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Artikel

2004

Alexander Borell und die photokina

Schlechte Erfahrungen mit der Polaroid SX-70 

Während für meine Kollegen die photokina am Donnerstag, den 3. 10. zu Ende ging, erwartete mich am Samstag, den 5. Oktober ein neues Abenteuer in Essen: 
Ich war als Gast von RTL-Luxemburg in die Gruga-Halle zur Löwen-Verleihung eingeladen. Während eines Besuches bei Polaroid auf der photokina kam mir der Gedanke, diese Gruga-Veranstaltung könne Polaroid doch für eine Werbeaktion im Anschluss an die photokina ausnützen. „Schickt doch ein paar Leute hin und lasst sie dort die ganzen Sternchen und Sterne vom Radio- und Fernsehhimmel mit Eurer SX-70 fotografieren. Nichts ist so geeignet, diese Kamera bekannt zu machen, als wenn Ihr bei einer solchen Gelegenheit damit fotografiert." Infolge technischer Schwierigkeiten kam dieser Plan nicht zum Tragen, aber ich hatte inzwischen mit der SX-70 schon lange genug fotografiert, um ihr voll zu vertrauen. Ich ließ mir also noch ein paar Filme geben und erklärte: „Dann mache ich ein paar Aufnahmen und zeige auf einer Farbseite von Color, was man bei einer solchen Gelegenheit mit dieser Kamera machen kann." Und dann geschah in Essen, womit ich nicht gerechnet hatte. Ich fotografierte jeden, der mir in den Weg lief. Ich fotografierte Frank, den deutschen Direktor von RTL, ich fotografierte Rainer Holbe, und schon da hätte ich eigentlich gewarnt sein müssen. Denn beide schauten die Aufnahmen an, bedankten sich herzlich dafür und fragten, ob ich nicht noch einmal für ihre Familie so was „Großartiges" machen könne. Ich machte nochmal so was Großartiges, und dann kam zufällig Jürgen Marcus vorbei: „Hey Jürgen, schau Dir das an, so was hast Du noch nicht erlebt." Jürgen Marcus, die Abbas, die Santabarbaras, Udo Jürgens, Peggy March, Bernd Clüver - und wie sie alle heißen, diese vielgepreßten Plattenmillionäre: ich verschoß eine „flashbar" nach der anderen, man ließ sich die SX-70 erklären, ich war teilweiser Mittelpunkt damit, aber als wir gegen Morgen erschöpft die Hotelbar des Maritim in Gelsenkirchen verließen, hatte ich für mich und Color kein einziges Foto. Nur die sonore Stimme Gunter Gabriels verfolgte mich bis in meine Träume: „Boss - ich brauch' mehr Geld", hatte er intoniert, als er mir meine Aufnahmen wegnahm und sich nach den Preisen von Kamera und Filmen erkundigte. Ich hatte so ganz nebenbei an diesem Abend, bzw. in dieser Nacht gelernt, perfekt mit der SX-70 umzugehen: man kann einfach alles mit ihr machen. Stelle ein blondes Mädchen 50 cm vor einen hellen Hintergrund und drehe das Hell-Dunkelrädchen einen halben Strich nach hell, dann hast Du einen zauberhaften Highkey. Absolute Realität erreicht man, wenn das Modell ca. 1-1,5 Meter vor mittelhellem Hintergrund steht, und wenn man einen bärtigen Mann frei in den Raum stellt, dazu um einen halben Strich nach Dunkel dreht, gibt das einen Original-Rembrandt! Draußen, den Rolls Royce vor dem Hotel habe ich mit voller Stellung auf Hell geblitzt - er ist drauf, und das erleuchtete Hotel mit der strahlenden Einfahrt fotografierte ich ohne Blitz, die SX70 stand ruhig auf einem Autodach. (Diese Aufnahme schenkte ich dem Portier!) Und so kann es sein, liebe Fotofreunde, dass Sie mit dieser SX-70 zu einem zwar glücklichen, aber armen Mann werden. Dagegen aber habe ich inzwischen auch einen Trick gefunden, das heißt, er fiel mir schon in der bewußten Nacht an der Bar ein, aber - ich konnte ihn nicht anwenden, ohne mich großem Ärger mit Polaroid auszusetzen. zusetzen. Aber Sie, als Privatmann, Sie können folgendes tun: Fotografieren Sie Ihre Opfer, und im gleichen Augenblick, wo das Bild engerlingfarben und noch unentwickelt aus der Kamera surrt - in diesem Augenblick nehmen Sie es weg und murmeln: „Schade, das ist nichts geworden." Stecken Sie es in Ihre Tasche und seien Sie beruhigt: selbst wenn Sie in dieser Tasche noch ein Schlüsselbund, Dosenöffner, Büroklammern und einen Schraubenzieher verwahren - Ihre Aufnahme wird unzerkratzt prima! Bei der nächsten Aufnahme mit dem gleichen Publikum lassen Sie sich etwas anderes einfallen, z. B. „Oh, wahrscheinlich ist der Film schon zu alt, eine Tante brachte ihn mir voriges Jahr aus Miami mit."
Gelegentlich kann dann auch mal die Kamera dran schuld sein - jedenfalls kommen Sie so, und nur so zu eigenen Aufnahmen. Es sei denn, Sie hätten - im Gegensatz zu mir, das stahlharte Herz eines Profis. Und behalten Sie diesen Verbilligungstrick bitte für sich!

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