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Artikel

2004

Oldtimer

KB-Kameras mit motorischem Filmtransport

Wenn man einmal untersucht, worauf die große Beliebtheit und Verbreitung der Kleinbildkameras in den 30er Jahren zurückzuführen ist, so kommt man zu dem Ergebnis, dass hierbei die schnelle Aufnahmebereitschaft dieses Kameratyps einen Hauptfaktor bildet. Die schnelle Aufnahmebereitschaft ist aber nicht allein durch die kleinen Maße und Handlichkeit der Kleinbildkamera bedingt, sondern auch durch ihre ingeniös durchdachte Konstruktion. Hierbei brauchen wir an Kameras wie die Leica, Contax, Peggy etc. zu denken. Dadurch, dass der Filmtransport mit dem Verschluss gekoppelt war, wurde die Schnelligkeit der Aufnahmebereitschaft wesentlich gefördert und es lag nahe, dass jede weitere Verbesserung in dieser Richtung einen Vorteil für die Aufnahmetechnik bedeuten würde. Damit könnten der Kleinbildkamera neuartige Aufnahmemöglichkeiten erschlossen werden. Dieser Gedanke war bei der Konstruktion eines Kameratyps mit motorisiertem Filmtransport ausschlaggebend. Aber nicht nur die Kupplung des motorischen Filmtransports mit dem Verschlussaufzug sollte erreicht werden, sondern der Film sollte von Kassette zu Kassette transportiert werden. Außerdem sollte die Kamera ein kurzbrennweitiges Objektiv mit großer Schärfentiefe besitzen. Das Ergebnis dieser Entwicklungsperiode, in der man die Vollautomatik der Kamera anstrebte, war die „Robot"-Kamera - die Königin aller motorisierten Kameras überhaupt. Die Robot sollte von Anfang an eine hochwertige Präzisionskamera, keineswegs aber eine komplizierte „Fotomaschine" sein. Es dauerte dann auch nicht lange, bis man entdeckte, dass eine Kamera, bei der man praktisch nur den Auslöser betätigen muss, noch viel mehr kann, als nur schnelle Bildserien u. einfache Handhabung bieten.

ROBOT- DIE KÖNIGIN ALLER MOTORKAMERAS

So war es der Beginn einer neuen Ära im Kamerabau, als 1934 auf der Leipziger Messe mit der „Robot 1" der Öffentlichkeit die erste automatische Kamera der Welt vorgestellt wurde. Es war eine echte Sensation. Die neue Firma (Otto Berning & Co., Schwelm, gegründet 1933) war schlagartig in der Welt der Fotografie bekannt. Presseberichte über die Robot blieben aber betont sachlich: „Das Gehäuse der Foto-Robot besteht aus dem widerstandsfähigen Krupp-V2A-Stahl, alle vom Lederbezug nicht bedeckten Stellen sind Kochglanz poliert und alle sonstigen äußeren Teile verchromt. Das Objektiv 1: 3,5 ist so berechnet, dass von 3 m bis Unendlich alles gestochen scharf erscheint. Der Verschluss ist ähnlich wie die Sektoren-Blende einer Kinokamera ausgebildet und lässt sowohl lange Belichtungszeiten als auch kürzeste Belichtungszeiten bis 1/500 sek. zu. Das Aufnahmeformat ist 24 x 24 mm". Die Optik war das 30-mm-„Primotar" der Firma Hugo Meyer. Was vielen nicht bekannt ist: Es gab 2 Versionen der Robot 1. Erste Version: Belichtungszeiten von 1-1/300 sek. 2. Version: Bis 1/500 sek., aber ohne lange Belichtungszeiten. Sammlerwert dieses Meilensteins im Kamerabau: DM 300,- bis DM 400,-.

SEQUELLE: EINE MOTORKAMERA VON YASHICA

Zu Beginn der 60er Jahre baute die japanische Fotoindustrie diverse Motorkameras. Eine davon wurde von der Firma Yashica hergestellt und trug den Namen „Sequelle". Auf den ersten Blick sah die Sequelle wie eine 8-mm-Filmkamera aus. Doch bei näherer Betrachtung „entpuppte" sie sich als Motorkamera mit dem 18 x 24-mm-Negativformat. Optisch ausgestattet war die Kamera mit dem Yashinon 1: 2,8/28 mm Objektiv, das fest eingebaut war. Der Seikosha-L-Verschluss hatte als kürzeste Zeit 1/250 sek. sowie X-Kontakt. Der Belichtungsmesser der Sequelle zeigte Lichtwerte an und war mit dem Verschluss gekuppelt. Drei kleine 1,5 Volt Batterien nahm die Sequelle auf und lieferte Strom für einen kleinen Elektromotor, der den Film transportierte, den Verschluss spannte und das Filmzählwerk weiterschaltete. Die Yashica Sequelle befand sich zwischen Januar 1962 und März 1963 auf dem Kameramarkt. Der Verkaufspreis in Japan betrug 15.800 Yen. Für den Sammler von Motorkameras ist die Sequelle jetzt schon ziemlich schwer zu finden und man kann sich ausrechnen, wie schwer es wird, sie in einigen Jahren zu erstehen. Es lohnt sich heute, mit wachsamem Auge nach der Sequelle Ausschau zuhalten. Sammlerwert ca. DM 150,-.

CANON DIAL-MIT „TELEFONWÄHLSCHEIBE"

Zum Ende des Jahres 1963 erschien wiederum eine japanische Motorkamera. Dieses Mal von der Firma Canon. Sie hieß „Canon Dial 35". Auch sie war eingerichtet für Aufnahmen im Format 18 x 24 mm. Zuerst erwähnenswert wäre die Optik der Dial 35. Sie war immerhin ein 5-Linser, der die Lichtstärke 1: 2,8 und eine Brennweite von 28 mm aufwies. Die gewünschte Filmempfindlichkeit (10-28 DIN) wurde mit einer an ein Telefon erinnernden Wählscheibe eingestellt. Die Dial besaß einen CdS-Belichtungsmesser. Die beabsichtigte Verschlusszeit (l/30-1/250 sek.) wurde „gewählt" und die Blende pendelte sich automatisch danach in richtiger Stellung ein. Nun zum „Herz" der Dial 35 - dem Motor. Wie bei der Robot wurde hier ein eingebauter Federwerkmotor aufgezogen. Das aufgezogene Federwerk zog Filmlängen bis zu 20 Aufnahmen durch. Interessant an dieser Kamera war die Filmrückspulung. Hierzu benutzte man auch den Motor, der den Film in die Patrone zurückbeförderte. Die Canon Dial 35 gab es bis zum Juli 1967. Sie wurde im April 1968 von dem Nachfolgemodell (Dial 35 II) abgelöst. Insgesamt hat die Firma Canon von beiden Modellen ca. 200.000 Stück produziert-eine immerhin beachtliche Zahl. Sammlerwert: ca. DM 150,-.

ROBOT II: DIE FOLGERICHTIGE WEITERENTWICKLUNG

Aber zurück zur Robot. Leipziger Messe, 1939: „War das ein Gedränge um den Robot-Stand! Da war aber auch wirklich allerhand Interessantes zu sehen: das neue Robot-Modell II - die folgerichtige Weiterentwicklung der bewährten Robot I." Diese Robot war äußerlich noch handlicher und formschöner und um zwei Objektive, nämlich das Biotar 1 2/40 mm und das Sonnar 1: 4/75 mm, erweitert. Eine besonders beachtenswerte Änderung an der Robot bedeutete die Möglichkeit, alle handelsüblichen Kleinbild-Tageslichtspulen verwenden zu können. Bei dem Modell 1 war es nämlich nur möglich, Meterware oder die Spezial-Robot-Tageslichtpackungen zu benutzen. Neu war ferner der eingebaute Sucher. Durch Schwenken eines kleinen Stiftes auf der oberen Kamerafläche konnte der Durchsichtssucher sofort in einen Winkelsucher verwandelt werden. Ebenfalls neu war der eingebaute Synchronkontakt für den Anschluss eines Blitzsteckers. In Zusammenhang mit dem „Robot-Serien-Blitzer" war es nun möglich, bis zu drei Aufnahmen in der Sekunde unter Verwendung von Vacublitzen vorzunehmen, da immer drei Blitze gleichzeitig eingesetzt und durch eine selbsttätige Umschaltung nacheinander abgebrannt wurden. Ein weiteres sehr wichtiges Zubehör war ein neuer elektromagnetischer Fernauslöser, der die Fernauslösung einer ganzen Serie von Aufnahmen gestattete. Das Resultat der Messe im Jahre 1939 war eine Anzahl großer Aufträge, besonders aus dem Ausland. Aber der Krieg verhinderte deren Ausführung. Der Sammlerwert der Robot II liegt zwischen DM 200,- und DM 250,- je nach Objektiv.

EINE ROBOT IM „GROSSEN" KLEINBILDFORMAT

Anfang der 50er Jahre bot die Firma Robot eine umfangreiche Auswahl an Motorkameras an. Zu nennen wären die Modelle: Junior, Star und Royal III. Das Modell Royal III mit dem bewährten Robot-Format 24 x 24 mm erschien im Jahre 1953 auf dem Markt. Die Royal III bot eine erstaunliche Neuerung, die keine andere Kamera aufweisen konnte - einen Serienauslöser für 8 (acht!) Aufnahmen in der Sekunde. Man konnte also bei voll aufgezogenem Federwerk 24 Aufnahmen in drei bis vier Sekunden „herunterschnurren" lassen. Das Modell Royal III blieb bis 1956 im Handel, aber bereits Ende des Jahres 1955 kam ein Schwestermodell heraus, mit dem für die Fa. Robot ungewöhnlichen Negativformat 24 x 36 mm. Diese Neuschöpfung nannte man„ Robot Royal 36". Die Royal 36 (s. Abb.) übernahm alle Merkmale der bewährten Robot-Präzision: Den eingebauten gekuppelten Entfernungsmesser, den unverwüstlichen Rotorverschluss mit Belichtungszeiten von 1/2 -1/500 sek. und die Möglichkeit, Elektronenblitzgeräte mit allen Verschlusszeiten bis zu 1/500 sek. zu synchronisieren. Wie gesagt, das neue Modell unterschied sich gegenüber der Robot Royal 24 x 24 im Format. Weitere Unterschiede: Die Royal 3E wurde ausschließlich mit der Schneider Xenar 1:2,8/45 ohne dem Zeiss Sonnar 1: 2/50 (6-Linser!' geliefert. Das Modell Royal 36 besaß ein rechteckiges Sucherfenster, dass Modell 24 ein quadratisches. Das 24 x 36 Modell trägt das Schild „Royal 36" auf der Vorderseite. Sammlerwert: Royal 24 ca. DM 400,- Royal 36 ca. DM 400,-.

FINETTA 99: DIE MOTORKAMERA AUS GOSLAR

Eine Motor-Kamera sorgte für eine kleine Überraschung auf der photokina 1952: Es war die „Finetta 99", ein Produkt der Finetta-Werke in Goslar. Das in Spritzguss gefertigte 24 x 36 mm Modell (schwarz beledert), war nicht nur mit automatischem Schnelltransport und damit Federaufzug für ca. 20 Aufnahmen in 8 Sekunden, sondern auch mit vollsynchronisiertem Schlitzverschluss von 1/25-'/1000 sek. ausgerüstet. Die optische Ausstattung bestand aus dem Standardobjektiv Finetar 1: 2,8/45 mm, dem Weitwinkel 1: 4,5/35 und den Tele-Objektiven Finetar 1: 4,5/70 mm und Fentar 1: 6,3/105 mm. Alle Objektive waren vergütete dreilinsige Anastigmate. An jedem Teleobjektiv befand sich ein Rahmensucher, der hochgeklappt (mit dem optischen Sucher gekuppelt) die Bildbegrenzung der jeweiligen Optik anzeigte. Beim schnellen Objektivwechsel war daher eine Verwechslung der Bildbegrenzung ausgeschlossen. Für das Weitwinkel-Objektiv benützte man einen Aufstecksucher. Diese Objektiv-Palette wurde 1953 mit dem vierlinsigen Finon 1: 2/8,45 mm Objektiv ergänzt. Im selben Jahr (Mai 1953) erschien auch ein neues Modell der Finetta 99 (grau beledert), das ein Langzeitwerk von 1-1/10 sek. erhielt. Auffallend bei der Finetta 99 war der ungewöhnlich große Durchmesser der Öffnung für die Optikfassung (46 mm) und die neuartige Objektiv-Steckfassung mit Federsicherung. Vergessen darf man auch nicht, dass die Finetta 99 die erste Kamera mit Blitzkontakt im Sucherschuh war. Die Finetta 99 befand sich bis zum Sommer 1955 auf dem Markt. Sammlerwert ca. DM 200,-.

SELECTA-M: IN KLEINEN STÜCKZAHLEN PRODUZIERT

Anfang der 60er Jahre konnte die Firma Agfa guten Erfolg mit ihren vollautomatischen Kameras der „Optima" Serie erzielen. Ergänzt wurde diese Serie durch die „Selecta" Reihe, in der sich eine Motor-Kamera - die „Selecta-m" befand. Mit Beurteilungen wie „außergewöhnliche Spitzenkamera" oder „die Ausstattung ist zur Zeit einmalig in der Welt" bewertete die Fachpresse die Selecta-m, als sie 1962 vom Handel angeboten wurde. Doch was steckte nun hinter diesen Belobigungen? Was konnte diese Motor-Kamera wirklich? Mit einem Tastendruck wurden alle Funktionen der kombinierten Belichtungs- und Schaltautomatik ausgelöst. Das hieß: 1.) die exakte Belichtung wurde automatisch fixiert, gleichzeitig erschien im Sucher das bewährte optische Signal „grün". Es bedeutete „Freie Fahrt". 2.) Der Verschluss wurde ausgelöst. 3.) Der Film wurde motorisch transportiert, gleichzeitig der Verschluss neu gespannt. Die Kamera war bereit zum nächsten Schnappschuss. Weitere technische Einzelheiten der Selecta-m: Gekuppelter Entfernungsmesser und das vierlinsige Objektiv Agfa Color-Solinar 1:2,8/45 mm. Der Motor der Selecta-m ermöglichte sogar bis zu 30 Aufnahmen pro Minute. Als diese Kleinbild-Motor-Kamera vor 16 Jahren auf dem Markt erschien, kostete sie DM 598,-. Ihr Sammlerwert zeigt heute eine steigende Tendenz z. Z. liegt er bei ca. DM 350,-.

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