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Artikel
2004
KAMERA
OLYMPUS OM-3
Im Schatten der großen Schwester
Im Trubel der Olympus OM-4 ging die Nachricht fast unter, daß es auch eine OM-3 geben würde, die nun - im gebührenden Abstand nach der großen Schwester-vorgestellt wurde.
Die numerisch niedriger als die OM-4 eingestufte OM-3 verdient durchaus Beachtung - gehört sie doch in den elitär kleinen Zirkel jener Kameras, deren Verschluß mechanisch, das heißt von einer Art Federwerk, gesteuert wird und nicht von schwingenden Quarzkristallen oder anderweitig elektrisch/elektronisch.
Strom nur für einzelne Funktionen
Nun daraus zu schließen, die OM-3 käme ohne Batterien aus, hieße die Zeichen der Zeit verkennen. Ein Belichtungsmesser wurde natürlich auch der OM-3 spendiert, und da er mit einer Siliziumzelle arbeitet, ist Strom vonnöten, um die schwachen Ströme der Meßzelle zu verstärken. Doch nicht nur der Belichtungsmesser zieht seine Energie aus den beiden Knopfzellen im Boden der Kamera, wo man allzuleicht beim Batterieeinlegen versehentlich den gleich aus-sehenden Deckel der Motor/ Winder-Kupplung mit der obligatorisch nötigen Münze öffnet. Auch die Sucheranzeige - das aus der OM-4 bekannte LCD-Band - arbeitet nicht ohne Strom. Wenn aber bei Batterieausfall kein Ersatz bei der Hand ist, so kann die Kamera weiterverwendet werden.
Voraussetzung für richtig belichtet Bilder ist jetzt, daß der Fotograf noch gelernt hat, die Helligkeit zu schätzen oder daß er einen Handbelichtungsmesser mit sich führt - am besten einen mit Selenzelle (Gossen Bisix 2 und Sixtino 2 oder Sekonic Auto Lumi L-158), denn der ist auf jeden Fall einsatzbereit, solange eine bestimmte Lichtfülle nicht unterschritten wird.
Da der kluge Fotograf vorbaut und Ersatzbatterien mit sich führt, wird der Belichtungsmesser allerdings die meiste Zeit im Leben einer Olympus OM-3 arbeiten und damit ihrem Besitzer eine Art der TTL-Belichtungsmessung ermöglichen, die bislang Olympus-eigen ist: die Mehrfachspotmessung mit Mittelwertbildung.
Belichtung nach Maß
Natürlich kann er die ganz normale, tausendfach vor 08/15-Motiven bewährte mittenbetont integral ausgelegte TTL-Messung benutzen - aber dafür hätte er keine OM-3 kaufen müssen (die, nebenbei bemerkt, mit etwa 1500 DM nicht billiger ist als die automatisierte, große Schwester OM-4).
Mit der Mehrfachspotmessung mit Mittelwertbildung hat es folgende Bewandtnis: Die mittenbetont integrale Belichtungsmessung bringt gute Ergebnisse, wenn die Helligkeitsverteilung im Motiv so gleichmäßig ist, daß auch ein grauer Karton mit 18% als Motiv dienen könnte. Weicht das Motiv von diesem statischen Mittelwert ab, so führt die Integralmessung in die Irre, und es schlägt die Stunde der Spotmessung - das bildwichtige Motivteil wird angemessen und bestimmt die Belichtung. Ob der Hintergrund oder d Umgebung dann zu hell oder zu dunkel ausfallen, ist nebensächlich. Ist die - per Knopfdruck - zuschaltbare Spotmessung schon an sich eine begrüßenswerte Sache, so gilt das umsomehr für die OM-3, bei der mehrere Spotmessungen miteinander verknüpft werden können, und die gleichzeitig die für alle angemessenen Teile optimale Belichtung ermittelt - im Sinne des Wortes er"mittelt".
Erziehung zum Sehen
Mit dieser Technik stellt sich die Olympus OM-3, wie schon die Olympus OM-4, quer zum Strom der aktuellen Kameraentwicklung. Immer mehr Automatiken - bis hin zu den ausgetüftelten Programmautomatiken der Ricoh XR-P, Minolta 7000 und Canon T80 - sollen dem Fotografen die Konzentration aufs Motiv erleichtern und tun dies in der Tat. Wer sich um die Belichtung nicht kümmern muß, kann sein Augenmerk besser auf die Bildaufteilung richten und kann eher Fehler vermeiden, wie beispielsweise schiefen Horizont oder den Baum, der aus dem Kopf des Porträtierten zu wachsen scheint. Aber auch anders wird ein Schuh daraus: wer sich nicht um die Belichtung kümmern muß, kümmert sich tatsächlich nicht darum und verschwendet keinen Gedanken daran, ob der Hell-Dunkel-Kontrast im Motiv zu hoch ist und damit das Bild zerstören wird.
Wer sich mit der Olympus OM-3 und ihrem Meßsystem erst einmal angefreundet hat, wird viel bewußter auf Licht und Schatten achten, und wer bewußt mit seinem Motiv umgeht, wird letztendlich auch die Fehler vermeiden, die angeblich nur die Automatik vermeiden helfen kann.
Zum Anfreunden mit dem Meßsystem gehört auch, sich zu bescheiden. Wer im ersten Überschwang der Begeisterung die angebotenen Möglichkeiten ausschöpft und das durch den Mikroprismenring begrenzte Spotmeßfeld auf acht verschiedene Motivteile richtet und jedesmal die Belichtung mißt, kommt durch die Mittelwertbildung auf nichts anderes als eine umständliche Integralmessung. Es genügt, zwei oder drei markante Stellen anzumessen,
um zu einem wirklich perfekten Ergebnis zu kommen.
Da auch die Spotmessung zu falschen Ergebnissen führt, wenn das Motiv ganz weiß oder ganz schwarz ist, wurden die Hi-light- und Shadow-Tasten von der OM-4 übernommen, über die die richtige Über- bzw. Unterbelichtung abgerufen werden kann.
Wer trotz Multispotmessung und Hi-light bzw. Shadow-Taste die Belichtung korrigieren möchte, kann auch das tun: im Bereich von ± 2 Blendenstufen kann Einfluß auf die Belichtung genommen werden.
Fazit
Durch die manuelle Nachführeinstellung (durch Drehen am Blenden- oder/und Verschlußzeitenring wird die LCD-Kette im Sucher auf einen Index gebracht) ist die OM-3 langsamer als die automatisierte OM-4, die - um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen - ebensoviel kann und ebensoviel Überlegung vom Fotografen verlangt, wenn die Mehrfachspotmessung nutzbringend ein-gesetzt werden soll.
Die Frage nach der Genauigkeit der Belichtung, für die Zeiten von der ganzen Sekunde bis zur 2000stel zur Verfügung stehen, ist nur bis zu einem gewissen Grad zu beantworten - und zwar mit einem "sehr gut" -, denn die richtige Belichtung hängt nicht nur von der Kamera, sondern sehr stark von den richtigen Vorgaben ab.
Eine mechanische Kamera mit der Möglichkeit individuell und sehr präzise die Belichtung zu bestimmen, eingebettet in ein umfangreiches System das ist die Olympus OM-3, ein empfehlenswerter, wenn auch nicht ganz billiger Anachronismus.
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