOS-1V. Bei 50 mm Brennweite kann die Pentax MZ-60 knapp mithalten, bei 200 mm ist die Dynax 5 gar noch einen Tick schneller. EOS 300 und F65 kommen da inzwischen nicht mehr ganz mit. In der Praxis sollte der Vorteil eines Mehrfeld-AF-Systems nicht überbewertet werden. Die Systeme bevorzugen - und da macht auch die EOS 300V keine Ausnahme - vorrangig Motivbereiche mit möglichst starkem Kontrast und orientieren sich im Zweifel gerne an der Bildmitte. Schon ein geringfügig veränderter Bildausschnitt kann die Orientierung des AF-Systems verändern und zur Schärfeverlagerung führen. Da ist ein Spot-AF-System mit Fokusspeicher manchmal schneller, wenn man die Schärfe gezielt auf ein außermittiges Detail legen will. Auch die 300V führt die alte, exklusive EOS-Tradition der Schärfentiefe-Automatik fort, bei der die Kamera die Blende für einen gewünschten Schärfentiefebereich festlegt.

Belichtungsmessung ist das eine...

Ähnlich viel Aufwand wie beim Autofokus treibt Canon bei der Belichtungsmessung. Auch hier hält die EOS 300V mit den schon erwähnten 35 AF-gekoppelten Feldern den Klassenrekord. Trotz dieses Aufwandes kann sich die neue EOS 300V in diesem Punkt ebenso wenig an die Spitze setzen wie einst die EOS 300. In den Laborwerten muss auch die EOS 300V der Konkurrenz Dynax 5, MZ-6 und F-65 (in dieser Reihenfolge) den Vortritt lassen. Daran ist nicht der über den gesamten Zeitenbereich von 1/2000 s bis zu den Langzeiten mustergültig präzise Verschluss schuld. Die Kurven für die Belichtungsgenauigkeit mit den verschiedenen Automatikvarianten zeigen einen etwas eigenwilligen Verlauf. Die Abweichung bei LW 15 um fast einen halben Belichtungswert in Richtung Überlichtung kann man noch als automatische Korrektur von Unterbelichtungen durchgehen lassen, wie sie am Strand und im Schnee drohen. Im Bereich von LW 12 bis LW 6 gibt es an der Belichtungsgenauigkeit bei Blendenautomatik und Zeitautomatik nichts auszusetzen.

... Steuerung das andere 

Unerklärlich ist nur, warum die Programmautomatik dann bei LW 6 um 2/3-LW-Stufen zu knapp belichtet. So schneidet die EOS 300V bei der Belichtung messtechnisch unterdurchschnittlich ab, und das kostet Punkte. Zum Glück bietet die EOS 300V dem Fotografen im Zweifelsfall diverse Eingriffsmöglichkeiten. Belichtungskorrektur und Belichtungsreihenautomatik gehören in der 300-Euro-Klasse aber auch zum Standard, ebenso wie eine manuelle Programm-Shift-Möglichkeit.

Herausragender Blitz

Erst wenn die EOS 300V neben anderen Kamera steht, fällt ihr im Wortsinn herausragendstes Merkmal auf. Der aufgeklappte Mini-Blitz ist etwa ein Zentimeter höher als andere und verringert so die Gefahr roter Augen, ohne sie ganz zu bannen. Dabei hilft die Anti-RoteAugen-Funktion, die zum umfangreichen Bouquet der Canon-Blitzfunktionen rund um die E-TTL-Messung gehört, das auch die EOS 300V auszeichnet. Die kürzeste X-Synchronzeit von 1/90 s ist aber auch in dieser Klasse kein Ruhmesblatt. Die Blitzsynchronisation auf den 2. Vorhang ist mit dem integrierten Blitz nicht möglich, sondern nur mit externen Systemblitzen. Eine Blitz-Belichtungsreihenautomatik ist auch bei Canon für gut 300 Euro nicht zu haben.

Bedienung

Bei der Bedienung der Kamera hat sich gegenüber dem Vorgängermodell nichts Wesentliches verändert. Mit einem zentralen Einstellrad werden mit einem Dreh im Uhrzeigersinn die vollautomatischen Motivprogramme aufgerufen, in der anderen Richtung die Belichtungsvarianten mit manuellen Eingriffsmöglichkeiten des Fotografen. Positiv fällt das größere, beleuchtbare LC-Display auf. Dass die EOS 300V einen Aus-/Einschalter für das Piepsignal hat ist lobenswert, Gleiches gilt für die Mehrfach-Belichtungsfunktion. Dass diese in der Wichtigkeit aber auf der gleichen Ebene wie die erfahrungsgemäß öfter genutzte Belichtungsreihenautomatik und die Anti-Rote-Augen-Blitzfunktion angeordnet sind, erscheint ebenso willkürlich wie die Anordnung der Taste für die übrigen Filmtransportfunktionen an einem anderen Ende der Kamera. Immerhin wird die zuletzt genutzte Funktion immer als erste wieder aufgerufen. Die Informationszentrale Sucher ist bis hin zu der analogen Anzeige für die Belichtungsabweichung erfreulich komplett, der Blick in den Sucher für Brillenträger aber etwas tunnelig. Solange man bei Fotografieren keine feuchten Hände bekommt, liegt die EOS 300V trotz ihres glatten Gehäuses insgesamt gut in der Hand.

Leichte Verbesserungen im Vergleich zur der EOS 300 zeigen sich schließlich bei der von 1,5 B/s auf maximal 2,5 B/s erhöhten Serienbelichtungsfrequenz und der nochmals verbesserten Batterie-Ökonomie, die sich in Form von mehr Filmen pro 2er-Satz der kleinen und nicht billigen Lithium-Zellen vom Typ CR2 bemerkbar macht. Mit 99 Filmen ohne und 81 Filmen mit Blitzen gibt die EOS 300V ein überdurchschnittlich gutes Bild ab. Vor allem hier verliert die Dynax 5 die Punkte, die ihr in der Endabrechnung zum Testsieg fehlen, der knapp an die Canon EOS 300V geht. Die Chancen für eine Fortsetzung der EOS 300-Erfolgsstory stehen also gut. 1

Fazit

> > Horst Gottfried

V wie Geschwindigkeit

Bei der EOS 300V hat Canon zu Recht das Rad nicht neu erfunden, sondern den entscheidenden Punkt, die Autofokusgeschwindigkeit, deutlich verbessert. Trotz Punktabzug bei der Belichtung gewinnt die EOS 300V deswegen den Test knapp vor der ebenfalls schnellen Minolta Dynax 5.

{ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}