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Erfahrungsbericht

Mamiya ZE

Hoffnungsvoller Erstling

Mamiya-Objektive zählen zu den besten des Marktes. Sie haben eine ebenbürtige Kamera verdient. Mit der ZE stellt Mamiya eine Kamera vor, die mehr Fragen aufreißt, als beantwortet. Die zu erwartenden Möglichkeiten sind vielversprechend.

Einige Trends im Kamerabau haben sich schon klar durchgesetzt. Zunehmender Einsatz elektronischer Bauelemente und von Gehäuseteilen aus Kunststoff, damit verbunden Verringerung von Gewicht und Volumen. Neu ist der Einsatz von Quarzoszillatoren zur präzisen Steuerung vor allem der Verschlußzeiten. Das alles untergeordnet einer möglichst unkomplizierten Handhabung. Voll in diesem Trend liegt die neue Mamiya ZE.
Daran liegt es vermutlich, daß einem die ZE bekannt und vertraut vorkommt, sobald man sie in Händen hält. Obwohl in die Klasse der sogenannten "Economy"-Kameras einzuordnen, macht sie keineswegs einen billigen Eindruck. Keine überstehenden Ecken und Kanten, alles paßt und liegt angenehm in der Hand.
Konzentrisch um die Rückspulkurbel liegt der Filmempfindlichkeitseinstellring, kombiniert mit einer - in dieser Preisklasse nicht selbstverständlichen - Belichtungskorrekturmöglichkeit von vollen 4 Lichtwertstufen, je 2 nach oben und unten. Diese ist allerdings bei den extremen Filmempfindlichkeiten ab 25 bzw. 1600 ASA eingeschränkt.
Rechts vom Prismengehäuse mit Mittenkontakt-Blitzschuh die Betriebsarteneinstellung. Daneben dann der nicht verriegelbare Auslöser sowie Bildzählwerk und Schnelltransporthebel. Dessen toter Weg zwischen Ruhe- und Arbeitsstellung von 30' macht allerdings den Eindruck, als ob die Konstrukteure hier einfach eine Feder vergessen hätten. Blieben noch der an gewohnter Stelle zu findende Selbstauslöser mit 9 Sekunden Vorlaufzeit sowie links am Objektivträger Objektiventriegelungstaste und X-Kabelkontakt zu erwähnen, so ist auch schon fast alles gesagt, was es zum ZE-Gehäuse selbst zu sagen gibt.
Die Belichtungssteuerung erfolgt mit automatischer Verschlußzeitenbildung nach Blendenvorwahl, wobei die Lichtmessung bei offener Blende über Silizium-Diode mit einer praxisgerechten Mittenbetonung erfolgt. Dazu steht der Betriebsartenwähler in Position "Auto". Die Kamera bleibt auch auf "Auto", wenn das spezielle Mamiyalite ZE Elektronenblitzgerät verwendet wird. Bei blitzbereitem Gerät erfolgt dann automatisch die Einstellung der 1/60 Sekunde Synchronisationszeit. Diese wird wie die Verschlußzeiten von 1/1000 bis 1/30 Sekunde im Sucher über rote Leuchtdioden angezeigt. Für die längeren Zeiten bis zu 1 Sekunde leuchtet eine Langzeit-LED. Die Übersichtlichkeit des Suchers mit seiner kombinierten Diagonal-Schnittbild/MikroprismenEinstellscheibe wird durch keine weiteren Anzeigen getrübt.
Die Mamiya ZE besitzt eine Meßwertspeichermöglichkeit, in neudeutsch auch Memory-Lock genannt. Das ist erfreulich, denn selbst teurere Kameras lassen dieses Detail vermissen, das jeder Fotograf zu schätzen weiß, der mehr als 08/15Aufnahmen macht. Der Betriebsartenwählschalter wird durch Drücken des roten Entriegelungsknöpfchens auf "AE-Lock" gestellt. Die Lichtmessung wird durch Andrücken des konventionellen mechanischen Auslösers eingeschaltet, mit "AE-Lock" bleibt der einmal gemessene Wert bis zum Loslassen gespeichert. Eine feine Sache, zumal durch diese Lösung eine zusätzliche Taste eingespart wird. Diese elegante Lösung überzeugt und könnte manchen "fortgeschrittenen" Fotografen dazu verführen, immer mit der "AE-Lock"-Einstellung zu arbeiten.
Die Position "X" wird zum Blitzen mit normalen Elektronenblitzgeräten gewählt, "B" dient für Langzeitbelichtungen über 1 Sekunde.
Interessant, ja sogar vielversprechend wird es bei herausgenommenem Objektiv. Hier wird die Konsequenz deutlich, mit der Mamiya die Elektronik einsetzt. Der Objektivanschluß erfolgt über das gleiche Bajonett, wie es von der NC bekannt ist. Durch zusätzliche Änderungen bedingt, können diese älteren Objektive (ebenso wie M-42-Objektive über Adapter) nur mit Arbeitsblende benutzt werden. Automatische Springblende und Blendensimulation funktionieren bei den neuen Sekor E-Objektiven zwar noch mechanisch, aber die Lichtstärke des Objektivs wird der Kamera über drei vergoldete Kontakte elektronisch mitgeteilt. Beim Normalobjektiv findet man 10 Kontaktflächen. Da die ZE von Mamiya als Grundmodell einer neuen Serie vorgestellt wurde, können wir unserer Phantasie freien Lauf lassen, wozu die restlichen 7 Kontakte, die von der ZE noch nicht ausgenutzt werden, gut sein können. Da der Blendenring des Objektivs eine arretierbare kleinste Blendeneinstellung besitzt, drängt sich der Gedanke an einen zukünftigen kombinierten Zeit- und Blendenautomaten auf.
Elektrisch übertragen werden könnten die verschiedensten Blendenwerte. Genausogut denkbar ist die Übertragung von Entfernungswerten, sei es vom Objektiv zur Kamera, z. B. zur Steuerung einer Blitzautomatik, sei es von der Kamera mit automatischer Entfernungsmessung zum Objektiv. Eine weitere Möglichkeit wäre die Information über die eingesetzte Brennweite, zu der eine Kamera mit automatischer Verschlußzeitenbegrenzung nur die längste Zeit zuläßt, die noch ohne Verwacklungsgefahr aus der Hand Erfolg verspricht. Wir sind gespannt, was Mamiya einfällt.
Ein fast ebenso dankbares Objekt für Spekulationen ist der an sich recht simple ZE-Winder. Mit seinem Hauptschalter, einer roten Kontroll-LED, 2 Bildern pro Sekunde und einer hakeligen Batteriefachdeckel-Verriegelung, die scheinbar freiberuflich von einem hauptberuflichen Puzzle-Erfinder entwickelt wurde, wäre es ein Winder unter vielen. Aber auch beim Winder ist Mamiya sehr kontaktfreudig. Den drei Kontakten im Boden der ZE liegen acht des Winders gegenüber und noch zwei weitere in der Nachbarschaft. Man darf sich also auch in dieser Richtung einige Hoffnung auf überraschende und unkonventionelle Möglichkeiten machen. Der Einsteiger, der mit der Mamiya ZE eine Kamera erwirbt, die schon mehr kann, als eine Einsteiger-Kamera können muß, tut den Schritt in ein zukünftiges Kamera-System, das die besten Voraussetzungen dafür bietet, mit seinen wachsenden fotografischen Ambitionen schrittzuhalten.

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