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Artikel
2004
AMATEUER-SERVICE
ALEXANDER BORELL ÜBER.
KODAK Pocket Instamatic 60
Die Pockets sind derzeit schwer im Kommen. Nicht zuletzt auch aufgrund immer besserer Eigenschaften der 110er Filme. Mit dem neuen 110er Film Kodacolor II bietet die Kodak Instamatic 60 ein hochwertiges Aufnahme-System. Red.
Während ich diese Zeilen schreibe, wird sie von Kodak noch wie ein Goldbarren behandelt. und dem Gewicht nach könnte sie es auch fast sein: sie wiegt immerhin rund ein halbes Pfund. Konfektionären ist das egal, aber ein guter Schneider bekäme Krämpfe, würde man so was noch in eine Jackentasche stecken. Um dem vorzubeugen, liefert Kodak gleich ein wirklich sinnvolles und praktisches Etui mit, das man wie einen 38er Smith & Wesson in Gürtel oder Hosenbund klippt, womit diese Kamera ebenso unauffällig getragen werden kann, wie das Schießeisen des FBI. Wenn man sich dann aber überlegt, was diese Kamera kann, weiß man, was man für dieses Gewicht und sein Geld (etwa DM 500,-) bekommen hat. Nicht nur einen erstklassigen Vierlinser mit Bildwinkel 46xGradx, sondern eine Voll-Elektronik, die Verschluss und Blende steuert: die Pocket 60 wählt Verschlusszeiten zwischen 1/250 sek. bis zu vollen fünf Sekunden, und ordnet automatisch Blenden zwischen f: 17 bis f: 2,7 zu. Außerdem wird im Leuchtrahmensucher noch durch ein gelbes Lichtsignal anzeigt, wenn mehr als 1/30 sek. zur Belichtung nötig ist, damit man entweder ein Stativ verwenden oder blitzen kann.
Hat man geblitzt, sieht man das an einem roten Licht im Sucher, was verhindert, dass man eine bereits verschossene Seite des Blitzwürfels erwischt. Setzt man einen solchen X-Würfel ein, schaltet sich wieder eine Automatik zu: je nach Entfernung öffnet sich die Blende, und das zwischen 1,2 bis 9 Metern! Auch die Entfernung können Sie bei der Pocket 60 über einen Schieber einstellen, die Maße sind in Metern oder feet angegeben, aber das ist eigentlich gar nicht nötig, denn die Pocket 60 hat einen Mischbild-Entfernungsmesser! Bei gutem Licht erreicht man somit einen Nahbereich von 0,7 bis 1,4 Metern. Betrieben wird diese ganze Elektronik, einschließlich der Lichtspiele, mit einer Spezialbatterie. Wenn man sie irgendwo nicht bekommt, wird es im wahrsten Sinne des Wortes überall duster: rien ne va plus! Um dem vorzubeugen, wahrscheinlich auch als liebenswürdige Geste gegenüber bundesdeutschen Batteriesparern, gibt es einen Extraknopf zum Testen der Batterie.
Man hat einfach an alles gedacht, z. B. auch daran, dass ein vergütetes Objektiv empfindlich ist. Deshalb wird es durch eine vergütete Scheibe vor Staub und Fingertappern geschützt. Es gibt auch ein Stativgewinde, obwohl mir zweifelhaft erscheint, dass jemand ein Stativ mitnimmt, der Wert auf eine Taschenkamera legt. Aber, und das funktioniert fast immer, man kann sie ja bei längeren Zeiten irgendwo auflegen und festhalten. Sie ist 147 mm lang, 58 mm breit und 26 mm hoch. Sollten Sie zusätzlich noch eine Tasche frei haben, können Sie den mitgelieferten „Extender" dort unterbringen. Das ist ein Stück Plastik, das man zwischen Kamera und Blitzwürfel steckt, damit der Abstand zwischen Blitz und Objektiv vergrößert wird. Es ist überall zu lesen, dass diese Maßnahme die rotgeblitzten Kaninchenaugen verhindern würde. Wem das eingefallen ist, weiß ich nicht, denn mir ist es noch nie gelungen, mit einem Extender rote Blitzaugen zu verhindern, wenn . . . das Opfer einen ungünstigen Augenwinkel bei der Aufnahme
hatte und diese womöglich noch in einem dämmrigen Raum gemacht wurde, wo sich die Pupille weit öffnet. Lassen Sie lieber den Extender zu Hause und sorgen Sie bei Aufnahmen dafür, dass Ihr Modell nicht ins Objektiv starrt, als solle es erschossen werden. Was aber Reklameleute mal erfunden haben, lässt sich durch die Wahrheit nur schwer wieder austilgen. Der Auslöser kann übrigens verriegelt werden, damit es nicht in der Tasche schießt. Soweit ist diese Kamera o. k. Aber dieser Auslöser .. . Ich habe noch nie einen Preis beim Fingerhakeln, einem bayerischen und sehr männlichen Sport, erhalten, ich habe auch gewiss keine sehr gut entwickelten Fingermuskeln, wie vielleicht ein Starpianist. Also wenn ich auf diesen Auslöser drücke, wird es schwer und schwerer, und es geschieht immer noch nichts, und dann fängt mein Finger an zu zittern vor Anstrengung, und wenn er gerade am Ende seiner Kräfte ist, löst die Pocket 60 aus. Die Deutsche Kodak erklärte mir genau, woher das komme: weil nämlich beim Auslösen in der Kamera soviel passiert. Nun, das ist mir, ehrlich gesagt, ebenso wurscht, wie es mich beim Schalten meines Wagens nicht interessiert, wie viele Zahnräder im Getriebe bewegt werden müssen: weich muss es gehen, und weich sollte ein Auslöser sein, erst recht bei einer Pocket Kamera. Eine Nation, die Menschen auf dem Mond spazieren gehen lässt, und das life auf die ganze Welt übertragen kann, kann mir nicht weismachen, dass dieser Auslöser so schwer gehen muss. Das sollte unbedingt geändert werden. Denn ich wünsche dieser Kamera Erfolg. Der aber ist trotz aller hervorragender Technik in Frage gestellt, wenn man jedes Bild beim Auslösen verzittert. Und ich würde weder meinen Lesern, noch letztlich der Firma Kodak einen guten Dienst erweisen, hätte ich dieses Manko diskret verschwiegen.
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