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Artikel
2005
KAMERAS TEST
Contax N Digital mit sechs Megapixel
Neues Format
Lange erwartet - endlich da: Die 6-Megapixel-Profi-SLR von Contax bietet einen Vollformatchip in den Maßen eines KB-Negativs und ein außerordentlich solides Gehäuse.
Knapp eineinhalb Kilo bringt die Contax N Digital im Testensemble mit dem hervorragenden Zeiss-Planar-1,4/50-mm-Objektiv auf die Waage. Kein Leichtgewicht also und auch der griffige Metallbody wie die hervorragend verarbeiteten Bedienelemente verraten, dass Contax' erste Digitale in einem sehr soliden Gehäuse steckt. Die N Digital basiert auf der bewährten Contax N 1. Der feinauflösende 200 000-Pixel-Monitor auf der Rückseite dient fast ausschließlich zum Begutachten geschossener Bilder, in Menütiefen muss der Contax-Freund nicht hinabsteigen. Alle Funktionen sind sowohl per SLR-üblichen Einstelldisplays neben dem Auslöser als auch auf der Rückseite durchführbar - oder ganz klassisch: per Einstellrad. Da gibt es das Verschlusszeitenrad genauso wie das Blendenkorrekturrad, sogar unterteilt in Halbblenden- und Zweidrittelblenden-Stufen. Schärfe und Blende sind am Objektivring jederzeit einstellbar, unabhängig vom gewählten Betriebsmodus. So muss das sein, zumal alle Zeiss-Linsen für das N-System ohne Bildwinkeländerung verwendbar sind. Ein 50er bleibt auch in der Bildwirkung ein 50er, denn der 6-Megapixel-RGB-Chip aus der Philips-Entwicklung hat exakt Kleinbildmaße. Noch besser: Studiofotografen, die mit der Contax-645-AF-Mittelformat-Kamera arbeiten, können via NAM-1-Adapterring auch ihre Mittelformatobjektive an der N Digital verwenden - mit voller Autofokus- und Belichtungsmessungs-Unterstützung. Der mit 7500 Euro recht teure N-Digital-Body wird so zum Mittelformat-Digitalrückteil und bietet in diesem Umfeld, also gegenüber reinen Rückteilen, ein gutes Preis/Leistungs-Verhältnis. Für den Mittelformatadapter muss der Fotograf mit zirka 750 Euro rechnen. Zudem ist ein 75-mm-Mittelformatobjektiv an der N Digital nicht länger eine Normalbrennweite, sondern kleinbildüblich ein leichtes Porträttele.
Handhabung
Wie bei Profikameras üblich bietet die Contax zwei Auslöser für Quer- und Hochformataufnahmen. Neben dem drucksensorisch mustergültigen Auslöser sind auch das Kontrollrad und das Schärfewahl-lnstrument doppelt angelegt. Der Schärfewähler ist als Vierrichtungswippe mit Einschalt-Riegel aufgebaut und ermöglicht per Fingertip die Auswahl der fünf x-förmig im Sucher positionierten Messfelder, entweder einzeln oder gruppenweise. Ist dem nicht gerade leichtfüßigen Autofokus das Scharfstellen mit der ausgewählten Messzelle gelungen, zeigt der Sucher das durch ein rotes Aufblitzen des entsprechenden Feldes deutlich an. Um die Performance des Autofokus zu verbessern, lohnt es, den Schärfenachführungs-Modus einzuschalten oder die Fine-Fokus-Funktion zu aktivieren. Dann schießt die Kamera drei Aufnahmen binnen ein bis zwei Sekunden und verändert dabei leicht den Fokus. Damit können Toleranzen beim manuellen Fokussieren auch bei bewegten Objekten ausgeglichen werden. Ein ähnliches Bracketing gibt es für die Belichtung, einstellbar in vollen, halben oder Drittel-Blendenschritten. Dieses ABC-Shooting hilft bei Reportage-Einsätzen, da die Kamera im Automatik-Modus zur Unterbelichtung neigt. Neben dem Programmmodus bietet die N Digital Zeit- und Blendenautomatik sowie eine voll manuelle Zeit/Blenden-Wahl. Zur Blitzsynchronisation gibt es einen Zubehörschuh und alternativ das Contax-TLA-Blitzanschlusskabel. Eine Blitzsynchronisation auf den zweiten Verschlussvorhang ist mit geeigneten Blitzgeräten ebenfalls möglich, die kürzeste Blitzzeit beträgt 1/200stel Sekunde.
Zu bemängeln ist die Belichtungskorrektur, denn die ist über das Kontrollrad am Auslöser stets aktiv und schnell versehentlich aktiviert. Die zwar helle, jedoch etwas klein ausgefallene Sucheranzeige ermöglicht per individueller Nutzerkonfiguration über 21 Preset-Einstellungen. Da lässt sich Gradation oder Kantensteilheit umstellen, überbelichtete Bildteile anzeigen oder der Betriebsmodus arretieren. Je nach Arbeitsweise kann die Art der Messwertspeicherung bestimmt oder die Feinheit des Kontrollrades bei der Verschluss- und Blendenwert-Einstellung justiert werden.
Bildqualität
Als Speicherkarte dient entweder eine CompactFlash-Karte oder ein IBM Microdrive; alternativ kommen die Daten auch direkt von der Kamera per Firewire in den Rechner. Gespeichert wird im Raw-, Tiff- oder Jpeg-Format, wobei Jpeg-Bilder 4-, 8- oder 16fach komprimierbar sind. Zum Entpacken der Raw-Daten legt Contax eine entsprechende Treibersoftware bei, die neben der Nachbearbeitung auch eine Auslösefernsteuerung bietet.
Wer die Contax bei geringen Empfindlichkeiten einsetzt, erhält ausgezeichnete Bilder mit sehr niedrigem Rauschen, feiner Tonwertdifferenzierung und ordentlicher Auflösung. Bei Empfindlichkeiten über ISO 100/21xGRADx lässt die Leistung jedoch deutlich nach. Das Rauschen steigt und der abbildbare Objektkontrast sinkt. Ist die Contax auf ISO 400/27xGRADx eingestellt, erhält sie für die Bildqualität nur noch 50 Punkte statt der 60 Punkte bei ISO 25/15xGRADx. Sie ist also eindeutig für niedrige Empfindlichkeiten von ISO 25/15xGRADx bis ISO 100/21xGRADx optimiert und damit ideal für Studio-, Landschafts- und Architekturaufnahmen, wenn viel Licht zur Verfügung steht und die Arbeit vom Stativ üblich ist. Eine Reportagekamera ist sie nicht, und das liegt nicht nur an den Problemen bei höherer Empfindlichkeit, sondern auch an dem vergleichsweise langsamen Autofokus. Die Autofokuszeit plus Auslöseverzögerung, beträgt im Testzyklus lange 0,8 Sekunden, was kaum Schnappschüsse erlaubt.
Auch die Bildkontrolle gehört nicht zu den Stärken der Contax N Digital. Das Bild erscheint zwar kurz nach dem Schuss im Monitor und kann dort auch vergrößert werden, doch reicht die maximal fünffache Vergrößerung und die eingeschränkte Navigationsmöglichkeit im Bild nicht für eine schnelle zuverlässige Schärfenkontrolle aus. Auch die zu bunte Farbdarstellung hilft bei der Entscheidung über den richtigen Weißabgleich nicht. Schade, denn die Weißabgleich-Automatik zeigte sich bei Kunstlichtaufnahmen überfordert. Manuell können Farbtemperaturen angewählt werden; doch zu wissen, welche für die momentane Lichtstimmung optimal ist, erfordert Erfahrung. Der echte manuelle Weißabgleich auf Weißvorlage fehlt.
Fazit
Martin Biebel, Dipl.-Ing. Medientechnik
Für die Contax N Digital ergibt sich ein eindeutiges Nutzerprofil mit Studio-, Landschaft- und Architekturfotografie. Wenn niedrige Empfindlichkeiten gefragt sind und der langsame Autofokus keine Rolle spielt, läuft die Contax N Digital zu ihrer vollen Stärke auf. Studiofotografen bietet die Contax zudem eine schnelle Datenübertragung zum Rechner und die Adaption der Contax-Mittelformatobjektive. Damit sind zugleich die Schwächen der Contax genannt: langsam und für hohe Empfindlichkeiten nahezu ungeeignet. Ein weiteres Problem ist der Preis: 7500 Euro sind viel für eine digitale 6-Megapixel-Kamera, jedoch ok für ein Studiorückteil. Zudem bietet die Contax eine sehr überzeugende Verarbeitung.
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