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BERATUNG Kaufberatung

Olympus OM-4 Ti gegen Pentax LX

Zwei Individualisten

Abseits des großen Autofokus-Stroms gibt es noch zwei bemerkenswerte Spiegelreflexkameras zu kaufen, die vieles gemeinsam haben. Sie sind klein und handlich, besitzen ein Metallgehäuse, setzen das einst revolutionäre autodynamische Belichtungsmeßsystem ein und erheben einen hohen Anspruch. Welche ist die bessere Wahl für Individualisten - die Pentax LX oder die Olympus OM-4 Ti?

Beide Kameras haben schon bessere Tage gesehen und sind die letzten Überbleibsel einst blühender Spiegelreflexsysteme. Olympus hat sich inzwischen fast voll auf Kompakt- und Bridgekameras konzentriert, und Pentax schuf erst kürzlich mit den Modellen Z-1 und Z-10 eine völlig neue Generation von Autofokus-Spiegelreflexkameras. Im aktuellen Programm von Olympus und Pentax wirken die OM-4Ti und die LX wie Relikte aus einer vergangenen Epoche, die aber gerade heute wieder eine Renaissance erleben. Über das Stadium veralteter Technik sind sie längst hinaus - sie reifen langsam zu Klassikern.

Die Olympus OM-4 Ti hält als einzige Kameras im Olympus-Programm noch die Fahne des legendären OM-Systems hoch. Auch beständiges Schrumpfen des Systems und die massive Kehrtwendung zu "All-in-One-Kameras konnten nicht verhindern, daß es immerhin noch 24 Zuiko-Objektive mit Brennweiten von 16 bis 500 Millimeter gibt. Genug Argumente also, um die OM-4 Ti weiter als Image-Leader im Programm zu behalten. Genau wie bei der Pentax LX reichen die Wurzeln der Olympus OM-4 Ti noch bis in die siebziger Jahre zurück, als die superkompakte und mit dem revolutionären autodynamischen TTL-Meßsystem aufwertende OM-2 das Prestige der Marke aufpolierte.

Die Pentax LX erschien bereits 1980. Damals paßte sie gut in die harmonische Palette der Pentax-Kleinbild-Spiegelreflexkameras, die MX oder MV, ME oder MG hießen. Mit ihnen teilte sie zwar ihre gerade heute als besonders zierlich empfundenen Abmessungen, sollte aber ansonsten unmißverständlich zum Ausdruck bringen, daß sie einer höheren Kameraklasse angehörte. Die Pentax-Ingenieure statteten sie mit einem Wechselsucher aus, der Hybridverschluß blieb auch bei einem Batterieausfall weitgehend arbeitsfähig, und das von Olympus kreierte autodynamische Meßsystem hielt ebenfalls in die erste wirkliche Profi-Pentax Einzug.

Die OM-4 ist nicht nur eine OM-2 mit einigen Detailverbesserungen, sondern eine eigenständige Kamera, die nur noch die Gehäusemaße, den Tuchschlitzverschluß und das autodynamische Meßsystem mit ihrer Vorgängerin gemeinsam hat. Insbesondere das Belichtungsmeßsystem erfuhr bei der OM-4 Ti, die mittlerweile nur noch mit einer schwarz eloxierten Boden- und Deckkappe angeboten wird, eine gründliche Überarbeitung. Neben der bekannten autodynamischen Meßart, bei der das Licht auf der Filmebene gemessen wird - entweder bei kurzen Verschlußzeiten mit Hilfe eines Reflexionsmusters auf dem Verschlußvorhang oder bei längeren ab 1/30 Sekunde direkt bei geöffnetem Verschluß auf der Filmebene -, verfügt die OM-4 Ti wie ihr direktes Vorgängermodell OM-4 mit einer Multi-Spotmessung. Dieses auch heute noch voll konkurrenzfähige Belichtungsmeßsystem erlaubt dem OM-4Ti-Fotografen bis zu acht Einzelmessungen von einem diffizil beleuchteten Objekt. Der Kameracomputer errechnet daraus dann einen Mittelwert, der automatisch bis zur Auslösung gespeichert wird. Außerdem lassen sich mit der "Highlight"-Taste die Lichtpartien und mit der "Shadow"-Taste die Schattenpartien betonen, damit die weißen Motivteile auch wirklich weiß und nicht grau wiedergegeben werden und die schwarzen nicht grau, sondern schwarz auf dem Dia erscheinen.

In der Praxis sieht dies am Beispiel der "Shadow"-Funktion so aus: Dunkle Bildparteien werden bei normaler Belichtungsmessung, die auf den 18prozentigen Grauwert geeicht ist, als graue Flächen wiedergegeben. Hier hilft die Multi-Spotmessung der OM-4 Ti. Der Fotograf setzt mit ihrer Hilfe zwei Spots auf sehr dunkle Bildpartien und druckt zusätzlich die "Shadow"-Taste. Der Mikroprozessor in der OM-4 Ti verkürzt die Belichtungszeit und bringt die Schatten dunkler, das übrige Motiv bleibt jedoch in seiner Durchzeichnung erhalten. Die ermittelten Belichtungswerte bleiben auch im Sucher stets kontrollierbar, eine analoge LCD-Kette zeigt an, welche Daten die Kamera gemessen hat.

Ansonsten gibt sich der Zeitautomat Olympus OM-4 Ti wenig spektakulär. Wie es sich für eine ordentliche Kamera der gehobenen Preisklasse gehört, erlaubt sie den manuellen Abgleich auch in Verbindung mit der Spotmessung, die 1/2000 Sekunde wirkt als schnellste Verschlußzeit heutzutage nicht mehr außergewöhnlich. Dafür liegt die Stärke des Verschlusses in seiner Beharrlichkeit - bis zu vollen 60 Sekunden bleibt er automatisch geöffnet. Wenig Begeisterung würde die 1/60 Sekunde als kürzeste Blitzsynchronzeit - ein Tribut an den Tuchverschluß - wecken, wenn es nicht noch den Vollsynchron-Blitz F 280 als Zubehör gäbe - er gestattet die Vorwahl von Zeit und Blende nach dem Gestaltungswunsch des Fotografen, weil er seine Leuchtdauer flexibel an die jeweilige Verschlußzeit anpaßt. Beim gezielten Aufhellblitzen in Gegenlichtsituationen kann man jetzt auch große Blenden wählen, die bei Porträtaufnahmen so vorteilhaft wirken, weil sie das Motiv vom Hintergrund lösen. Eine lange Blitzdauer des F 280, beispielsweise stellt geblitzte bewegte oder sich bewegende Objekte bei richtiger Belichtung verwischt dar.

Mit spektakulären Ausstattungsmerkmalen wie Multi-Spotmessung oder Vollsynchronblitz kann die Pentax LX nicht aufwerten. Ihre Stärken liegen in ihrer Ausbaufähigkeit und ihrer Robustheit. So stehen für die Profi-Pentax insgesamt acht verschiedene Suchersysteme und zwölf verschiedene Einstellscheiben zur Verfügung. Man merkt der LX im übrigen deutlich an, daß sie für eine lange Lebensdauer konzipiert wurde. Für ihre zierliche Größe wirkt sie ausgesprochen solide und schwer, dennoch sind die wenigen Bedienungselemente sehr griffig angeordnet.

In der Tat überrascht die LX durch ihres Aufgeräumtheit. Trotz ihres respektablen Preises von 2000 Mark ohne den Standardsucher FA-1 ist sie spartanisch ausgestattet. Sie begnügt sich mit einer Zeitautomatik und einer einfachen, mittenbetont integral ausgelegten Belichtungsmessung, die allerdings nach dem IDM-Prinzip arbeitet. IDM, das bedeutet "integriertes Direktmeßsystem", was wiederum nichts anderes heißt als autodynamisches Meßsystem ala Pentax. Natürlich gehört dazu auch die TTL-Blitzmessung auf der Filmebene. Das Raffinierteste an der Pentax LX ist zweifellos ihr Verschluß. Er ist aus Titanfolie gefertigt und wird elektromechanisch gesteuert. Selbst bei Batterieausfall funktionieren die kurzen Zeiten von 1/2000 Sekunde bis zur 1/75 Sekunde, letztere ist gleichzeitig die Blitzsynchronzeit. Stellt der Fotograf den griffigen Verschlußzeitenknopf auf Automatik und besitzen die zwei 1,5 Volt-Knopfzellen genügend Kapazität, reicht das Spektrum stufenlos von der 1/2000 Sekunde bis zu vollen 125 Sekunden. Auch wenn man den Wechselsucher an der Pentax LX gar nicht benötigt und sogar auf die Spiegelarretierung verzichten kann, vermag die einzigartige Kombination von hoher Solidität, bester Verarbeitungsqualität sowie kompakten Außenmaßen zu faszinieren. Die Kamera liegt vortrefflich in der Hand - auch im Vergleich mit den besonders ergonomisch gehaltenen Exemplaren des Hightech-Zeitalters.

Zweifellos ist die LX eine Kamera, die sofort Sympathien weckt, eine, die man am liebsten gar nicht mehr hergeben will. Ähnlich schwer fällt die Trennung von der Olympus OM-4 Ti, die objektiv wegen ihres ausgefeilten Belichtungsmeßsystems und ihres günstigeren Preises in diesem Vergleich besser abschneidet - und auch deshalb, weil die Palette der zur Pentax LX passenden SMC-A-Objektive auf ein versprengtes Häuflein zusammengeschmolzen ist. Für das Notwendigste ist aber doch gesorgt: Fisheye 2,8/16 mm, 2,8/20 mm, 1,4/85 mm, 4/100 mm Makro, 4/200 mm Makro, drei Zoomobjektive und diverse Fernobjektive sind noch erhältlich; doch es tun sich große Lücken auf, die nur der Gebrauchthandel zu füllen imstande ist. Sicher passen die F- und FA-Objektive auch an die LX, aber sie bedeuten einen unübersehbaren Stilbruch. Sieger nach Punkten in diesem Vergleich ist also die Olympus OM-4 Ti. Gäbe es allerdings eine "Gefühlswertung", so läge für mich die Pentax LX vom, die erst in der intensiven Praxis voll zu überzeugen vermag.

Vorzüge Olympus OM-4 Ti

größeres Objektivangebot
ausgefeiltere Blitztechnik
differenziertere Belichtungsmessung
bessere Ausstattung

Vorzüge Pentax LX

Wechselsucher
sehr handlich und leicht zu bedienen
umfangreiches Systemzubehör
notfalls batterieunabhängig durch Hybridverschluß

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