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Normtest

Praktica B200

Ein Schritt nach vorn

Der äußere Eindruck der Praktica B 200 gibt der Kamera ein robustes Image. Ob die erste Kamera mit Bajonett des "klassischen" Herstellers von M42Kameras hält, was das Äußere verspricht, untersucht dieser Test.

Der Name Praktica der Dresdner Kameras ist seit einem runden Vierteljahrhundert Synonym für preiswerte Spiegelreflexkameras mit M42-Gewinde als Objektivanschluß. Das ist jetzt anders geworden. Unter Beibehaltung der Preiswürdigkeit wurde Abschied genommen vom M42-Anschluß und seinen Unzulänglichkeiten. Mit der Praktica B 200 beginnt auch in Dresden (wieder) das Bajonett-Zeitalter.
Daß die B 200 neu ist, wird durch das eigenwillige äußere Design schon augenfällig. Obwohl in der Grundform nicht anders als andere SLRs auch, gibt ihr der grobstollige Gehäusebezug ein unverwechselbares Gesicht.
Die wichtigsten Bedienungselemente finden sich ebenfalls an den von den meisten SLRs gewohnten Plätzen, der schräge Auslöser an der Frontseite, wie er bei den M42Modellen üblich ist, ist verschwunden.

Funktionen

Die Belichtungsautomatik steuert die Verschlußzeit nach der Blendenvorwahl. Die manuelle Belichtungssteuerung über Nachführmessung ist ebenfalls möglich. Für die Verwendung von Elektronenblitzgeräten wird der Einstellknopf in die mit einen Blitzsymbol markierte Stellung gebracht. Eine automatische Verschlußzeitensynchronisation und Blitzbereitschaftsanzeige im Sucher, wie sie andere neue Modelle auch in der mittleren Preisklasse aufweisen, ist nicht vorhanden. Die Einstellmöglichkeiten werden ergänzt durch "B" für Langzeitbelichtungen. Der Einstellknopf ist beliebig drehbar, so auch über den kurzen Weg von 1/1000 auf 1 s Verschlußzeit.

Belichtungsmessung

Die Belichtungsmessung erfolgt hinter dem teildurchlässigen Spiegel über eine seitlich im Spiegelkasten liegende Gallium-Arsenid-Phosphid-Fotodiode. Die Meßcharakteristik ist extrem stark mittenbetont, der Meßwinkel praktisch auf 1lxGRADx begrenzt. Der Meßbereich bei Automatikbetrieb reicht von ca. -4 LW bei f/1,4 und 32 s bis LW 19 bei f/22 und 1/1000 s bei 100 ASA und ist mit diesem Umfang recht groß gegenüber vergleichbaren Kameras. Das Einschalten der Belichtungsmessung erfolgt durch Druck auf den Auslöser. Sobald dieser losgelassen wird, schaltet sich die Messung wieder aus. Die Filmempfindlichkeitseinstellung ist sowohl in DIN- wie in ASA-Werten angegeben und reicht von 12-36 DIN/12-3200 ASA. Da die Belichtungskorrektur um ± 2 LW-Stufen auch für die niedrigste und höchste Empfindlichkeit funktioniert, steht praktisch ein Empfindlichkeitsbereich von 6-42 DIN zur Verfügung.

Zeitautomatik

Die Verschlußzeiten zwischen 1/1000 und 40 s werden stufenlos gesteuert. Die Automatik arbeitet im großen und ganzen recht gleichmäßig, nur bei 1/500 s ist die Belichtung etwa 1/3 LW zu knapp. Bei den Zeiten länger als 4 s liegt die Kurve außerhalb des DIN-Toleranzbereiches, die Belichtung wird reichlicher. Da aber bei Belichtungszeiten von mehreren Sekunden der Schwarzschild-Effekt eine längere Belichtung als normal erfordert, dürfte sich diese Abweichung in der Praxis nicht negativ auswirken.

Nachführmessung

Bei manueller Belichtungssteuerung über Nachführmessung steht der Zeitenbereich von 1/1000 bis 1 s zur Verfügung. Diese Zeiten werden mit Ausnahme der um 1/6 LW zu reichlichen 1/250 s und 1/6 LW zu knappen 1/500 s sehr gut eingehalten. Die Abweichung dieser beiden Zeiten liegt aber weit innerhalb der zulässigen Toleranzgrenzen.

Verschluß/Auslöser

Der Metall-Lamellenschlitzverschluß der B 200 kehrt nach der Belichtung in seine Ausgangsposition zurück, und nicht erst, wie sonst üblich, beim Weitertransport des Films. Die angegebene X-Synchronisationszeit von 1/90 s wird mit effektiv 1/78 S sehr gut eingehalten. Diese Zeit funktioniert auch mechanisch ohne Batterien. Allerdings bietet der Verschluß bzw. die Verschlußauslösung Anlaß zu Kritik, Das gilt für beide uns zur Verfügung stehenden Testkameras. Bei der ersten Kamera blockierte der Verschluß nach wenigen Auslösungen, bevor der eigentliche Test begonnen hatte. Das zweite Testmuster, dessen Meßprotokoll in diesem Test veröffentlicht ist, stellte zum Schluß des Tests, als die Funktion der Unterbelichtungswarnung getestet werde sollte, ebenfalls seinen Dienst ein. Der Verschluß ist zu, die Kamera läßt sich nicht mehr auslösen. Der Hersteller sollte diesen Punkt im Auge behalten, vielleicht deutet sich hier eine Kinderkrankheit an.

Sucher

Der Blick durch den Sucher zeigt eine ungewöhnliche Fokussierhilfe. Inmitten der Mattscheibe und des zentralen Mikroprismenkreises findet sich nicht das gewohnte Schnittbild, sondern eine Art Doppelschnittbild, diagonal angeordnet. Praktica bezeichnet dies als Tripelkeilsystem, Bei unscharfer Einstellung erscheint ein kleines Teilstück einer Motivlinie seitlich versetzt.
Im Sucher angezeigt werden die im Bildfeld stehenden Verschlußzeiten von 1/1000 bis 8 s sowie "Over" und "Under" von daneben im schwarzen Umfeld liegenden roten LEDs. Bei Automatikbetrieb leuchtet die LED der ermittelten Verschlußzeit kontinuierlich. Liegt ein Wert dazwischen, leuchten zwei LEDs. Das gilt auch bei Manuell-Betrieb, bei dem zusätzlich noch die eingestellte Zeit durch eine blinkende LED angezeigt wird, Daß sich die Helligkeit der LEDs automatisch der Helligkeit des Sucherbildes anpaßt, wie im Prospekt angegeben, konnte nicht festgestellt werden, aber die LEDs waren immer einwandfrei sichtbar. Die Blende ist unter dem Sucherfenster eingespiegelt.

0bjektive/Anschluß

Der Anschluß der Wechselobjektive erfolgt über ein dem K-Bajonett sehr ähnliches Bajonett, mit dem es aber nicht kompatibel ist. Dies ist auf die fehlenden mechanischen Elemente zur Blendenwertübertragung zurückzuführen, die bei der Praktica wie schon bei ihren Vorgängermodellen konsequenterweise durch elektrische Kontakte ersetzt wurden. Das Bajonett ist sauber gearbeitet und gibt auch nach einer Vielzahl von Objektivwechseln keinen Grund zur Beanstandung. Eine Besonderheit des Standardobjektivs Praktica MC 1,8/50 mm ist die kürzeste Einstellentfernung von 0,33 m. Mit dem neuen Praktica-Bajonett wurden bis jetzt Objektive von 20 bis 300 mm Brennweite vorgestellt. Allerdings ist die Auswahl im Vergleich zu anderen Systemkameras noch recht beschränkt. Ein M42-Adapter ermöglicht die Verwendung von Schraubobjektiven bei Arbeitsblendenmessung.

Plus und Minus

Plus

Reichhaltige Ausstattung
großer Filmernpfindlichkeitsbereich
elektrische Blendenwertübertragung

Minus

Verschluß/Auslösung bei beiden
Prüfmustern blockiert
keine Blitzautomatik

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