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Testlinie in Color Foto-Journal
Barnim A. Schultze: Test-Stenogramm
Fujica ST 801
Barnim A. Schultze (DGPh, ESFIAP), Ingenieur, kommt aus der Fotoindustrie: Voigtländer, Braun AG, Rollei sind Stationen seines Weges, der zudem gekennzeichnet ist durch zahlreiche Veröffentlichungen innerhalb der Fotopresse. Jetzt, wo er sich als freischaffender Journalist selbständig gemacht hat, wird er exklusiv für Color Foto-Journal Testberichte ausarbeiten. Wir sind sicher, daß seine Test-Stenogramme begeisterte Anhänger finden werden! Als Fachtester, der über modernste Meß- und Testgeräte verfügt, wird er unsere Leser mit unabhängig-kritischen Tests objektiv betreuen. Red.
1. Technische Daten:
Gerät: Spiegelreflexkamera. Aufnahmeformat 24x36 mm. Wechselbare Objektive.
Typ: Fujica ST 801. Fuji-Photo-Film Co. Ltd. Tokyo, Japan. Getestete Kamera: Nr. 8093295
Standardobjektiv: EBC-Fujinon 1:1,8/55 mm.
Verschluß: Gummituch-Schlitzverschluß mit waagrecht ablaufenden Vorhängen. Verschlußzeiten: 1-1/2000 sec., B. Selbstauslöser.
Belichtungsmessung: Integralmessung durch das Objektiv. 2 Silizium-Foto-Zellen beidseitig des Okular. Meßverstärker: Integrierte Schaltung mit FET-Transistor (Feldeffekt-Transistor). Kupplung mit Zeit und Blende. Offenblendenmessung. Anzeige im Sucher durch 7 Leuchtdioden (LED).
Blitzsynchronisation: X- und FP-Kontakt an der Frontseite der Kamera. X-Kontakt auch als Mittenkontakt im Geräteschuh. Kürzeste Verschlußzeit für X-Kontakt (Elektronenblitz) 1/60 sec.
Filmeinlegen: Vereinfacht durch Aufwickelspule mit geschlitztem Ring.
Filmtransport: Schnellschalthebel. Schaltwinkel ca. 1930. Kein Leerschaltweg, aber gelenkig angebrachte Hebelspitze.
Besondere Eigenschaften: Belichtungskontrolle durch Leuchtdioden (LED). M42 Objektivgewinde mit Arretierung. Offenblendenmessung mit Blendensimulator. Silizium-Foto-Zellen anstelle von CdS-Widerständen. Objektive mit EBC (Mehrschichtvergütung, EBC=Electro Beam Coating).
Abmessungen: ca. 133 x 91 x 88 mm (mit Standardobjektiv 1,8/ 55 mm)
Gewicht: (Kamera mit Objektiv 1,8/55 mm) 830 Gramm, (Gehäuse ohne Objektiv) 635 Gramm, (Standardobjektiv 1,8/55 allein) 195 Gramm.
Systemzubehör: EBC-Fujinon-Objektive der Brennweiten 28, 35, 50, 55, 100, 135, 200 und 1000 mm. Zwei Zoom-Objektive, 75150 mm und 54-270 mm. Zwischenringe, Balgengerät, Winkelsucherlupe, Mikroskopadapter, Kamerataschen etc.
2. Beurteilung der technischen Eigenschaften
Belichtungsmessung: Das Belichtungsmeßsystem der Fujica ST 801 ist besonders interessant: 1. verwendet Fuji anstelle der bisher üblichen Fotowiderstände (CdS) Silizium-Foto-Zellen. 2. verzichtet man vollständig auf ein elektromechanisches Anzeigegerät (Zeigermeßgerät) und ersetzt es durch 7 Leuchtdioden. Diese Leuchtdioden werden über einen integrierten Meßverstärker mit Feldeffekt-Transistor in Brückenschaltung gespeist. Das Gleichgewicht der Brücke wird durch die Silizium-Foto-Zellen, die eingestellte Verschlußgeschwindigkeit und die eingestellte Filmempfindlichkeit beeinflußt. Praktisch funktioniert das so: Die 7 Leuchtdioden sind an der rechten Seite des Suchers in senkrechter Reihenfolge eingebaut. Ist die Belichtung richtig, befindet sich die Brückenschaltung also im elektrischen Gleichgewicht, leuchtet die mittlere Diode. Verschiebt sich das Brückengleichgewicht z. B. nach + (zuviel Licht), leuchten je nach Lichtmenge die oberen drei Dioden auf (erste Diode + 1 Blendenwert, zweite Diode + 2 Blendenwerte, dritte Diode + 3 Blendenwerte). Bei Zwischenwerten (z. B. + 1/2 Blendenwert) leuchten zwei Dioden gleichzeitig. Das gilt genauso für den negativen Bereich - zu wenig Licht. Auch hier werden bis zu 3 Blendenwerte angezeigt. Somit lassen sich mit diesen 7 Dioden Lichtmengenunterschiede von 6 Blendenstufen kontinuierlich anzeigen. Schaltet man diese Meßeinrichtung - durch leichten Druck auf den Auslöser - ein, leuchtet sofort eine der sieben Dioden auf. Mit dem Blendenring (oder der Verschlußzeiteinstellung) sorgt man nun dafür, daß die mittlere Diode aufleuchtet. Jetzt ist die richtige Belichtung eingestellt. Aus drei Gründen wirklich eine feine Sache: 1. Silizium-Fotozellen sind etwa 10x schneller in der Anzeige und sind außerdem über einen breiteren Spektralbereich des Lichtes gleichmäßig empfindlicher als CdS-Foto-Widerstände. 2. Die anzeigenden Leuchtdioden sind praktisch stoßunempfindlich (was man vom besten Meßgerät nicht behaupten kann). 3. Die Leuchtdioden sieht man immer, ganz gleich ob das Motiv hell oder dunkel ist. Sie sind mit Abstand die feinste Lichtmesser-Anzeigemethode, die ich kenne! Freilich wird die Sache recht elektronisch: Siliziumzellen, Meßverstärker und Leuchtdioden brauchen elektrische Energie. Man kommt nicht mehr mit der üblichen "Knopfzelle" 1,35 Volt aus. Die Fujica ST 801 braucht eine 6 Volt Silber-Batterie (z. B. Mallory PX2B). Da sich aber der Stromverbrauch in Grenzen hält und unabhängig von der Beleuchtungsstärke ist (ca. 10 mA), dürfte diese Batterie ebenfalls ca. 1 Jahr (bei normaler Benutzung der Kamera) ihren Dienst tun. Meßempfindlichkeit: Recht beachtlich (bei Film 21 DIN und Blende 1,4 wird noch 1 sec. gemessen). Integralmessung: Gemessen wird das ganze Bildfeld mit etwa gleicher Intensität (die beiden Meßzellen liegen links und rechts vom Okular). Das ist nicht der Weisheit letzter Schluß, da bei Gegenlicht, großen Himmelsflächen etc. zu viel korrigiert werden muß. Mittenbetontes Meßfeld wäre besser.
Verschluß: Die Fujica ST 801 hat einen Schlitzverschluß mit mechanischer Zeitensteuerung. Er macht einen robusten Eindruck. Die Verschlußzeiten stimmen gut. Besonders interessant ist: Die schnellen Zeiten (1/1000 und 1/ 2000 sec.) stimmen wirklich. Daher ist auch gegen die mechanische Zeitenbildung nichts einzuwenden. Von der aufwendigen Meßelektronik her hätte sich natürlich eine elektronische Zeitenbildung direkt angeboten.
Sucher: Pentaprisma (nicht wechselbar), Fresnellinse mit Mattscheibe, Mikroprismenring und zentralem Schnittbild-Entfernungsmesser (nicht wechselbar). Vergrößerung: 0,96 x (bei 55 mm Brennweite). Im Sucher sichtbar: Die Leuchtdioden für die Belichtungsmessung (rechts), kreisförmig in das Sucherbild ragende Scheibe mit eingestanzten Zahlen zur Anzeige der Belichtungszeit (links). Beim Prüfling gestattete die ungenaue, optische Anpassung des Sucherokulars auch bei genauer Korrektur der Augenfehler - nicht, das Korn der Mattscheibe absolut scharf zu sehen. Auch liegt die Belichtungs- und Zeitenanzeige ebenfalls im Unschärfenbereich. Selbst normalsichtige Augen - mit Ausnahme sehr junger Augen, die gut akkomodieren können - benötigen eine Okularlinse mit ca. 0,25 Dioptrien zur Korrektur dieses Fehlers. Natürlich ist das ein "Handikap" bei der exakten Scharfstellung. Wegen der bequemen Austauschbarkeit der Okularlinse will ich diesen Punkt nicht überbewerten, denn der Sucher ist an sich ausgezeichnet und besonders hell. Anzeige der Belichtungszeiten: Zahlen viel zu klein, Scheibe ragt störend in das Sucherbild.
3. Beurteilung der Handhabung
In Design und Finish macht die Kamera einen hervorragenden Eindruck. Sie ist - für eine Spiegelreflexkamera - klein und handlich. Sie läßt sich gut und sicher greifen und die Bedienungselemente mit Ausnahme des Zeiteneinstellrädchens, zu dessen Betätigung man 2 Finger braucht, liegen "griffgerecht". An die Art, die Belichtungsmessung durch leichtes Niederdrücken des Auslösers einzuschalten, muß man sich gewöhnen. Oft drückt man zu heftig und belichtet (natürlich mit falscher Belichtung) ein Bild. Andererseits führt diese Methode - in Verbindung mit dem verriegelbaren Auslöser zum geringstmöglichen Stromverbrauch, da wirklich nur für den Augenblick der Messung eingeschaltet wird. Objektivanschluß mittels Schraubgewinde M42 ist ein Vorteil, wenn man die vielen Objektiv-Wahlmöglichkeiten (Fremdobjektive mit M42 Gewinde) denkt, ein Nachteil, wenn es um den schnellen Objektivwechsel geht. Die Arretierung (Voraussetzung für Offenblendenmessung) ist gut gelöst. Sie funktioniert allerdings nur mit Fuji-Objektiven, die einen Mitnehmerring zur Betätigung des Blendensimulators haben. Daher ist es sehr zu begrüßen, daß Arbeitsblendenmessung in gleicher Weise, nämlich durch einfaches Niederdrücken des Schärfentiefen-Kontrollknopfes möglich ist. Das wird alle interessieren, die diese Kamera zu einem vorhandenen M42 Objektivsatz verwenden wollen. Die Fuji-Objektive getestet wurden drei Objektive, EBC-Fujinon 1,8/55 mm, EBC-Fujinon 2,8/35 mm und EBC-Fujinon 4,5/200 mm - machen mechanisch einen soliden Eindruck. Hervorzuheben ist die hervorragende Gummi-Armierung des Entfernungs-Einstellringes (beim 200 mm Objektiv auch Gummi-Armierung am Blendenring). Klein sind sie allerdings nicht. Selbstauslöser: ca. 9 sec. Vorlauf. Filmeinlegen: Vereinfacht durch geschlitzten Ring an der Aufwickelspule. Filmrückspulung: Griffige Kurbel auf der linken Oberseite der Kamera (öffnet, durch Herausziehen, die Kamerarückwand), Freigabeknopf auf dem Bodendeckel. Auslöser (zugleich Schalter für den Belichtungsmesser): Leichtgängig und weich. Es fehlt ein deutlicher Druckpunkt zwischen der Einschaltung des Belichtungsmessers und der Auslösung. Auslösegeräusch: Für eine Spiegelreflexkamera leise. Auslöseerschütterung: Relativ gering. Filmmerkscheibe: Fehlt (Kamera sollte einen Halterahmen für den Abriß der Filmpackung haben).
4. Beurteilung der meßtechnischen Prüfung
(Alle Messungen in Anlehnung an die entspr. DIN-Norm, unter besonderer Berücksichtigung praxisgerechter Bedingungen.)
Verschluß: Zeitengenauigkeit beim Prüfling sehr gut. 1/1000 sec. und 1/2000 sec. liegen ausgezeichnet. 1/500 sec. etwas zu langsam (untere Toleranzgrenze). Alle anderen Zeiten liegen gut.
Belichtungsmesser: Stromaufnahme Meßsystem ca. 10 mA. Meßergebnisse: Keine wesentlichen Abweichungen und Veränderungen nach den einzelnen Prüfungen.
Reflexfreiheit Kameragehäuse: Durch speziellen Belag sehr gut.
Objektive: EBC-Fujinon 1: 1,8/55 mm. 4 Komponenten, 6 Elemente. Bildwinkel 430. Naheinstellung 45 cm. Rastblende (ganze Blendenstufen) 1,8-16. Baulänge (von Objektivauflage) 42,5 mm. Maximaler Durchmesser 59,5 mm. Filtergewinde E 49x0,75. Objektivanschluß Gewinde M42 mit Arretierung. EBC-Vergütung (Elektro Beam Coating). Gewicht ca. 195 Gramm. Nr. des Prüfling 854850. EBC-Fujinon 1:2,8/35 mm. 6 Komponenten, 7 Elemente. Bildwinkel 63xGRADx. Naheinstellung 40 cm. Rastblende (ganze Blendenstufen) 2,8-16. Baulänge (von Objektivauflage) 44 mm. Maximaler Durchmesser 58,5 mm. Filtergewinde E 49 x 0,75. Objektivanschlußgewinde M42 mit Arretierung. EBC-Vergütung. Gewicht ca. 190 Gramm. Nr. des Prüfling 705378.
EBC-Fujinon 1:4,5/200 mm. 5 Komponenten, 5 Elemente. Bildwinkel 12,5xGRADx. Naheinstellung 2,5 m. Rastblende (ganze Blendenstufen) 4,5-22. Baulänge (von Objektivauflage) 133 mm. Maximaler Durchmesser 63,5 mm. Filtergewinde E 49 x 0,75. Objektivanschluß-Gewinde M42 mit Arretierung. EBC-Vergütung. Gewicht ca. 475 Gramm. Nr. des Prüfling 452229.
Alle Objektive sind mit dem Blendensimulator gekuppelt und daher für Offenblendenmessung eingerichtet.
Prüfergebnis: Gute Objektive mit guter Abbildungsleistung auch bei voller Öffnung. Aufnahmekontrast: Gut. Fujinon 1,8/55 mm ist in extremen Fällen nicht ganz reflexfrei. Ermittelte Werte entsprechen dem heutigen Stand für gute Objektive.
5. Gesamtbeurteilung
Gute, handliche Spiegelreflexkamera mit interessantem Belichtungsmeßsystem. Integralmessung nicht immer ganz problemfrei, erfordert Belichtungskorrekturen. Objektivanschluß-Gewinde M42 macht die Kamera interessant für Amateure, die bereits über ein M42 Objektivprogramm verfügen. Objektivwechsel jedoch umständlich. Okularkorrektur (optisch) unbedingt erforderlich. Okularanpassungslinsen bei Fuji erhältlich (ich würde es vorziehen, die Okularlinse durch einen Augenoptiker anpassen zu lassen). Die Belichtungsanzeige durch Leuchtdioden ist beachtlich. Man ist geneigt, alle Kameras mit Meßzeiger zu vergessen! Die Fujica ST 801 ist eine reine Amateurkamera, sie kann auch höhere Ansprüche befriedigen. Als Profikamera würde ich sie nicht bezeichnen. Sie ist eine interessante Mischung aus konventionellem Kamerabau und modernster Elektronik. Zwischen der Belichtungsmessung (elektronisch) und der Verschlußsteuerung (mechanisch) liegt der Trennstrich. Man könnte sich denken, daß er auch noch einmal übersprungen wird (elektronische Verschlußsteuerung usw.) Der Vorteil der Fuji-Bauweise ist: Die Kamera geht auch dann noch, wenn die Batterie erschöpft ist (allerdings ohne Belichtungsmesser). Manche mögen das. Elektro Beam Coating: Man sollte vielleicht doch die Kirche im Dorf lassen. Wir leben im Zeitalter des Multi-Coating. Der Fortschritt im Objektivbau ist beachtlich und nützlich. Vergessen wir aber bitte nicht, daß er nicht nur von der Vergütung abhängt. Die Fujinone haben sicherlich durch EBC echte Verbesserungen erfahren. Das soll hier gar nicht in Abrede gestellt werden. Nur, Objektive dieser Art entsprechen einfach dem heutigen Leistungsstandard.
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