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2004

Oldtimer

(1) Eine der Kameras, die bei ihrer Vorstellung am meisten Aufsehen erregten, war eine Geheimkamera. Sie war in einer Art Taschenbuch versteckt. Diese Neuschöpfung des wohl einfallreichsten Kamerakonstrukteurs des 19. Jahrhunderts, Dr. Rudolf Krügener, fand nicht nur bei den Fotoamateuren Beachtung. Dr. Krügener zeichnete verantwortlich für eine Reihe von Detektiv-, Magazin- und Boxkameras sowie einige Fotoverschlüsse. Außerdem arbeitete er auch an einigen neuen Produkten auf dem Gebiete der Fotochemie mit. Seine spektakulärste Erfindung war allerdings das „fotografische Taschenbuch".

(2) Die „Photographische Rundschau"' aus dem Jahre 1888 leitete ihren Neuheitenbericht mit einer Episode ein, in der der energische Polizeiassessor Gaatzenmaier einen weithin bekannten Hochstapler mit Krügeners Taschenbuchkamera fotografisch „festnimmt". Überschrift des Artikels: „Fotografisch festgenommen".

(3) Diese Kamera war eine der frühen fotografischen Geheimkameras; sie war neben der „Knopflochkamera" von C. P. Stirn (1886) die erste, die weite Verbreitung fand. Die Buchkamera (Abb. 1) wurde nach Angaben Dr. Krügeners bei der Firma Haake und Albers in Frankfurt/ Main hergestellt, die auch den Alleinvertrieb für Deutschland und Österreich-Ungarn hatte. Der( Preis für die Kamera betrug 60 Mark; für 5 Mark erhielt man 100 Trockenplatten im Format 4x4 cm. Das Prinzip der Kamera war ganz einfach. Prof. J. M. Eder beschrieb in einem Gutachten für die „Photographische Correspondenz" wie folgt: „Die Camera enthält drei Fächer, worin 24 empfindliche Platten von 4 cm im Quadrat untergebracht sind. Die Platten werden vom ersten Fache mittels einer stählernen Schubstange in das mittlere Fach geschoben, wo sie belichtet werden können und werden 'nach der Exposition im dritten Fache verwahrt." Der Verschluss dieses Apparates war ein durch Federkraft getriebener Schiebeverschluss. Die Belichtungszeit betrug etwa 1/50 sek.; außerdem waren Zeit-Aufnahmen möglich. Als Objektiv war ein Doppel-Anastigmat von Voigtländer (1: 12/ 65 mm) eingebaut. Eine Entfernungseinstellung war nicht vorgesehen; bei der geringen Lichtstärke wurden alle Objekte von ca. 1,50 m bis unendlich scharf. Die Abb. 2 und 3 zeigen Originalaufnahmen, die 1888 mit Krügeners Buchkamera gemacht wurden.

(4) Nachdem 1890 das Patent von Dr. Krügener auf die Fa. Haake und Albers übertragen wurde, fanden sich zahlreiche Lizenznehmer in aller Welt, die die Taschenbuchkamera nachbauten: z. B. Marion & Co., London, E & H. T. Anthony, New York, Makkenstein-Paris und andere. Eine völlig andere Gattung von Kameras, die erheblich jünger ist, ist bei den Sammlern von Fotografica relativ unbekannt: die zweiäugige Reflexkamera im Miniformat. Ihre Vorbilder liegen in Kameras wie die „Kombi" und die „Colibri" aus der Zeit 1890 bis 1900 (siehe Heft 7/76). Mit dem Attribut „kleinste Reflexkamera der Welt" wurde die Goerz Minicord (Abb. 4) versehen, die 1951 vorgestellt wurde. Sicher ist, dass sie eine außergewöhnlich konstruierte Kleinkamera mit Reflexsucher war. Ihre Väter, die Ingenieure Franz Schor und Heinrich Tischberger, beide aus Wien, hatten sie mit allerlei Raffinessen, wie Ganzmetall-Schlitzverschluss bis 1/400 sek. und 6-linsigem Goerz-Objektiv 1: 2/25 mm ausgerüstet. Gebaut wurde sie von C. P. Goerz in Wien. Sie ist wohl die letzte Kamera gewesen, die den traditionsreichen Namen „Goerz" trug. Man konnte 25 oder 40 Aufnahmen im Format 10 x 10 mm auf 16 mm Schmalfilm machen. Der Reflexsucher zeigte das Sucherbild aufrecht stehend und seitenrichtig. Andere Wege gingen japanische Kamerahersteller beim Bau solcher Kleinstkameras in Reflexbauweise. Kameras, wie die „Gem-Flex" (ca. 1954) (Abb. 5) und die „Baby-Flex" (etwa 1955) sahen aus wie maßstäbliche Verkleinerungen des Vorbildes "Rolleiflex".

(5)

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