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Artikel
2005
KAMERAS TEST
Multimillionär
DIE DCS 760 VON KODAK
Kodaks neue digitale PROFI-SLR im Gehäuse der Nikon F5 bietet einen CCD mit mehr als 6 Mio. Pixel, rund 1 Mio. mehr als die Nikon D1X. Aber: Sind Pixel wirklich alles?
Kodak bleibt sich und seinem Partner treu: Die neue digitale Spiegelreflexkamera baut wie ihre Vorgängerin DCS 660 auf Nikons F5 auf. Dies bürgt für ein hohes Maß an Professionalität, die durch das wuchtige Outfit noch unterstrichen wird. Im Vergleich zu einer üblichen F5 besitzt die Kamera einen vergrößerten Unterbau, der zwei Steckplätze für PCMCIA-Speicherkarten und den NiMH-Akku beherbergt. Entsprechend sperrig ist die Klappe, die man zum Entnehmen von Akku oder Speicherkarten öffnen muß. Selbst für eine Profi-SLR ist die DCS ungewöhnlich schwer: Das Kameragehäuse mit Batterie wiegt rund 1,8 kg, ein halbes Kilo mehr als die Nikon D1X (Test in Heft 10/2001). Wer sich eine DCS anschaffen will, sollte also über halbwegs trainierte Armmuskeln verfügen. Die üppige Gummierung am Gehäuse und die mitgelieferte Handschlaufe sorgen aber dafür, daß man die Kamera gut im Griff hat.
Jetzt bis ISO 400
Der Sensor der Kodak DCS 760 wurde im Vergleich zum Vorgängermodell gleich in zwei Punkten verbessert: Zum einen konnte man die Empfindlichkeit um eine Blende steigern, so daß jetzt ISO-Einstellungen von 80 bis 400 (vorher 200) in Schritten von 1/3 EV möglich sind. Zum anderen wurde der CCD auf 27,7 x 18,5 mm vergrößert, was einen Brennweiten-Verlängerungsfaktor von nur noch 1,3 zur Folge hat.
Exakt 6,35 Mio. Pixel tummeln sich am Sensor der Kodak DCS 760, etwa eine Million Pixel mehr als bei der Nikon D1X. Was aber bedeutet dies tatsächlich für die Bildqualität? Es überrascht, daß die Kodak hei der getesteten Auflösung zwei Punkte weniger erreicht als die Nikon - zumal die DCS im Gegensatz zur D1X ohne schärfeminderndes Anti-Aliasing-Filter (siehe Lexikon) ausgeliefert wird. Ein Anti-Aliasing-Filter ist
von Kodak für rund 1800 Mark erhältlich und wird anstelle des serienmäßigen IR-Filters eingesetzt. Bei der Farbwiedergabe hat Kodaks DCS 760 im Vergleich zur Nikon DIX die Nase vorn: Sie leistet sich kaum störende Farbabweichungen und stellt Farben generell nicht so überzogen dar wie die D1X, was ihr in dieser Disziplin 1,5 Punkte Vorsprung einbringt. Allerdings sind die Grenzen zwischen dezenten und blassen Farben fließend: Manchmal wünscht man sich durchaus, die Kodak würde es etwas bunter treiben.
Bilder im RAW-Format
Die getestete DCS 760 speichert sämtliche Bilder als RAW-Dateien, die nur über die Kodak-Software Photo Desk geöffnet werden können. Anschließend darf man sie bearbeiten und als JPG in jeweils drei Größen und Kompressionsstufen oder als TIFF abspeichern. Geöffnet im Bildverarbeitungsprogramm ist eine Datei 17,5 MB groß. Wer es gewohnt ist, Bilddateien direkt von der Speicherkarte in ein Standardprogramm wie Photoshop zu importieren, wird dieses Procedere als umständlich empfinden. Die Kodak-Software hat aber auch ihre Vorteile: Sie können mehrere Bilder als Übersicht öffnen (wahlweise in 50-, 100- und 200-Prozent-Darstellung), rotieren und in verschiedenen Parametern bearbeiten. Dazu gehören das Korrigieren der Belichtung über ±2 Blenden in 0,1-EV-Schritten, die Rauschunterdrückung und das Schärfen in drei Stufen. Als globale Voreinstellungen stehen derzeit "Porträt" und "Produkt" zur Verfügung. Für "Produkt" gilt als vorrangiger Maßstab die Farbtreue, während "Porträt" für Hauttöne optimiert ist, was sich auf Farbsättigung und Kontrast auswirkt.
Besonders positiv ist die Toleranz der Kamera gegenüber Überbelichtungen: Durch nachträgliche Belichtungskorrektur (Exposure Compensation) läßt sich auch aus zu hellen Bildpartien meistens noch Zeichnung herausholen.
Die von der Kamera übernommenen Voreinstellungen, etwa zu Weißabgleich, Unscharfmaskierung oder Belichtungskompensation werden für jedes Bild separat angezeigt und von der Software ausgeführt. Besonders lobenswert ist, daß sich Bilder nicht nur einzeln, sondern auch in Gruppen (Stapel) bearbeiten und als Standardformate abspeichern lassen. Über den Button "Use Camera Settings" kann man jederzeit zu den beim Belichten gültigen Voreinstellungen zurückkehren. Die Kehrseite der Medaille: Das RAW-Format ist speicherintensiv - eine DCS-Bilddatei kann mehr als 7,5 MB auf der Speicherkarte belegen. Wenn dieser Test erscheint, wird es aber dank eines kostenlosen Firmware-Updates bereits möglich sein, Dateien im JPG- oder TIFF-Format direkt in der Kamera abzuspeichern.
Durch ihre zwei Steckkarten-Plätze für PC-Karten (siehe Lexikon) bietet die DCS 760 erfreulicherweise für jeden möglichen Dateityp reichlich Speicherplatz: PC-Karten sind derzeit mit einer Kapazität von 2 GB erhältlich, 5-GB-Karten sollen bald zu bekommen sein, CompactFlash- und Microdrive-Medien (1 GB) können mit Hilfe von PC-Karten-Adaptern verwendet werden.
Die DCS in der Praxis
Nikons F5 gehört zu den professionellsten SLR-Kameras des Marktes. Sie bietet Integral-, Matrix- und Spotmessung, die gängigen Belichtungsprogramme, Verschlußzeiten von 1/8000 bis 30 s, eine Blitzsynchronzeit von 1/300 s und eines der leistungsfähigsten Autofokus-Systeme. Dazu kommt der auswechselbare Sucher, von dem auch die digitale Version profitiert. Alternativ zum Prismensucher stehen ein Lichtschachtsucher (DW-30), ein Sportsucher (DA-30) und ein Lupensucher (DW-31, 6-fach) auf Abruf bereit.
Beim Einschalten läßt sich die DCS 760 deutlich mehr Zeit als Nikons D1X: Sie ist erst nach rund drei Sekunden betriebsbereit, während die D1X dafür nur 0,19 Sekunden braucht und somit keine merkbare Einschaltverzögerung kennt. Davon abgesehen, erweist sich die Kodak aber als angenehm flott: Sie schafft 1,7 Bilder pro Sekunde (24 in Serie) bei voller Auflösung. Und der Bildwechsel am TFT-Monitor vollzieht sich praktisch verzögerungsfrei.
Zu den Bildern werden bei Bedarf alle relevanten Daten angezeigt, auch ein Histogramm oder die blinkende Darstellung von Hochlichtern sind möglich. Statt einzelner Bilder können Sie sich eine Übersicht mit maximal vier Bildern zugleich anzeigen lassen. Was man dagegen vermißt, ist ein separater "Papierkorb-Knopf", wie ihn unter anderem die D1X besitzt. Zum Löschen einzelner Bilder braucht man ein paar Bedienschritte mehr, wobei die Bilder auch nicht formatfüllend, sondern auf weniger als die Hälfte des Displays verkleinert
abgebildet werden. Da tut man sich im Einzelfall schwer, ein scharfes Bild einer Serie von dem unscharfen daneben zu unterscheiden.
Erfreulich dagegen die Lupenfunktion bei Einzelbildern am Monitor: Sie haben die Wahl zwischen einer Darstellung von 1:10, 1:3 und sogar 1:1. Bei der zuletzt genannten Einstellung wird jeder Bildpunkt (Pixel) der Datei als Bildpunkt am Monitor dargestellt, was die Qualitätskontrolle sicherer macht.
Alle wichtigen Belichtungsdaten inklusive EV-Korrekturen werden auf dem beleuchtbaren LC-Display an der Oberseite der Kamera und im SLR-Sucher dargestellt. Ein zusätzliches LC-Display, ebenfalls beleuchtbar, unter dem TFT-Monitor bietet ergänzende Information, etwa den aktuellen ISO-Wert. Alles Weitere verbirgt sich in vier Bildschirm-Menüs (Main, Properties, Custom Settings und WB). Im Main-Menü finden sich unter anderem Löschoptionen für Bilder. Das WB-Menü bietet verschiedene Wege des Weißlichtabgleichs, während man über das Custom-Menü die Kamerafunktionen dem persönlichen Arbeitsstil anpaßt. Unterm Strich läßt das Bedienkonzept wenig zu wünschen übrig.
FAZIT
KARL STECHL
Die Kodak DCS 760 ist eine relativ große und schwere digitale SLR-Kamera, die eben deshalb ihre Stärken im Studio besser ausspielen kann als bei Outdoor-Einsätzen. In dieses Konzept passen ihre hochauflösenden Bilder mit natürlichen, nie überzogen wirkenden Farben. Besonders positiv: die schnellen Rechenzeiten, auch bei der Monitordarstellung. Erfreulich außerdem, daß die Kamera im Zuge eines geplanten Firmware-Updates künftig auch in der Lage sein wird, Bilder direkt im JPG-Format abzuspeichern.
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