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Artikel

2004

Oldtimer

Vorläufer unserer modernen Spiegelreflex-Kameras

Wir kennen die Entwicklungsgeschichte gut durchdachter Kameras. Kameras wie die Leica, Rolleiflex etc. haben eine lange Zeit bis zur endgültigen „Reife" benötigt. In diesem Zusammenhang betrachten wir die Entwicklung einer Schweizer Kamera - der „Alpa". Mitte der 30er Jahre fertigte der Konstrukteur Jacques Bolsky die Prototypen einer Kleinbildkamera. Ab 1939 war er dann so weit, dass er die ersten Versuchsmodelle auf den Markt bringen konnte. Sie liefen unter Namen wie: Bolca, Teleflex und Viteflex. Aus diesen Versuchsmodellen entstand die „Alpa Reflex". Erstmalig war sie auf der Schweizer Mustermesse im Jahre 1944 zu sehen. In Deutschland wurde die Alpa Reflex erst im Frühjahr 1948 in der Fachpresse erwähnt: „Eine merkwürdige Kombination des Leica- und des Kine-Exakta-Typs. Sie besitzt nicht nur automatischen Entfernungsmesser, sondern auch als Alternative eine (natürlich ausschaltbare) Reflex-Einrichtung. Sie ist überraschend leicht, dabei präzis und ingeniös konstruiert. Die optische Ausstattung (Angenieux-Paris, bis Lichtstärke 1,9) soll gut sein." Der Schlitzverschluss ermöglichte Aufnahmen von 1- 1/1000 sek. Das versenkbare Objektiv (übrigens mit einer Hand herausnehmbar) besaß damals eine kleine Bajonettfassung. Die heutige Alpa-Bajonettfassung ist größer und wurde 1952 eingeführt. Falls Sie eine Alpa Reflex erwerben, sollten Sie auf folgenden Hinweis achten, den ich für Sie, lieber Leser, aus der Original-Gebrauchsanweisung herausgefunden habe: Die Alpa Reflex ist durchaus strapazierfähig. Setzen Sie sich aber bitte nicht auf die Kamera und legen Sie sie nicht im Auto am Boden in die Nähe der Kardanwelle. Wenn Sie diesem Hinweis folgen, dann hat die Alpa Reflex einen Sammlerwert von ca. DM 500,- und Sie erwerben eine zeitlose, interessante Kamera!

EIN MEILENSTEIN IM WELTWEITEN KAMERABAU

Wenn man eine Serie über Kleinbild-Spiegelreflex-Kameras schreibt, dann sollte man an der Wegbereiterin dieses Kameratyps nicht vorbeigehen. Gemeint ist die „Kine Exakta". Machen wir ruhig einen Rückblick zu den 30er Jahren, und vergegenwärtigen uns die Situation in der deutschen Kameraindustrie. Zwei Kameratypen erfreuten sich großer Beliebtheit: Die Spiegelreflexkamera, die eine Bildeinstellung auf der Mattscheibe ermöglichte - nicht zuletzt durch die Erfolge der Exakta 4 x 6,5 und die der Rolleiflex. Und die Kleinbildkamera 24 x 36, nicht zuletzt durch die Verbreitung der Leica und Contax. Der Wunsch, diese beiden so beliebten und bevorzugten Kameratypen in einer einzigen Kamera zu vereinigen, war daher nahe liegend und auch erfolgversprechend. Diesen Wunsch setzte die Firma Ihagee in Dresden in die Tat um. Die Kine-Exakta war geboren. Die charakteristischen Merkmale der Exakta 4 x 6,5 wurden auf die Neukonstruktion übertragen: Schlitzverschluss, der Belichtungszeiten bis zu '/1000 sek. gestattete und einen sehr weiten Einstellbereich, bis zu 12 Sekunden. Außerdem erhielt sie den Selbstauslöser, der bis zu 6 Sekunden belichtete. Das Ur-Modell der Kine-Exakta von 1936 ist leicht anhand der runden Sucherlupe zu erkennen. Das nachfolgende Modell von 1938 besaß eine eckige Sucherlupe. Sammlerwert: ca. DM 250,-. (Für eine gut funktionierende Exakta).

PRAKTIFLEX - VORLÄUFER DER HEUTIGEN PRAKTICA

Die Erfolge der Exakta ließen andere Firmen aufhorchen, so auch die Firma Kamerawerkstätten in Niedersedlitz bei Dresden. Sie brachte im Jahre 1939 ihre erste KB-Spiegelreflexkamera unter dem Namen „Praktiflex" auf den Markt. Die Fachpresse beschrieb die Kamera folgendermaßen: „Es handelt sich bei dieser Neukonstruktion um eine flache und formschöne Kamera, verchromt, mit auswechselbarer Optik 2,0, wozu eine große Anzahl Tele- und Weitwinkel-Objektive für jeden Zweck verfügbar ist. Die Objektive können im Schraubgewinde ohne weiteres wie bei anderen bekannten Kleinbildkameras ausgewechselt werden. Sie sind mit Tiefenschärfenrechner ausgerüstet. Zum Einbau kommt ein normaler Gummituch-Schlitzverschluss, der neben Zeitaufnahmen Momentbelichtungen bis zu 1/500 sek. zulässt. Selbstverständlich Verschlussaufzug mit der Filmfortschaltung und dem praktischen Zählwerk, so dass Doppelaufnahmen und andere Fehlerquellen automatisch ausgeschaltet sind. Das Spiegelreflexbild erscheint in vollem Ausschnitt hell und groß durch eine fest eingebaute Zwischenlupe. Das erste Modell der Praktiflex ist dadurch zu erkennen, dass der Name als Schriftzug erscheint. Hingegen beim Nachkriegsmodell der Name in Blockschrift graviert ist. Sammlerwert: DM 140,- bis DM 170,-. Die Praktiflex ist also das Ur-Modell der heute bekannten Prakticas.

DIE ERSTE KLEINBILD-REFLEX AUS JAPAN

Von Deutschland aus blicken wir einmal nach dem Fernen Osten - genauer gesagt nach Japan. Dort finden wir die erste Kleinbild Spiegelreflexkamera des Landes: Die Asahiflex 1. Von der Firma Asahi Optical Tokio in den Jahren 1952 und 1953 hergestellt, bildet diese Schlitzverschlusskamera mit Zeiten von '/2() bis 1/500 sek. die Grundlage der Erfolge der Firma Asahi auf dem Spiegelreflex-Kameramarkt. Der Besitzer einer Asahiflex 1 hatte die angenehme Wahl zwischen optischem Sucher und Reflex-Mattscheiben-Sucher - und das alles in ein und derselben Kamera. Bestückt war die Asahiflex mit einem Takumar 1:3,5/50 mm in 37 mm Gewindefassung. Aus der Erfahrung, die die Firma mit ihrer ersten Reflexkamera gewinnen konnte, entstand im Jahre 1954 die erste Reflexkamera mit Rückschwingspiegel, die Asahiflex 11 B. Diese Revolution im Kamerabau bedeutet heute für uns eine Selbstverständlichkeit beim Kauf einer KB-Spiegelreflexkamera. Der europäische Sammler wird es schwer haben, die Asahiflex auf dem Kontinent zu finden. Gerade hier kann ein Tauschpartner im Ausland von Nutzen sein. Da die Kamera in großen Stückzahlen in die USA exportiert wurde, haben Sie am ehesten dort eine Chance, die Asahiflex zu finden. Die erste KB-Reflexkamera Japans hat einen Sammlerwert von ca. DM 250,- (also relativ preisgünstig).

IHRER ZEIT WEIT VORAUS - DIE RECTAFLEX

Nun zu einer interessanten Spiegelreflexkamera, die zwischen 1950 und 1953 gebaut wurde: Die Rectaflex. Ein Erzeugnis der Firma Rectaflex, Rom. Um die Vorzüge der Rectaflex bewerten zu können, muss man etwas vom Stand der Technik im Kamerabau zum damaligen Zeitpunkt wissen. Als die Rectaflex auf den Markt kam, besaßen KB-Spiegelreflexkameras gewöhnliche Mattscheibensucher. Dazu kam, dass das Mattscheibenbild seitenverkehrt war. Aufgrund dieser beiden genannten Punkte, kann man sich heute sicher vorstellen, dass sich das Fotografieren etwas umständlich gestaltete. Dann erschien die Rectaflex im Handel und sie brachte die bis dahin beste Lösung des alten Problems. Einmal gefunden, schien diese Lösung einfach. (In der Rectaflex wird das vom Objektiv erfasste Bild auf eine Mattscheibe reflektiert.) „Mittels eines Okulars und eines Spezialprismas sieht man dieses Mattscheibenbild in seiner ganzen Ausdehnung, in Naturgröße (1:1), klar, scharf und seitenrichtig; gleichgültig, ob Hoch- oder Querformat benützt wird." Als einzigste Kamera der damaligen Zeit besaß die Rectaflex ein „Duo-Focus" System zum Scharfeinstellen. Mitten im Sucher sichtbar, war ein schräger Balken als Zusatz zur normalen Mattscheibeneinstellung. Dieser Balken war so ausgebildet, dass die Linien in einer bestimmten Objektsebene nur aufeinander passen, wenn der Apparat auf dieser Ebene scharf eingestellt war. Was bot die Rectaflex mehr? Schlitzverschluss von 1-'/1000 sek. (herkömmlicher Bauart, aber in Rubinen gelagert!). „Alle sich drehenden Teile sind entweder aus Hartmessing oder aus Stahl und laufen in Bronzelagern." Außerdem war die Rectaflex synchronisiert. Sammlerwert: ca. DM 500,- bis DM 600,-.

MECAFLEX - EINE MODERNE RARITÄT IN SAMMLERKREISEN

„Sie ist eine echte' einäugige Spiegelreflex-Kamera mit dem auswechselbaren, lichtstarken Hochleistungsobjektiv Kilar 1:2,8 bzw. 1:3,5/40 mm. Weitwinkel- und langbrennweitige Auswechselobjektive lassen sie jede photographische Aufgabe meistern." So wurde Ende 1953 eine KB-Reflex Kamera in der Fachpresse angeboten - eine Kamera, die jetzt schon zu den modernen Raritäten in Sammlerkreisen zählt: Die Mecaflex. Wie kam es dazu? Der Hersteller - die Firma Metz in Fürth - eigentlich Hersteller von Rundfunk- und Fernsehgeräten, hatte einen „Ausflug" in Richtung Kameraherstellung gewagt. Das Mecaflex-Gehäuse stellte Metz selbst her, die dazu gehörende Optik produzierte die Münchner Optische Fabrik Kilfitt. Mitten in der Produktion der Mecaflex bekam Metz jedoch einen großen Auftrag, Plattenspieler herzustellen und ließ die Mecaflex „fallen". Insgesamt wurde diese 24 x 24 mm-Kamera nur 6 Monate fabriziert und die produzierten Stückzahlen erreichten nur 2.500!! Hochinteressant ist die Technik der Mecaflex. Obwohl sie eine einäugige Spiegelreflex-Kamera war, besaß sie einen vollsynchronisierten Zentralverschluss, den Prontor-Reflex, mit Zeiten von 1-'/30o sek. Weitere Einzelheiten, die die Kamera damals auszeichneten, waren: Springblende und Schnellaufzug. Wenn man den Kameraoberteil zusammenklappt, verdeckte man dadurch Mattscheibensucher, Transporthebel, Bildzählwerk und Rückspulknopf. Mit der Kilar 3,5-Optik kostete die Mecaflex DM 298,-, mit der 2,8-Optik DM 327,-. Heute, 24 Jahre nach ihrem Erscheinen, ist sie ein gesuchtes Sammlerobjekt und wird im Moment um ca. DM 600,- gehandelt. Mit der Mecaflex wird der engagierte Oldtimer-Freund ein rares, technisch einmaliges Stück erwerben.

SPIEGELREFLEX MIT DEM NEUEN KAMERAGESICHT

1960 war es so weit. 25 Jahre nach Erscheinen der 2-äugigen Zeiss Ikon Contaflex brachte es die Fa. Agfa - als erste deutsche Kamerafabrik nach dem Kriege - fertig, auch eine 2-äugige Kleinbildkamera zu produzieren. Als „Der neue Spiegelreflex-Typ mit dem neuen Camera-Gesicht" wurde sie Anfang 1960 angepriesen. Die „Flexilette" sollte eine Brücke schlagen zwischen den Anhängern des 2-äugigen Spiegelreflex-Systems und den Freunden des Kleinbildformats. Diese Kamera ist fotogeschichtlich hochinteressant, da es sich um die 2. deutsche 2-äugige KB-Spiegelreflex dieses seltenen Typs handelt. Mit welcher Technik nun wollte die Flexilette neue Kunden begeistern? Zuerst sollte man ihren hellen Sucher mit einer großen Einschwenklupe im Sucherschacht erwähnen. Für Sportaufnahmen besaß die Flexilette einen großen optischen Durchblicksucher. Dieser Sportsucher, zusammen mit dem Schnellschalthebel, gaben der Flexilette neben den Vorteilen der 2-äugigen Spiegelreflexkamera zusätzlich die Eigenschaften einer Schnellschuss-Kamera. (Es wurde mit der linken Hand geschaltet, die rechte blieb frei zum Auslösen). Außerdem war die Kamera mit einem Schnittbild-Entfernungsmesser ausgerüstet. Auf die optische Ausstattung wurde besonderer Wert gelegt. Die Flexilette besaß 2 identische Agfa Color-Apotare 1:2,8/45 mm. Als Verschluss diente ein Prontor mit Zeiten von 1 bis 1/500 sek. Als echte Überraschung galt der Preis der Flexilette. Sie kostete im Jahre 1960 nur DM 199,(für eine Spiegelreflex-Kamera erstaunlich niedrig). So konnten viele Fotoamateure „zugreifen"! Zusammenfassend: Die Flexilette ist und bleibt im Hinblick auf die Geschichte des deutschen Kamerabaus ein bedeutendes Erzeugnis. Sammlerwert: DM 100,- bis DM 150,-.

VOLLAUTOMATISCHE REFLEXKAMERA VON AGFA

Ein Jahr nach der Flexilette erblickte die Agfa Optima Reflex das Licht der Welt. Sie war immerhin die erste 2-äugige Kleinbild-Reflexkamera, mit Belichtungs-Vollautomatik - eine Kombination aus der Optima-Reihe zusammen mit der Erfahrung der Flexilette. Die technischen Details der Optima Reflex schlüsseln sich so auf: Dachkantenprisma mit seitenrichtigem Sucherbild, neuartiger Schnittbildentfernungsmesser (diagonale Schnittlinie für hoch und quer). Dazu kamen die vollautomatischen Funktionen: Im Prismensucher erschienen optische Signale und gaben Auskunft über die Aufnahmebereitschaft der Kamera: Schwarz = Schnellschalthebel musste gespannt werden; Rot = Film transportiert, Verschluss gespannt. Beim Druck auf die „Magische Taste" wechselte das Rot- in Grünsignal für „Freie Fahrt". Wenn man weiterdrückte war die Aufnahme garantiert richtig belichtet. Das Feld blieb rot, wenn die Lichtverhältnisse nicht ausreichten. Die automatische Funktion: Zeiten und Blenden wurden beim Druck auf die „Magische Taste" gleichzeitig und stufenlos zu optimalen Werten gesteuert. Verwackeln schied aus, weil der Verschluss der Optima Reflex kurze Zeiten bevorzugte. Ab Blende 8 wurde stets mit 1/250 sek. fotografiert. Optisch ausgestattet war die Optima Reflex mit 2 identischen Color-Apotar-Objektiven 1:2,8/45 mm (für Sucherbild und Aufnahme). Noch ein Hinweis auf eine Kuriosität: Falls Sie, lieber Leser, eine Transportmöglichkeit auf dem Bild vermissen - der Schnellschalthebel befindet sich auf der Unterseite der Kamera. Sammlerwert: DM 100,- bis DM 150,-.

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