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Artikel
2003
KAMERAS TEST
Nikon F75
Leicht gemacht
Klein, leicht und elegant: So präsentiert sich die F75, Nikons neue Kompakt-SLR mit umfangreicher Ausstattung. Trotz vieler Funktionen macht die Neue auch dem Einsteiger das Fotografieren leicht.
Unbeschwertes Fotografieren im Kleinbildformat hat einen neuen Namen: Nikon F75. Nur 380 Gramm wiegt ihr Gehäuse, sie liegt gut in der Hand und lässt sich trotz vieler Funktionen sehr einfach handhaben. Bei den Bedienelementen liefert die F75 das gewohnte Bild: Links oben am Gehäuse findet sich das Programmwahlrad mit Zeit-, Blenden- und Programmautomatik inklusive Shift-Funktion, ergänzt durch Vollautomatik, manuelle Einstellung und fünf Motivprogramme. Ein dreistufiger Schalter am Programmwahlrad erlaubt das Umschalten des Filmtransports zwischen Einzel- und Serienbild sowie CSM. Das Kürzel bezeichnet die Custom-Funktionen, insgesamt 12 an der Zahl, mit denen sich die Kamera vom Anwender individuell konfigurieren lässt. Alles, was man normalerweise beim Fotografierens braucht, hat man im direkten Zugriff. Zum Vorwählen von Zeit oder Blende und für das Aktivieren der Shift-Funktion gibt es ein bequem mit dem Daumen zu bedienendes Drehrad. Für das Einstellen der Arbeitsblende im manuellen Modus muss man zusätzlich eine Taste drücken. Beim Einlegen des Films stellt man fest, dass dieser zunächst komplett umgespult wird und das LCD dann die Anzahl der verfügbaren Aufnahmen anzeigt. Bei jeder Aufnahme zählt die Kamera um ein Bild zurück. In diesem Punkt ist die F75 mit der F55 identisch, nicht aber mit der F65, die mit Bild 1 beginnt und dann nach oben zählt.
Autofokus
Ebenfalls in Reichweite des Daumens, an der Kamerarückseite, ortet man den praktischen Vierwegschalter, mit dessen Pfeiltasten man komfortabel eines der fünf AF-Felder anwählen kann - allerdings nur, wenn der Autofokus auf die benutzerdefinierbare Variante eingestellt ist. Daneben existieren zwei weitere Betriebsarten: Zum einen kann man die Messung auf den zentralen Kreuzsensor beschränken, zum anderen den automatischen Modus wählen, in dem die Kamera selbst den Messpunkt bestimmt - mit Priorität auf den jeweils nahe gelegensten Motivteil. Das AF-System arbeitet dynamisch (Auto Servo): Bei statischen Motiven wählt die Kamera Einzelbild-Autofokus; bewegt sich das Motiv nach der Fokussierung weiter, wird auf Schärfenachführung umgeschaltet. Das AF-Modul Multi-CAM900 bringt mit einer Auslöseverzögerung von knapp 500 ms klassenübliche Werte etwa auf dem Niveau der Canon EOS 300 oder Minolta Dynax 5. Etwas schneller ist nur die EOS 300V mit 385 ms. Typisch für das AF-System ist, dass das aktivierte Messfeld wahlweise schwarz oder (bei schwachem Umgehungslicht) rot leuchtend angezeigt wird. Der eingebaute Hilfsilluminator arbeitet zwischen 0,5 und 4 m Objektabstand bei Lichtwerten von -1 bis 19 (ISO 100). Einblendbare Gitterlinien wie bei der F80 sucht man beim Sparmodell F75 vergebens.
Belichtungsmessung
Zum Ermitteln der korrekten Belichtung steht der F75 eine Matrixmessung zur Verfügung, bei der auch der Abstand zum Objekt berücksichtigt wird. Die Abstandsinformation für diese „3-D"-Variante der Messung liefern alle aktuellen Nikkor-Objektive vom Goder D-Typ. Dies kennt man bereits von anderen Nikon-Modellen wie F80 oder F100, im Vergleich zu diesen wurde allerdings die Anzahl der Messfelder aufgestockt: 25 sind es jetzt bei der F75, 10 bei den beiden anderen genannten Modellen. Da die Kamera wie üblich im Offenblenden-Verfahren misst, ist auch eine Abblendtaste zum Kontrollieren der Schärfentiefe an Bord. Die F75 steuert Belichtungszeiten automatisch zwischen 1/30 und 1/2000 s. Das gleiche Zeitenspektrum steht auch bei manueller Einstellung zur Verfügung, ergänzt durch die Option Langzeitbelichtung (T): Dabei wird der Verschluss durch Drücken des Auslösers geöffnet und durch erneutes Drücken wieder geschlossen. Bei der Verschlussgenauigkeit bis 1/1000 s erreicht die Kamera 15 Punkte und damit fast den Höchstwert. Bei der Auswahl der Messmethoden lässt die Kamera dem Anwender zwar nicht die freie Wahl, wie dies bei den Profimodellen der Fall ist. Die Voreinstellung ist aber praxisorientiert: In den meisten Belichtungsprogrammen benutzt die Kamera die Matrixmessung, schaltet im manuellen Modus aber selbsttätig auf eine mittenbetonte Messung, bei der der im Sucher eingespiegelte Kreis mit 75 Prozent gewichtet wird. Die Spotmessung, bezogen auf das aktive Messfeld, wird dagegen beim Drücken der Belichtungsspeichertaste (AE-L) automatisch aktiviert. Das bedeutet logischer Weise, dass sich beim Drücken der AE-L-Taste der Messwert verändern kann. Wer will, kann in der Custom-Funktion 7 die Kamera aber auch so konfigurieren, dass mit der AE-L-Taste nicht die Spot-, sondern die Matrix- oder mittenbetonte Messung aktiviert wird.
Belichtungskorrektur
Strategisch günstig hinter dem Auslöser gelegen findet sich die Belichtungskorrekturtaste. Drückt man sie, kann man eine Belichtungskorrektur von ± 3 Blenden numerisch einstellen. Beim Einstellen der Belichtungskorrektur wird diese im beleuchtbaren LC-Display digital und im Sucher analog an einer Balkenanzeige in halben Blendenstufen angezeigt. Nach dem Einstellen erinnert ein Plus-Minus-Symbol daran, dass man eine Belichtungskorrektur vorgenommen hat. Belichtungskorrekturen können unter anderem deshalb nötig werden, weil zumindest das getestete Modell eine Abweichung von durchschnittlich einer Drittel Blende in Richtung Überbelichtung zeigte. Bei Negativfilm ist dies nicht nur unkritisch, sondern fördert eher gute Ergebnisse. Bei Diamaterial sollte man aber auf der Hut sein, weil dabei eine Überbelichtung meistens unerwünscht ist. Testen Sie Ihre Kamera also genau aus, anstatt der Automatik unbesehen die Regie zu überlassen. Sehr einfach ist der Einsatz der Belichtungsreihenautomatik: Man drückt den entsprechenden Knopf links an der Kamera, um anschließend mit dem Drehrad die Blendenreihe von 0,5 bis 2 in halben Stufen einzustellen. Anschließend macht man drei Aufnahmen, bei denen die Balkenanzeige im Sucher blinkt und den jeweiligen Korrekturwert anzeigt. Über die Bracketing-Taste in Verbindung mit dem Drehrad lässt sich übrigens auch der Modus „Mehrfachbelichtung" einstellen.
Blitzaufnahmen
Auch für Blitzaufnahmen ist die F75 bestens gerüstet. Das eingebaute Blitzgerät klappt weit aus dem Gehäuse aus, was die Gefahr roter Augen bei Porträts verringert. Ein Blitzschuh nimmt bei Bedarf Systemblitzgeräte von Nikon und Fremdherstellern wie Metz auf. Für das Aufhellblitzen arbeitet das System in 3-D-Multi-Sensor-Technik: Bei der Auswertung der Messblitze wird bei G- und D-Nikkoren ebenfalls der Abstand zwischen Kamera und Motiv berücksichtigt. Beim Blitzen im Auto-Betrieb wählt die Kamera selbsttätig eine Verschlusszeit zwischen 1/60 und 1/9o s. In den Betriebsarten Programm- und Zeitautomatik hat man die Wahl zwischen fest eingestellter Synchronzeit (119u s) und „Slow". Im zweiten Fall wählt die Kamera die zum Umgebungslicht und der eingestellten Blende passende Belichtungszeit, was in vielen Fällen die besseren Blitzaufnahmen ermöglicht, aber nicht selten ein Stativ erfordert.
Modelle und Preise
Erhältlich ist die Nikon F75 alleine oder im Set mit verschiedenen Zoom-Objektiven. Dabei handelt es sich ausschließlich um Nikkor-Objektive der G-Reihe, die aufgrund des nicht mehr vorhandenen Blendenrings sehr kompakt ausfallen. Das F-75-Gehäuse kostet solo 309 Euro, im Basic-Set mit dem hochwertigen Nikkor 3,3-5,6/28-80 mm D AF G (80 Punkte in der Bestenliste) nur rund 80 Euro mehr - ein echtes Schnäppchen. Ebenfalls erhältlich: das BasicPlus-Set mit dem Standard-Zoom 3,5-5,6/28-100 mm D AF G für 400 Euro sowie das F75-Super-Set, das für rund 530 Euro zwei Zooms enthält - das erwähnte Nikkor 28-80 mm und das Nikkor 4,0-5,6/70-300 mm G AF. Optional gibt es für die F75 einen Batteriehandgriff, der mit vier Mignon-Zellen bestückt wird und einen Hochformatauslöser besitzt. Die F75 ist wahlweise in der getesteten Silber-Schwarz-Variante oder komplett in Schwarz erhältlich, zusätzlich in einer Variante mit Datenrückwand, die 40 Euro mehr als das Standardmodell kostet. Bei der Konstruktion der D-Version hat man bei Nikon offenbar weit in die Zukunft gedacht: Ein Schaltjahrausgleich sei bis zum 21. Dezember 2049 vorgesehen. Darf eine Kamera heute wirklich noch so lange halten?
Fazit
Karl Stechl
Die Nikon F75 spielt in ihrer Preisklasse in der vordersten Reihe mit. Sie ist leicht genug, um überall hin mitgenommen zu werden, gleichzeitig aber so komplett ausgestattet, dass es auch ambitionierten Hobbyfotografen an nichts fehlt. Mehr Kamera ist für weniger Geld kaum zu bekommen.
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