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Testlinie

Test-Stenogramm

Nikon F2 Photomic mit Nikon Motorantrieb

1. Beurteilung der technischen Eigenschaften

Die Nikon F 2 gehört fraglos zu den Spitzenkameras des internationalen Marktangebotes. Sie ist außerordentlich vielseitig und ausbaufähig. Ihre Konstruktion ist nicht mehr ganz neu, im Verlauf der Zeit wurde die Kamera aber durch eifrige Systempflege
ständig vervollkommnet. Man kann sie daher durchaus als ausgereift bezeichnen. Die Nikon F 2 ist Teil eines umfangreichen Kamerasystems, das sowohl auf den Bedarf des Fachfotografen, als auch auf den Anspruch des wissenschaftlichen Fotografen gut zugeschnitten ist. Hier liegt das Geheimnis ihres Erfolges. Vielseitigkeit zwingt zum technischen Kompromiß. In vielen Punkten ist die Nikon F 2 komplizierter als andere Kameras. Wir werden das noch sehen. Für rauhe Berufsarbeit ist sie gut vorbereitet. Auch für den Motorantrieb hat man die Kamera ausreichend robust aufgebaut. Wer ein Freund sensationeller Techniken ist, wer von dieser Kamera jene "Modernität" erwartet, die heute so viele Kameraneuentwicklungen auszeichnet, wird enttäuscht. Außer der Auswechselbarkeit der Sucherelemente und Einstellscheiben, außer einem guten, zuverlässigen, teilintegralen CdS-Meßsystem mit Offenblendenmessung, außer jener Robustheit, die ein gutes "Arbeitspferd" auszuzeichnen hat, bietet sie kaum etwas Supermodernes. Es gibt Leute, die gehen geistig vor dieser fraglos hohen Präzision "in die Knie". Ich setze sie voraus. Sie ist denn auch in jedem Detail dieser Kamera zu finden. Ob man sich die Filmführung, das Bajonett, die Arretierung der Sucher bzw. Einstellscheiben anschaut oder ob man ihr tief in die "Eingeweide" blickt, überall findet man diese Präzision und die Liebe zum Detail.
Zusammen mit dem Motorantrieb zeigt die Kamera eine harmonische Einheit. Auch bei angesetztem Motor kann sie beliebig von Hand bedient werden. Lediglich der Hebel für den Selbstauslöser und für die Einstellung der langen Zeiten ist bei angesetztem Motor nicht mehr bedienbar. Für den Motorbetrieb ist das belanglos bzw. gut (denn der Motor wird in seiner Schußfolge nicht von der Kamera gesteuert, so daß lange Zeiten - bereits 1 Sekunde - bei Aufnahmeserien nicht möglich sind), doch für den möglichen Handbetrieb bedeutet das Demontage des Motors, wenn man die langen Zeiten von 2-10 Sekunden nutzen will. Da der Motor nicht von der Kamera gesteuert wird, muß Bildfrequenz und Belichtungszeit aufeinander abgestimmt werden. Das ist umständlich.
Der Motor bezieht seine Energie aus einem - untergesetztem Batteriefach. In zwei Batteriehaltern befinden sich insgesamt 10 Mignon-Zellen Typ AA. Praktisch sind nur Alkali-Mangan-Zellen verwendbar. Anstelle dieser Batterien, die - wenn sie auch Kraft für ca. 50 36er Filme liefern auf die Dauer gesehen ein teurer Spaß werden, kann man im gleichen Batteriefach 2 NC-Akkus verwenden, die in einem externen Schnell-Ladegerät in 3 Stunden wieder aufgeIaden werden können. Das halte ich für sinnvoller. Außerdem läßt sich der Motor auch noch - bei stationärem Betrieb - aus dem Lichtnetz über ein Netzanschluß-Gerät speisen. Die höchstmögliche Bildfrequenz (5 Bilder/Sek.) wird nur mit NC-Akku (voll geladen) und Netzgerät erreicht. Frische Alkali-Manqan-Batterien liefern ca. 4 Bilder/Sek. Der Motor braucht eine Spannung von 15 Volt Gleichstrom. Er arbeitet dann mit geringerer Bildfrequenz - bis ca. 12 Volt. Weiter abhängig ist die Bildfrequenz naturgemäß vom Patronenwiderstand des Filmes. Wer sparsam mit seiner elektrischen Energie umgehen will, sollte die Filme nicht motorisch zurückspulen. Im Test schaffte die Kamera mit Alkali-Mangan-Zellen unter Filmbelastung 4 Bilder/Sek. bei hochgeklapptem Spiegel. Der Verschluß zeigt auch bei kurzen Zeiten eine gute Zeitkonstanz. Bis 1/1000 sek. stimmen auch die Zeiten. Das 1/2000 wird dagegen nicht ganz erreicht. Ich will das den Strapazen zugute halten, die die Kamera bei mir erdulden mußte.

2. Beurteilung der Handhabung

Die Nikon F 2 ist, als komplette Einheit mit Motorteil, außerordentlich kompakt und dementsprechend gut zu halten. Durch die gute Anordnung des Motorhandgriffes liegt die Kamera auch bei schneller Schußfolge sicher in der Hand. Die Erschütterungen sind auch bei Motorbetrieb gering, die Verwacklungsgefahr daher klein. Etwas umständlich ist die Bedienung. Zunächst ist die gewünschte Bildfrequenz einzustellen, dabei darf eine Mindestverschlußzeit nicht unterschritten werden. Bei 3 Bildern/Sek. ist es 1/125 sek. Mit einem besonderen Zählwerk am Motorteil lassen sich Serien jeder Bildzahl (bis 36 Aufnahmen) vorprogrammieren. Ist die Serie abfotografiert, stoppt die Kamera automatisch. Mit dem, neben diesem Zählwerk liegenden, Freigabeschalter für die Rückspulung muß nun das Zählwerk wieder auf den Anfang gestellt werden, damit eine neue Serie vorprogrammiert werden kann. Unter Belastung durch den Film gibt es dabei einen kleinen zusätzlichen Transport, was zur Überlappung von zwei Bildern führen kann. Beachtet man diese Punkte, benimmt sich der Motorantrieb gut. Bei Kälte sollte man die Batterien bei Nichtgebrauch dem Batteriefach entnehmen und in die Hosentasche stecken. Das ist allerdinqs etwas umständlich, wegen des Energieverlustes aber notwendig.
Umständlich ist auch der Objektivwechsel. Damit sich der Blendensimulator auf die größte Öffnung einstellen kann, muß man den Blendenring einmal durchdrehen. Sehr schnell geht das nicht.
Der Zeiger des Meßwerkes für die Belichtungsmessung befindet sich unterhalb des Sucherbildes. Das Sucherbild ist vollkommen frei von Einspiegelungen und daher bemerkenswert ruhig. Nur, der Zeiger ist sehr klein und bei schlechtem Licht kaum zu sehen. Ebenso schwer zu erkennen sind die links vom Meßzeiger eingespiegelten Blendenwerte und die rechts vom Meßzeiger eingespiegelten Verschlußzeiten. Die Belichtungsmessung ist über den ganzen Blenden/Zeitbereich genau und infolge des zentralen Meßfeldes zuverlässig. Der Meßzeiger ist auch oben auf dem Photomic-Sucher zu sehen, nur gibt es keinen Okularverschluß gegen Fremdlichteinfall. Man muß dann unbedingt den Daumen
auf das Okular halten, damit man keine Fehlmessung bekommt.
Ehrlich gesagt, diese Anzeige ist etwas dürftig. Man sollte in dem sicherlich nützlichen Bestreben, möglichst wenig störende Elemente im Sucher zu haben, nicht so weit gehen, daß man Meßzeiger und Blenden/Zeitdaten kaum noch sehen kann. Das Sucherbild verdient aber ein ganz großes Lob! Es ist hell, und die Einstellsicherheit ist dank einer bildsauberen Einstellscheibe ausgezeichnet. Ein Drahtauslöser läßt sich nur dann anschließen, wenn er die alte Leitzsche Überwurfmutter hat. Bei einer Motorkamera braucht man ihn allerdings nicht, da macht man es mit der elektrischen Fernauslösung viel besser und bequemer. Außerdem gibt es noch eine "T"-Einstellung (bei dieser Einstellung bleibt bekanntlich der Verschluß offen, bis man den Ring wieder von "T" zur Mitte hin dreht) und eine Auslöserverriegelung gibt es auch. Noch ein großes Lob für eine kleine, aber feine Sache: Die Nikon F 2 ist die erste Kamera, die mir unter die Augen kommt, die an der Rückwand ein Einsteckrähmchen für den Abriß der Filmpackung hat! ! !

3. Beurteilung der meßtechnischen Prüfung

(Wie immer unter Anlehnung an die DIN-Vorschriften und unter besonders praxisgerechten Voraussetzungen.)

Kamerabelichtungsmesser: Die Abweichungen sind sehr gering, (ca. 1/4 Blende + zwischen 1/250 und 1/1000 sek.) stärkere Abweichung bei 1/2000 sek. hat ihren Grund in der zu langsamen Zeit dieser Verschlußeinstellung. Das Gesamtergebnis ist als ausgezeichnet zu bewerten. 

Verschluß: Außer 1/2000 liegen alle Zeiten gut. Bei 1/2000 erbrachte der Oszillograph eine tatsächliche Zeit von 1/1400 sek. Das liegt unterhalb der zulässigen Toleranz. Ich betone aber, daß dieser Wert bei der Testkamera nach rund 2500 Aufnahmen, praktisch nur im Dauerlauf, gemessen wurde.

Motor: Die Bildfrequenzen (3 und 4 Bilder pro Sekunde, 4 Bilder bei abgeschaltetem Spiegel) werden bei annähernd vollen Batterien gut eingehalten. Bei Durchlauf eines Filmes mit 36 Aufnahmen, fällt die Bildfrequenz in der Stellung "H" (höchstmögliche Bildfrequenz) gegen Ende des Filmdurchlaufs um ca. 10% ab.

Trotzdem werden im Mittel 4 Bilder pro Sekunde belichtet. Das bedeutet, daß die Bildfrequenz am Anfang des Filmes Über 4 Bilder/sek. liegt. Dieser Frequenzabfall kann als normal bezeichnet werden, da der Filmzug gegen Ende zunimmt und den Motor zusätzlich belastet. Eine Batteriefüllung (10 Mallory Mn 1500) soll ca. 80 Patronen mit 36 Aufnahmen bewältigen. Das ist annähernd richtig, aber nicht sehr interessant. Der Motor der Kamera nimmt annähernd 500 mA Strom beim Filmtransport auf. Will man also die Bildfrequenzen gut ausnutzen, geht das nur mit einigermaßen frischen Batterien. Daher auch mein Tip, für den Motorbetrieb Akkus zu verwenden. Immerhin, ohne nennenswerten Frequenzabfall kam ich mit einem Batteriesatz auf rund 50 Patronen a 36 Aufnahmen. Das sollte man als ein sehr gutes Ergebnis werten. Rückspulung mit Motor erfordert sehr viel Batteriestrom. Besonders in der letzten Phase, kurz bevor der Film ganz rückgespult ist, steigt die Stromaufnahme stark an (ebenfalls rund 500 mA). Daher sollte man möglichst mit der Hand zurückspulen. So kann man viel Strom sparen.

Objektiv: Als Standardobjektiv war in der Testkamera das Nikkor-SC Auto 1:1,4/50 mm. Das Objektiv rangiert in der Gruppe der Spitzenobjektive. Es hat bereits bei voller Öffnung eine beachtliche Abbildungsleistung. Sein Reflexverhalten ist ausgezeichnet. Praktisch ist es über das ganze Bildfeld reflexfrei. Die Farbwiedergabe ist neutral.

4. Gesamtbeurteilung

Die Nikon F 2 - Photomic mit Motorantrieb ist eine feine Kamera. Sauber gefertigt, präzise gebaut und technisch ausgereift. In einigen Punkten ist sie arg "konventionell". Besonders die Bedienung wird durch relativ komplizierte Meß- und Einstellvorgänge nicht eben erleichtert.
Man muß sich mit ihr beschäftigen, sie kennenlernen, um mit ihr Freundschaft zu schließen.
Schon aus diesem Grund ist sie eine echte "Profi"-Kamera. Wer nur mit einem Kamerasystem fotografiert - viele Profis in aller Welt benutzen das Nikon-System - ist mit ihr gut bedient. Im Zubehörsystem findet er sowieso alles, was er für praktisch ' jeden Aufnahmezweck braucht. Über den Preis sollte man da nicht reden. Er ist natürlich hoch, doch das ist wohl bei allen hochwertigen Systemen kaum anders. Eine Motorkamera für so hohe Ansprüche muß härter geprüft werden. Für den Benutzer ist ja in erster Linie ihre Zuverlässigkeit interessant. Die Bildüberlappungen bei Einstellung des Motorzählwerkes, die etwas umständliche, manuelle Anpassung von Bildfrequenz und Verschlußzeit sind kleine "Fallstricke", die der Hersteller beseitigen sollte. Sie machen die Kamera nicht schlechter, nur eben komplizierter. Eine Motorkamera ist im Betrieb lauter, denn das Transportgeräusch ist nicht zu überhören. Hier macht die Nikon keine Ausnahme. Bei Tieraufnahmen unmittelbar am Nistplatz kann das stören. Dann muß man sich ein schallschluckendes Gehäuse bauen (in der Filmsprache heißt das "Blimp"). Preis der Kamera komplett mit Motor und Objektiv 1:1,4 ca. DM 3.800,- Für eine solche Spitzenkamera ein durchaus vernünftiger Preis.

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