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Artikel
2004
Foto Historica
Das Prinzip der einäugigen Spiegelreflexkamera reicht zurück bis in die vorfotografische Zeit. 1685 beschreibt der Mönch Johannes Zahn in seinem Buch „Oculus Arteficialis" verschiedene Typen der Camera obscura, die innen mit einem Spiegel versehen waren, so dass man auf die Mattscheibe ein Stück Transparentpapier legen konnte und darauf den abgebildeten Gegenstand bzw. das Motiv nachzeichnen konnte. Der Entwurf einer fotografischen Reflexkamera geht auf den Engländer Thomas Sutton zurück, dessen Konstruktion einer einäugigen Spiegelreflexkamera bereits im Januar 1862 in der Zeitschrift „Photographisches Archiv' veröffentlicht wurde und die ihm 1861 patentiert worden war. 01b( sie allerdings jemals gebaut wurde, ist sehr fraglich, denn bis heute ist kein Exemplar dieses Urmodells der SLR-Kamera wieder aufgefunden worden. In den Katalogen der Kamerahersteller und der Fotohändler findet man solche einäugigen Reflexkameras erst um 1890. Zu den frühesten zählt die „Van Neck-Wechselkasten-Reflex" (Abb. 1), deren Konstrukteurvermutlich der Belgier van Neck war, zu dessen Erfindungen auch eine Hutkamera gehörte. Die Reflexkamera wurde von der Fa. Watsons & Son in London etwa ab 1893 hergestellt. Der Spiegel dieser Kamera hatte gleichzeitig Verschlussfunktion: die Zeiten waren zwischen 1/25 und 1/100 sek. zu variieren. Die „Van Neck" war mit einem Platten-Wechselkasten an der Rückseite ausgestattet. Ebenfalls sehr früh ist die „Original-Spiegel-Reflex-Kamera" von Dr. Adolf Hesekiel, Berlin, einzustufen. Sie wurde etwa ab 1900 hergestellt und war in den Formaten 9 x 12, 13 x 18 und 18 x 24 cm lieferbar. Der Schlitzverschluss lief direkt vor der Platte ab (Anschütz-Prinzip) und war von 1/1000 sek. bis zu Zeitaufnahmen von beliebiger Länge einstellbar. Als eine der ersten Kameras hatte die „Hesekiel" einen faltbaren Lichtschacht, der das Mattscheibenbild klar erkennen ließ. Für ihre Zeit war diese Kamera eine außerordentlich fortschrittliche Konstruktion. Mit ihr wurde vermutlich auch die abgebildete Aufnahme des radfahrenden Pärchens gemacht (Abb. 2). Die „Hesekiel-Reflex" und ihre Nachfolger hatten gewaltige Ausmaße, so dass der Transport solcher „Handkameras" sicherlich nicht sehr bequem war. Daher versuchten sich die Kamerahersteller bald in Reflexkameras, die zum Transport sehr flach zusammengeklappt werden konnten. 1895 erhielt der Konstrukteur Hugo Breutmann ein Patent auf eine zusammenlegbare, einäugige Reflexkamera, die ab 1914 als Mentor-Klappreflex von der Fa. Goltz und Breutmann in Dresden gebaut wurde (Abb. 3). Wie bei einer Spreizenkamera lässt sich die Oblektivstandarte zum Transport nach hinten schieben, der Spiegel legt sich vor die Filmebene und der Lichtschacht klappt - nachdem er zusammengefaltet wurde - nach oben. Diese Mentor-Kamera war erhältlich für die Formate 6,5 x 9, 9 x 12 und 13 x 18 cm und hatte einen Schlitzverschluss für Zeiten von 1/1300 - 8 sek. Gleichfalls zusammenklappbar, aber mit kleinerem Gehäuse war die lhagee-Patentklappreflex (Abb. 4), die 1924 vom Ihagee Kamerawerk, Steenbergen & Co herausgebracht wurde. Durch eine Spreizenkonstruktion ließ sich der Objektivträger in das Kameragehäuse versenken, die obere Platte mit dem Lichtschacht legte sich dann wie ein Schutzdeckel über das „versenkte" Objektiv. Zusammengeklappt war der gesamte Apparat etwa 10 cm breit. Die Ihagee-Klappreflex war in den Formaten 6,5 x 9, 9 x 12 und 10 x 15 cm erhältlich. Auch hier war ein Schlitzverschluss mit Zeiten von 2 bis 1/1000 sek. eingebaut. Das Prinzip der zusammenlegbaren, großformatigen Reflexkamera wurde besonders in den 20er Jahren sehr beliebt, was sich an der Vielzahl ähnlicher Kameras von Contessa-Nettel, ICA, Houghtons, Folmer-Graflex u. a. erkennen lässt.
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