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2004
PMA ALLE NEUHEITEN - ED HIRSCH BERICHTET AUS USA
Der große Auftritt der Kleinen
Drei Schwerpunkte setzte die Fotoindustrie auf der diesjährigen PMA in Chicago: Sucherkameras mit festeingebauten Zoom-Objektiven, Halbformatkameras und Still-Video. Die Knüller lieferten diesmal überraschenderweise nicht die Großen der Branche. Sie verhielten sich eher abwartend und überließen es den Außenseitern, mit neuen Konzepten vorzupreschen.
Chinon, schon immer gut für neue Ideen, nutzte die diesjährige PMA in Chicago für seinen großen Auftritt. Gestärkt und aufgewertet durch eine 15prozentige Beteiligung von Kodak stand der sonst hauptsächlich für Fremdmarken produzierende Kamera-Hersteller mit einem eigenen neuen Kamerakonzept im Mittelpunkt der größten Händlermesse auf dem amerikanischen Kontinent.
Bridge-Cameras tauften die Amerikaner das neue Kamera-Konzept, das eine Brücke schlagen soll zwischen Spiegelreflex- und Sucher-Kameras. Zwitter würden wir die neuen, im häßlichen Space-Age-Design daherkommenden Aufnahmegeräte mit festeingebautem Zoom-Objektiv nennen. Chinon gab seiner neuesten Schöpfung der Einfachheit halber den klangvollen Namen Genesis. Genesis ist eine vollautomatische Schnappschußkamera mit festeingebautem 38-80 mm Motorzoom-Objektiv und echtem Spiegelreflex-Sucher. Man baute die 35-mm-KB-Kamera um das nun vollintegrierte Zoom-Objektiv herum. So entstand eine Form, die erlaubt, fast alle Funktionen der Kamera mit der haltenden, rechten Hand auszulösen. Lediglich das manuelle Zoom-Objektiv bedarf des Eingriffs der linken Hand. Die Genesis besitzt alle Komfortelemente, die sich ein anspruchsvoller Freizeitfotograf heutzutage wünscht: Automatisch zu-schaltender Blitz, stufenloses Infrarot-Autofokus-System mit Servo-Motorantrieb. Kürzeste Autofokus-Entfernung beträgt 90 cm. Zusätzlich ist manuelle Makro-Einstellung bei allen Zoom-Brennweiten bis auf 50 cm möglich.
Bei der Autofokusfunktion kann zwischen Einzel- und Dauerfokussierung gewählt werden. Der elektromagnetische Zwischenlinsen-Lamellen-Programmverschluß wurde durch das festeingebaute Objektiv möglich. Die Verschlußzeiten sind auf bescheidene 1/4 bis 1/300 Sekunde begrenzt. Die Maximalöffnung variier je nach Brenn-weite zwischen 1:4,1 und 6,4. Durch einen Televorsatz kann der Brennweitenbereich auf 100 mm ausgedehnt werden. Bemerkenswert ist das Suchersystem. Es handelt sich um einen echten Spiegelreflex-Sucher, der die Beurteilung des Bildausschnitts durch das Aufnahme-Objektiv ermöglicht. Im Sucher erscheinen alle wichtigen Informationen per LED-Anzeige: Blitzanzeige, Blitzbereitschaft, Warnanzeige für zu nahe Einstellung und grünes Licht für Schärfe. Das LCD-Feld auf der Kamera zeigt den Funktionsstatus der Kamera, z.B. Batteriezustand, Filmvorrat, Selbstauslöser, etc. Der Filmtransport ist total motorisiert mit automatischer Filmeinfädelung bis Aufnahme eins, Fortschaltung nach jeder Auslösung und Rückspulung. Interessant ist die Möglichkeit einer dreifachen Mehrfachbelichtung. Die Lichtdosierung erfolgt über ein TTL-Mittelfeld-Meßsystem durch eine Silicon-Fotozelle (SPD). Die Filmempfindlichkeitsprogrammierung erfolgt automatisch (DX) von ISO 50/18xGRADx bis ISO 1600/ 33xGRADx. Außerdem ist eine Gegenlichtkompensation um 1,5 Blendenstufen möglich.
Falls die Blitzenergie des ein-gebauten Blitzes nicht ausreicht, kann der Chinon 320 GS Flash an die Kamera angeschlossen werden. Dieser Blitz, speziell für die Genesis geschaffen, wird beim Anschluß an die Kamera voll in die Blitzbelichtungsautomatik integriert und kann auch durch eine Photozelle unabhängig von der Kamera aus-gelöst werden. Bei ISO 100 hat der 320 GS Flash eine Leitzahl von 32 bei 50 mm Position.
Trotz all dieser Features und des vollen 24x36-mm-Formats fiel die Kamera sehr kompakt und auch preislich sehr günstig aus. Der voraussichtliche Verkaufspreis soll um fünfhundert Mark liegen.
Auch Olympus brachte eine Kamera nach dem Chinon-Konzept. Nur vor dem letzten Schritt schreckten die Olympus-Ingenieure zurück und so wurde die neue Olympus AZ 300 Super Zoom keine Reflex-Kamera. Der Brennweitenbereich des Zooms liegt zwischen 38-105 mm und ist außerdem motorisiert. Auch fand ein Zentralverschluß Anwendung. Fotografisch ist der Zentralverschluß das Ideal und nicht der Schlitzverschluß, weil er im unschärfsten Bereich der optischen Achse operiert und zudem selbst in der kürzesten Zeit mit dem Elektronenblitz synchronisierbar ist. Die Verschlußzeiten reichen von 2 bis 1/500 Sekunde. Ein völlig neuer Gag ist die Auto-Zoom-Funktion, die es erlaubt über eine gewisse Distanz einen sich bewegenden Bildgegenstand gleich groß im Bild zu behalten. Interessanterweise wurde die Belichtungsautomatik an die Brennweiteneinstellung gekuppelt. Bei Weitwinkelzoomstellung bleibt die normale Verschlußzeit auf 1/40 Sek., während sie bei Teleeinstellung auf 1/10o Sek. schnellt. Der Ausgleich erfolgt über die Blende. Auch die AZ 300 Super Zoom erlaubt Doppelbelichtungen. Sie besitzt automatische Filmempfindlichkeitseingabe über DX und Gegenlichtkompensation bis zu 1,5 Blendenstufen. Der eingebaute Elektronenblitz arbeitet als Aufhellerblitz bei Gegenlicht, hat eine "slow synchro" Schaltung für Nachtaufnahmen und ist abschaltbar. Der Blitzreflektor ist mit dem Zoom synchronisiert, um eine möglichst ideale Bildfeldausleuchtung zu garantieren. Der "Keppler" Durchsichtsucher ist ebenfalls mit dem Zoom synchronisiert. Funktionsanzeigen erscheinen außerhalb des Bildfeldes im Sucher. Auch bei der AZ 300 Super Zoom wurde auf "Einhand"-Bedienung wert gelegt. Die Kamera liegt durch den Handriemen fest in der Hand und ist immer schußbereit. Die Preisvorstellung liegt bei 700 Mark.
Konica Z-UP 80 heißt Konicas neue Kompakt-Kamera mit festeingebautem Zoom-Objektiv. Sie ist die konventionellste ihrer Art. Eine typische Sucher-AF-Kamera mit "popup"-Blitz und festeingebautem 40-80-Power-Zoom.
Sonst besitzt die Z-UP 80 den heute üblichen Vollautomatik-Komfort. Eine Besonderheit sind aber folgende Ausstattungsmerkmale: Mehrfachbelichtungen, 2-39 Belichtungen auf die gleiche (l) Stelle, Langzeitbelichtungen von 2 Sek. bis 99 Stunden (l ), Zeitraffereffekte von 2 Sek. bis 99 Stunden (l), Serienbelichtungen mit 1,3 Aufnahmen pro Sekunde, Lichtmischertechnik des eingebauten Blitzes bei Gegenlichtaufnahmen. Verschlußzeiten von 1 bis 1/500 Sek. Der Autofokus arbeitet stufenlos von 60 cm bis unendlich. Der Preis: ca. 750 Mark.
Es gehört zu den Eigenarten der PMA-Show, daß die traditionelle Silberemulsionsfotografie hier weit mehr im Vordergrund steht, als zum Beispiel auf der Photokino. Eastman Kodak, das wohl wegen seines gewaltigen Filmgeschäftes am stärksten motiviert ist, die elektronische Bildaufzeichnung nicht zu sehr in den Vordergrund zu stellen, zeigte deshalb auch kaum Zeugen seines fast schon genau so starken Engagements in der Elektronik. Aber auch andere Hersteller zeigten fast stiefmütterlich ihre Still-Video-Systeme. So war bei Canon das SVS in einer Ecke seines großen Standes. Dort wurde die neue Canon RC 760 SLR Still-Video-Kamera vorgeführt. Es handelt sich um die verbesserte Version des Vorgängermodells RS-701, nun mit einem 600000 Pixel CD, das 480 Linien horizontal Auflösung hat. Die Kamera hat ein 13-52-mm/ f1,8-Zoom mit dem man bis auf 5 cm herangehen kann. Die Belichtungsmessung erfolgt in der Bildmitte und die Verschlußgeschwindigkeiten reichen von 1/8 bis/2000 Sekunde. Die Belichtungsautomatik hat fünf Programme: Verschlußpriorität, Standard, Tele, high-speed und Auto-Flash. Alle Funktionen werden per LCD auf der Kamera-Oberseite angezeigt. Strom
kommt von einer wiederaufladbaren Nicad-Batterie die für 250 bis 350 Aufnahmen reicht. Die Kamera ist ziemlich groß und wiegt ein Kilo. Der Preis ist ebenbürtig: US $ 5460.
Einige andere Hersteller haben kurzerhand Still-Video- Rückteile für ihre bestehende SLR-Kamera entwickelt. Minolta kam gleich mit zwei Rückteilen, dem SB-70S für die Maxxum 7000 AF und dem SB-90S für die professionelle Maxxum 9000 AF. Diese Rückteile sind größer als die Kamera selber und tragen die Floppy Disc in der "Satteltasche". Das Bild wird auf einen CCD-Image-Sensor mit 380000 Pixels auf- projiziert, der nur etwa die Hälfte der normalen 24x36- mm-Bildfläche hat. Dadurch verdoppeln sich die Brennweiten der Kamera-Objektive. Die Video-Rückteile beziehen ihren Strom von wiederauflad- baren Nicad-Batterien.
Auch Chinon bietet eine AF- SLR, die CP-9 AF, mit den üblichen Komfort-Merkmalen. Diese Kamera kann ebenfalls mit einem Still-Video-Rückteil bestückt werden. Die totale Ähnlichkeit der technischen Daten des Rückteils und der äußere Eindruck lassen die Vermutung aufkommen, daß es aus der gleichen Werkstatt wie das Minolta-Video-Rückteil kommt. Fast ganz aus dem Rahmen fiel die boxartige Still- Video-Kamera von dem Taschenrechner-Hersteller Casio. Die Casio VS-101 verzichtet weitgehendst auf aufwendige Technik zugunsten eines niedrigen Preises, der mit ca. 1500 Dollar angegeben wurde. Die Kamera hat nur 280000 Pixels und ein einfaches 2,8/11-mm-Fixfokus-Objektiv, das alles von einem Meter bis unendlich scharf zeichnet. Natürlich kann ein Blitz angeschlossen werden. Die Bilder sehen auf dem TV-Monitor nicht schlecht aus. Der Qualitätsunterschied zeigt sich erst beim Hard-Copy-Farbprint, der einiges zu wünschen übrig läßt.
Da auch dieser Printer von Hitachi stammt, ging ich zu Hitachi und ließ mich dort nochmals porträtieren. Dort stand nur eine ganz winzige TV-Video-Kamera auf dem Stativ, die per Kabel mit dem TV-Monitor und Video-Rekorder verbunden war. Der Farbprint, den der Hitachi-Printer ausspuckte, war in der Farbqualität und Schärfe den Farbprints von Minolta und Casio überlegen. Es ist also zu ver- muten, daß es wohl doch auf die Qualität der Kamera, bzw. des Video-Rückteils ankommt, wie der Print später ausfällt. Theoretisch müßte es möglich sein, die Still-Video-Aufnahme der Canon RC 760 mit ihren 600000 Pixels von dem Hitachi- Printer wiedergeben zu lassen, um zu einem hochwertigen Ergebnis zu kommen. Ein Farbtestbild von Hitachi scheint diese Vermutung zu bestätigen. Der Hitachi VY-100 A Color-Video-Printer bietet 64 Farbtöne und kann mit jedem NTSC-Signal vom TV, VCR oder Video-Kamera arbeiten. Er bietet 525 Horizontallinien und damit fast 35-mm-Fotobildqualität. Das Farbprintverfahren beruht auf einem Thermo-Transfer von einem Farbträgerfilm auf das Spezialpapier im Format von 3x4 Zoll (7,5x10,5 cm). Als weitere Entwicklungsstufe ist ein neuer Farbträgerfilm zur Produktion von Dias vorgesehen. Der Preis für die Printer wird bei 6000 Mark liegen. Eine Still-Video-Kamera für Amateure hat Konica vorgestellt. Diese Kamera ähnelt zusammengeklappt der Polaroid-Image. Über eine Markteinführung dieses als Prototyp gezeigten Modells wurde keine Angaben gemacht.
Fotos zum Selbermachen
Ein unmittelbares Ergebnis der Kodak-Philosophie der Verschmelzung von elektronischer und chemischer Bildaufzeichnung ist zweifellos das neue Create-aprint-System von Kodak. Es handelt sich um einen schrankhohen Kasten mit Bedienungspult in dessen Oberteil ein Video-Monitor eingelassen ist. Das Negativ wird auf einer Filmbühne eingeschoben und sofort erscheint das Positivbild auf dem Bildschirm. Nun kann man mit Hilfe verschiedener Knöpfe die Bildgröße bestimmen und den Ausschnitt wählen. Wenn das Monitorbild dem genauen Wunsch entspricht, wird auf den Auslöserknopf gedrückt und fünf Minuten später erscheint der fertige, trockene Print im Bildschlitz des Wunderschranks. Der Kunde hat die Wahl zwischen 5x7-, 8x10- oder 11x14-Zoll-Bildgrößen. Das "Create-a-Print"-Gerät ist für die vielen 1-Stunden-Labors gedacht, wo nun der Kunde selbst seine Vergrößerungen machen kann. Der Platzbedarf beträgt nur knapp einen Quadratmeter. Außenanschlüsse für Wasser und Abwasser sind nicht nötig.
Cool Cam von Polaroid
Polaroid, diesmal bar einer echten Knüller-Sensation, erregte die Aufmerksamkeit mittels einer Teenager-Kamera, keck Cool Cam genannt. Diese Kamera, eine vereinfachte Version der 600-Serie, kommt in typischen Teenagerfarben, hellgrau und babypink oder schwarz und rot und in einer praktischen Umhängetasche der gleichen Farbkombination. Als Überraschung findet man in der Tasche noch eine ebenfalls farbkoordinierte Polaroid-Designer-Sonnenbrille.
Außerdem versucht Polaroid mit einer verbesserten Emulsion für den 600-Film das etwas erlahmte Sofortbildinteresse wieder anzufachen. Der neue 600-Plus-Film für die 600-Kamera-Serie hat jetzt die gleiche chemo-technische Struktur wie der Image-Films. Damit können nun auch von den Sofortbildern der 600-Serie die Polaroid-Laser-Duplikate und -Vergrößerungen gemacht werden.
Eine echte Kuriosität im großen Feld der total-automatischen Sucher-Kameras kam von Canon. Die Canon Prima-Multi-Tele ist eine Sucherkamera mit zwei Brennweiten, die trotzdem ihre schlanke Form behält. Den Konstrukteuren gelang es, die beiden Objektive so anzuordnen, daß sie jeweils nur zur Aufnahme sekundenlang aus dem Kameragehäuse herausspringen und sich sofort wieder hinter einer Schutzblende zurückziehen. Das Ganze geschieht so schnell, daß der uneingeweihte Beobachter meint, man hätte vergessen die Kamera überhaupt auszulösen, weil das Objektiv verdeckt ist. Aber damit ist man aus dem Staunen noch nicht heraus: Die beiden an sich unsensationellen Brennweiten von 35 oder 60 mm lassen sich durch Hebeldruck auf 50 bis 85 mm er-weitern, indem man sich vor dem Einlegen des Films entschließt auf Halbformat 18x24 mm zu schalten, wodurch die Brennweiten automatisch verlängert werden. Wem das nicht genügt, der kann sich einen Vorsatz auf die Kamera klemmen und nun 65 mm im Normal- und 110 mm im Half-Frame-Format benutzen. Die Canon Prima-Multi-Tele-Date hat zudem ein Datenrückteil, das unter anderem anzeigt, wann der Film in die Kamera eingelegt wurde. Außerdem lassen sich mit dem Datenrückteil schon fast professionelle Zeitraffereffekte erzielen.
Kodak zeigte unter anderem eine neue vollautomatische Kompakt-Sucherkamera, die gleich zwei Linsensysteme, eins für Fix-Fokus Weitwinkel (34 mm) und eins für Drei-Zonen-Autofokus-Tele (62 mm) beinhaltet. Durch clevere Spiegelanordnung wird das Bild jeweils durch das ausgewählte Linsensystem auf den Film gelenkt. Damit gelang es Kodak, seine Zwei-Objektiv-Kamera ebenfalls schlank zu halten. Die beiden Systeme sind doppelstöckig eingebaut.
Gleich zwei neue Filmemulsionen wurden von Kodak vorgestellt: Der neue Ektachrome 100 Plus Professional Film mit ISO 100/21xGRADx. Der neue Film ergibt sattes Grün, Blau, Gelb und Rot und trotzdem eine subtile, neutrale Hauttönung. Für den Negativfotografen wurde der verbesserte Vericolor 400 Professional vorgestellt. Auch dieser Film basiert auf der neuen T-Grain Emulsionstechnik und bietet durch seine erhöhte Empfindlichkeit von 400 ASA dem Profi erweiterte Einsatzmöglichkeiten.
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