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Spiegelreflex-Praktikum
Ausgewogen und funktionell
Die neue Canon EF
Ende Oktober bekam ich in Tokio eine neue Kamera in die Hand, die mich auf Anhieb fesselte die Canon EF. Und obwohl ich noch mit keinen Erfahrungswerten aufwerten kann, möchte ich Ihnen heute schon über diese Kamera berichten. Der Grund dafür liegt auf der Hand:
Die Belichtungsautomatik, einst lediglich suspektes Hilfsmittel für Knipser, hat sich zu einer respektablen Werkzeugfunktion gemausert. Immer mehr namhafte Hersteller bieten KB-Spiegelreflexkameras an, bei denen der Belichtungsvorgang bei voller Kontrolle automatisch gesteuert wird. Die meisten dieser Kameras sind eingebettet in mehr oder minder vollständige Systeme von Wechselobjektiven und Zusatzgeräten, so daß zumindest auf den ersten Blick kaum irgendwelche aufnahmetechnischen Wünsche unerfüllt bleiben.
Blenden- und Zeitenpriorität sind die Schlagworte, die vordergründig die Diskussion beherrschen und verwirren. Sie beschreiben wiederum Werkzeugfunktionen, die unterschiedliche Aufgabenbereiche abdecken und zwischen denen man wählen kann. Bei der Zeitenpriorität wird die Verschlußzeit vorgewählt und die passende Blende von der Kamera automatisch eingestellt, bei der Blendenpriorität wird die Blende vorgewählt und die Verschlußzeit automatisch angepaßt. Beides hat für gewisse Fälle der Praxis Vorteile. Der Vorteil der Zeitenpriorität liegt darin, daß an eine bestimmte, jede Verwackelung ausschließende Verschlußzeit vorwählen und bei punktscharfer Einstellung ohne Rücksicht auf die sich ergebende Schärfentiefe reportagemäßig schießen kann. Und das ist ideal für alle schnell bewegten Motive, über die man keine Kontrolle hat oder ausüben will.
Die neue Canon EF ist eine solche Kamera mit Verschlußzeitenpriorität. Sie ist eingebettet in ein vorzügliches System von Wechselobjektiven und Zusatzgeräten. Und sie wird in Kürze ungefähr ab Ende Februar - auf dem deutschen Markt zu haben ein. Darum dieser Bericht. Sie sollen, falls Sie die Anschaffung einer Automatischen erwägen, einen möglichst umfassenden Überblick über das Angebot von heute und morgen haben. Der Test folgt, sobald die Kamera zur Verfügung steht.
Die Canon EF ist eine einäugige Kleinbild-Spiegelreflex mit fest eingebautem Pentaprismensucher, der 93 Prozent des tatsächlichen Bildformates zeigt. Die Mattscheibe mit Mikroprismenfeld zeigt Blenden- und Zeitenskala, Begrenzungsmarken für Ober- und Unterbelichtung sowie eine Marke für Lichtmessung bei Arbeitsblende. Der Verschluß läuft vertikal ab, was X-Synchronisation bei 1/125 s gestattet. Die kurzen Verschlußzeiten werden mechanisch gesteuert, die langen elektronisch bemessen, und darin liegt für die Praxis ein wichtiger Vorteil: Auch ohne Batteriestrom bleibt die Kamera betriebsbereit. Sie können B und alle Zeiten zwischen 1/2 und 1/1000 s manuell einstellen, können fotografieren, auch wenn die Batterien plötzlich leer sind. Mit Strom stehen Ihnen Verschlußzeiten von 30 bis 1/1000 s zur Verfügung - wahlweise automatisch passend zur Blende gebildet oder manuell eingestellt.
Die Belichtung wird - natürlich durch das Objektiv - integral gemessen, bei den Canon FD-Objektiven mit offener Blende, bei den FL-Objektiven mit Arbeitsblende. Filmempfindlichkeiten von 12-36 DIN lassen sich vorgeben, der Arbeitsbereich des Belichtungsmessers reicht bei Einstellung auf 21 DIN von Lichtwert -2 bis +18
Während heute noch bei den meisten Kameras CdS-Zellen die Belichtung messen und nur die modernsten Meßsysteme mit Silizium-Zellen arbeiten, ist man für die Canon EF einen kleinen, aber entscheidenden Schritt weiter gegangen. Man hat ihr eine Silikon-Blauzelle eingebaut. Diese Silikon-Blauzelle ist praktisch ebenfalls eine Silizium-Zelle. Doch während bei gewöhnlichen Silizium-Zellen die ausgeprägte Rotempfindlichkeit meßtechnisch u. U. Schwierigkeiten macht, ist die Silikon-Blauzelle durch ihre gesteigerte Blauempfindlichkeit für fotografische Zwecke optimal. Das Meßwerk wird über einen besonderen Schalter eingeschaltet, der gleichzeitig auch den Transporthebel entriegelt: Sobald das Meßwerk eingeschaltet wird, springt der Hebel um den 150xGRADx-Vorspannwinkel heraus - eine technisch elegante Lösung eines alten Problems: Man kann gar nicht übersehen, das Meßwerk und damit den Stromverbrauch nach der Aufnahme abzuschalten, der vorstehende Hebel zwingt einen praktisch dazu.
Da wir gerade von technisch eleganten Lösungen sprechen: Bei Verschlußzeiten von einer Sekunde und länger leuchtet eine rote Leuchtdiode (LED) auf, solange der Verschluß geöffnet ist. Doppel- und Mehrfachbelichtungen sind auf Knopfdruck möglich, das Filmzählwerk steht dabei still, genaue Überlagerung der Einzelbilder ist gewährleistet. Die einmal ermittelte Blende kann für willkürliche Steuerung durch Knopfdruck arretiert werden. Beim Einlegen eines Filmes sind keine Leerbelichtungen nötig, der Transport erfolgt belichtungsfrei bis zur Bildposition 1. Daß der Spiegel ausgeschwenkt werden kann, daß Selbstauslöser und zusätzlicher Mittenkontakt eingebaut sind, erscheint daneben selbstverständlich.
Wie durch die Erwähnung der FD- und FL-Objektive bereits angedeutet, ist die EF mit der Canon-Bajonettfassung ausgestattet. Dieser Fassung wird eine gewisse Umständlichkeit nachgesagt, aber dafür ist sie eine der besten und sichersten Fassungen, die ich kenne - mechanisches Spiel gibt es nicht. All die praxiserprobten Canon-Objektive, insbesondere die vorzüglichen FD-Objektive der F-1 lassen sich uneingeschränkt verwenden, desgleichen natürlich Balgengeräte, Zwischenringe und Mikroskopadapter. Darin liegt ein besonderer Systemvorteil: Wer mit der Canon F-1 arbeitet und sich zusätzlich eine Automatische wünscht, braucht nur ein EF-Gehäuse anzuschaffen. Und wer mit dem F-1 System liebäugelt, zunächst aber die Anschaffung scheut, der kann mit einer EF-Ausrüstung beginnen. Doppelinvestition ist ausgeschlossen, denn hinter beiden Kameras steht sich sinnvoll ergänzend - dasselbe System.
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