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Artikel

2004

Sofortbildkameras

Für alle Gelegenheiten

Jede vierte in der Bundesrepublik verkaufte Kamera ist eine Sofortbildkamera. Den Hauptanteil hat die Preisklasse um 100 Mark. Die Bildqualität hat sich in den letzten Jahren enorm verbessert. Neue und schnellere Filme erobern den Markt und fördern den Kameraabsatz. Was sich in dem Markt ereignet, lesen Sie im folgenden Beitrag.

Das war dem Kunden aber äußerst peinlich. Während er in der Schlange an der Kaufhauskasse wartete, um die vom Entwickeln abgeholten Colorbilder zu bezahlen, sah er mit großem Entsetzen, dass der dienstbeflissene Verkäufer jedes Bildtütchen öffnete, um sich von der Entwicklungsqualität zu überzeugen.
Seine Fotos waren mit Sicherheit scharf, dass wusste der Kunde auch ohne die Kontrolle des Verkäufers. Die Schärfe hätte auch einigen der umstehenden Kunden Freude bereitet. Sah man doch seine knackige Freundin sich im Evakostüm räkelnd auf einem Himmelbett liegen. Um dieser Peinlichkeit zu entgehen, verduftete der Fotofreund samt Fotos im Laufschritt, wurde prompt vom Warenhausdedektiv geschnappt und bekam von einem Hannoveraner Amtsrichter, der sich bei der Urteilsverkündung ein Grinsen kaum verkneifen konnte, 250 Mark Geldbuße aufgebrummt.
Zu allem Überfluss saß auch der Reporter einer Nachrichtenagentur im Saal. So stand die Geschichte kürzlich in vielen Zeitungen. All diese Peinlichkeiten hätte sich der Kunde ersparen können. Mit einer Sofortbild-Kamera wäre seine Freude an der Akt-Fotografie nicht minder groß gewesen.
Doch nicht nur dafür, auch für andere Gelegenheiten zu Hause, im Freundeskreis oder fürs Familienalbum, erfreuen die Sofortbilder mehr und mehr. Fast einen Million verkaufter Kameras im Jahre 1980 sprechen eine deutliche Sprache. Begonnen hatte alles im Jahr 1948. Edwin H. Land, Präsident der Polaroid Corporation gibt die Erfindung einer Kamera für "augenblicklich verfügbare Bilder" bekannt. Im Laufe der Jahre kamen immer neue, verbesserte Geräte in die Auslagen der Fotogeschäfte. Der große Durchbruch gelang ein Vierteljahrhundert später. 1972 wurde das "SX-70-System" vorgestellt. War die Sofortbild-Fotografie bis dahin mit dem sogenannten Trennbildverfahren gleichzusetzen, ging nun alles viel einfacher vonstatten. Anstatt nach jeder Aufnahme den belichteten Film von Hand durch zwei Walzen aus der Kamera zu ziehen, wird der Film nun motorisch (automatisch) von der Kamera ausgeschoben.
Mit dem seit der photokina 1980 erhältlichen SX-70-Supercolorfilm, kann der Fotoamateur das Resultat nach etwa einer Minute begutachten. Vorher musste er rund fünf Minuten darauf warten.

Heutzutage gibt es das Trennverfahren nicht mehr, wenn vom professionellen Einsatz der Sofortbildfotografie einmal abgesehen wird.
Mit Entwicklungszeiten von rund fünf Minuten, haben es die Besitzer von Kodak-Kameras noch immer zu tun. Seit der photokina 1976 mischt der amerikanische Konzern mit beachtlichem Erfolg in diesem Markt mit. Brancheninsider schätzen Kodaks Anteil am Sofortbild-Geschäft auf etwa 30 Prozent. Insofern eine stolze Leistung, wird dieser Anteil mit nur zwei Kamera-Modellen erreicht. Polaroid hat immerhin fünf verschiedene Geräte im Lieferprogramm.
Gleichwohl kommt zu den seit einiger Zeit vorhandenen Modellen ab etwa Mai 1981 ein drittes hinzu. Die neue Kodak 260 EF ergänzt die Palette der EK 160 und EK 160 EF nach oben hin.
Dennoch ist die Freude am schnellen Bild noch immer nicht ungetrübt. Kamerabesitzer beklagen die mitunter leidliche Bildqualität. Das ist natürlich bei der optischen Bestückung der Geräte (siehe Tabelle) nicht verwunderlich. Es wäre indes absolut falsch und dem "Sofortbild-Gedanken" abträglich, Vergleiche mit der Aufnahmeleistung von Objektiven an Spiegelreflex-Kameras anzustellen. In 95 Prozent der Aufnahmen soll der Überraschungseffekt und nicht die absolute Top-Fotografie Vorrang haben.
Um die Bildqualität zu steigern, treibt Polaroid beim genauen Betrachten den wohl größten Aufwand. Das geht natürlich zu Lasten des Geldbeutels. Polaroids Spitzenmodell, die zusammenfaltbare Spiegelreflex SX-70 Pola Sonic Modell 2 mit Autofocus (automatischer Scharfeinstellung) kostet etwa 390 Mark. Kodaks Spitzenmodell ist bis etwa Mai 1981 die EK 160 EF mit eingebautem Elektronenblitzgerät. Der Preis liegt um 130 Mark. Der Preis für das neue Top-Modell, die EK 260 EF steht noch nicht fest, dürfte aber um oder unter 200 Mark liegen, da lediglich als Änderung die Möglichkeit Nahaufnahmen bis 60 Zentimeter zu betätigen, als Unterscheidungsmerkmal zu registrieren ist.
Doch ein Vergleich zwischen den Kameras von Polaroid und Kodak wird realistischer, wenn dieser zwischen den Sucherkameras beider Firmen stattfindet. Die Polaroid Modelle Super 1000 und 2000 und Kodaks 160er Kameras liegen technisch auf einem Level. Die Unterschiede dürften lediglich subjektiver Natur sein. Über Farbempfinden lässt sich nun einmal streiten.
Ein Handicap haben Sofortbilder immer noch. Sie sind teuer. Kostet ein Farbbild inklusive Filmmaterial von einem Colornegativfilm pro Stück etwa 0,85 Mark, so hat der Fotoamateur für ein Sofortbild ohne Blitz rund 1,50 Mark zu berappen. Ein weiteres Handicap ist zwar schon lange ausgeräumt, dennoch glauben viele "Sofortbild-Knipser", dass es unmöglich sei, Abzüge von den Schnellschüssen zu erhalten. Die Formel dafür lautet: Bild von Bild. Der Preis für diese Abzüge, die in jedem guten Fotofachgeschäft hergestellt werden können, liegt etwas höher als Kopien vom Farbnegativfilm. Man muss mit etwa einer Mark pro Bild rechnen. Die Qualität ist mit der Vorlage absolut vergleichbar. Da immerhin etwa acht Filme pro Kamera alljährlich verschossen werden, also 80 Fotografien, gibt es bestimmt viele Amateure die Kopien für den Freundeskreis benötigen. Nur kannten die meisten bisher nicht die Möglichkeit. Ob in den nächsten Jahren weitere Firmen mit Sofortbildkameras auf dem Markt erscheinen werden, steht in den Sternen. Die Gerüchteköche spekulieren alle zwei Jahre darüber. Zu jeder photokina glauben sie im stetigen Wechsel Agfa oder Fuji als dritten Anbieter in den Markt zu reden. Bisher ohne Erfolg, obwohl diese Firmen aufgrund ihres technologischen und finanziellen Potentials dazu in der Lage wären.

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