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Artikel
2004
Herbert Sittenauer:
Meine Meinung zur Contax RTS
Natürlich war ich scharf darauf, diese legendäre und mit viel Vorschußlorbeeren bedachte Kamera endlich in die Finger zu bekommen. Jetzt, da ich sie seit etwa drei Wochen habe, bin ich enttäuscht.
Nicht etwa, weil die Contax RTS nicht funktioniert, sondern weil eine geniale Neuschöpfung von Dilletanten in die Praxis umgesetzt wurde. - Vielleicht stehe ich mit dieser Meinung allein da, ich weiß es nicht, da noch zu wenige Exemplare dieser neuen Kamera im Einsatz sind und deshalb kein Erfahrungsaustausch möglich ist. - Auf der letzten photokina hatte man kaum Gelegenheit, die Contax RTS genauer zu betrachten, deshalb war das Interesse jetzt groß.
Mein erster Eindruck war gut. Das Gehäuse ist durch den hier verwendeten neuen Kunststoffbelag angenehm griffig, die Bedienungselemente sind gut angeordnet.
Vorzüge, die auffallen:
Enorm weiche „Sensor"-Auslösung über ein elektromagnetisches System; extrem heller Sucher mit wirklich phantastischer Leuchtdioden-Zeitanzeige; gute und durchdachte Anordnung aller wichtigen Bedienungselemente; praktischer und sehr preiswerter Aufzugsmotor (ca. DM 500; sehr sauber und solide verarbeitete Bereitschaftstasche; Spiegelvorauslösung mit Arbeitsblendenarretierung; sich automatisch verstellende Blendenskala im Sucher je nach eingesetzter Optik.
Fast leichter ist es, einige negative Seiten der Contax RTS zu nennen. Es wären da:
Altmodischer, horizontal ablaufender Seidentuch-Schlitzverschluss, der nur 1/60 sek. X-synchronisiert; kein M-Kontakt; sehr schlecht sichtbarer Markierungspunkt für den Objektivwechsel; bei schwachem Licht sehr schlecht lesbarer grüner Blendenanzeiger im Sucher; keine Auslöser-Verriegelung; keine Verriegelung der „Automatic"-Einstellung; normaler Drahtauslöser oder entsprechendes Fremdzubehör ist nicht verwendbar; sehr leicht verlierbare Augenmuschel samt der Sucherabdeckung; mieser Objektivdeckel; absolute Blockierung der Kamera bei leerer Batterie.
Zugegeben, diese negativen Punkte sind hart, aber kann man denn bei einer so schönen Neukonstruktion alte (woanders mittlerweile längst beseitigte) Fehler übernehmen und akzeptieren? Meiner Meinung nach kann man es nicht!
Was soll ein wunderschönes Porsche-Design und eine Fülle neuer Patente zusammen mit hochentwickelter Optik, wenn die genauso wichtigen Kleinigkeiten danebengeraten sind. Irgendwie ist diese Kamera zuviel am grünen Tisch gebaut worden. Hätte man die Contax RTS vorher einigen Vollprofis, also meinetwegen einigen Presse- oder Werbefotografen zum praktischen Versuch gegeben, wäre so etwas sicher nicht passiert.
Z. B. darf es nicht passieren, dass der Umhängeriemen bei etwas unsanfter Behandlung die Zeiteinstellung verdreht, oder dass man die Augenmuschel bei leichtester Berührung abstreift und verliert. Die fehlende Auslöser-Verriegelung kostet manche ungewollte Aufnahme, bei der leichtesten ungewollten Berührung löst die Kamera sofort aus. Der wunderbar weiche Auslöser hat ohne Batterieschalter auch seine Nachteile. Übrigens möchte ich die Schimpfworte jenes Fotografen nicht hören, dem es passiert, dass die Batterie leer wird und keine Zeit zum Wechsel ist, oder keine Ersatzbatterie zur Hand ist. Die Contax RTS blockiert bei leerer Batterie (PX-28) völlig, eine Einstellung von Hand - wie bei praktisch allen Konkurrenten - ist nicht möglich.
Wenn Zeiss und Yashica mit der RTS einen Marktanteil erringen wollen, muss diese erste Version verbessert werden.
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