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Artikel
2006
KAMERAS TEST
Kodak DCS Pro SLR/n
Der neue Pixelriese
Mit ihrem 14-Mio.-Pixel-CMOS erreicht die Kodak DCS Pro SLR/n Bestwerte bei der Auflösung. Zudem hat der Hersteller im Vergleich zum Vorgängermodell an der Schraube „Signalverarbeitung" gedreht. Führt dies zu einem insgesamt noch stimmigeren Bildergebnis?
Äußerlich ist die neue Kodak-Kamera von ihrer Vorgängerin kaum zu unterscheiden. Ein prüfender Blick auf die Typenbezeichnung macht aber deutlich, dass hier tatsächlich das neue Modell auf dem Prüfstand steht: Unter dem DCS-Schriftzug heißt es jetzt „Pro SLR/n" statt „Pro 14n" we früher. Der Kleinbuchstabe „n" steht wiederum für das Nikon-Bajonett, zu dem die DCS kompatibel ist. Ein Alternativmodell mit Canon-Bajonett soll ebenfalls kommen, war für diesen Beitrag aber noch nicht verfügbar. Bei der Nikon-Variante hat Kodak das Grundgerüst einer F80 mit einer Magnesiumkonstruktion ummantelt. Das Oberteil des Gehäuses mit dem integrierten Blitzgerät besteht aus Kunststoff und stammt von der -F80. Das Ganze ist, salopp gesprochen, ein ziemlich dickes Ding. Unterstrichen wird die Massigkeit der Kamera dadurch, dass der Boden nach vorne zu einem Wulst ausgebildet ist. Dieser soll unter anderem das Halten der Kamera bei Hochformat-Aufnahmen erleichtern; dafür gibt es einen eigenen Auslöser, aber kein separates Einstellrad. Die DCS Pro SLR/n ist wahrlich kein Fall für zarte Hände, passt aber gut zu lichtstarken und großen Zoomobjektiven wie sie von Profis gerne verwendet werden. Mit 907 Gramm ist der Body kein Leichtgewicht, aber leichter, als er aussieht.
Ausstattung
Die Kameratechnik der F80 entspricht ungefähr dem, was man aus dem digitalen Lager von der Nikon D100 kennt. Dazu gehört etwa das AF-System mit fünf Messpunkten und zentralem Kreuzsensor. Beide Modelle haben aber schon ein paar Jahre auf dem Buckel: Neuere Nikon-Errungenschaften wie die 1/8000 s als kürzeste Belichtungszeit, 1/500 s Blitzsynchronisation und variable Mittenbetonung bei der Belichtungsmessung bleiben dem kompakten SLR-Modell D70 vorbehalten. Ähnliches gilt für die Einschaltverzögerung, die bei der Kodak 2,8 s, bei der D70 aber nur 0,6 s beträgt. Bei der Auslöseverzögerung (0,43 s) ist die DCS mit der D70 jedoch vergleichbar (0,45 s). Mit der gebotenen Kameratechnik lässt es sich jedenfalls gut leben. Im Preis-Leistungs-Verhältnis bleibt die Kodak konkurrenzlos, denn die Canon EOS 1Ds mit Vollformat-Chip und 11 Megapixel kostet im Handel mindestens 1500 Euro mehr.
Die Kamera bietet Zeit-, Blenden-, und Programmautomatik (mit Shift-Funktion); zudem hat der Anwender die Wahl zwischen Matrix-, Spot- und mittenbetonter Messung. Ihrer Herkunft von der F80 hat die DCS das eingebaute Blitzgerät zu verdanken, das man bei ausgewiesenen Profigehäusen oft vermisst, weil es zum Aufhellen von Porträts sehr praktisch ist. Basis- und Blitzbelichtung kann man direkt an der Kamera korrigieren; über die Blitzkorrekturtaste lässt sich auch ein externes Systemblitzgerät mit D-TTL-Technik manuell steuern. Belichtungsreihen sind ebenso möglich wie das Speichern eines Belichtungswerts vor der Aufnahme.
Zu den Besonderheiten der DCS gehört eine zuschaltbare automatische Belichtungsanpassung bei der Berechnung von JPEGs. Dabei werden Bilder analysiert und in ihrer Helligkeit optimiert. Diese Funktion mag in bestimmten Situationen hilfreich sein, birgt aber auch Gefahren, wenn sie versehentlich eingestellt ist: Das Ergebnis einer vom Fotografen angestrebten Belichtungsreihe wären in diesem Fall lauter annähernd gleich helle Bilder. Ohne Einschränkung willkommen ist aber die ebenfalls vorhandene Möglichkeit einer Feinjustage der Belichtung über +/- 0,5 Blenden in 0,1-Schritten. Damit ließ sich auch die Tendenz des Testmodells zu etwas reichlicher Belichtung problemlos ausgleichen.
Die Energieversorgung übernimmt ein flacher Lithium-Ionen-Akkublock im Untergeschoss des Gehäuses; der Stromverbrauch ist relativ hoch. Dankenswerter Weise liefert Kodak als Zubehör ein kombiniertes Netz-/Akkuladegerät mit, so dass im Studio auch Dauerbetrieb am Stromnetz möglich ist. Für diesen Fall kommt ein Netzadapter an Stelle des Akkus in die Kamera. Noch besser wäre freilich, wenn das Gerät den Akku laden könnte, während es die Kamera simultan mit Strom versorgt. Das Display an der Kameraoberseite weist nur die wichtigsten Aufnahmedaten aus. Ergänzt wird die Anzeige durch ein schmales LC-Display unterhalb des Monitors. Dieses zeigt wahlweise Kommentare zu Menüpunkten und aktuellen Kameraaktionen an oder dient als Status-Anzeige für bestimmte Kamera-Einstellungen. In jedem Fall wird der Anwender umfassend informiert.
Nach Offnen einer Klappe an der Rückseite hat man Zugriff auf die beiden Karten-Slots: Der eine nimmt eine CF-Karte (Typ I/II) oder ein Microdrive auf, der zweite fasst Karten des Typs SD/ MMC. Die in den Slots befindlichen Speicherkarten können alternativ oder simultan beschrieben werden. Sinn macht die Zweitkarte aber auch für den Fall, dass Anwenderdaten (Setups) dauerhaft abgespeichert werden sollen. Der Kamerainterne Speicher bietet Raum für zehn solcher Setups, weitere lassen sich in beliebiger Zahl auf Karten abspeichern. Das ist auch dann praktisch, wenn mehrere Anwender Zugriff auf die Kamera haben. Zum Übertragen von Bilddaten auf den PC steht eine Fire-Wire-Schnittstelle bereit.
Bildaufzeichnung
Der 36 x 24 mm große CMOS erzeugt Bilddateien mit maximal 13,5 Mio. Bildpunkten. Bei voller Auflösung ist ein Bild rund 40 MB groß, als RAW-File knapp 14 MB. Wer will, kann JPEGs und RAWs simultan abspeichern, wobei JPEGs nur in einer Kompressionsstufe verfügbar sind. Die Auflösung lässt sich für beide Formate zwischen 13,6, 6, 3,4 und 0,8 Megapixel variieren. Die Kamera arbeitet ausschließlich im Farbraum Pro-Photo RGB, der in etwa mit Adobe RGB vergleichbar ist. Zusätzlich bietet die DCS die Wahl zwischen vier Presets (Looks), die sich in Farbsättigung und Kontrastwiedergabe voneinander unterscheiden. Im RAW-onverter (DCS Photo Desk) lassen sich diese Presets nachträglich ebenso ändern wie alle anderen Bildbestimmenden Parameter. Als hilfreich erwies sich bei den Testaufnahmen die Automatik-Funktion „Auto Scene Balance & Exposure Adjustment": Damit ließen sich die vom Weißabgleich häufig produzierten Farbstiche eliminieren und die Farbgenauigkeit entscheidend verbessern. Allerdings muss dies nicht für jedes Motiv gelten. In höchster Auflösung benötigt die Kamera unter 10 s, um Bilder als RAWs oder JPEGs abzuspeichern, wenn eine schnelle Speicherkarte im Spiel ist (hier eine Lexar 24x). Mit einer Standardkarte von San-Disk liegen die Speicherzeiten unter 15 s. Angenehm schnell werden Bilder am Monitor dargestellt, wahlweise als Vollbild oder als Miniaturen (4). Die Bildlupe vergrößert maximal bis zur Originalgröße der Pixel (1:1), lässt sich aber leider nur auf RAWs anwenden -was sich mit einem der nächsten Firmware-Updates noch ändern soll. Praktisch ist wiederum, dass die Lupe auch RGB-Werte für die ausgewählte Motivregion anzeigt. Die Auflösung erreicht mit 1500 LP/BH einen neuen Bestwert unter den digitalen SLR-Kameras. Auch beim Rauschen platziert sich die DCS Pro SLR/n noch knapp vor den bislang Besten im Konkurrenzumfeld. Selbst bei ISO 800 werden noch gute Werte erreicht. Die Empfindlichkeit lässt sich bei JPEG-Aufnahmen zwischen 160 und 800 variieren, für RAWs bis 1000 und 1600 ISO ausweiten.
Zugriff auf ISO-Werte unter 100 hat man nur im Langzeitmodus. Dafür gibt es ein eigenes Einstellmenü, in dem man feste Kombinationen aus ISO-Werten (50, 25, 12 und 6) und Belichtungszeiten wählen kann (2, 4, 8, 15, 30 und 60 s). Dabei arbeitet man im manuellen Modus oder bei Blendenautomatik. Der Nachteil ist, dass man sich Belichtungszeiten von 30 oder 60 s mit einem Absacken der Empfindlichkeit auf 6 oder 12 ISO erkauft. Ab einem bestimmten Punkt erzielt man also durch Verlängern der Verschlusszeit keinen Belichtungsgewinn mehr.
Die gute Nachricht ist, dass das Rauschen bei Langzeitbelichtung mit ISO 6 extrem gering ist (Tabelle unten). Testwerte anderer Kameras bei langen Belichtungszeiten liegen nicht vor, so dass nicht abschließend geklärt werden kann, ob der von Kodak gewählte Weg tatsächlich der Sinnvollere ist.
Fazit
Karl Stecht
Die Kodak DCS SLR Pro/n hinterlässt auf Grund ihrer ausgezeichneten Bildqualität einen sehr positiven Eindruck. Der Fortschritt zum Vorgängermodell ist erkennbar, sollte aber nicht überbewertet werden. Die Bedienung ist dank der klaren Menüs und des Zusatz-Displays an der Rückseite praxisorientiert - obwohl der Langzeitmodus umständlich wirkt. Ohne Einschränkungen überzeugend: das Preis-Leistungs-Verhältnis der 14Millionen-Pixel-Kamera von Kodak.
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