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Artikel

2004

Oldtimer

Leicht-Gewichte für Liebhaber

Kameras gibt's, die würde man gern hegen und pflegen. Wie die Ce-Nei „Knirps", zum Beispiel. Ganze 117 g schwer. Oder die Goerz-Anschütz-Kameras, mit dem Patent 49919. Jahrelang auf dem Markt. Und trotzdem wie vom Erdboden verschluckt. Obwohl damals Massenartikel, sind diese „Kleinen" seltener zu finden als große, unhandliche Apparate.

Kameras sammeln - unser liebstes Hobby. Der Direktor eines Fotomuseums interpretierte einmal den Sinn des Sammelns historischer Kameras wie folgt: „Der Anreiz zum Sammeln hat seinen Grund meist in der Freude an der Gegenwartsfotografie und in der Liebe zu den früheren Epochen der Fotogeschichte, aber auch in der Verehrung der alten Meisterwerke handwerklicher Kunst." Nehmen wir einmal die Ce-Nei „Knirps"-Kamera zum Beispiel. Hergestellt wurde diese 9 x 5 x 3,5 cm kleine Rollfilmkamera zwischen 1926 und mindestens 1931. Da könnte man nun denken, dass wenigstens ein paar der Tausende von Exemplaren, die in diesen fünf Jahren produziert wurden, übrig geblieben wären; aber Fehlanzeige. Trotzdem sage ich mir, da müssten einige in Kellern oder auf Speichern irgendwo „schmoren". Die müssten nur „ausgegraben" werden. Nun, untersuchen wir diese kleine Rarität der Firma Ce-Nei, die damals in Frankfurt/Main ansässig war. Die Knirps wurde erstmalig von ihrem Hersteller auf der 1926er Leipziger Frühjahrsmesse, zusammen mit einer Vielzahl anderer Neuheiten der Firma, vorgestellt.
Über diese, nur 117 Gramm wiegende Kamera urteilte die Fachpresse: „Ein Massenartikel dürfte die neue kleine Knirps-Kamera werden, weil diese Kamera geeignet ist, immer mitgenommen zu werden, ohne dass der Amateur dadurch belästigt wird." Anfangs erwies sich die Spulengröße als Problem. Die Ce-Nei Knirps gestattete 12 Aufnahmen im Format 3 x 3 cm auf Spezial-Filmspulen. Aber keine Firma war zuerst bereit, diese spezielle Konfektionsgröße herzustellen. Schließlich aber lieferte nicht nur die Firma Agfa die nötigen Filme, sondern auch die englische Firma Wellington & Ward.
Nun zu der Kameratechnik: Die Ce-Nei Knirps erkennt man sofort an ihrem hochklappbaren Rahmensucher und ihrem herausspringenden Tubus. Das Gehäuse ist ganz aus Metall - zusätzlich lederbezogen und einige Teile sind schwarz emailliert. Ein Glückspilz kann sich derjenige nennen, dem es gelingt, eine mit farbigem Leder bezogene Knirps zu „erwischen". Es gab die Kamera nämlich in rotem, grünem oder blauem Lederbezug.
Zwei Objektive standen für diese Rollfilmkamera zur Auswahl: Entweder der das Laak Polynar mit einer Lichtstärke von 1:6,8 (RM 35,-) oder das Laak Dialytar 1:3,5 (RM 55,-). Der immer gespannte Verschluss ermöglichte Zeit- und Momentaufnahmen.
Zum Jahre 1928 erschien ein Spezial Knirps Horizontal-Vergrößerungsgerät, mit dem aus den 3 x 3 cm Negativen 8 x 8 cm Vergrößerungen gelangen. Ich konnte die Knirps in Zeitschriften und Katalogen nur bis zum Jahre 1931 verfolgen. Danach wurde sie nicht mehr angeboten.
Eine weitere seltene Kamera aus dem Haus Ce-Nei - die „Ce-Nei-Fix" Rollfilm-Taschen-Kamera - erschien 1929 im Handel. Nachfolgend ihre technischen Details: 6 x 9 cm Klapp-Metallkamera, achromatisches Objektiv 1:11, Verschluss für 1/25 und 1/50 sek., Fixfokus-Einstellung, Brillantsucher. Preis 1930: RM 25,-. Die Ce-Nei-Fix wurde in den Jahren 1929-1931 als die leichteste und kleinste 6 x 9 Rollfilmkamera angepriesen.
Machen wir jetzt einen Sprung um 30 Jahre zurück, in eine Zeit, als der Schlitzverschluss gerade eingeführt war. Die Benutzung eines an der Trockenplatte vorübergleitenden Schlitzes war bereits seit den Jahre 1874 bekannt.

Die Einführung aber verdanken wir Ottomar Anschütz, der den Schlitzverschluss dadurch verbesserte, dass er die Breite des Spaltes beliebig verstellbar regelte; diese Ausführungsform wurde ihm durch das Patent Nr. 49 919 und zwei weitere Zusatz-patente geschützt. Die Herstellung dieses Verschlusses und einer von ihm empfohlenen Kamera übernahm die Berliner Firma C. P. Goerz. Die Goerz-Anschütz Kameras sind ziemlich bekannt und in verschiedenen Handbüchern für Kamerasammler abgebildet. Kaum bekannt ist dagegen aber eine „Anschütz Porträtkamera", die um 1901-1902 fabriziert wurde. Ehe wir uns mit den technischen Details der Anschütz Porträtkamerabefassen, wäre es zuerst interessant zu wissen, warum Anschütz sich mit einer Kamera beschäftigte, die hauptsächlich für Amateurfotografen und für das Porträtfach gedacht war. Hierzu lassen wir Ottomar Anschütz selbst Stellung nehmen: „Ob für Porträts eine Hand- oder Stativkamera in Anwendung kommt, ist für die technische Ausführung des Bildes ohne Bedeutung, wenn nur der Apparat so beschaffen ist, dass die Arbeit schnell und sicher vonstatten geht, eine Bedingung, welche nur wenige Systeme erfüllen, am wenigsten diejenigen, die in der Regel von Fachphotographen benutzt werden." Anschütz, der bei Aufnahmen außerhalb des Ateliers viel Erfahrung gesammelt hatte, bediente sich bei Porträtaufnahmen einer dafür ganz besonders eingerichteten Kamera, nach deren Vorbild er ein kleines Modell für Amateure in den Handel brachte.
„Die neue Anschütz-Porträtkamera ermöglicht ein außerordentlich bequemes und schnelles Arbeiten; sie ist mit einem sich geräuschlos bewegenden Objektivverschluss versehen, besitzt ein für die verschiedenen Entfernungen verstellbares Visier und außer der Mattscheibe auch noch eine deutliche Skala zum Einstellen; ferner gehört dazu ein Träger, welcher die Befestigung der Kamera an einem Tischchen, sowie ein müheloses, rasches Höher- oder Tieferschieben, Drehen und Neigen derselben gestattet. Die Plattengröße ist 9 x 12 cm.
Aus dem Bau des Apparates ergibt sich folgende Arbeitsweise: Die Kamera wird in der richtigen Entfernung und Höhe aufgestellt, die Kassette eingesetzt, der Schieber gleich herausgezogen und das Objektiv nach der Skala eingestellt; die Entfernung bis zu der Person ist mittels des an der Kamera befestigten Bandmasses zu bestimmen. Nachdem über die Stellung der aufzunehmenden Person das Nötige gesprochen worden ist, tritt der Apparat, visiert und drückt im geeigneten Augenblick auf den Gummiball.
Wenn jemand einen guten Apparat mit starkem Objektiv besitzt, so empfiehlt es sich, diesen mit einem großen Visier zu versehen und die Skala für kurze Entfernungen zu prüfen oder durch eine neue größere zu ersetzen, damit das umständliche und namentlich im Zimmer schwierige Einstellen auf der Mattscheibe überflüssig wird. Auf dem oben erwähnten Kameraträger lässt sich auch jeder andere Apparat für Plattengröße 9 x 12 oder 13 x 18 befestigen."
Eine Rarität ersten Ranges, diese Anschütz Porträtkamera - mir ist kein Exemplar weder in einer privaten noch in einer öffentlichen Sammlung bekannt.
Sammlerwerte: 
Knirps ca. DM 500,- Ce-Nei-Fix ca. DM 200,-
Anschütz Porträtkamera ca. DM 7.000,-

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