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Artikel
2004
Kameras
Die Profiklasse
Digitale SLRs im Test
Anfang des Jahres setzte Nikon mit der Dl neue Maßstäbe bei digitalen Spiegelreflexkameras. Nun erscheinen zwei weitere Konkurrenten von Canon und Fuji. Kann Nikon die Spitzenposition behaupten?
Fast ein Jahrzehnt lang dominierte Kodak den Markt für digitale SLR-Kameras. Für Amateure waren diese Modelle viel zu teuer. Hieran konnten auch einzelne Konkurrenten wie die Minolta Dimage RD 175 und die Nikon/Fuji E2 nichts ändern. Doch so langsam gerät der Markt in Bewegung, und es erscheinen immer mehr digitale SLRs, die eine ausgezeichnete Bildqualität mit deutlich sinkenden Preisen verbinden. Den Anfang machte Nikon mit der Dl, einer 2,7-Mio.-Pixel-SLR-Kamera für "nur noch" 12000 Mark. Als nächstes kommen nun eine Canon für 6500 Mark und eine Fujifilm für 8500 Mark. Die genannten Preise beziehen sich auf eine komplette Ausstattung mit Speicherkarte, Akku, Ladegerät und Netzteil aber ohne Objektiv.
Beide Konkurrenten bringen eigene Chip-Konzepte: Canon baut in die EOS D30 einen selbstentwickelten CMOS-Chip ein, und Fujifilm setzt bei der S1 Pro auf die ebenfalls hauseigene Super-CCD-Technik. Gegenüber CCDs sind CMOS-Chips preiswerter und übernehmen einen Teil der Signal-Aufarbeitung. Allerdings zeigten CMOS-Kameras bisher ein stärkeres Rauschen (Bildstörungen). Der Fujifilm Super-CCD basiert dagegen auf einem konventionellen CCD. Doch sind seine Pixel nicht in einem rechteckigen Raster, sondern wabenartig angeordnet. Dies erhöht den Schärfeeindruck in der Praxis um ungefähr 10 Prozent (Bericht ephoto 5/2000).
Canon EOS D30
Die semiprofessionelle Canon D30 wirkt robust und liegt gut in der Hand. Sie hat die Größe einer konventionellen Spiegelreflexkamera, wiegt aber weniger als so manches Kleinbildmodell. Dabei ist sie kein direkter Abkömmling einer analogen Kamera, sondern entspricht einer Mischung aus EOS 30, EOS 50 und EOS 5. Selbstverständlich können Sie alle Objektive mit Canon-EF-Anschluss verwenden. Der Einschalter befindet sich - etwas unkonventionell -- links oben an der Rückwand und wird mit einem Finger bedient. Binnen einer Sekunde ist die Kamera betriebsbereit, was die LCD-Anzeige rechts oben signalisiert. Für die Stromversorgung sind ein Lithium-Ionen-Akku und eine Knopfzelle zuständig. Wer mehr Power braucht, kann ein Batterieteil ansetzen. Die Canon "wächst" dann auf die Größe anderer digitaler Spiegelreflexkameras und holt ihre Energie aus zwei Akkus. Die üblichen Bedienelemente sind Canon-gewohnt angeordnet. Nur auf der Rückseite finden Sie ein zusätzliches LC-Display. Doch auch hier herrscht eine gut beschriftete Ordnung: Wenn der Benutzer das Einstellungsmenü aufrufen möchte, drückt er "Menü". Sucht er dagegen Infos zu den momentanen Kameraeinstellungen oder einem Bild, drückt er "Info". Darunter sitzt der Play-Knopf, mit dem Sie den Wiedergabemodus starten, also bereits gemachte Fotos aufrufen. Zwei weitere Tasten dienen zur Navigation hei der Durchsicht dieser Aufnahmen. Sie können nun zügig durch die Bilder scrollen und zu jedem Bild ein Histogramm aufrufen. Dieses Histogramm zeigt, wie viele helle und dunkle Bildpunkte zu einer Bilddatei gehören. Beim Blättern im Menü hilft das typische Canon-Einstellrad. Hier lassen sich so grundlegende Dinge wie Auflösung, Empfindlichkeit und Weißabgleich einstellen. Ferner können Sie die Belegung der Bedientasten nach individuellen Benutzerwünschen festlegen. Unter dem Strich hat Canon das LCD-Display konsequent genutzt, und der Blick in die Bedienungsanleitung ist - ganz im Gegensatz zur Nikon Dl mit ihren kryptischen Menüs - gar nicht oder zumindest nur sehr selten nötig. Zur Datenübertragung auf den Rechner besitzt die Canon eine USB-Schnittstelle. Alternativ stecken Sie die Kamerakarte in ein Lesegerät, das am PC hängt. Wer Bilder im RAW-Format abspeichert, muss jedoch in jedem Fall die Twain-kompatible Software auf den Computer laden, da nur diese Software das spezielle RAW-Format lesen kann.
Der Canon-CMOS-Sensor
Als erste digitale Spiegelreflexkamera verzichtet die Canon auf einen CCD-Bildsensor und verwendet stattdessen ein CMOS-Bauteil. Im Vergleich ist die CMOS-Technologie deutlich günstiger und sie wird in wesentlich größeren Stückzahlen weltweit für die verschiedensten Computerbauteile gefertigt und eingesetzt. So basieren zum Beispiel Prozessoren und Speicherbausteine auf der CMOS-Technik. CCDs sind dagegen Spezialbauteile, deren Fertigung weltweit keine zehn Hersteller beherrschen. Da Canon den CMOS-Sensor selber produziert, erwarten wir schon bald entsprechend ausgerüstete Kompaktkameras. CMOS-Sensoren waren bislang aufgrund ihres höheren Rauschens nur bedingt konkurrenzfähig. Dies hat sich spätestens seit der photokina 2000 geändert. Denn der Canon-Sensor zeigt zumindest in der niedrigsten Empfindlichkeitsstufe ein hervorragendes Rauschverhalten. Erst wenn Sie die Empfindlichkeit hochschalten, erscheint das typische "CMOS-Rauschen". Und bei ISO 1600/33xGRADx erhält das Signal/ Rauschverhalten dann die Note mangelhaft. Die Farbreproduktionsqualität wird durch die von Canon sehr stark angehobene Sättigung etwas getrübt. Bei der Wiedergabe von Haut und Naturtönen liegt die EOS D30 aber mit der Fuji gleichauf. Das 3,11 Mio. Pixel große Bild lässt sich wahlweise im Canon-eigenen RAW-Format oder als JPEG auf einer CompactFlash-Karte vom Typ I oder II speichern. Im Serienbildmodus sind bis zu drei Bilder pro Sekunde möglich, in höchster Jpeg-Qualität maximal acht hintereinander. Dann müssen Sie eine Pause machen, da die Kamera etwas Zeit braucht, um die Bilddaten vom Zwischenspeicher auf die Kamerakarte zu schreiben.
Fazit: Die Canon ist das günstigste Kameramodell des Tests und liefert in der niedrigsten Empfindlichkeitseinstellung die beste Bildqualität. Bei höheren Empfindlichkeiten rutscht sie allerdings auf den letzten Platz, was den Testsieg verhindert. Unter dem Strich ist das semiprofessionelle Modell bei ISO 100/21xGRADx auch für professionelle Anwendung geeignet.
Fujifilm FinePix S1 Pro
Die Fujifilm S1 Pro ist ein Abkömmling der Nikon F60. Sie besitzt ein stabiles Kunststoff-Gehäuse mit einem kräftigen Sockel unten und einer leichten zusätzlichen Ausbuchtung hinten. Ihr Gewicht ist geringer, als man beim Ansehen vermuten würde. Fuji selber stuft die Kamera im Profibereich ein. Hiergegen spricht allerdings, dass Fuji auf ein F60-Gehäuse zurückgreift. Denn bei der F60 handelt es sich um Nikons SLR-Einsteigermodell mit entsprechend reduziertem Funktionsumfang. So funktioniert die Belichtungsmessung mit keinem manuellen Objektiv, und auch die neuen AF-S-Objektive können Sie nicht verwenden. Die normalen AF- und AF-D-Objektive lassen sich jedoch problemlos einsetzen. Der Einschalter ist, wie bei Nikon üblich, als Drehknopf um den Auslöser herum angeordnet. Er setzt bei seiner Betätigung in weniger als einer Sekunde gleich zwei Stromquellen in Betrieb, zwei Lithiumbatterien für die Kameraelektronik plus vier weit verbreitete AA-Zellen für den Betrieb des Sensors, des Displays und der Speicherkarten. In allen Modellen sitzen zudem kleine Knopfzelle für das "Gedächtnis" der Kameras. Schön ist, dass Fuji mit den AA-Zellen eine überall auf der Welt erhältliche Energiequelle verwendet. So können Sie zur Not auch Batterien einsetzen. Wenn bei einer der beiden anderen Kameras der Akku leer und keine Steckdose in der Nähe ist, war's das. Zu den normalen Bedienelementen der F60 sind ein LCD-Display und folgende Tasten hinzugekommen: Per Knopf wählen Sie eins von zwei Untermenüs, in denen Sie dann alle wichtigen Aufnahmeparameter, wie Auflösung, Komprimierungsfaktor, Weißabgleich, Farbsättigung und Scharfzeichnung, direkt beeinflussen. Auf einem weiteren Tastendruck hin, zeigt das helle und kontrastreiche LC-Display ein Menü zur Einstellung seltener benutzter Funktionen. Hierzu gehören: ein manueller Weißabgleich, das Speicherformat der Farbdaten, die Verzögerungszeit des Selbstauslösers und die Einblendung des Bildes. Die Kamera zeigt Ihnen jedes Bild direkt nach der Aufnahme auf dem Display - je nach Wunsch immer, nie oder nur bei Vollautomatikbetrieb. Per Druck auf die Play-Taste wechseln Sie in den Wiedergabemodus und scrollen mit einem Wippschalter durch die Bilder. Allerdings müssen Sie die Anzeige des Histogramms für jedes Bild erneut per Taste anwählen. Doch auch bei der Fuji gilt, dass nahezu alle Menüs selbsterklärend sind und somit die Bedienungsanleitung nur in wenigen Fällen zu Rate gezogen werden muss. Für den Dioptrienausgleich am Sucher existiert ein Schieber, der sich allerdings nicht sonderlich präzise bedienen lässt. Die anderen Kameras verwenden einen genauer arbeitenden Drehknopf.
Der Fuji-Super-CCD
Der lichtempfindlichen Sensor mit 3,5 Mio. Bildpunkten ist in der Super-CCD-Technologie gefertigt. Fuji nennt als besondere Vorteile des Super-CCDs eine in vertikaler und diagonaler Richtung höhere Auflösung gegenüber CCDs mit gleicher Pixelzahl, ein wesentlich verbessertes Rauschverhalten und einen höheren Dynamikumfang. Bei unseren Tests liegt die Auflösung leicht über der eines 3,3 Megapixel-Chips. Die Fuji interpoliert allerdings zu jedem Bildpunkt einen weiteren hinzu. Dadurch entsteht eine 6-Mio.-Pixel-Datei, deren tatsächliche Bildinformation aber eben nur bei gut 3,3 Mio. Bildpunkten liegt. Sehr gut sind die Farbgenauigkeit, die Zeichnung von Natur- sowie Hauttönen und das Rauschverhalten, obwohl die niedrigste Empfindlichkeit hohe ISO 320/26xGRADx beträgt. Erst bei ISO 1600 wird das Signal/Rauschverhältnis signifikant schlechter. Die Kamera erlaubt die Speicherung der Bilddaten in unkomprimierter Form als Tiff-File und in drei Jpeg-Stufen. In höchster Auflösung, mit Interpolation und unkomprimierter Speicherung liefert die Fujifilm 18 MB große Dateien. Für zehn Bilder brauchen Sie dann ein über 180 MB großes Speichermedium. Und so hat Fuji neben das SmartMedia-Laufwerk einen zweiten Steckplatz für CompactFlash-Karten Typ I + II eingebaut. Zwar setzt Fuji normalerweise ausschließlich auf SmartMedia-Karten, doch sind die derzeit tatsächlich nur bis 64 MB verfügbar. Compact-Flash-Typ-II-Karten bekommen Sie aber schon bis 300 MB. Beide Steckplätze liegen hinter einer von einem Magneten gehaltenen Klappe und sind gut erreichbar. Allerdings würgt die Kameraelektronik alle Aktionen sofort ab, wenn Sie die Klappe öffnen. Bei unserem Test haben wir eine Leuchtdiode vermisst, die auf einen Speichervorgang hinweist. Denn wer die Klappe öffnet, bevor das letzte Bild abgespeichert ist, verliert es. So macht man einmal diese Erfahrung und passt dann in Zukunft auf.
Fazit: Die Fujifilm S1 Pro liefert auch bei höheren Empfindlichkeiten ausgezeichnete Bilder und gewinnt deswegen den Test. Sie ist für den professionellen Bereich geeignet, wenn man mit den Einschränkungen bei der Objektivwahl und den Einstellmöglichkeiten des Amateur-Gehäuses leben kann.
Nikon D1
Im Vergleich wirkt das Nikon-D1-Metallgehäuse am stabilsten, ist aber auch erheblich schwerer als die Gehäuse der anderen Kameras. Nikon hat bei der Dl-Konstruktion auf Elemente der F5 und der F100 zurückgegriffen und positioniert die D1 zurecht im Profibereich - was auch der deutlich höhere Preis zeigt. An dem Gehäuse können Sie bis auf ein paar exotische Brennweiten alle Nikon-Objektive verwenden. Der Einschalter ist wie bei der F60 um den Auslöser gruppiert, besitzt aber eine zusätzliche Wippschalterfunktion zur Beleuchtung des LCD-Displays oben auf der Kamera. Die Einschaltzeit liegt deutlich unter einer Sekunde. Als Stromversorgung dient ein Nikon-eigener Akku, der sich über den gesamten Fuß der Kamera erstreckt. Die Bedienelemente sind Nikonüblich angeordnet, nur der Filmempfindlichkeitswähler dient jetzt zur Wahl der Serienbildfunktion und des Wiedergabemodus. Zwei weitere Tasten schalten den Monitor ein und erlauben das Löschen von einzelnen Bildern. Hinter einer kleinen Klappe befinden sich fünf Tasten, über die Sie die vielfältigen Einstellfunktionen wie Bildqualität, Weißabgleich, Scharfzeichnungsfunktion und anwenderspezifische Tastenbelegungen erreichen. Leider sind viele dieser Funktionen hinter Kürzeln in der Art "A1 mit der Auswahl 0,1 und 2" versteckt, weshalb Nikon empfiehlt, sich die entsprechenden Seiten aus dem Handbuch zu kopieren und immer dabei zu haben. Dies hat Canon mit einer kurzen Beschreibung der Funktion auf dem eingebauten Display eindeutig besser gelöst. Allerdings können Sie die Tastenbelegungen der Nikon am besten an Ihre eigenen Bedürfnisse anpassen. Für den intensiven Benutzer ist das sicherlich hilfreich. Im Wiedergabemodus bestimmen Sie, ob das Histogramm und die überbelichteten Bereiche des Bildes auf dem Display mit angezeigt werden. Außerdem lassen sich fast sämtliche Kameraeinstellungen zu der gespeicherten Aufnahme wieder abrufen. Die 2,7-Mio.-Pixel-Kamera ist nun schon ein Jahr auf dem Markt, was bei den Innovationszyklen der Digitalen einen beachtlichen Zeitraum darstellt. Im Testvergleich können jedoch die Bilddaten der Nikon mit denen der jüngeren Konkurrenten locker mithalten. Zwar ist die Auflösung entsprechend der Pixelzahl etwas geringer, doch erreicht die Kamera bei der Farbwiedergabe immer noch einen sehr guten Platz. Lediglich Hauttöne beherrschen die Konkurrenten besser. Beim Rauschen muss die Nikon zunächst der Fuji den Vortritt lassen, um dann bei ISO 1600/33xGRADx doch wieder vorn zu liegen. Die Bilder können Sie im unkomprimierten Tiff-Modus oder als Jpeg-Daten auf eine Compact-Flash-Karte des Typs I oder II speichern. Die Karte liegt hinter einer - zumindest für Digitalkameraverhältnisse - geradezu gepanzerten Klappe, die garantiert nicht von selber aufgeht und dazu noch schmutzdicht ist. Als einziger Testkandidat besitzt die Dl zudem eine besonders schnelle Firewire-Schnittstelle zum Rechner.
Fazit: Die Nikon D1 ist eine extrem robuste Kamera, die für den Presseeinsatz wie gemacht ist. Technisch kann sie trotz ihres Alters noch gut mithalten. Mit Spannung erwarten wir eine D2 - vielleicht auf der nächsten CeBIT im März.
Das Testurteil
bei niedrigster Empfindlichkeit
Platz 1: Canon EOS D30
Platz 2: Fujifilm FinePix S1 Pro
Platz 3: Nikon D1
bei mittlerer Empfindlichkeit
Platz 1: Fujifilm FinePix S1 Pro
Platz 2: Nikon D1
Platz 3: Canon EOS D30
Fazit
Die Fujifilm gewinnt knapp den Test, da sie die besten Bilddaten über die verschiedenen Empfindlichkeitsstufen hinweg liefert. Gegen die Fuji spricht aber ihr "Amateur"-Gehäuse. Im Vergleich dazu ist die Canon besonders günstig und liegt bei ISO 100/21xGRADx sogar vorn. Wegen der deutlich nachlassenden Bildqualität bei höheren Empfindlichkeiten rutsch sie jedoch auf Platz drei. Platz zwei geht an die Nikon D1. Sie ist das teuerste Modell mit dem besten Gehäuse und einer guten Bildqualität.
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