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Artikel
2003
Kameras Photographica
Super Ikonta
Traumkamera der 30er
20 Jahre lang gehörte die Super Ikonta zu den Top-Kameras der deutschen Fotoindustrie. Das Rollfilmmodell bot ein lichtstarkes Objektiv, hochwertige Verarbeitung und eine echte Komfortausstattung.
In den dreißiger Jahren der Traum vieler Fotoamateure, in den fünfziger Jahren immer noch aktuell, heute ein begehrtes Sammlerstück: die Super Ikonta von Zeiss-Ikon, eine Balgenkamera für das Format 6x6 cm mit allem, was das Herz begehrt(e). Das hier abgebildete Modell erschien 1952; es verfügt über Belichtungsmesser, Entfernungsmesser und ein lichtstarkes Objektiv vom Typ Tessar. Der Belichtungsmesser ist zwar noch nicht mit der Einstellung von Zeit und Blende gekuppelt (wäre bei der Balgenkamera mit dem beweglichen Objektiv auch schwer zu realisieren), aber er weist einen großen Messumfang auf, bis hinunter zu Lichtwert 3 - für einen eingebauten Selenbelichtungsmesser damals ein ausgezeichneter Wert. Der Entfernungsmesser besitzt eine breite Basis, also einen relativ großen Abstand zwischen den beiden Messfenstern, was eine hohe Einstellgenauigkeit verspricht. Natürlich birgt ein gekuppelter Entfernungsmesser bei einer Balgenkamera technische Hürden, da die Einstellung am Objektiv mit dem Sucher korrespondieren muss. Die Techniker von Zeiss Ikon lösten dieses Problem durch zwei keilförmige Prismen im Objektivaufsatz, die sich beim Einstellen der Entfernung gegenläufig drehen und dadurch den Lichtstrahl in der Horizontalen ablenken. Diese Konstruktion wird auch „Drehkeil-Entfernungsmesser" genannt. Die Super Ikonta ist mit dem damals sehr begehrten Zeiss-Tessar ausgestattet, mit der für das Mittelformat beachtlichen Lichtstärke von 1: 2,8. Es trägt den Namenszusatz „Opton", um es von den in der DDR hergestellten Tessaren zu unterscheiden. Der Synchro-CompurVerschluss bietet Zeiten von 1/5o0 bis zu einer Sekunde und „B" sowie einen Selbstauslöser. „Synchro" deutet auf die Blitzsynchronisation hin - in den fünfziger Jahren eigentlich schon selbstverständlich, aber immerhin bietet dieser Verschluss die Einstellungen „X" (Blitzzündung nach Öffnung des Verschlusses) und „M" (Blitzzündung vor der Öffnung des Verschlusses für kurze Belichtungszeiten bei längerer Leuchtdauer des Blitzes). Ein weiteres wichtiges Ausstattungsdetail ist der Filmtransport. Während man bei einfachen Rollfilmkameras vorsichtig am Transportrad drehen musste, bis im roten Fenster der Rückwand die nächste Zahl erschien, kann man bei der Super Ikonta nach dem Einspulen das Transportrad nach jeder Aufnahme einfach bis zum Anschlag drehen, ohne dass ein Blick auf das rote Fenster erforderlich ist. Fast überflüssig zu erwähnen, dass an dieser Kamera noch alles perfekt funktioniert, obwohl die Gebrauchsspuren zeigen, dass sie jahrzehntelang benutzt wurde. Die Genauigkeit der Entfernungsmessung und der Belichtungszeiten genügt immer noch hohen Anforderungen, die Langzeiten laufen sauber ab. Zusammengeklappt ist die Super lkonta, gemessen an der Ausstattung und dem Filmformat, erstaunlich schlank und kompakt. Mit einem Handgriff ist sie aufnahmebereit. Die Belichtungsmessernadel wird durch Drehen am Rad über dem Sucher auf eine Marke gebracht, dann lassen sich verschiedene Kombinationen von Belichtungszeiten und Blende ablesen und am Objektiv einstellen. Die Entfernung wird mit dem linken Daumen an dem kleinen Zahnrädchen am Objektiv eingestellt. Das Doppelbild im Sucher, das dabei zur Deckung gebracht werden soll, ist gut erkennbar. Ansonsten ist der Sucher leider schlecht zu überblicken. Schade, dass ein Leuchtrahmensucher fehlt, wie ihn die kleinere Super lkonta für das Format 4,5x6 cm schon vor dem Zweiten Weltkrieg hatte. Während für den Filmtransport der erwähnte Dreh am Transportrad bis zum Anschlag genügt, muss der Verschluss extra gespannt werden. Wegen der Balgenkonstruktion wäre seine Kombination mit dem Filmtransport kaum realisierbar. Der Porst-Katalog von 1952 gibt den Preis für dieses Modell mit 625 Mark an, das entsprechende Modell ohne Belichtungsmesser war 100 Mark billiger. Ähnliche, hochwertige Balgenkameras wurden in diesem Katalog auch von Voigtländer und Agfa angeboten, aber die Super Ikonta war mit Abstand die teuerste und am besten ausgestattete. Preislich lag sie etwa auf dem gleichen Niveau wie die Rolleiflex für dasselbe Filmformat, die ebenfalls mit einem Zeiss-Tessar versehen war. Auch in punkto Qualität ist die Super lkonta mit der zweiäugigen Rollei vergleichbar. Wer damals Alternativen suchte, fand bei der Rollei den wunderbaren Spiegelreflexsucher, der die Bildgestaltung sehr erleichterte. Bei der Super Ikonta fand er die besondere Kompaktheit, die schnelle Scharfstellung und in Aufnahmestellung eine Handhabung wie bei einer Kleinbildkamera. Im Jahrzehnt hochauflösender Kleinbildfilme mag der praktische Nutzen einer 50 Jahre alten Taschenkamera für Rollfilm fraglich sein. Doch der Vorteil des großen Negativs bleibt; es ermöglicht in Kombination mit dem Zeiss-Tessar eine ausgezeichnete Bildqualität. So gibt es auch heute noch zahlreiche Enthusiasten unter den Lichtbildnern, die sich nicht nur von der nostalgischen Ausstrahlung dieser Kameras, sondern auch von ihren fotografischen Qualitäten begeistern lassen. Das prägt die Preise. Wer eine Super Ikonta kaufen möchte, wird mindestens 300 Euro ausgeben müssen.
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