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Artikel
2004
Oldtimer
Sehen und Fotografieren in einem
Die Kombination von Fernglas und Kamera hat eine lange Tradition. Schon vor über 80 Jahren erschien eine solche Fernglas-Foto-Kamera. Trotz gemeinsamem Prinzip gibt es vielfältige Unterschiede in den technischen Details.
In der letzten Oldtimer-Folge haben wir, liebe Leser, einige Kamera-Fernglas-Kombinationen näher angesehen, die zwischen 1899 und 1924 von deutschen u. japanischen Firmen hergestellt werden. Heute gehen wir chronologisch weiter.
Eine hierzulande relativ unbekannte Kamera mit eingebautem Fernglas ist die „Hamond", die das Licht der Welt im Jahre 1938 erblickte. Warum gerade zu diesem Zeitpunkt? Nun, das Jahr 1938 brachte einen Krieg zwischen China u. Japan. So liegt die Vermutung nahe, dass die Firma Maruso Kogaku in Tokio eben für Kriegszwecke die Hamond-Kamera produziert hat. Es handelt sich jedoch nicht um eine gewöhnliche Kamera, sondern um einen Fotoapparat, den man gleichzeitig als Fernglas benutzen konnte.
Im Dezember 1938 wurde der Apparat dann vorgestellt - ein Fernglas mit 5-fachem Vergrößerungsfaktor, eingebaut in einer Kamera mit dem Format 3x4 cm für 16 Aufnahmen auf 127er Film. Als Objektiv diente ein 4,5/50 mm Anastigmat und technisch ausgerüstet war die Hamond mit einem patentierten Wing-Verschluss, mit den Zeiten T, B, 1/25, 1/50, 1/100. Weniger bekannt dürfte die Hamond mit dem New-Gold 6,8/45 mm Objektiv sein; noch unbekannter die Hamond mit dem New-Gold Objektiv, aber mit der Lichtstärke 8 und 50 mm Brennweite. Letztere verfügte nur über die Verschlusszeiten B, 1/25 und 1/50. Bei diesem Modell ist anzunehmen, dass nur ein Fernglas mit 3-facher Vergrößerung eingebaut war. Etwas bekannter als die Hamond ist eine japanische Kamera namens „Teleca". Bekannter, weil die Teleca zwischen 1949 und 1952 exportiert wurde, gegenüber der Hamond, die man nur für Kriegszwecke im eigenen Land einsetzte. Die Konstruktion der Teleca ist gänzlich anders als die der Hamond. Bei der Teleca haben wir es mit einer Kleinstbildkamera zu tun - eine Kamera, die 10x14 mm Negative auf 16-mm-Film in Spezialkassetten liefert. Wenn man die Teleca ansieht, könnte man glauben, dass der Vergrößerungsfaktor des Fernglases enorm ist. Doch das täuscht, er vergrößert nämlich nur 3-fach. Als technisch interessant erweist sich das Objektiv. Es ist ein Telesigmar 4,5/3,5 inch mit Einstellfassung. Das bedeutete eine effektive Brennweite von ca. 90 mm - eine enorme Tele-Wirkung für eine 16 mm Kamera. Der varioähnliche Verschluss bot die Zeiten B, 1/50, 1/75 und 1/100.
Der Kamerasammler sollte wissen, dass die Teleca auch unter dem Namen „Cyclops" exportiert wurde - also, diese Kamera gibt es mit zwei verschiedenen Gravierungen.
Ein weiterer Hinweis: Das Objektiv Telesigmar gab es auch mit einer Brennweite von 35 mm und der Lichtstärke 1:4,5.
Kaum belebte Teleca den Fotomarkt, da folgte aus Japan eine weitere Kamera/Fernglas-Kombination - die „Binoca". Ganz anders in ihrer Art - die opernglasartige Binoca bestand aus Kunststoff mit Metallteilen.
Versehen wurde sie mit dem Bicon 4,5/40 mm, einem 2-linsigen Objektiv. Der Verschluss gestattete außer B die Geschwindigkeiten 1/25, 1/50 und 1/100.
Um zu fotografieren, brauchte man nur durch das Fernglas mit 2,5-fachem Vergrößerungsfaktor zu schauen - das Fernglas diente sodann als Sucher; eine Entfernungseinstellung war nicht nötig. Auf dem Cine-Film in Spezial Kassetten (16mm) hatten 12 Aufnahmen im Format 10x14 mm Platz. Die kompakte Binoca stellte die gleichnamige Firma im Jahre 1950 her, und zwar in rotem, weißem oder hellgrauem Kunststoffgehäuse. Größe: 97x36x70 mm. Gewicht: 230g Ich überspringe die nächste Kamera-Fernglas-Kombination in chronologischer Reihenfolge - die „Cambinox". Eine ausführliche Beschreibung der 1954 im Handel erschienenen Kamera findet man in meiner Oldtimer-Kolumne in Color Foto vom Oktober 1978 oder in meinem Buch „Historische Kameras 1845-1970". Ein weiterer Sprung in der Geschichte der Kamera-Ferngläser bringt uns in das Jahr 1968, in dem ein Apparat namens „Teflex" von der japanischen Firma Nichiryo vorgestellt wird. Das Fernglas kuppelte man mit einer Ricoh-Auto-Half Kamera, (einer Halbformatkamera mit automatischem Filmtransport). Hier diente das 7x50 Fernglas als Sucher, und das Bild wurde durch die rechte Hälfte des Glases aufgenommen. Durch den 7-fachen Vergrößerungsfaktor ergab es eine effektive Brennweite von ca. 165 mm auf der Negativgröße 18x24 mm. Obwohl die Optik eine ursprüngliche Lichtstärke von 3,5 besaß, wurde die Helligkeit beim Umlenken des Bildes durch einen Spiegel auf 1:9 reduziert.
Die Scharfeinstellung erfolgte an der vorderen Optik, und wenn im Sucher das Bild scharf erschien, konnte man auslösen. Ein Spezial Verschluss der Firma Copal musste für diese Kamera extra konstruiert werden - er bot drei Geschwindigkeiten: 1/50, 1/125, 1/250 sec.
Zwei Jahre nach Erscheinen der Teflex, genauer gesagt, im November 1970, brachte Nichiryo eine monokulare Version der Teflex in den Handel. Alle technischen Daten wurden voll übernommen - die Kamera erhielt lediglich einen neuen Namen „Nicnon S".
Wie ihre Vorgängerin lieferte die Nicnon S ein etwas größeres Bild, als man es im Sucher erblickte, denn das rechteckige Negativformat war größer als das runde Sucherbild. Die 187x90x100 mm große und 1060 Gramm schwere Nicnon S war ein Exportmodell, die meisten Exemplare gingen in die USA und von dort könnte man heute auch eventuell - durch einen amerikanischen Tauschpartner - diese Rarität erhalten.
Eine weitere ungewöhnliche Kamera/Fernglas Konstruktion, die nicht nur in den USA, sondern auch hierzulande zu finden ist, heißt „Tasco Bino/cam 7800" und erregte auf der '78er Photokina einiges Aufsehen. Die Tasco wird von der Asia American Industries in Tokio produziert und kam dort unter dem Namen „Orinox" auf den Markt (in Japan verkauft man sie immer noch unter diesem Namen; der Exportname hingegen lautet Tasco).
Hier nun die technischen Features: Objektiv 1:5,6/112 mm, 7x20 mm Fernglas, Metallschlitzverschluss 1/125 sec., Negativ-Format 13x17 mm auf 110er Pocket Film, Sehfeld 165 m auf 1000 m, Okulareinzeleinstellung, Mitteltriebfokussierung für Fernglas und Kamera, Gewicht 550 g.
Ein weiteres Modell „Orinox BG-2" besitzt das 5,6/90 mm Fixfocus Objektiv und einen Metallschlitzverschluss mit einer 1/250 sec. Geschwindigkeit.
Mit dem Erwerb einer Tasco haben Sie, liebe Sammlerfreunde, nicht nur eine ungewöhnliche Kamera für Ihre Sammlung, sondern Sie können mit diesem Apparat regulär fotografieren. Das wäre doch eine Überlegung wert, oder?
Die letzte Fernglas/Kamera Kombination dieser heutigen Reihe ist auch die jüngste ihrer Art im Handel. Es ist die von der Firma Gerber in Osaka hergestellte „Tele-Spot 110". Auffallend an der Tele-Spot 110 ist ihr attraktives Design. Die Tele-Spot 110 verfügt über ein 1:11/80 mm Fix-Focus Objektiv und ein Binokular mit einem 4-fachen Vergrößerungsfaktor. Ihre 80 mm Brennweite kann man mit dem 200 mm Tele-Objektiv einer 24x36 mm Kamera vergleichen. Von 5 Meter bis Unendlich zeichnet die Tele-Spot 110 alles scharf. Den Filmtransport löste man elegant durch ein kleines Rädchen auf der linken Kameraseite. Als konstante Verschlusszeit wählte der Hersteller 1/125 sec.
Dies nur 450 g wiegende Kamera habe ich, liebe Leser, leider nicht in Deutschland finden können, ich weiß aber, dass sie vor nicht allzu langer Zeit in den USA für etwa $ 130 angeboten wurde - also um DM 230,-. Vielleicht wird diese Kamera auch einmal zur Rarität. Jetzt hätten Sie noch die Gelegenheit, sie zu kaufen - zumindest in den USA.
Sammlerwerte:
Hamond DM 2.000,-
Teleca DM 1.500,-
Binoca DM 650,-
Cambinox DM 2.500,-
Teflex DM 600,-
Nicon S DM 600,-
Tasco-Orinox DM 400,-
Tele Spot 110 DM 200,-
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