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Testlinie

Alexander Borell über:

Topcon Super DM

"Der Schnellschalthebel ist so angeordnet und liegt so griffgünstig, daß Sie beim Weiterschalten die Kamera nicht vom Auge nehmen müssen."
Diesen obskuren Satz habe ich schon oft in Kameraprospekten gelesen, und mich immer darüber geärgert: ich kenne keine Schalthebelkamera, wo das zutrifft. Niemals kann ich das Auge wirklich am Sucher lassen, denn beim Weiterschalten stimmt mein vorheriger Bildausschnitt keinesfalls mehr mit dem überein, den ich nach dem Weiterschalten im Sucher sehe. Die TOPCON SUPER D M macht da insofern eine Ausnahme, als man bei ihr den Schnellschalthebel nicht braucht: den Weitertransport des Films, den Spiegelrückschlag und den Verschlußaufzug übernimmt das kleine Motörchen, rechts vor der Kamera. Das scheint mir der größte Vorteil dieser Motorkamera zu sein: mein Bild bleibt mir wirklich, auf den Millimeter, im Sucher, und so bekomme ich sehr schnelle Serien mit stets dem gleichen Ausschnitt.
Ich war, wie ich hier bekennen muß, noch nie ein Freund von Kameras, die den Auslöser nicht oben haben, sondern an der Vorderfront: ich habe damit fast alle Aufnahmen "verdreht`, ein Grund, weshalb ich mit der alten Exakta unter 1/125 immer etwas unscharfe Bilder machte. Auch hier macht die TOPCON SUPER D M eine löbliche Ausnahme: der kleine Motor ist zum Handgriff ausgebildet, die Hand selber liegt in einem anpassbaren, gepolsterten Riemen, und daher liegt die Kamera, auch mit der Frontauslösung, so ruhig in der Hand, daß ich bei mir auch mit der 1/15sek. keine Verwacklungs- oder "Verdrehungsunschärfen" feststellen konnte. Wenn Sie nach der Aufnahme den Auslöser loslassen, ertönt ein ziemlich lautes Sirren. Ich kann mir vorstellen, daß auch ein gutmütiger Pfarrer aggressiv wird, wenn Sie ihm damit die Gläubigen von seiner Predigt ablenken. Andererseits habe ich überall Aufsehen mit meiner sirrenden Kamera erregt, und man hielt mich für einen Profi.
Kein Profi aber würde sich diese TOPCON anschaffen, denn ein Profi braucht mehr PS in seiner Maschine: er will 2-3 oder noch mehr Aufnahmen in der Sekunde schießen können.
Das geht aber mit dieser Kamera nicht, dazu arbeitet der Motor zu langsam. Aber drei Aufnahmen in zwei Sekunden habe ich geschafft, die Norm ist eine Aufnahme pro Sekunde. Ein Taschenspieler schafft das vielleicht auch mit einem Schalthebel - aber die Kamera bleibt eben nicht am Auge, und bis er sein Motiv wieder richtig im Sucher hat - also schneller ist die TOPCON ganz bestimmt, ideal für Tiere und Kinder oder Sport. Darüber hinaus ist es schön, eine Motorkamera zu haben, das macht was her, und es ist wirklich angenehm, nicht mehr schalten zu müssen. Die Schalterei ist mir noch nie so störend und lästig vorgekommen, wie nach zwölf Filmen mit dieser TOPCON: man gewöhnt sich eben rasch an den Komfort.
Ich sage sicherlich nicht zuviel, wenn ich erkläre, die TOPCON SUPER D M ist z. Z. die komfortabelste Kamera auf dem Markt. Mit einem Zehnerl können Sie übrigens den ganzen Motor in wenigen Sekunden abschrauben und haben dann eine "normale" Kamera. Aber warum sollte man das tun? Oder doch: wer in ständiger Angst um seine Meßbatterie lebt, kann nach Abschrauben des Motors auch die Batterie für den Belichtungsmesser abschalten. Falls Sie aber, wenn Sie gerade nicht auf Fotoexkursion sind, den Deckel aufs Objektiv setzen, hält auch diese Meßbatterie länger als ein halbes Jahr.
Der Motor selber wird mit vier 1,5 Volt-Batterien angetrieben, die bei mir nach den zwölf Filmen noch nicht erschöpft waren. Wenn Sie aber Ihre Filme schnell hintereinander wegschieben, stecken Sie sich lieber vier Reservebatterien ein, und wenn Sie die vergessen haben, können Sie immer noch den Motor abnehmen und "normal" weiterfotografieren.
Die Nadel des Belichtungsmessers, den Sie unterhalb des Sucherbildes und auf dem Gehäuse sehen, ist gar keine Nadel, sondern eine Art von Radsegment mit einer Speiche: Sie sehen da Rad kommen, von links oder rechts, und wenn die Speiche in einer Kimme senkrecht steht stimmt die Belichtungszeit, die Sie wahlweise über die Blende oder die Verschlußzeit einpegelt können. Gezielte Ober- oder Unterbelichtungen sind auf dies Art sehr gut sichtbar zu dosieren. Die Blende ist über dem Sucherbild eingespiegelt.
Den Prismensucher können Sie mit einem Griff abnehmen - für Repros über Mattscheibe oft wichtig, und die Mattscheiben können Sie je nach Verwendungszweck und Gusto auswechseln.
Sie haben es sicherlich spätestens jetzt bemerkt: Diese TOPCON SUPER D M ist eine überaus universelle Systemkamera. Eine gut liegende und griffige Taste an der linken Objektivseite schließt auf leichten Druck die Blende auf den eingestellten Arbeitswert, und darüber hinaus können Sie sogar noch den Spiegel hochklappen und arretieren. Das Einlegen des Films erfolgt normal umständlich über eine vielgeschlitzte Spule. Zum Öffnen der Rückwand muß der Batterieteil des Motors abgeklappt werden, und dann drückt man auf eine geriffelte Scheibe - und wenn Sie einen Daumen von einigem Format haben, passiert gar nichts. Versuchen Sie es dann ruhig mit dem Zeige-, Mittel- oder dem kleinen Finger: irgendeiner ist klein genug, um diese Scheibe hineinzudrücken, damit die Rückwand aufspringt. Das wurde für Japanerfingerchen konstruiert. Der Auslöser ist mit einem Hebel arretierbar, aber sonst tut dieser Hebel nichts. Das bedeutet, daß Sie den Motorstrom unten am Kameraboden extra aus- und einschalten müssen. Aber dieser kleine Handgriff wird für einen Besitzer dieser Kamera sicherlich rasch zur Gewohnheit. Die Blitzsynchronisation liegt bei der 1/60 sek. für Elektronenblitz, und blitzen können Sie auf zwei Arten: entweder mit Schiene und Kabel über einen kameraeigenen Kontakt, oder Sie schaffen sich als Zubehör einen Sockel an, der über die Rückspulkurbel geschoben wird und dann zu einem "heißen" Kontakt kuppelt. Und noch etwas können Sie über die Rückspulkurbel schieben: ein kleines Gehäuse mit Batterie und Lämpchen. Das leuchtet dann in der Dunkelheit auf das Fenster für die Belichtungsanzeige: so können Sie auch z. B. im Theater sehen, weiche Blende Sie für eine Bühnenaufnahme brauchen. So einfach kann man dieses Problem lösen, und so schwer fällt es offenbar anderen Kameraherstellern, das zu begreifen.
Manchmal überrollt eine Industrie die andere, und während Objektivhersteller sehr stolz auf ihre Erfindung waren, die Blendenstellung mit der Blitzleitzahl zu kuppeln, erfanden die anderen die Computergeräte, wo man das nicht mehr braucht.
Das "RE GN TOPCOR M 1:1,4/50 mm", das mir zur Verfügung stand, hat diese Blitzleitzahlen-Kupplung. Dafür ist mir, etwa nach der 250. Aufnahme, plötzlich aufgefallen, daß dieses Objektiv keine Schärfentiefenskala hat!
Drollig sowas, nicht wahr? Man braucht sie ja wirklich selten, aber mit "ganz ohne" scheint mir dieses Objektiv doch eine Rarität zu sein. Optisch, das bescheinige ich ihm gern, ist es hervorragend! Schon bei 1,4 habe ich in der Praxis nichts auszusetzen. Die ganze Schärfe und Randschärfe ist aber bereits bei 2,8 voll da.
Haben Sie, wenn Ihr Film belichtet ist, den Rückspulknopf gedrückt und fangen an, die Kurbel zu drehen, kommt sie Ihnen zuerst einmal entgegen, im wahrsten Sinne des Wortes: sie schiebt sich heraus, und man kann sie wirklich auch mit Handschuhen einwandfrei anfassen. Motorische Rückspulung gibt es nicht.
Aber wie gesagt, diese Kamera ist sicherlich nicht die schnellste Motorkamera, die es gibt, sie ist sogar mit Sicherheit die langsamste. Aber trotzdem ist sie schneller als eine "Handbetriebene", und es läßt sich mit dieser Kamera wirklich sehr, sehr angenehm arbeiten. Es gibt zur TOPCON SUPER D M das komplette und übliche Angebot an Zubehör, von der Augenmuschel über Zwischenringe, Balgengerät, Diakopierer bis zur drahtlosen Fernauslösung und einem Magazin für 250 Aufnahmen.
Das Angebot an Objektiven entspricht dem hohen technischen Standard dieser Kamera: es gibt vier Weitwinkel, von 20 mm bis 35 mm, es gibt ein wunderschönes 1,8/85er, ein 2,8/100er, das 3,5/135er hat eine eingebaute Teleskop-Sonnenblende, die weiteren Teleobjektive über 200 mm, 300 mm bis 500 mm ebenfalls.
Sie können natürlich auch ein Zoom-Objektiv haben: 1: 4,7/87-205 mm, bei dem man sich mit der Lichtstärke zugunsten der optischen Qualität beschieden hat. Wer mit Zoom-Objektiven bis in den langen Brennweitenbereich hinein arbeitet, sollte dies nur mit Filmen ab 27 DIN tun, dann reicht fast immer Blende 8 oder 11 und man hat immer noch die 1/250 sek. zur Verfügung. So holt man mit allen Zoom-Objektiven gute Ergebnisse heraus. Wenn Sie wollen, können Sie zur TOPCON auch zwischen vier Macro-Objektiven wählen.
Ich wurde bisher am Telefon nur sehr selten nach dieser, auch rein äußerlich und technisch sauberen und soliden Kamera gefragt. Verdient hat sie das nicht, denn sie gehört zur Spitzengruppe der Mittelklasse, worüber hinaus sie eben noch den Pfiff mit ihrem Motor hat und damit doch einiges mehr bietet, als manche andere Kamera. (Preis mit TOPCOR 1,4: etwa DM 1.800,-)

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