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Artikel
2004
Winder
Fujica AZ-1: Mit Winder, Zoomobjektiv und Belichtungsautomatik
Der Winder: Vor fünf Jahren noch weitgehend unbekannt - heute so populär und beliebt, dass kein Fotograf auf den Winder verzichten will, verzichten kann. Ja, inzwischen haben wir es bereits zur Krankheit „Winderitis" gebracht, wie manche überkritische Zeitgenossen die Freude am Winder bezeichnen. Lassen Sie uns daher das Thema „Winder" noch etwas näher durchleuchten, liebe Leser. Zuerst einige einleitende Worte zur ersten „Winder-Kolumne" in COLOR FOTO und zur Fujica AZ-1. Wer mehr Markttransparenz zum Thema Winder und Motor haben möchte, der findet in COLOR FOTO 2/78 (S. 46-50) eine umfassende Marktübersicht über Motor-Winder-Kameras mit Grundsatzbeitrag. Eines sei vorausgeschickt: Ein Motor oder Winder wird immer in bestimmtem anwendungstechnischem Connex mit dem zugehörigen Gehäuse und der jeweils eingesetzten Brennweite stehen. Der beste und am umfangreichsten ausgestattete Motor bzw. Winder wird seine vollen Eigenschaften nur ausspielen können, wenn das Gehäuse mitspielt. Zum Beispiel durch vollautomatische Belichtungssteuerung. Aber auch hier gibt es bereits weniger schnelle und sehr schnelle Belichtungsautomatiken. Wir müssen unterscheiden zwischen langsamer reagierenden CdS-Systemen und sehr schnell reagierenden Silizium-Messsystemen (wie z. B. in der Fujica AZ-1). Die Fujica AZ-1 bietet insgesamt eine sehr interessante, praxisgerechte Einsatzfunktion mit Winder, wenn auch einige Einschränkungen zu machen sein werden (davon später in diesem Beitrag mehr). Trotzdem: Die AZ-1 verfügt über die sehr schnell reagierende Belichtungsautomatik mit Silizium-Zellen, sie ist sehr handlich und sehr leicht, und sie bietet als erste SLR der Welt anstelle der üblichen Standard-Festbrennweite ein Standard-Zoom-Objektiv. Die gesamte Kombination von Gehäuse plus Winder plus Zoom-Objektiv stellt eine sehr interessante und auch als fortschrittlich zu bezeichnende Gerätekombination dar. Zu betonen ist, dass das Gehäuse mit Standard-Zoom ca. DM 960 kostet, der Winder jedoch DM 320, womit er für seine einfache Ausstattung etwas zu teuer ist. Z. B. kosten die Winder für die Asahi Pentax ME und MX 275 DM, Canon-Winder A für die AE-1 und AT-1 237 DM, der Olympus OM-Winder für OM-1 und OM-2 267 DM, Minolta-Winder-G und Minolta-Winder-D jeweils 248 DM, Nikon-Winder AW-1 299 DM, um nur einige Beispiele zu nennen. Doch abgesehen davon - der Preis für die Fujica AZ-1 plus Standard-Zoom 43-75 mm/1:3,5-4,5 bleibt attraktiv, denn wir erhalten für diesen Preis (960 DM) eine SLR-Kamera mit sehr universellen System-Zubehörmöglichkeiten. Hinzu kommt noch, dass die AZ-1 komplett (Gehäuse plus Standard-Zoom plus Winder plus Tragriemen, eingelegten Batterien und Film) nur knappe 1300 Gramm wiegt. Das ist ein Wert, der sich sehen lassen kann.
Ein weiteres großes Plus für die Fujica AZ-1: Im Vergleich zu anderen elektronischen Kameras verfügt sie bei Batterieausfall immer noch über mechanische Zeiten (selbstverständlich ohne TTL-Messung). Nämlich über'/60,'/250, 1/1000 sek. und B. Im Gegensatz dazu bieten die meisten anderen Kameras mit elektronischer Verschlusssteuerung bei Batterieausfall höchstens die Blitzsynchronisationszeit oder eine andere, einzige mechanisch gesteuerte Verschlusszeit. Bestimmte SLR-Modelle wie beispielsweise die Canon AE-1, sind ohne Batterie total funktionsunfähig. Das ist wichtig, denn die oben genannten mechanischen Verschlusszeiten bieten immer noch vollen Einsatz der Fujica AZ-1, auch mit Winder. Im Vergleich zu anderen Mitbewerbern muss das lobend erwähnt werden!
Der Winder: Er ist der kleinere Bruder des Motor Drive, er kann weniger als dieser. Dafür aber ist er wesentlich preiswerter in der Anschaffung, einfacher zu bedienen, wiegt wesentlich weniger, ist viel übersichtlicher mit weniger Bedienelementen und ungleich kompakter als ein Motor Drive. Außerdem bietet er aufgrund seiner Preiswürdigkeit allen jenen Fotografen, die über geringere Geldmittel verfügen, den idealen Einstieg in die Fotografie mit motorischem Bildtransport.
Alle derzeitig verfügbaren Winder schaffen maximal bis zu zwei Bilder in der Sekunde - mit einer Ausnahme: Der Winder der Leica M4-2 schafft bis zu 3 Bildern/sek.
Winder heute: Winder ist nicht Winder - das zeigt das internationale Angebot, und das zeigt auch der einfach ausgestattete Winder der AZ-1. Es gibt Winder mit Fernsteuerungsanschluss, mit Timer, mit Einzelbild- und Serienschaltung, mit LED-Leucht-Funktionskontrolle, mit Batterieprüfvorrichtung. Und es gibt Winder, die im System kompatibel sind: z. B. bei Olympus, wo der gleiche Winder an die OM-1 und die OM-2 ansetzbar ist. Das gleiche gilt auch für die Contax-RTS/YashicaFR-Modelle, für die beiden neuen Chinon-Winder-Modelle, für Canon AE-1 und AT-1 (um einige Beispiele zu nennen). Es gibt Spitzenwinder und Einfach-Winder, um es auf einen Nennen zu bringen.
Ein Einfach-Winder ist jener, der zur AZ-1 geliefert wird. Er kann weniger als viele seiner Winder-Kollegen. Aber auch dies ist letztlich eine Frage der Anwendungs-Philosophie, da nicht jeder Fotograf unbedingt einen Winder der Top-Ausstattung benötigt. Dabei steht folgendes sowieso fest: Ein Top-Winder mit Gehäuse ohne Belichtungsautomatik wird in vielen Situationen weniger erbringen als ein einfacher Winder mit Gehäuse und Belichtungsautomatik und serienmäßigem Zoom-Objektiv. So bei der Fujica AZ-1!
Der Fujica Auto Winder: Ich habe es bereits erwähnt - er gehört zu den Einfach-Windern. In montiertem Zustand gibt es nur einen Bedienhebel, den EIN/AUS-Schalter. Er befindet sich rechts hinten am Windergehäuse, liegt in einer Vertiefung, die zugleich als Sicherung gegen unbeabsichtigtes Einschalten dient. Dafür ist er aber so klein geraten, dass manchmal erforderliches blitzschnelles Einschalten trainiert werden muss. Die Stromversorgung des Winders übernehmen 4 Mignon-Batterien von 1,5 V. Das Batteriefach liegt auf der Rückseite des Winders. Falsch einlegen kann man die Batterien nicht, die Polungen sind deutlich ausgewiesen. Dafür ist das Batteriefach aber für den Fall des Auslaufens einer Batterie nur schwer zu reinigen, wenn überhaupt, weil der Deckel klein und das Fach selbst sehr tief ist. Eine gute Sache: Rechts am Winder befindet sich eine Öse aus Stahl, die in eine ebensolche Nase an der Kamera eingehängt wird. Falschmontage ist dadurch ausgeschlossen, außerdem ergibt sich absolut sicherer Sitz auf der Kupplungsseite, an der durch den Filmtransport die stärkste Beanspruchung wirksam wird. An der Vorderseite links ist die sehr griffige Rändelschraube, die mittels eines Gewindebolzens die feste Verbindung zwischen Gehäuse und Winder herstellt. Die Montage des Winders ist einfach und schnell durchzuführen.
Maße und Gewichte: 133 (L) x 34,5 (H) x 43,4 (B) mm. Ohne Batterien wiegt er 279 Gramm.
Bildfrequenz - Prospekt und Wahrheit: 2 Bilder max. pro Sekunde sollte er schaffen. Da der Fujica Auto Winder aber nur Einzelbildschaltung und keine Serienschaltung hat, glaubte ich nicht dran. Die Probe gab mir recht. Betont muss in diesem Zusammenhang werden, dass der Winder statt mit den 1,2 V-NC-Batterien zuvor mit nagelneuen und von mir selbst auf einwandfreien Zustand überprüften (Messgerät) Ucar-Professional-Mignon-Zellen bestückt wurde. Die am Ende des Beitrages gebrachte Bildserie der Bahnhofsuhr weist es aus: 5 Aufnahmen in 4 sek. waren gerade noch zu schaffen, das ergibt eine Frequenz von max. 1,25 B/sek. Auch bei einer weiteren Serie über zehn Sekunden verbesserte sich das Ergebnis nicht. Zur Sicherheit, dass nicht etwa ich zu langsam in der Bedienung der Kamera war, arbeiteten noch vier Fotografen und ein Fachjournalist mit der Fujica AZ-1. Auch sie vermochten das Ergebnis nicht zu verbessern - im Gegenteil. Ich meine hier sollte der Hersteller seine eigenen Aussagen überprüfen, denn ein Käufer, der eine solche Endeckung nach dem Kauf seiner Kamera macht, wird enttäuscht und verärgert sein.
Weitere fehlende Features: Wie leider die meisten Winder, so hat auch der AZ-1 -Winder keine Kontrollmöglichkeit für den Ladezustand der Batterien. Das ist bei einem Winder nicht weniger wichtig als bei einem Motor Drive! Außerdem verfügt der Fujica-Winder über keine LED-Leucht-Funktionskontrolle, wichtig bei Aufnahmen vom Stativ (z. B. Selbstauslöser oder auch bei Dunkelheit). In diesem Zusammenhang: Auch ein Fernsteuerungsanschluss fehlt, er sollte heute bei jedem Winder selbstverständlich sein. Ein weiterer Mangel - er betrifft auch das Kameragehäuse: Den Entriegelungsknopf für die Rückspulung muss man während des Filmrückspulens ständig gedrückt halten, sonst riskiert man eine Beschädigung der Perforation des Films. Außerdem sieht das Programm der Fujica AZ-1 zwar ein reichhaltiges Zubehör für alle möglichen fotografischen Aufgaben vor, aber es gibt zum Winder kein Netzgerät und keinen aufladbaren NC-Akku, man muss in diesem Fall auf die 1,2 V-NC-Mignonzellen zurückgreifen, die der Winder-Frequenz nicht gerade dienlich sind. Und noch eines an dieser Stelle, obschon nicht zum Thema Winder gehörig: Der Objektivdeckel für das Standard-Zoom ist eine Fehlkonstruktion. Ein glattes Kunststoffding, das aufgeschoben so fest sitzt, dass man es nicht einmal mit den Fingernägeln wieder herunterkriegt. Solche Sachen sollten einfach nicht passieren! Ebenfalls habe ich ein separates, programmierbares Bildzählwerk am Winder selbst vermisst. Zwar hat der Winder einen automatischen Filmstop bei Ende des Films, der Film kann also nicht aus der Patrone herausgerissen werden, aber für meinen Geschmack genügt das nicht für eine Kamera vom Zuschnitt der Fujica AZ-1, die gerade durch ihre anderen Features wirklich unter die handlichen, sehr präzise arbeitenden Modelle auf dem Markt gehört. Übrigens: Der Winder verbessert die Handlichkeit der Kamera durch günstige Schwerpunktbildung sehr, ich habe immer lieber mit Winder als ohne gearbeitet.
Fazit: Trotz einiger Einschränkungen durchaus eine Winder-Kamera, die Spaß macht. Durch das Standard-Zoom ist sie vielen ihrer Kolleginnen in der Anwendung glatt überlegen, besonders auch im Hinblick darauf, dass die Anschaffung eines Zooms von den optischen Qualitäten wie das der AZ-1 (siehe auch „Praxistest' in COLOR FOTO 3/78!) keineswegs billig ist. Verarbeitung und Finish machten auf mich einen guten Eindruck, besonders das Kameragehäuse wies ein paar Features im Zusammenhang mit der Belichtungsautomatik auf, die lobende Erwähnung verdienen. Z. B. die Speicherung der Belichtungsmessung, desgleichen die sehr günstig liegende Schärfentiefenkontrolle. Wer eine unkomplizierte Winder-Kamera sucht, der sollte die Fujica AZ-1 unbedingt in die engere Wahl ziehen.
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