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Artikel
2004
Der Alexander-Borell-Kommentar:
Die Contax RTS
Für keine Kamera der Welt hat es, meines Wissens, soviel kostspielige Voraus-Werbung und so viele Vorschuss-Lorbeeren gegeben, wie für die Contax RTS. Ich selber habe mich auf der photokina 74 in diese Kamera verliebt, spontan und nur allzu bereit, meinen Wunsch nach einer Welt-Spitzenkamera modernster Konzeption und technischer Perfektion verwirklicht zu sehen. Wir konnten sie damals auf den Ständen von Yashica und Zeiss in die Hand nehmen, und alles funktionierte, soweit es auf einem Werbe- und Ausstellungsstand zu funktionieren hatte. Zu tatsächlicher Erprobung haben wir kein einziges Stück bekommen. Es hieß, man sammle in Köln nur Erfahrungen, um diese dann in der Serie zu verwerten. Wie groß aber ist hier der Unterschied zwischen gutwilligem Prüfen einer Vorführ-Kamera auf dem Messestand und der wirklichen Arbeit mit dem fertigen (leider!) Serienmodell! Das musste ich jetzt erfahren, nachdem man offenbar noch fast ein Jahr an dieser Contax gebastelt hat - und das werden auch die Hersteller noch zur Kenntnis nehmen müssen. Das ist wie mit dem berühmten Brei: Die ersten paar Löffel haben gar köstlich gemundet, man lobte die Köche (Porsche, Yashica und Zeiss!), und man riet manchem Interessenten, der Epochales kaufen wollte, auf diese Contax zu warten, weil sie neue Maßstäbe setzen würde. Ich schreibe diese Zeilen Anfang August, und erst vor wenigen Tagen bekam ich eine Contax RTS in der Standardausführung mit Planar 1,4/50 mm, um wirklich mit ihr zu fotografieren - demnächst wird sie in allen Läden zu kaufen sein! Und da musste ich feststellen, dass dieser Brei, je näher man dem Boden des Topfes kam, desto mehr Knuddelchen hatte, darunter einige so große Brocken, dass nicht nur ich daran zu schlucken hatte - die Hersteller werden es auch tun müssen. Wer von diesen drei Herstellern nun den Brei so gründlich verdorben hat, das zu untersuchen ist nicht meine Sache. Für mich ist diese Kamera eine bittere Enttäuschung: Sie ist eine in der Geschichte des Kamerabaues wohl einzigartige Mischung aus tatsächlich vollendeter Technik und absolutem, unbegreifbarem Dilettantismus . . .
Vielleicht sollte man bei dem „RTS" beginnen, das für „Real Time System" steht, und auch von der Werbung als Hauptmerkmal gepriesen wird. Einfach ausgedrückt: Durch Verwendung von Elektrizität und Elektronik, anstatt bisher üblicher mechanischer Elemente, wird die Zeit vom Auslösen bis zum Verschlussablauf verkürzt. Gut, ich bin davon überzeugt, dass dies bei der Contax schneller geht als bei allen anderen Kameras, sicherlich auch mit weniger Verschleiß. Aber was bringt's in der Praxis? Wenn dieser Ablauf bei bisherigen Kameras in etwa 15 ms (Millisekunden!) erfolgte, schafft es die Contax jetzt vielleicht leicht in 5 ms. Oder gar weniger. Aber meine Augen und meine Finger brauchen Zeit: Ich muss den rechten Augenblick erkennen, wenn der Fuß den Ball zum entscheidenden Tor trifft. Kein Mensch kann eine tausendstel Sekunde wahrnehmen, er reagiert sogar auf die hundertstel viel zu langsam: Die Contax kann hier also mehr, als ihr Besitzer! Der RTS-Vorteil kann sich daher eigentlich nur voll bei Aufnahmen mit elektronischen Lichtschranken auswirken. Immerhin: Das ist Weltspitze! Auch die Funktion von Schlitzverschluss und Spiegelschlag, verbunden mit der Springblenden-Steuerung, sind Weltspitze! Der bisherige Rekord in dieser Disziplin, aufgestellt von Leitz, ist mit der Contax deutlich hör- und spürbar eingestellt. (Nicht zuletzt die Ursache für unsere Begeisterung auf der photokina!).
Aber da sind wir auch schon beim ersten Knuddel: Ein horizontal ablaufender Tuchverschluss, der bei der 1/60 sek. blitzsynchronisiert ist. Offenbar hatte man bei Yashica (oder bei wem auch immer!) eine Vorkriegs-Leica III a als Muster verwendet, und niemand wusste, dass es vertikal ablaufende Verschlüsse gibt, die schon bei preiswerten Kameras eine Blitzsynchronisation bis zur 1/125 sek. erlauben.
Sie nehmen also Ihre Kamera beglückt mit hinaus, finden Ihr erstes Motiv und wollen auslösen: geht nicht! Die Kamera hat nämlich schon ausgelöst, weil der leiseste Tupfer auf den Auslöser schon genügt, ihn funktionieren zu lassen. Fehlauslösungen am laufenden Band lassen sich in der Praxis nicht vermeiden: Diesen superangenehmen und ebenfalls unschlagbaren Auslöser kann man nicht abschalten! Nur ein Laie als Konstrukteur, der selber noch nie praktisch mit einer Kamera gearbeitet hat, kann glauben, man trüge eine Kamera beim Gebrauch etwa so behutsam vor sich her wie ein Priester den Kelch.
Aber gut, was soll's - Film ist billig, und was tun schon ein paar Fehlbelichtungen bei einer Spitzenkamera?
Aber da kommt einem schon der nächste Knuddel, ein noch viel massiverer, zwischen die Zähne: Die Fehlbelichtungen dadurch, dass man den Drehknopf mit den Verschlusszeiten und der Automatik-Stellung nicht auf die Automatik arretieren kann! Bei „A" schlägt er zwar an, aber eine zufällige Bewegung Ihres linken Daumens - und schon ist die Automatik abgeschaltet, der Verschluss steht auf der 1/2000 sek. oder der 1/1000 sek. - und Sie glauben, Sie würden mit der benötigten 1/60 sek. fotografieren. Vielleicht glauben Sie das einen halben Film lang! Mein Gott, wie kann ein Konstrukteur in den Jahren 74/75 so etwas machen! Wunderschön einfach ist die „Überlistung" der Automatik bei gewollter Unter- oder Überbelichtung: Man dreht am Knopf für die Empfindlichkeitseinstellung nach Plus oder Minus, und zugleich erscheint unten am Sucherrand ein kleiner Ring als Warnung, dass unter- oder überbelichtet wird. Diese Vorrichtung aber ist wiederum nicht arretiert, sie muss es auch nicht sein, jedoch ist das diskrete Ringlein am unteren Bildrand etwa so, wie bundesdeutsche Verkehrsschilder in unseren Städten: Man sieht sie erst, wenn man in der falschen Richtung vorbeigefahren ist. Schließlich konzentriert man sich ja auf sein Motiv, dieses wiederum spielt sich meistens in der Bildmitte und nur selten am untersten Bildrand ab, und so übersieht man das „Diskretchen" - bis man es irgendwann bemerkt. Bei SW-Film ist das nicht immer eine Katastrophe, man kann manches in der Duka noch korrigieren. Aber Dias sind im Eimer, vielleicht gerade die unwiederbringlichsten, weil sie am spannendsten waren!
Man geht von normaler Belichtung doch nur in seltenen Ausnahmefällen ab: Warum konnte man nicht einen wirklich dicken und unübersehbaren Balken ins Bild schieben?
Fotografiert man länger mit geänderter Automatik, könnte man sich ja leicht mit der Zugabe oder Wegnahme von DIN-Graden behelfen. Ob Porsche Deutlichkeit auf Kosten des Designs verboten hat?
Das Porsche-Styling übrigens, es ist großartig! Diese Kamera sieht nicht nur blendend aus, sie liegt genauso gut in der Hand wie sie aussieht! Hier wäre wieder der Ansatz zur Weltspitze gewesen, und auch das hat unser Auge auf der photokina geblendet .
Inzwischen haben Sie Ihren ersten Film verschossen, Sie spulen ihn zurück. Sie drehen wohlgemut an der Rückspulkurbel und freuen sich, dass diese endlich einmal vernünftig dimensioniert ist, so dass man nicht nur die Fingernägel zum Rückspulen benützen muss. Und so drehen Sie und drehen, und allmählich wird Ihnen mulmig: Jetzt muss doch bald der bekannte „Widerstand" kommen, wenn sich der Film von der Aufwickelspule löst. Aber es kommt gar nichts, und wenn Sie die Kamera endlich angstvoll öffnen, ist der Film längst in der Patrone verschwunden. Dafür meinen Sie das nächste Mal, Sie hätten diesen extrem sanften Ruck doch bemerkt, machen auf und - der Anfang Ihres Films ist beim Teufel, weil er noch nicht voll zurückgespult war. Ich will es gleich verraten: Dies ist der kleinste Knuddel und zugleich der einzige, den man selber beseitigen kann. Man darf den Film nur auf keinen Fall so einlegen, wie es in der Bedienungsanleitung empfohlen wird, nämlich sozusagen geradeaus, wie er von der Zahntrommel kommt. Machen Sie einen Knick von etwa 1 cm zur Schichtseite hin und legen Sie diesen Knick in die Aufwickelspule: Dann merken Sie den Ruck, wenn der Film zu Ende ist. Nicht gemerkt haben das Porsche, Yashica und Zeiss vor Drucklegung der Gebrauchsanweisung.
Wir haben inzwischen einen neuen Film drin und wollen eine Doppelbelichtung machen. Wir wissen ja, dass es heute Kameras gibt, sogar recht preiswerte - die von sich nicht behaupten, absolute Weltspitze zu sein - bei denen man auf einen Spezial-Knopf drückt, bequem oben auf der Kamera angebracht, um dann den Verschluss so zu spannen, dass sich der Film nicht den Bruchteil eines Millimeters bewegt. Früher, etwa in den fünfziger Jahren, behalfen wir uns damit, dass wir den Rückspulknopf am Kameraboden drückten, die Kurbel festhielten und vorsichtig weiterschalteten. Und - Sie werden es nicht glauben - genau das müssen Sie bei dieser Contax auch machen! Mir kommt dieses Abenteuer Contax allmählich so vor, als hätte man überlegen und hochmodern erdachte Technik und Elektronik in eine ebenso konzipierte Kamera einbauen wollen, dieses Vorhaben aber mittendrin abgebrochen, um nur irgendwas auf den Markt zu bringen.
Bleiben wir noch bei der Elektronik, sprich hier: der Belichtungsautomatik und den Leuchtdioden.
Seit Jahren werde ich nicht müde, den Kameraherstellern zu erklären, dass man winzige Zahlen und einen noch winzigeren Zeiger am oder neben dem Bildrand kaum erkennen kann, wenn das Motiv dort dunkel wird. Bei Dämmerung ist's da drin ohnedies duster. Erfolg? Einige Hersteller haben sich nicht geniert, eine Art von Schaufensterbeleuchtung in ihren Kameras zu installieren.
Erst Fuji hat die Leuchtdioden für den Gebrauch in Kameras entdeckt, nachdem sie in der übrigen Elektronik schon alltäglich geworden waren. Es ist zweifellos ein Plus für die Contax, sich der Leuchtdioden als Anzeigemittel zu bedienen. Allerdings hat man auch hier im wahrsten Sinne des Wortes wieder nur eine halbe Sache draus gemacht: Die eine Hälfte sind nämlich besagte Leuchtdioden, die andere Hälfte aber ist wiederum - eine unbeleuchtete Skala mit den Verschlusszeiten! Tut man bei der Aufnahme gar nichts, so sieht man im Sucher ebenfalls gar nichts: Die Automatik arbeitet unsichtbar, blitzschnell (dank der Silizium-Messzelle!), und ich muss es dieser Kamera bescheinigen: Die Belichtungsautomatik funktioniert perfekt! Aber hin und wieder möchte man doch wissen, welche Verschlusszeit man hat. Dann drückt man leicht auf den Knopf rechts vorne, und ein rotes Pünktchen leuchtet außerhalb des Sucherbildes am rechten Rand auf. Und zwar entweder neben einer Verschlusszeitenzahl oder dazwischen, gelegentlich erscheinen Zwischenwerte auch durch Aufleuchten von zwei Dioden. Unter normalen Lichtverhältnissen ist das eine feine Sache, vor allem, wenn man sich auf das Zweifingersystem eingearbeitet hat: Zeigefinger auf dem Auslöser, Mittelfinger am Leuchtdiodenknopf. Aber wenn es dunkel wird, sieht man halt wieder nur die roten Pünktchen, irgendwo im Gelände, irgendwo zwischen 1/2000 sek. und vollen 4 sek. - dem Arbeitsbereich der Automatik. Keine Verschlusszeiten-Skala sieht man nicht mehr, wie wir hier in Bayern in doppelter Verneinung sagen. Man muss sich aufs Schätzen verlassen: In der Mitte der rechten Sucherseite befindet sich die 1/30 sek., leuchtet es also in der Mitte, kann man gerade noch mit Sicherheit aus der Hand fotografieren. Womit sich diese Kamera bei Dämmerlicht selber auf den Stand einer etwas besseren Pocket-Kamera herabwürdigt.
Vorteilhaft ist es, dass man über dem Sucherbild die jeweils vorprogrammierte Blende ablesen kann - sofern das Licht ausreicht, die grüne Markierung der eingestellten Blende zu erkennen.
Ich verstehe nichts von Elektronik, aber ein Mann, der sehr viel davon versteht, sagte mir, man hätte mit der vorhandenen Energie - einer 6 V-Batterie - nicht nur den elektronischen Verschluss steuern können, sondern es wäre auch unschwer möglich gewesen, das RTS-System auf real ablesbare Leuchtzeichen zu konstruieren. Schwer zu verstehen, warum sich Yashica (oder Zeiss) nicht einen wirklich versierten Elektroniker zur Lösung dieser Aufgabe engagiert hat!
Über der Verschlusszeiten-Skala sehen Sie ein „A" mit einem grünen Zeiger. Dann steht der Zeitwählknopf auf „Automatik".
Sie können aber auch alle Zeiten manuell wählen, der grüne Zeiger verlässt dann die „A"-Stellung und zeigt eine Zeit an. Etwa die 1/125 sek. Drücken Sie nun auf den Diodenknopf, leuchtet ein Punkt irgendwo rot auf, und den können Sie dann mit der Blende bis zur 1/125 sek. dirigieren. Auf diese Art ist es möglich, bei vorgewählter Zeit mit dem Blenden-Nachführsystem zu arbeiten. Dass gar nichts mehr geht, keine Messung und keine Auslösung, wenn die Batterie leer ist, stört mich nicht: Wer elektrisch fotografiert, soll auch für genug Strom, also für Ersatzbatterien sorgen.
Aber dass man zum Auslösen vom Stativ einen Spezialauslöser braucht und wieder nicht jeden beliebigen Drahtauslöser verwenden kann, das hat doch schon vor dem 2. Weltkrieg die Käufer bei den Leicas verärgert. Jeder deutsche Amateur, sofern er ein entsprechendes Alter nachweisen kann, wäre in der Lage gewesen, dies den Contax-Konstrukteuren vorher zu erzählen.
Der Dichter Oscar Wilde hat einmal gesagt, man müsse Frauen entweder lieben oder sie kennen lernen. Mit dieser Contax ist es nicht viel anders: Wie soll ein Mensch eine Kamera lieben, zu der er eine Augenmuschel braucht, die man über dem Suchereinblick hochziehen muss, um, wie es in der Bedienungsanleitung wörtlich heißt: „Bei Aufnahmen unter Verwendung des Vorlaufwerkes verschließen Sie das Sucherokular durch Hochschieben der Gummiaugenmuschel, um Messverfälschungen durch Fremdlichteinfall zu vermeiden." Diese Augenmuschel hat nämlich unten dran eine Art von Lappen, aus Plastik oder Metall (ich kann das jetzt nicht mehr feststellen, weil ich sie bereits verloren habe!), der den Sucher verschließen soll! Man weiß wirklich nicht, ob man über so viel naiven Dilettantismus lachen oder weinen soll; mir ist eigentlich mehr zum Heulen zumute.
Es bleibt noch zu erwähnen, dass man die Mattscheiben wechseln kann. Mittels Pinzette durch die Objektiv-Öffnung der Kamera. Das hat es schon bei der Contarex von Zeiss gegeben, von Olympus wurde es als genialer Geistesblitz nachempfunden, und bei der Contax geht das also auch. Das sind tatsächlich Kennzeichen echter Systemkameras, ebenso wie der vor der Auslösung aufklappbare Spiegel. Und sicherlich hat Yashica darüber hinaus eine Konzession an deutsche Käufer gemacht, die lieber ihre Batterie fünfmal messen, statt sie rechtzeitig zu wechseln: Es gibt einen Batterietester!
Damit wäre alles Wesentliche über diese Kamera selber gesagt. Ich kenne nur einen Konzern auf der Welt, der jeglichen Unfug mittels entsprechender Werbung erfolgreich einführen kann, wenn er will: Kodak! Ob Yashica die Mittel hat, durch Werbung die bedauerlichen Mängel dieser Contax zu überspielen, muss abgewartet werden. Geradezu wütend aber könnte man über diese so überflüssigen Dilettanterien werden, wenn man das System als Ganzes betrachtet:
Da gibt es nämlich einen kleinen Motor zu dieser Kamera, er nennt sich bescheiden „Filmwinder", aber er schafft immerhin zwei Bilder pro Sekunde, ist klein und braucht nur sechs 1,5 Volt-Batterien. Dieser Motor ist ein Prachtstück, er ist aufs Haar das, was man tatsächlich braucht. Er funktioniert zuverlässig, ist leicht, er ist ein Vorbild und zugleich eine Aufforderung an alle anderen Hersteller von Motorkameras: So geht es auch - und wann endlich wird bei Euch der „Daumen-Drive" durch einen weniger schweren und unförmigen Klotz von Motor ersetzt?
Und schließlich sind da noch die Zeiss-Objektive. Ich kann es mir und Ihnen ersparen, Näheres darüber auszuführen: Das Planar 1,4/50 aus der T*-Serie, mit dem ich fotografierte, ist großartig. Was ich vor einiger Zeit an weiteren Objektiven zur Contax zu sehen bekam, kann einen vor die Frage stellen, ob man sich die Contax in ihrer heutigen Ausführung antun soll, nur um in den Genuss dieser Objektive zu kommen. Diese entscheidende Frage wird sich jeder Interessent selber beantworten müssen, aber es wird Liebhaber geben, die alles in Kauf nehmen werden, um mit Zeiss-Objektiven fotografieren zu können. (Der Objektivdeckel mit dem eingeprägten „Contax" ist billigste Warenhausqualität, er fällt jedes Mal runter, wenn man beim Tragen damit am Körper streift!).
Nach den Prospekten wird es in einiger Zeit - manches schon bald! - alles geben, was zu einem kompletten System gehört, das professionelle Ansprüche erfüllt: Einen zweiten, größeren und leistungsfähigen echten Motor-Drive, Objektive von 16 mm Fish-Eye bis zu den Mirotaren von Zeiss, und dazu die 250er Rückwand mit Kassetten. Ich bekam einen Intervall-Timer mitgeschickt. Ein sehr kleines Gerät, das man einfach hinten an den Motor steckt, der dann automatisch nach Wahl jede Sekunde, alle 2, 4, 8, 15, 30, 60 oder 120 Sekunden auslöst: Funktioniert tadellos, wenn Sie . . . siehe das Thema „Augenmuschel".
Es wird eine Datenrückwand geben, Infrarot- oder Funkfernauslöser, Balgengeräte und Repro- sowie Diakopiervorsätze, es wird einfach alles geben, was zu einer Weltspitzenkamera gehört. Nur diese selber wird es erst geben, wenn man den Brei noch einmal durch ein Sieb drückt, dass sämtliche Knuddel entfernt werden. Nur dann wird der Gast diesen Brei mit Vergnügen essen, nur dann die Köche und die Küche loben und - weiterempfehlen.
Ich besitze (englisch!) ein dickes, in schwarzes Skai gebundenes Ringbuch mit herrlichen, enorm kostspieligen Farbdrucken, vielen Fotos und Zeichnungen über die Contax RTS. Vielleicht wäre es besser gewesen, hier mehr zu sparen und dafür einen Konstrukteur zu beauftragen, sich andere Kameras gründlich anzuschauen.
So aber gibt es die große und immer weiter aufklaffende Marktlücke für die echte Weltspitzen-Kamera immer noch. Die Contax kann sie nicht schließen, aber womöglich ist sie eine Aufforderung, oder gar eine Herausforderung an andere Hersteller, etwas Durchdachteres und Praxisgerechteres zu machen? Ich weiß, dieser Kommentar ist böse. Böse für die Contax, und ich bin auch böse, denn ich fühle mich wie ein Mann, der eine Frau liebt und bereit war, ihr jedes Opfer zu bringen, bis er merkte, dass sie ihm Hörner aufgesetzt hat.
Das wird auch dann nicht besser, wenn man weiß, dass die Contax nur etwa DM 1.500,- kosten wird, der Motor dazu DM 500,-. Es wäre besser gewesen, etwas mehr Geld und ein wenig mehr Hirn in diese Kamera zu investieren. Käufer, die DM 2.000,- ausgeben, würden auch DM 2.300„- bezahlen - und dafür wären die Mängel leicht zu beseitigen gewesen.
So wurde die Contax RTS zu einem bewundernswerten Zwölfzylinder-Ferrari-Motor in einer Porsche-Karrosserie, mit dem Fahrgestell von einem Bentley Baujahr 1952.
Hoffentlich sind Sie jetzt so richtig entsetzt!
Herr Yamaoka von Yashica, Hamburg, der die Contax in Deutschland verkaufen soll, kennt Vorzüge und Nachteile dieses Modells genauso gut wie ich: Ich habe mit seinem Einverständnis diesen Kommentar so knallhart formuliert, dass man ihn nicht einmal in Tokio überhören wird. Und ich garantiere Ihnen: Wir bekommen die Contax als Weltstar ohne Sommersprossen! Ich will mich aber, um der Bedeutung dieser Kamera und um meiner selbst willen, nicht unbedingt auf mein Urteil allein verlassen. Ich bat deshalb meine Freunde und Kollegen Fritz Meisnitzer und Herbert Sittenauer, sich ebenfalls zur Contax RTS zu äußern.
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