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Artikel
2004
TEST & TECHNIK
Die Filme mit Linse
Wie gut sind Wegwerfkameras?
Auf dem internationalen Markt sind sie schon länger bekannt, die Einfachstkameras von Fuji und Kodak für den einmaligen Gebrauch. In Deutschland sind bislang nur zwei von Fuji Quicksnap erhältlich. COLOR FOTO vergleicht die Leistungen der sogenannten Wegwerfkameras mit herkömmlichen Kameras.
Pionier war Fuji: 1986 wurde auf der photokina als erster „Film mit Linse” eine Schachtel mit dem japanischen Namen Utsurun-Desu vorgestellt, geladen mit Fujicolor Super HR 100 Pocketfilm. In den ersten sechs Monaten seit ihrer Einführung in Japan wurden davon bereits 1,5 Millionen Stück abgesetzt. Kodak reagierte darauf Anfang 1987 mit der ersten „Flieg"-Kamera ebenfalls mit Pocketfilm, allerdings einem 200er Kodacolor. Doch Fuji stellte gleichzeitig mit der Quicksnap eine Wegwerfkamera für den Kleinbildfilm vor, was eine Verbesserung der Bildqualität und durch Einsatz des Fujicolor Super HR 400 mehr Belichtungsreserven mit sich brachte. Der Wettbewerb der beiden Fotoriesen ging weiter: 1988 präsentierte auch Kodak mit der Fling 35 eine Kleinbildkamera (Kodacolor Gold 400) und Fuji als Weiterentwicklung die Quicksnap Flash mit integriertem Blitzlicht. Die Fuji-Kameras sind bereits auf dem deutschen Markt erhältlich, während Kodak bislang mit der Einführung noch zögert.
Die Philosophie solcher „Filme mit Linse” liegt darin, eine leichte Einfachkamera für die Gelegenheiten verfügbar zu machen, wo die eigene Kamera nicht greifbar ist, etwa, weil sie vergessen wurde oder bewußt wegen ihres Gewichts oder aus Sicherheitsgründen nicht mitgenommen wurde. Sie ist damit ideal für Skifahrer, am Strand oder für Knipsbilder aus einer fremden Stadt, aus dem Zoo oder einem Vergnügungspark geeignet - natürlich nicht als Daueralternative zu einer eigenen Kamera. Fuji und Kodak empfehlen den Einsatz bei hellem Sonnenlicht, doch läßt der verwendete 400er Film in Verbindung mit der Linsenöffnung (entsprechend Blende 11) und der Verschlußzeit von 1/100 Sek. bei der Fuji Quicksnap (und wohl ähnlich bei der Kodak Fling) auch Aufnahmen bei trübem Wetter zu, ohne den Belichtungsspielraum des Films zu arg zu strapazieren. Das zeigt einmal das Rechenbeispiel, wonach ein 400er Film bei strahlender Sonne eigentlich mit Blende 16-22 und 1/125 Sek. zu belichten wäre, und zum anderen auch der Test, der bei bedecktem Himmel ebenfalls gute Resultate lieferte. Somit werden die Aufnahmen im „Normalfall” tatsächlich überbelichtet, was an den deutlich dichteren Negativen zu erkennen ist. Die Fähigkeit der heutigen Farbnegativfilme zur problemlosen Überbelichtung mit dann sogar besseren Ergebnissen in Farbwiedergabe und Feinkörnigkeit hat diesen Trick und damit die eigentlich breitere Einsatzfähigkeit der Wegwerfkameras ermöglicht. Die Fuji Quicksnap Flash hat den Einsatz durch ein eingebautes Miniblitzgerät für Schlechtwetter- und Innenaufnahmen erweitert. Die Ausleuchtung dieses Blitzes steht dem in einer herkömmlichen Kamera eingebauten nicht nach, wie der Test bewiesen hat. Natürlich kann eine solche billige Kamera nur eine einfache Plastiklinse und nicht ein mehrlinsiges Glasobjektiv enthalten. Ihre Leistung reicht für eine normale 9x 13-cm-Kopie aus, auch wenn man bei näherem Hinsehen erkennt, daß die Bildschärfe von der Mitte zu den Rändern hin nachläßt. Die mit der Fuji ten Aufnahmen sind etwas schärfer als die mit der Kodak Fling 35, was allerdings am unterschiedlichen Filmmaterial liegen mag. Auf jeden Fall ist der Kodacolor Gold 400 etwas grobkörniger als Fujicolor Super HR 400. Die Farbwiedergabe entspricht der guten Qualität der beiden verwendeten Filme, die einfache Linse macht sich nicht nachteilig bemerkbar. Bei im übrigen durchaus sehr ähnlichen Farben fällt nur eine verschiedene Rotwiedergabe - bei Kodak intensiver, bei Fuji heller und etwas orangefarben - auf. Die Brennweite der in die Quicksnap und Fling-Kleinbildkameras eingebauten Linse entspricht einem 35-mm-Weitwinkelobjektiv und damit der Standardbrennweite der meisten Autofokus-Kompaktkameras.
Sucherwinkel ist kleiner als der Bildwinkel
Doch Vorsicht: Der Sucher - eine einfache Durchsichtskonstruktion ohne Glaselemente - entspricht nur einem 50-mm-Kleinbildobjektiv. Er zeigt somit weniger, als auf das Bild kommt. Möglicherweise wollten Fuji und Kodak damit einen Sicherheitsfaktor berücksichtigen, etwa eine Sucherparallaxe und damit ein Abschneiden von Köpfen und Füßen auf den Fotos ausschließen. Wer es jedoch gewohnt ist, richtig durch den Sucher zu blicken und sich auf den gezeigten Ausschnitt zu verlassen, kann unangenehme Überraschungen erleben, wenn die Aufnahmen mit der Wegwerfkamera zuviel Vordergrund oder Himmel zeigen. Auf den Unterschied beim Sucher muß man auch achten, wenn man parallel eine Aufnahme mit einer „richtigen” Kamera macht: Benutzt man, entsprechend dem Sucherbild der Fling oder Quicksnap, das 50-mm-Standardobjektiv etwa einer Spiegelreflexkamera, zeigt letztere einen engeren Bildausschnitt - ebenso ist es, wenn man eine Kompaktkamera mit 35-mm-Objektiv einsetzt und zur Erreichung desselben Bildausschnitts im Sucher an das Motiv näher herangeht. Darauf beruht auch der unterschiedliche Bildausschnitt bei einigen Vergleichsaufnahmen - man muß sich an das vom Bild auf dem Film abweichende Sucherbild der Wegwerfkameras erst ein-mall gewöhnen.
Trotz mancher - in Anbetracht ihrer einfachen Konstruktion und Billigkeit akzeptablen - Mängel sind die „Filme mit Linse” gut brauchbar. Sie eignen sich auch als Geschenk für Kinder, die sich dadurch für das Fotografieren begeistern lassen können. Die Quicksnap Flash ist ein nettes Mitbringsel zu einer Party, zumal, wenn der Schenker nachher auch die Kosten für die Bilder übernimmt. Dazu wird die Kamera einfach beim Fotohändler oder der Laborstation abgegeben. Ihr „Knacken” und Wegwerfen nach Entnahme des belichteten Films besorgt dann das Labor - und entspricht damit der Bezeichnung der Kodak-Kamera, deren Bezeichnung „Fling” auf Deutsch „Werfen” bedeutet.
EIN KURZÜBERBLICK
Wegwerfkameras sind
für 24 Farbbilder auf Negativ-Film mit Empfindlichkeit von ISO 400/27xGRADx ausgestattet;
keine dauerhafte Alternative zu richtigen Kameras, aber Ersatz für vergessene Kamera oder Beschädigungsgefahr;
ausreichend scharf für Standard-Kopien 9 x 13 cm;
in der Farbwiedergabe richtigen Kameras nicht sichtbar unterlegen;
abweichend zwischen Sucher- und Filmbild;
entgegen der Bedienungsanleitung nicht nur für Sonnenschein geeignet.
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