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Artikel
Testlinie in Color Foto-Journal
Alexander Borell über:
ASAHI PENTAX 6X7
Bestechende Konstruktionskriterien der Asahi Pentax 6 x 7 vereinigen sich mit idealen Voraussetzungen effektivster Bildgestaltung: Bei der Konzipierung des 6 x 7 Formates ("ideales Mittelformat") ging man von der Voraussetzung aus, daß Zeitschriftenfotos überwiegend rechteckig im Seitenverhältnis 3:4 veröffentlicht werden. Das 6 x 7 Format kommt diesem Verhältnis sehr nahe und bringt gegenüber dem 6 x 6 Format einen Flächengewinn von ca. 60% und eine dementsprechende Qualitätssteigerung. Red.
Im Gegensatz zu allen anderen Kameras, über die ich je zu berichten hatte, kann ich bei der ASAHI 6x7 weder beim Gehäuse, noch bei Objektiven oder Suchersystemen beginnen: ein kleines Vorwort mit einigen grundsätzlichen Betrachtungen ist nötig, um dieser einmaligen Kamera voll gerecht zu werden.
Zunächst ist festzustellen, daß heute kein Mensch mehr Aufnahmen macht", er schießt seine Fotos; Profis belichten keine Filme mehr, sie verschießen ihr Material. Tatsächlich ist der technische Vorgang des Fotografierens dem Scheibenschießen sehr ähnlich: man zielt und drückt ab.
Sollten Sie bisher der Meinung gewesen sein, Meisterschaftsbüchsen seien leicht, damit man nicht so wackelt, sind Sie im Irrtum: Scheibenbüchsen sind enorm schwer, und bei Pistolen beschwert man den Lauf noch obendrein. Denn je schwerer ein Gegenstand ist, desto schwerer läßt er sich verwackeln. Daß Sie, sollten Sie einmal schießen, nicht immer ins Zentrum treffen, obwohl Sie immer darauf gezielt haben, liegt daran, daß Sie wackeln. Wie sehr Sie wackeln, sehen Sie noch deutlicher, wenn Sie durch ein starkes Fernglas blicken.
Natürlich wackeln Sie ebenso mit einer Kamera. Je leichter sie ist, desto mehr sind Ihre Aufnahmen verwackelt. Wenn Sie es genau wissen wollen, machen Sie zwei Aufnahmen, beide mit der 1/125 sec. - eine vom Stativ mit Drahtauslöser, die andere aus der Hand. Schon bei zehnfacher Vergrößerung merken Sie den Unterschied.
Die ASAHI 6 x 7 wiegt mit Pentaprisma rund 2,4 kg, aber Sie verwackeln mit ihr die 1/30 sec. nicht mehr, als mit einer KB-Kamera die 1/125s.
Und damit sind wir beim zweiten Grundbegriff, dem Gott oder Götzen aller engagierten Amateure: der Schärfe.
Ich kenne scharfe Fotos und habe schon welche gemacht: mit einer Studiokamera auf Platten 18x24, und davon einen Kontaktabzug. Das ist Schärfe, und sonst gar nichts, denn alles andere ist nur zweckmäßiger Kompromiß. So verzichtet man auf Schärfe etwa zugunsten handlicher Dynamik bei der Kleinbildkamera, die einmal vom Format, zum zweiten vom Gewicht her einfach wirkliche Schärfe nicht bringen kann, sondern nur relative.
Ich kenne z. Z. auf dem Weltmarkt keinen so günstigen Kompromiß wie die ASAHI 6 x 7. Sie ist kein konventioneller Kasten, vor dem Bauch zu tragen, sondern eine groß dimensionierte Kleinbildkamera: Griffigkeit und Dynamik bleiben voll erhalten, das schwere Gewicht und das große Format (genau 55 x 70) sorgen für geringes Verwackeln, und in Verbindung mit den Super-Takumaren daher auch für bestechende Schärfe. Sie halten diese Kamera und arbeiten mit ihr, wie mit jeder KB-Kamera: darin liegt ihre Stärke. Und Stärke, bzw. einen trainierten Bizeps, brauchen Sie natürlich.
Der Verschluß mit den Zeiten von 1-1/1000 sec. wird mittels einer 6 Volt-Batterie elektronisch gesteuert. Er klingt wie ein mittlerer Blechschaden, aber wer kommt schon auf den Gedanken, mit dieser Kamera heimlich fotografieren zu wollen? Dazu steckt man sich besser eine Leica M ein.
Im übrigen entsteht das laute Geräusch erst nach der Aufnahme, die selber ohne jeden Schlag im Gehäuse zu machen ist. Bei Einstellung auf X-Synchronisation läuft der Schlitzverschluß mit 1/30 sec. ab, leider.
Sie können 120er Film oder 220er laden, und haben je nach Film 10 oder 21 Aufnahmen. Das Laden ist einfach, Kassetten gibt es nicht, aber ich halte die kleine Pause nach 21 Aufnahmen für durchaus tragbar. Der Filmtransport geschieht mittels Schnellaufzugshebel, wie bei KB.
Vier Aufhängenippel für den Tragriemen erlauben es, die Kamera quer oder im Hochformat umzuhängen.
Als Standardobjektiv wird ein Super-Takumar 1:2,4/105 mm geliefert, eine großartige Abstimmung auf das Format. Schärfeleistung und Kontrastauslegung ergeben brillante Aufnahmen.
Der Objektivwechsel erfolgt über zwei Bajonette: für die Brennweiten von 35 mm bis 300 mm wird das Innenbajonett benützt, für Brennweiten darüber bis 1000 mm das Außenbajonett: dadurch ist höchstmögliche Stabilität gewährleistet.
Natürlich sind auch diese Takumare und Super-Takumare schwergewichtige Brocken (das Standardobjektiv wiegt über 600 g!), aber man kann sie dank einer ausgeklügelt glücklichen Konstruktion einhändig wechseln. Die Brennweiten 35 mm bis 300 mm haben Blendenautomatik, also Einstellen der Schärfe stets mit Offenblende, die aber mit einem einfachen Fingertipp auf "manuell` umschaltbar ist, und wer will, kann so auch die Schärfentiefe kontrollieren.
Die eingebaute Original-Mattscheibe hat einen Mikroprismenpunkt, darum herum einen echten Mattscheibenring, das Übrige ist zur gleichmäßigen Helligkeitsverteilung als Fresnellinse ausgebildet. Auf Wunsch können auch andere Mattscheiben eingesetzt werden, aber nur in der Werkstatt.
Sie können als Sucher verschiedene Systeme bekommen: wer Spaß daran hat, von oben zu gucken und obendrein noch seitenverkehrt, oder wer nostalgisch das alte Exakta-Gefühl noch einmal nachvollziehen will, kann einen Faltlichtschacht mit Sucherlupe aufklicken. Schöner und sinngemäßer ist das Pentaprisma: durch dieses wird ja gerade aus dieser ASAHI 6 x 7 eine Beinahekleinbildkamera! Für Repros gibt es den starren Lichtschacht mit Einblick von oben, und das Schönste ist der TTL-Aufsatz, zugleich auch das für mich Erstaunlichste: er ist nämlich nicht größer als das normale Pentaprisma, und nur eine Brücke stellt die Kupplung zwischen Verschlußeinstellung und Meßwerk her. Wenn ich daran denke, welche Ungetüme man auf manche KB-Kamera pflanzen muß!
Und dann sehen Sie, auch noch bei spärlichstem Licht, unterhalb (!) des Bildfeldes den Meßwerkzeiger mit Plus- und Minusmarken, und das Ablesen macht überhaupt keine Schwierigkeiten. Es steht in Ihrem Belieben, ob Sie Blende oder Zeit vorwählen wollen, beides funktioniert so schnell wie bei einer KB-Kamera, nur wesentlich deutlicher.
Daß dieses TTL-Pentaprisma eine Wucht ist, hat sich unter den Liebhabern der ASAHI 6x7 offenbar herumgesprochen, denn Sie bekommen augenblicklich leichter ein Interview mit Willy Brandt, als von ASAHI ein solches Meßprisma.
Natürlich gibt es mit diesem Format, (nicht mit der Kamera selber!) auch einige Schwierigkeiten, dank der Sturheit anderer Fabrikanten, die noch nicht gemerkt haben, daß es dieses Format auch bei anderen, recht prominenten Firmen gibt. So sind z. B. 6 x 6 Vergrößerer noch relativ preiswert, für 6x7 aber brauchen Sie schon Profigeräte bis 6x9. Mit den Diaprojektoren ist es nicht anders, den Rähmchen ebenfalls, und ich verstehe nicht, daß man sich anderwärts wegen dieses einen Zentimeters viele Kunden durch die Lappen gehen läßt.
Trotzdem glaube ich, bei engagierten Amateuren einen deutlichen Trend zum größeren Format zu spüren: verständlich, wenn man 6 x 7-Aufnahmen mit solchen auf 24 x 36 mm vergleicht. Die gewisse Unhandlichkeit bei den üblichen Mittelformat-Drehorgeln, ein bekannter Hinderungsgrund für potentielle Format-Aufsteiger, fällt bei der ASAHI 6x7 flach: Die handliche Dynamik beim "Schießen` bleibt voll erhalten, das Gewicht, nun ja, - ich betrachte es als Vorteil. Wobei ich allerdings zugeben muß: Im Faltboot auf Wildwasser und in der Eigernordwand würde ich mit einer anderen Kamera arbeiten. Nebenbei: Selbstverständlich gibt es zur ASAHI 6x7 Zwischenringe für Nahaufnahmen mit Übertragung der Blendenautomatik, es gibt auch ein Balgengerät mit Diakopiervorsatz, es gibt eigentlich alles, was es zu KB-Kameras auch gibt.
Wenn Sie noch mehr über diese Kamera wissen wollen, rufen Sie mich bitte an.
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