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Artikel
2004
Oldtimer
Rollfilmkamera - Klassiker der Fotografie
In diesem Monat möchte ich die Sammler und Freunde der Rollfilmkameras ansprechen. Beginnen wir mit einer Kamera, die in Deutschland wegen ihrer ungewöhnlichen Filmspulengröße selten zu sehen ist. Es geht um die Bantam Kamera der Firma Eastman Kodak, USA. Sie war eine echte „Volkskamera". Die Kodak Bantam wurde im Juni 1935 erstmalig vorgestellt. Ihr besonderer Reiz lag in ihrer Größe und ihrem Gewicht: Nur 200 Gramm bei einer Größe von 10,8 x 6,3 x 2,8 cm. Das einfache Modell mit einem Kodak Doublet Objektiv-Lichtstärke 1: 11 - kostete nur 5 Dollar 75. Das bessere Modell besaß einen Kodak-Anastigmat mit einer Lichtstärke von 1: 6,3 und kostete nur 9 Dollar 75. Die kleinen Maße der Bantam, das kleine Negativformat (28 x 40 mm) u. ein neuer Filmtransport-Mechanismus bedurften einer neuen Filmspule. Sie bekam die Bezeichnung F 828 und ist heute (nach 42 Jahren) noch in den USA zu bekommen. Diese Ein-Verschluss-Kamera befand sich nur bis 1937 (Modell 1: 6,3) bzw. bis 1938 (Modell 1: 11) auf dem Markt. Sammlerwert: DM 50,- bis DM 75,-.
KODAK BANTAM SPECIAL - DESIGN-VORBILD DER 30er JAHRE
Neben den Holzkameras gibt es auch Metallkameras, die hübsch anzusehen sind. Eine davon ist die Kodak Bantam Special. Sie gilt in der Geschichte als ein Höhepunkt im Kamera-Design der 30er Jahre. Ihr Erscheinen im Juli 1936 auf dem Markt wurde nicht nur wegen ihres Äußeren begrüßt, sondern auch ihrer Technik wegen. Auf dem 828er Film machte die Kodak Bantam Special 8 Aufnahmen im Format 28 x 40 mm. Zusammen mit der Bantam Special präsentierte Kodak das erste der Ektar-Objektive, das 45 mm Ektar Objektiv mit der Lichtstärke von 1: 2 war ein 6-linsiges (!) Anastigmat. Weitere technische Fortschritte, die Verwendung in der Bantam Special fanden: Schnittbild-Entfernungsmesser und ein Compur-Rapid Verschluss mit Zeiten von 1-1/500 sek. Bis die Kamera 1940 auslief, galt sie als die schönste Kodak überhaupt. Abgelöst wurde diese 110-Dollar-Kamera durch eine weitere Bantam Special (s. Foto). Der einzigste Unterschied bestand im Verschluss: Der Compur-Rapid wurde durch einen Supermatic Verschluss (1-1/400 sek.) ersetzt. Dieses Modell wurde zwischen Sept. 1941 + 1948 für 116 Dollar in US-Fotogeschäften verkauft. Beide Kameras haben den gleichen Sammlerwert: DM 100,- bis 150,-.
DIE SICO-AUFNAHME, KOPIE, VERGRÖSSERUNG, PROJEKTION
Eine Mischung zwischen einer Rollfilm- und Kleinbildkamera finden wir in der „Sico". Kleinbild insofern, dass die Kameras unperforierten Kinofilm verwendete. Diese Rollfilmkamera wurde im April 1924 mit folgendem Text in Deutschland vorgestellt: „Die Sico ist eine Rollfilmkamera, die gleichzeitig Aufnahme-, Kopier-, Vergrößerungs- und Projektionsapparat ist. Mit der Sico kann man auf unperforiertem Kinofilm 25 Aufnahmen in der Größe 32 x 40 mm aufnehmen. Die Kamera ist ausgestattet mit einem „Rüo-Sico-Anastigmat 1: 3,5/60 mm in Compur-Verschluss. Die kleinen Filmbildchen werden auf Kinopositivfilm kopiert. Diese Positivfilme dienen zum Projizieren der Aufnahmen. Sie können auch einzeln auf Papier kopiert werden; außerdem kann man aber mit der Sico Vergrößerungen auf Papier bis zum Format 120 x 150 mm ohne merkliche Einbuße an Schärfe herstellen. Der Apparat ist elegant in Mahagoni und poliertem Messing ausgeführt, der Filmtransport sicher und sehr bequem." Nach meinen Recherchen liegt die Vermutung nahe, dass die Sico nicht nur von der Fa. Simons in Bern gebaut wurde, sondern auch von ihrer „Zweigniederlassung" in Berlin. Eine Rarität ersten Ranges. Ihr Sammlerwert liegt bei ca. DM 3.000,-.
ROLAND-ROLLFILMKAMERA MIT E- UND BELICHTUNGSMESSER
Wie die Sico, kann die nachfolgend beschriebene Rollfilmkamera auch als Rarität eingestuft werden. Es handelt sich um die „Roland". Erstmalig tauchte die Roland bei der Ausstellung „Die Kamera" 1933 in Berlin auf.
Als Hersteller wurde die Fa. Plasmat GmbH, Hannover angegeben. Die nächste Pressenotiz über die Roland finden wir zur Leipziger Frühjahrsmesse 1934 und als Hersteller wurde dieselbe Firma, aber mit Sitz Berlin Halensee, genannt. Anfang 1935 hieß der Hersteller: Kleinbild-Plasmat-Ges. Dr. Winkler & Co., Berlin Charlottenburg und zur Jahreswende 1935/36 erschien folgender Name: Kamerabau Ges. Rudolph & Co., Berlin-Charlottenburg.
Nun zur Technik der Roland: Gekuppelter E-Messer im Sucher, eingebauter optischer Belichtungsmesser und natürlich das berühmte 6-linsige Kleinbild-Plasmat-Objektiv 1:2,7/70 mm. Das Objektiv wurde von Dr. Paul Rudolph, dem Pionier der fotografischen Optik, entwickelt. Diese 4,5 x 6-Kamera gab es in 4 Ausführungen: Mod. 1 in Compur und Mod. 11 mit Filmzählwerk, Panschieber, Tiefenschärfenskala und Compur-Verschluss. Beide Modelle waren auch mit Compur-Rapid (bis 1/400 sek.) zu haben. Sammlerwert: ca. 1.800,- bis 2.000,- DM.
FÜR FORMAT 4,5 x 6 - VIRTUS VON VOIGTLÄNDER
Eine Rollfilmkamera, ebenfalls des Jahres 1933, trug den Namen „Virtus". Offeriert wurde sie von der Firma Voigtländer. Erkennungszeichen der Kamera war ein an der Stirnseite angebrachtes kleines blau-gelbes Emailleschildchen mit dem charakteristischen Voigtländer „V". Die Virtus wurde geliefert: 1.) Mit Skopar 1: 4,5/Embezet-Verschluss, 2.) Skopar 1: 3,5/Compur, 3.) Heliar 1: 3,5/Compur.
Die Virtus, eine 4,5 x 6 Leichtmetall-Kamera, hatte besondere Eigenschaften: „Schon der Umstand, dass diese Kamera mit einem modernen Fernrohrsucher ausgestattet wurde, der ein helles und aufrechtes Bild des Aufnahmeobjektivs zeigt, ist als ein Vorteil von nicht zu unterschätzender Bedeutung zu bewerten, denn das Arbeiten mit einem derartigen Sucher gestaltet sich bedeutend sicherer und angenehmer als z.B. mit dem üblichen Rahmensucher. Alle diese Vorteile des Suchers und der Sucheranordnung bei der Vitus hätten jedoch mit dem Nachteil einer Parallaxe erkauft werden müssen, wenn es dem Konstrukteur nicht gelungen wäre, die Kamera in ingeniöser Weise mit einem automatischen Ausgleich zu versehen. In dem Maße, wie das Aufnahmeobjektiv durch Betätigung des Kordelknopfes auf nahe Entfernungen eingestellt wird, neigt sich der Sucher, so dass das optische Sucherbild in der Bildbegrenzung stets genau mit der Aufnahme selbst übereinstimmt." Auffallend groß waren die Transporteinstellknöpfe der Virtus. Die Knöpfe wiesen die gleiche „Voigtländer-Griffigkeit" auf, wie die bei den Modellen Prominent, Perkeo, Inos etc. Sammlerwert: DM 150 bis 250.
HANDLICH, KOMPAKT, SCHNELL: PERKEO VON VOIGTLÄNDER
Bereits ein Jahr vor der Virtus erschien, meiner Meinung nach, eine der „niedlichsten" Rollfilmkameras überhaupt. Den Wünschen vieler Fotoamateure nach einer möglichst handlichen und schnell aufnahmebereiten Kamera ist die Firma Voigtländer nachgegangen und brachte die „Perkeo", die diese Eigenschaften in sich vereinigte, heraus. Damit war wohl das Maximum des mit diesem Kameratyps überhaupt Erreichbaren gelungen. Die Perkeo war als sogen. Springkamera einzustufen. Bei einem Druck auf den Knopf öffnete sich der Laufboden, und die Standarte schob sich selbsttätig in die richtige Einstellung vor. Durch ihre Spreizenkonstruktion war es möglich, die Kamera mit einer Hand zu schließen. Es war also nicht mehr notwendig, beide Seitenspreizen niederzudrücken, um die Kamera zuzuklappen. Interessant an der Perkeo war die Tatsache, dass man die Entfernungseinstellung auch bei geschlossener Kamera vornehmen konnte. Die Eigenart einer Spring-Kamera-Konstruktion machte es erforderlich, der Planlage des Films besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Durch das plötzliche Offnen des Laufbodens und das Herausschnellen des Objektivträgers wurde eine Saugwirkung auf den Film ausgeübt, die dazu führen konnte, dass er sich möglicherweise aus dem Focus herauswölbte. Dies wurde bei der Perkeo durch Einbau von Andruckfedern und Luftschnecken vermieden. Hier die diversen Ausführungen der Perkeo: Skopar 1: 4,5/55 in Embezet-Verschluss, Skopar 1: 3,5/ 55 in Compur und Heliar 1: 3,5/55 in Compur. Sammlerwert: DM 250,- bis DM 350.-.
KODAK MEDALIST- MODELL FÜR 6 x 9-AUFNAHMEN
Noch einmal zurück zur US-Kameraproduktion. Ich mache das bewusst, damit Sie, lieber Leser, einmal die Möglichkeit haben, ausländische Fabrikate kennen zu lernen. Auch wenn Sie sie nicht im „Fotogeschäft um die Ecke" einfach kaufen können. Wenn Sie nun das eine oder andere Sammlerstück aus den USA fasziniert, so haben Sie doch auch die Möglichkeit, es durch Tausch mit Sammlern zu erwerben. Immerhin gibt es in den Staaten über 10.000 registrierte Kamerasammler. Aber zum Thema. Im Juli 1941 stellte die US Firma Kodak eine neue 6 x 9 Rollfilmkamera der Öffentlichkeit vor. Es war die „Medalist". Was nun bot die Medalist an Technik? Zuerst wäre das 5-linsige Kodak Ektar 1: 3,5/100 mm Objektiv zu nennen. Dann der Supermatic Verschluss, der als der Welt genauester Verschluss angepriesen wurde. Die Verschlusszeiten reichten von 1-1/400 sek., wobei alle Zeiten unter 1/25 rot eingraviert wurden, als Gedächtnisstütze, nicht freihändig aufzunehmen. Ein Selbstauslöser war auch vorhanden, ebenso ein eingebauter Entfernungsmesser, „Military Type". Aber die Medalist bot mehr: Die Rückwand ließ sich austauschen und im Zusammenhang mit einem Adapter konnte man Platten und Filmpacks benutzen. Die Medalist (mit einem 620er Film) war bis 1946 im Handel. Dann wurde sie durch eine Medalist II mit folgenden Verbesserungen abgelöst: Alle freistehenden Linsen des Ektars wurden vergütet; die Möglichkeit des Blitzens war durch Synchronisation gegeben, bei Drehung am Verschlussring rasteten jetzt die Zeiten ein. Die Medalist II blieb von 1946 bis 1952 auf dem Markt. Sammlerwert: ca. DM 200,- bis 250,-.
MEILENSTEIN DER ROLLFILMTECHNIK: AGFA AUTOMATIK 66
Diese 6 x 6 Rollfilmkamera wurde wie folgt angeboten: „Auf dieses Modell haben viele gewartet", denn mit der Agfa Automatic 66 schien ein alter Wunschtraum der Fotografen in Erfüllung zu gehen. Die Kamera besaß nämlich eine vollautomatische Belichtungssteuerung und damit wurde die häufigste Fehlerquelle, die beim Fotografieren passieren kann, ausgeschaltet. Die Automatic 66 bewältigte folgende Dinge ganz selbsttätig: Sie maß durch einen elektrischen Belichtungsmesser die Helligkeit des Objektivs, bestimmte die zur Blende erforderliche Belichtungszeit und übertrug die gemessenen Werte auf den Verschluss, dessen Zeiten sich wiederum dadurch automatisch einstellten (diese Lichtsteuerung beruhte auf einer 1952 gemachten Erfindung von Julius und Gilbert Durst; Deutsch. Pat. 923525). Als „Krönung" der Kamera galt das 4-linsige Color-Soligor 1: 3,5/75 mm in Schneckengang. Zur technischen Ausstattung gehörte weiterhin ein gekuppelter Entfernungsmesser, autom. Filmzählwerk, Selbstauslöser und ein vollsynchronisierter Verschluss. (Prontor SVA in Spezialausführung 1-1/300). Der Preis der Agfa 66 betrug 1957 DM 498,-; 1959 DM 598,-. Sicher stimmen Sie jetzt mit mir überein, dass mit der Agfa Automatic 66 eine echte und umwälzende Vereinfachung der Fototechnik eingeleitet wurde. Wenn Sie Ihre Augen bei der Kamerasuche offen halten, „erwischen" Sie vielleicht diese „moderne Rarität". Sammlerwert: ca. DM 250,-. Abbildungen: Kodak, Stuttgart. Auktionshaus Petzoldt, Augsburg. Carl Zeiss, Oberkochen. Agfa Historama, Leverkusen.
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