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Testlinie in Color Foto-Journal

Test-Stenogramm

Minolta XM

1. Beurteilung der technischen Eigenschaften

Die Kamera ist reich an interessanten technischen Eigenschaften. Sie dienen alle: 1. Der Aufnahmebequemlichkeit, 2. dem ungehinderten Systemausbau. Die Minolta XM wurde getestet mit dem sog. Auto-Elektrik-Sucher, einem Pentaprisma, das die gesamte Elektronik für die automatische Zeitenbildung enthält. Es gibt also in dieser Kamera sozusagen zwei Elektroniksysteme, eines im Sucher, das andere in der Kamera. Jedes System ist auf die Mitwirkung des anderen angewiesen. Zwar funktioniert die elektronische Verschlußzeitensteuerung auch ohne Sucher, jedoch ist die eingestellte Zeit nur am Zeiteneinstellrädchen abzulesen, das sich wiederum am Sucher befindet. Automatik und Belichtungsmessung sind im Sucher integriert. Der Meßstromkreis wird gesondert eingeschaltet, entweder durch einen kleinen Schalter am Sucher, oder durch die Gehäusetaste (Minolta nennt sie "Auto Senswitch"). Stellt man auf "Automatik` und vergißt das Einschalten des Meßstromes, weiß der Verschluß nicht, was er machen soll. Er bleibt dann, weil vollkommen imitiert, ca. 18 Sekunden offen. Man kann ihn wieder zur Vernunft rufen, indem man schnell auf X schaltet. Dann fällt er zu. Wie sich das in der Praxis aus wirken kann, sehen wir noch. Jedenfalls sollte man eine Schaltungsänderung durchführen, um auch den Verschluß bei abgeschalteter Meßspannung funktionslos zu machen. Der Wechsel der Einstellscheiben und der Suchersysteme geht reibungslos. Das ist alles so gut ausgeführt, daß ich keine Bedenken bezüglich der Genauigkeit habe. So wie die Minolta SRT 101, mißt auch die XM nach dem CLC-System. Die beiden Meßzellen (CdS) sind in Serie geschaltet und bewirken einen gewissen Kontrastausgleich. Das funktioniert gut. Nur ist man von der Teilintegralmessung der SRT 101 (die mir so gut gefallen hat) zur Integralmessung übergegangen. Nun muß man wieder kompensieren. Für den automatischen Betrieb hat man daher eine Kornpensationstaste angebracht. Mit ihr kann man bis zu +2 oder -2 Zeitwerte über- oder unterbelichten. Außerdem ist es noch möglich eine generelle Korrektur am Einstellrädchen für die Filmempfindlichkeit vorzunehmen. Mit ihr läßt sich die Belichtung der individuellen Verarbeitungsmethode anpassen. Das gefällt mir gut. Alles zusammen: viele Kompensationsmöglichkeiten, die nur der Fachmann (nach Erfahrung) richtig nutzen kann. Der Laie kann sie sowieso vergessen, denn die XM belichtet in 90 Prozent aller Fälle ziemlich richtig. Der Titan-Folien-Schlitzverschluß läuft recht schnell ab (9 ms). Daraus ergeben sich gesunde Schlitzbreiten, auch bei den kurzen Zeiten. Außerdem ist die Synchronisationszeit für den X-Kontakt wohltuend kurz (1/100 sek.). Titanfolie ist gegen Berührungen empfindlich, sonst aber ein hervorragendes Material für einen Schlitzverschluß. Daher ist die Zeitenkonstanz auch sehr gut. Bajonett und Spiegelkonstruktion, sowie Auflagemaß entsprechen der SRT 101, sind also in ihrer Technik bewährt.
Mechanik und Elektronik dieser Kamera sind ausgezeichnet gemacht. Die Kamera ist in ihrem Aufbau grundsolide und robust. Das beweist auch ein unfreiwilliger Sturz des Testers, bei dem die Kamera hart fiel. Es tat richtig weh! Passiert ist gar nichts. Alle Messungen nach dem Sturz zeigten die gleichen Werte wie vorher.

2. Beurteilung der Handhabung

Die Minolta XM ist weder klein noch leicht. Trotzdem ist sie sehr handlich. Überdies ist sie schnell. Dazu trägt nicht nur die Automatik bei, die man nach anfänglicher Skepsis später in fast allen Aufnahmefällen eingeschaltet läßt. Der kurze Weg des Schnellschalthebels, seine richtige Position, die griffige und sichere Entfernungs- und Blendeneinstellung und das klar überschaubare, helle Sucherbild sind weitere Pluspunkte. Hier gleich ein Tip: wenn man schnell schießen muß, sollte man den Stromschalter am Sucher (für den Meßstrom) einschalten und sich nicht auf die Gehäusetaste verlassen. Die Gehäusetaste sorgt zwar für sparsamsten Batterieverbrauch, ist aber für meine Begriffe "kriminell". Hat man sie einmal nicht richtig "ertastet", bleibt der Verschluß prompt offen. Minolta-Leute werden sagen: "man hat aber, wenn man die Taste nicht erwischt hat, auch gar keine Meßanzeige". Dazu ist nur zu sagen, daß man im Eifer des Gefechtes sicher kaum noch auf die Meßanzeige achten wird. Die Praxis hat das jedenfalls mehr als einmal bewiesen. Minolta Konstrukteure sollten diesen Punkt noch einmal gründlich überdenken (bei nicht gedrückter Taste entweder keine Verschlußfunktion oder rote Lampe bei Antasten des Auslösers).
Zeitenautomatik bei Blendenpriorität ist umstritten. Technisch ist diese Art der Automatik wesentlich einfacher zu lösen. In der Aufnahmepraxis gibt es Fälle, in denen eine Blendenautomatik besser ist. Ich persönlich fand die Blendenautomatik bisher besser. Jetzt zweifle ich. Jedenfalls hat mir die Zeitautomatik keine nennenswerte Probleme aufgegeben. In den Fällen, in denen man mit konstanter Zeit fotografieren muß, kommt man ohne Automatik besser zurecht. Die XM ist auch hier problemlos, denn sie ist in Bruchteilen von Sekunden auf normale Belichtungsmessung geschaltet und ihr Anzeigesystem gestattet nunmehr auch einwandfreie Messung bei Objektiven, die keinen Blendensimulator haben, also auch bei Arbeitsblendenmessung. Meckern muß ich auch noch über die Rückspulkurbel. Das ist keine Kurbel, sondern eine Zumutung. Ich gebe zu, sie sitzt, bedingt durch den Sucher etwas unglücklich. Dafür ist das Filmeinlegen recht einfach. Auslösegeräusch: sehr leise für eine Spiegelreflexkamera. Erschütterungen: minimal.

3. Beurteilung der meßtechnischen Prüfung.

(Alle Messungen in Anlehnung an die entsprechende DIN-Norm, unter besonderer Berücksichtigung praxisgerechter Bedingungen.)

Verschluß: Hohe Zeitengenauigkeit, auch bei den kurzen Zeiten. Auf optisch-elektronischem Wege wird die Schlitzbreite gemessen,

Belichtungsmesser: Die Meßanzeige stimmt in allen Bereichen mit den praktischen Werten überein. Abweichungen waren nicht feststellbar. Der Meßumfang von 1 sek. bei f 1,4-1/2000 sek. bei f 8 (Film 21 DIN) ist beträchtlich. Die Linearität ist gut.

Reflexfreiheit Kameragehäuse: sehr gut.

Objektiv: Minolta MC Rokkor-PG 1:1,4/50 mm, Nr. 3032834. Mechanisch gut, Entfernungseinstellung von 0,5m bis unendlich leichtgängig, Blendenring von 1,4-16 (Rastblende, halbe Blendenstufen) mit IR-Index. Optische Qualität: Das Objektiv gehört zu der Gruppe der sehr guten Standardobjektive. Die Abbildungsleistung ist bereits bei voller Öffnung gut. Beste Abbildungsleistung bereits bei Blende 4 (Testtafelaufnahmen). Kontrastübertragung: gut. Reflexfreiheit: sehr gut (die Testaufnahme zeigt nur einen geringfügigen Reflex. Keine Oberstrahlungen. Die Testbedingungen sind so scharf, daß sie in der Praxis nur ganz selten auftreten können.)

4. Gesamtbeurteilung.

Die Minolta XM ist eine Spitzenkamera. Mit ihr begibt sich die Firma Minolta in die oberste Klasse der Spiegelreflexkameras. Man hat bei ihr eine Reihe interessanter Ideen verwirklicht. Insbesondere die Auswechselbarkeit der Suchersysteme und Einstellscheiben, aber auch die elektronische Verschlußsteuerung und Belichtungskontrolle machen diese Kamera enorm vielseitig. Sie ist eine Profikamera. Sie ist aber auch ein hervorragender "Baustein` für Besitzer eines Minolta SRT-Systems. Bei aller Modernität besitzt sie angenehm konventionelle Züge. Sie ist eine konsequente Weiterentwicklung der bisherigen Minolta-Kamerareihe, wobei ihre Väter versucht haben, bewährte Bauelemente so weit als möglich mit ebenfalls bewährten, aber unkonventionelleren Bauelementen anzureichern. Daraus entstand eine Kamera, die sich sehen lassen kann. Daß sie ohne ihre beiden Silberoxid-Batterien (wie Mallory MS 76) nicht mehr funktionsfähig ist, ist das Los aller modernen Kamerakonstruktionen. Man sollte hier aber keinesfalls einen Nachteil sehen! Die moderne Elektronik bietet so viele Vorteile, daß ihr Einzug in den Kamerabau eine Notwendigkeit darstellt. Die XM ist teuer. Das ist vielleicht der einzige Grund der zu einer gewissen Skepsis zwingt, denn teure Kameras sind nur für einen kleinen Abnehmerkreis interessant. Sie ist deshalb teuer, weil sie eine Mischung aus hochwertiger aber konventioneller Mechanik und Elektronik darstellt. Ober ihr Design kann man geteilter Meinung sein. Jedenfalls ist sie außerordentlich funktionell gestaltet.

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