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Artikel
2004
Nochmals Contax RTS
Zwei Dokumente
Lieber Color-Leser! Auf dieser Seite drucken wir zwei Dokumente ab: Ein Dokument der Klugheit, ein Dokument der Torheit. Schon die alten Römer (Cicero!) wussten, dass irren menschlich, dass Verharren im Irrtum hingegen Torheit ist. Yashica ist im Begriff, einen Irrtum zu korrigieren. Wir werden die Contax RTS „ohne Sommersprossen" bekommen. Das ist klug und vor allem weit blickend.
Im Gegensatz hierzu fordert der Verleger der „Amateur-Zeitschrift Foto Magazin in seinem brancheninternen Blatt DIE Fotowirtschaft mit seinem Artikel „Querschlag gegen die Contax" seine Fachhändler dazu auf, ihr Geschäft um jeden Preis zu machen - auf Kosten des Käufers natürlich. Und genau damit würde endgültig verhindert, dass aus der Contax RTS wirklich noch ein Meisterstück wird.
Ihr Alexander Borell
Dokument Nr. 1: Ein Brief der Firma Yashica an Alexander Borell, der beweist, wie richtig unsere Kritik an der Contax RTS war; er bedarf keines Kommentars.
Dokument Nr. 2: Ein Artikel aus der Zeitschrift DIE Fotowirtschaft Nr. 19/75 (Chefredakteur: Dr. Heering!), die nicht für Amateure, sondern für den Fotohandel bestimmt ist! Besondere Aufmerksamkeit verdienen die beiden letzten Absätze dieses Artikels, in denen sich Herr Dr. Heering wieder einmal gegen den Foto-Amateur stellt und sich praktisch allein für Industrie und Handel entscheidet. Kritik von Industrieprodukten wünscht Dr. Heering offenbar nur, wie er sich ausdrückt, in einem „handelsinternen Blatt". In einer Verbraucherzeitschrift, wie Color Foto-Journal, hat man den Mund zu halten und die Wahrheit nicht „lauthals vor vielen tausend Amateuren herauszuposaunen". Die Verantwortlichen der Foto-Industrie kennen die Schwächen ihrer Produkte. Sie sind tolerant, während sich ein altgedienter Foto-Verleger geradezu lächerlich macht. Aus blindem Konkurrenzneid? Wie konnte er auch ahnen, dass wir im Besitz des Dokumentes Nr. 1 sind. Und wenn Sie nach der dubiosen Lektüre „Querschlag gegen die Contax" noch einmal dieses Dokument Nr. 1 Fesen, lieber Leser, können Sie nur noch lachen oder weinen. Ach ja, Sie können auch noch einen Ausleseprozess unter Ihren Foto-Zeitschriften vornehmen. Es ist Jahresende! Red.
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Querschlag gegen die Contax
Zum Start in „Color" dreifach verrissen
Yashica in Hamburg hat die ersten etwa 500 Stück Contax RTS an den Fachhandel ausgeliefert. Zu diesem Start bestellte Yashica + Zeiss sich einen Testbericht der Zeitschrift „Color-Foto-Journal", indem man 3 Mitarbeitern Contax-Kameras etliche Wochen (!) früher zur Verfügung stellte als der übrigen Fachpresse. Das Ziel wurde erreicht, der Zweck ganz und gar nicht. Denn das Oktoberheft des „Journal" konnte zwar vorneweg den Test bringen, aber er ist ein vernichtender dreifacher Verriss der Yashica-Zeiss-Porsche-Gemeinschaftsproduktion Contax RTS. Am schlimmsten: Haupt-Kritikus Alexander Borell behauptet, sein Verriss sei mit Yashica-Verkaufsleiter Yamaoka in Hamburg „mit dessen Einverständnis so knallhart formuliert, dass man ihn nicht einmal in Tokyo überhören wird". Borell unterstellt Herrn Yamaoka also, dass er Verkaufs-Harakiri begeht ...! Und Yamaoka, den wir sprechen wollten, ist zur Zeit verreist, nach Japan. Zweierlei macht den Verriss so geschäftsgefährlich:
Der deutsche Yashica-Boss, so Borell, habe das Todesurteil gegen die Contax sozusagen unterschrieben.
Borell sagt weiter: „Wir bekommen die Contax als Weltstar ohne Sommersprossen." Und das heißt aus dem Borell'schen Charme+ Schaum-Stil ins Geschäftsdeutsch übersetzt: Kauft ja nicht dieses erste Modell mit lauter Fehlern („Man weiß nicht, ob man über so viel naiven Dilettantismus lachen oder weinen soll; mir ist eigentlich mehr zum Heulen zumute"), sondern wartet auf Modell 2 „ohne Sommersprossen".
Das „Journal" verwendet 5 Druckseiten (!) auf den totalen Contax-Verriss. Die drei Mitarbeiter Borell, Meisnitzer und Sittenauer wollten offenbar getrennt marschieren, aber vereint schlagen.
Borell: „So wurde die Contax RTS zu einem bewundernswerten Zwölfzylinder-Ferrari-Motor in einer Porsche-Karosserie, mit dem Fahrgestell von einem Bentley Baujahr 1952. Hoffentlich sind Sie jetzt so richtig entsetzt!" „Wer von diesen drei Herstellern nun den Brei so gründlich verdorben hat, das zu untersuchen ist nicht meine Sache. Für mich ist diese Kamera eine bittere Enttäuschung: Sie ist eine in der Geschichte des Kamerabaues wohl einzigartige Mischung aus tatsächlich vollendeter Technik und absolutem unbegreifbarem Dilettantismus..."
Meisnitzer mit blassem Mut: „Halbheiten sind - für Blitzaufhellung - die Synchronisation bis zu 1/60 sec und - für Mehrfachbelichtungen - die geradezu antike Trickserei, mit der der Verschluss neu zu spannen ist."
Sittenauer: „Jetzt, da ich sie seit etwa drei Wochen habe, bin ich enttäuscht ... von Dilettanten in die Praxis umgesetzt ... wenn die genauso wichtigen Kleinigkeiten danebengeraten sind. Irgendwie ist diese Kamera zuviel am grünen Tisch gebaut worden."
Wie gesagt: Kritik soll sein. Aber ist das noch Kritik oder demonstrative Herabsetzung? Unsere Mitarbeiter, viel zu spät von Yashica mit Testkameras versorgt, von Max Joseph Riedl bis Franz Raith, sprechen von „Non plus ultra" in der Spitzenpreisklasse am Markt und - wollen sich zum Teil die Kamera kaufen! Wir werden sie natürlich und nun mit gebotenem Abstand testen.
Der Fachhändler, der die Contax verkaufen will, wird schwerlich die Kaufabschreckung „Journal" daneben legen. Für ihn bürgen sicher auch die Namen Zeiss und Contax eher für Qualität als die Namen dieser Kritikusse für Nichtqualität. Das Fatale ist ja, dass diese Kaufabschreckung nicht in einem handelsinternen Blatt, sondern lauthals vor vielen Tausend Amateuren herausposaunt wurde. Keine gute Begleitmusik zu einem so wichtigen und viel versprechenden Start! Aber Yashica und Zeiss hätten einer einzigen Zeitschrift auch nicht eine solche Verriss-Chance zuschieben sollen. Dann hätten sie jetzt einen Chor von Meinungen, Urteilen und Tests. Und meist guten, lobenden, begeisterten, wie das Zeiss-Meisterstück Contax es verdient hätte.
Schlichter Rat an den Fachhandel: Lassen Sie sich das Geschäft nicht verderben. Sagen Sie Ihren Kunden, was Sie von der Kamera wissen und halten.
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