← Zurück

Artikel

2004

Extrablatt

Oldtimer

Preiswertes Sammelobjekt: Die Boxkamera

Was, ein Oldtimerbericht über Boxkameras? Warum eigentlich nicht? Das Sammeln von Boxkameras kann in zweifacher Hinsicht reizvoll sein.

1. In Bezug auf Vielfalt ist das Gebiet unerschöpflich. Mir ist ein Sammler bekannt, der über 750 verschiedene Modelle zusammengetragen hat. Aber so weit muss man nicht unbedingt gehen. Wenn man sich vornähme, nur die Modelle der in den 50er Jahren in Deutschland gefertigten Boxkameras zu sammeln, so hätte man bestimmt über Jahre damit zu tun.

2. Der Geldbeutel eines Boxkamera-Sammlers wird nie so stark beansprucht werden, wie z. B. der eines Leica-Sammlers. Die hierzulande rasant ansteigenden Preise für Kamera-Oldtimer schlossen das Gebiet der Boxkameras im großen und ganzen bisher aus. Sie sehen also, ein preiswertes und breit gefächertes Sammelgebiet könnte Ihnen noch offen stehen. An Raritäten und Ausgefallenem fehlt es auch hier bei weitem nicht. Ob es die Micky-Rollbox oder die Phips ist, sicher gibt es einige unter denen, die ich Ihnen heute präsentiere, die Sie noch nicht kennen.

Gerade noch rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft 1931 belebte die Firma Balda mit ihrer „Micky-Rollbox" die Konkurrenz. Die Werbung für diese Kamera (8 Aufnahmen 4x6,5 cm) zielte vor allem darauf, ein ideales Präsent für Schüler zum Fest zu sein und von RM 8,- bis RM 9,50 hielt sich der Preis der Rollbox durchaus in zivilen Grenzen.
Trotz des niedrigen Preises stellte sich da eine recht stabile Kamera im Metallgehäuse vor, die durch ihre vernickelten Ränder einen soliden Eindruck machte.
Was die Optik betraf, so lieferte das Objektiv mit der Lichtstärke 1:11 vollkommen scharfe Bilder. Für Zeit- und Blitzaufnahmen bestand eine Arretiervorrichtung. Der Sammler sollte wissen, dass es 3 Versionen der Micky-Rollbox gab: 
Modell 0, Meniskus-Objektiv. keine Stativmutter.
Modell I: Meniskus-Objektiv, Drahtauslöseranschluss, 2 Stativmuttern.
Modell II:  Doppel-Objektiv, Zweipunkt-Scharfeinstellung, eingebaute schwenkbare Vorsatzlinse, Drahtauslöseranschluss. 2 Stativmuttern Ein weiteres Modell dieser Reihe, die „Mickyrelle” unterschied sich dadurch, dass es über eine Kleinbildmaske für 16 Bilder 3x4 cm verfügte und RM 10,- kostete.
In den Schaufenstern der Fotohandlungen tauchte im Dezember 1949 eine neue Box auf: die „Indra-Lux”. Ihr stromlinienförmiges Gehäuse bestand aus Bakelit und lag leicht in der Hand. Der eingebaute optische Durchsichtsucherzeigte das Objekt in natürlicher Größe mit „Farbbremse”, um das Bild in seiner reinen Schwarz-weiß-Wirkung beurteilen zu können. Fixfokus-Einstellung von 1,50 bis unendlich., eingebaute Sonnen- und Siebblende für Porträts und fünf bequem in Augenhöhe regulierbare Einstellmöglichkeiten waren die technischen Eigenschaften der Indra-Lux. Gleichfalls verfügte der Apparat über eine eingebaute Filmreservekammer. Mit dem handelsüblichen Film 4x6,5 schaffte man 12 Aufnahmen im Format 4x4 cm.
Der Preis von DM 12,90 verstand sich sogar einschließlich eines einjährigen Allianz-Versicherungs-Schutzes gegen Beschädigung und Diebstahl!
(Exportmodell mit vergüteter Optik DM 14,90).
Die Kamera dürfte sehr schwierig zu finden sein, da die Firma nur wenige Monate existierte.

„Das Verwackeln bei Box-Aufnahmen muss aufhören". Diesen berechtigten Ruf der Amateure nahm sich die Firma Kürbi & Niggeloh, Radevormwald, zu Herzen und stattete 1952 ihre „Bonita 66” Boxkamera erstmals mit einem Spannverschluss aus. Das Auslösen gelang daher verwackelungsfrei.
Übersichtlich angeordnet lagen Entfernungseinstellung und Sucherbild. Als bequem und leicht erwies sich das Filmeinlegen aufgrund des neuartigen Springmechanismus. Weitere Technik: M und B Spezial Verschluss, drei Blenden, Blitzkontakt, Drahtauslöseranschluss, Stativgewinde. 6x6 cm auf Rollfilm.
Die Firma „Münster Kamerabau GmbH” unter der Leitung von Philipp Pohlack aus Ulm, befasste sich mit der Herstellung von Bausätzen für Spielzeug-Kameras.
Im September 1949 wurde die Firma gegründet und bot ein Jahr später den Montagekasten „Phips” an. Wer also handwerklich und technisch begabt genug war, dem ging damit ein Wunschtraum in Erfüllung, denn er konnte sich anhand des ausführlichen Bauplans aus den mitgelieferten Einzelteilen, einschließlich eines Meniskus 1:9, Drahtauslöser, Druckknopfauslöser, schwenkbarem Brillantsucher, Spareinlage für 15 Aufnahmen 4,5x6 cm und Signalmarke für Doppelbelichtungssperre eine Kamera bauen.
Vorausgesetzt, dass kein Teil übrig blieb, stand zum Schluss eine 6x9 cm Box mit Zeit- und Momentverschluss vor dem glücklichen Bastler.
Genügte dieses Standardprogramm den Ansprüchen nicht, konnte man mit entsprechenden Ergänzungsteilen, wie vergütetem Dreilinser-Anastigmat 1:4,5, Mattscheibenrückwand, Vario-Verschluss, Selbstauslöser, Blitzkontakt, aus einer einfachen Box eine Kamera für „gehobene Ansprüche” zimmern. Trotz des ungewöhnlichen positiven Widerhalls auf diese Neuerung im In- und Ausland existierte das Unternehmen nur wenige Jahre, so dass die Phips mit zu den seltensten deutschen - wenn nicht weltweiten - Boxkameras gehört.
Die Holly 6x6 Box-Kamera mit formschönen stabilem Kunststoffgehäuse, vorgestellt 1951 von der Firma Allgäuer Kamerawerkstätte Gomag, Pfronten.
Als Optik diente ein dreilinsiger Anastigmat 1:4,5/8,5 cm, vergütet, mit Irisblende und Frontlinsen-Einstellung. Der Verschluss - mit Drahtauslöseranschluss - bot einen Bereich von 1/25-1/100 sek. + B.
Der auf der Kameraoberseite umklappbare Sucher bestand aus einem Rahmensucher mit Parallaxenausgleich und einem Newtonsucher mit großem Gesichtsfeld. Weiter waren vorhanden: Doppelbelichtungssperre, Tragriemen-Ösen, Stativmutter und Bildzählfenster mit Abdeckschieber. Alle Metallteile waren verchromt. Film-material: handelsüblicher BII-8 Film (12 Aufnahmen 6x6 cm).
Die Vorteile dieser Kamera: Niedriger Verkaufspreis durch preiswertes und stabiles Box-Gehäuse, großer Arbeitsbereich durch relativ lichtstarkes, gut korrigiertes Objektiv und variable Verschlussgeschwindigkeit neben Sucher mit exakter Bildbegrenzung.

{ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}