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Erfahrungsbericht

Linhof Master Technika

Mit einer neuen Profikamera auf Laufboden-Basis kommt Linhof wieder auf die Freihandverwendung der Großformat-Kameras zurück. Eine kompakte und komplette Fotokamera dieser Art läßt sich jedoch auch bei verschiedenen anderen Gelegenheiten benutzen.

Spricht man von professionellen Großformat-Kameras (von 9x12 cm aufwärts), so denkt man gewöhnlich an Geräte auf optischer Bank, die auf einen robusten Träger aufgebaut werden und vergißt dabei leicht, daß es neben diesen auch Kameras auf Laufboden-Basis gibt, die jahrelang auch unter der Bezeichnung "Pressekameras" bekannt waren.
Diese Faltbalgen-Kameras, die eine direkte Weiterentwicklung der Reisekameras der ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts darstellen, waren früher hauptsächlich für Freihand-Reportage-Aufnahmen gedacht (man denke nur an die berühmte Speed Graphic der Dreißiger und Vierziger-Jahre), wurden aber gerade wegen der Vielseitigkeit, die ihnen Kipp-, Schwenk- und Verstellmöglichkeiten verliehen, auch als Allzweckkameras verwendet. In der Zwischenzeit haben kleinere und leichtere Apparate diese Kameras aus der Fotoberichterstattung verdrängt.
Dessen ungeachtet werden sie aber in ihrer ausgereiftesten und präzisesten Form, nämlich der Linhof-Reihe, von vielen Fotografen wegen ihrer kompakten Bauweise und ihrer vielseitigen Verwendbarkeit immer noch als "field camera" geschätzt. Es handelt sich bei diesen Fotografen um Spezialisten der Industrie-, Architektur- und Modefotografie, die der durch das Großformat verbürgten Bildqualität bedürfen, gleichzeitig aber nicht von vorneherein auf jede Möglichkeit der Freihand-Auslösung verzichten können. Man denke nur an die Aufnahme einer Fabrik von der Spitze eines Schornsteins aus, an das von einem Glockenturm aus aufgenommene Panoramabild einer Stadt oder an Farbaufnahmen, wie sie in der Industriereportage üblich sind: In all diesen Fällen sind Großformatkameras von entscheidender Bedeutung, während sich die Benutzung eines Stativs praktisch als unmöglich oder sehr hinderlich erweist.
Gerade für diese Zwecke wurde die neue Master Technika 9x12 cm (4x5") geschaffen, die der früheren Linhof Super Technika gegenüber eine ganze Reihe von Verbesserungen an den einzelnen Teilen aufweist und wesentlich erweiterte Verstellmöglichkeiten bietet. Sie gestattet eine weitgehende Ausnutzung sämtlicher Möglichkeiten der derzeitigen Objektive und eignet sich in idealer Weise für die Verwendung der größten Weitwinkelobjektive.
Hinsichtlich der äußeren Aufmachung unterscheidet sich die neue Linhof von den früheren Modellen lediglich durch den schwarzen Farbton, der auch beim Zubehör gewählt wurde, angefangen bei den Rollex-Rückteilen bis zu den Anschlüssen des Umhängeriemens, die jetzt zurückversetzt sind.
Neu ist auch der anatomisch richtige Griff mit äußerst weich zu betätigendem elektromagnetischem Auslöser, mit dem sich auch langsame Freihand-Momentaufnahmen machen lassen, ohne daß man bei entsprechenden Zeiten Gefahr läuft, die Aufnahme zu verwackeln. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, daß bei Großformat-Kameras beim Auslösen nur sehr wenig Teile in Bewegung sind, nämlich die Verschlußmechanik, die sich durch eine ausgewogene Wirkungsweise auszeichnet und deren bewegliche Massen im Vergleich zur Gesamtmasse der Kamera vollkommen unbedeutend sind. Die Kamera weist somit in ihrer Masse eine so große Trägheit auf, daß jede schädliche Vibration ausgeschlossen ist.
Den meisten Kummer bereitet somit beim Auslösen nach wie vor der Finger, der auf die Taste drückt. Wenn aber der Griff der Kamera an Stelle eines herkömmlichen Betätigungselements einen elektromagnetisch gesteuerten Auslöser besitzt, bedarf es keines Kraftaufwandes: Man teilt dem Apparat keine unerwünschte Bewegung mit.
Die Master Technika besitzt eine versenkbare Front-Standarte. In geschlossener Stellung wird sie von zwei robusten und genau greifenden Sperren festgehalten.
Im geöffneten Zustand ermöglicht sie weitgehende Dezentrierungen nach oben und zwar auch bei Objektiven mit sehr kurzer Brennweite. In der Praxis erreicht man mit dieser Kamera eine Dezentrierung von gut 55 mm. Auch die Neigewege sind wesentlich vergrößert. Die auf vier Stiften mit feststellbarem Kugelgelenk drehbar gelagerte Rückwand läßt sich in sämtlichen Richtungen bis zu 2011 neigen, während die Objektiv-Standarte auf der Horizontalachse noch weiter geneigt werden kann.
Der bisher mögliche Neigewinkel von 15xGRADx wurde verdoppelt und erreicht jetzt 30xGRADx!
Verbessert wurde auch die seitliche Verschiebung des Objektivs in den beiden Richtungen, die bei der Super-Technika V 26 mm betrug und jetzt auf 39 mm erweitert wurde.
Wenn zu all diesen Neuerungen noch die herkömmlichen Vorzüge der Linhof Kameras kommen, wie der genau arbeitende Entfernungsmesser, der sich mit Hilfe austauschbarer Steuerscheiben an zahlreiche Objektive anschließen läßt, der heile Universalsucher, der bis zu 30 Grad abklappbare Laufboden mit dreifachem Auszug, das drehbare Rückteil, die Möglichkeit, die Kamera unter optimaler Ausnutzung der Verstellbarkeiten in günstigster Lage am Stativ zu befestigen, so kann man sich die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten der neuen Linhof Master Technika leicht vorstellen.

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