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Artikel
2006
KAMERAS TEST
Canon EOS 20D
Canon wieder Spitze
Der erste Eindruck täuscht: Äußerlich sind sich die EOS 10D und ihre designierte Nachfolgerin EOS 20D so ähnlich, dass man an ein eher harmloses Update denkt. Dabei fällt auch kaum auf, dass die Kamera um ein paar Millimeter kleiner geworden ist. Eher ins Gewicht fällt schon die Tatsache, dass sie immerhin um 100 g leichter geworden ist. Dennoch besteht die Gehäuseschale wie bisher in weiten Teilen aus dem robusten Werkstoff Magnesium; aus Kunststoff gefertigt sind dagegen der Boden, die Abdeckung des Speicherkartenschachts und das Oberteil des ausklappbaren Blitzgeräts. Ach ja, das Blitzgerät: Es klappt jetzt viel weiter aus dem Gehäuse, als bei der EOS 10D; so kommt es seltener zu roten Augen bei Porträts. Preislich ist die Kamera dort angesiedelt, wo man sie wegen ihres professionellen Outfits spontan vermutet: deutlich oberhalb einer EOS 300D oder Nikon D70. 1600 Euro Einstiegspreis für das Gehäuse samt Zubehör und Software inklusive neuem RAW-Konverter erscheinen der gebotenen Leistung durchaus angemessen. Rund 100 Euro mehr kostet die Kamera im Set mit dem von der EOS 300D bekannten Standardzoom EF-S 3,5-5,6/18-55 mm.
Bildaufzeichnung
Was aber sind nun die entscheidenden Leistungsmerkmale? Der neu entwickelte CMOS der EOS 20D bietet bei vergleichbaren Abmessungen jetzt 8,2 Megapixel, rund zwei Megapixel mehr als bei der EOS 10D. Prosumer-Kameras ä la Canon Pro1 mit vergleichbarer Auflösung verweist die EOS 20D deutlich in ihre Schranken, weil deren kleinerer Bildsensor deutlich mehr Rauschen produziert. Zudem sollen laut Hersteller neu entwickelte Mikrolinsen über jeder Fotodiode und eine verbesserte Signalverstärkung zum ausgezeichneten Signal-Rausch-Abstand der 20D beitragen. Die in diesem Punkt ohnehin gute EOS 10D wird von der 20D nochmals übertroffen.
Das überarbeitete Menü ist sehr gut zu übersehen und enthält einige neue interessante Einträge. Dazu gehört beispielsweise ein Extra-Menü (WB-Korrektur) mit grafischer Darstellung. Der Weißpunkt lässt sich darin auf den Achsen Rot-Grün und Blau-Gelb bewegen - übrigens mit einem zusätzlichen Jog-Dial (4-Weg-Schalter), das bei der EOS 10D noch nicht vorhanden war. Das Jog-Dial lässt sich auch für andere Funktionen einsetzen, etwa beim Navigieren im per Lupenfunktion vergrößerten Monitorbild. Für andere Aktionen benutzt man das von anderen Canon-SLRs bekannte Rad mit Bestätigungstaste an der Kamerarückseite.
Neu ist wiederum, dass das Einstellen von Bildparametern (die in drei Profilen festgeschrieben werden können) jetzt unabhängig von Farbraum-Einstellungen (sRGB und Adobe RGB) funktioniert; bei der 10D waren die Bildparameter-Einstellungen noch an den sRGB-Farbraum gekoppelt. Ein echtes Novum ist der SW-Modus, der zusätzlich zu den drei Einstellprofilen anwählbar ist. Dort lassen sich nicht nur Kontrast- und Schärfungsgrad vorwählen, sondern auch Monochrom-Effekte wie Sepia, Blau, Violett oder Grün. Der Clou aber sind die virtuellen Filter Gelb, Orange, Rot und Grün zur Kontraststeuerung.
RAW- und JPEG-Dateien werden jetzt nicht nur parallel aufgezeichnet, sondern finden sich nach dem Auslesen auf den Computer voneinander getrennt im Bildordner. Früher war das WEG in die RAW-Datei eingebettet und konnte nur mit der entsprechenden Software geöffnet werden. JPEGs lassen sich in drei Größen und jeweils zwei Kompressionsstufen mit der RAW-Datei kombinieren.
Insgesamt 18 Individualfunktionen erlauben das Konfigurieren der Kamera entsprechend den Bedürfnissen des Fotografen. Nur ein Wunsch blieb dabei offen: Für die Blitzfotografie in Zeitautomatik mit Blendenvorwahl (Av-Modus) lässt die Individualfunktion 03 nur die Wahl zwischen „Automatisch" und „1/250 s (fest)". Die automatische Variante ist dabei gleichbedeutend mit Langzeitsynchronisation, während 1/250 s der kürzesten Blitzsynchronisationszeit (1/200 s bei der EOS 10D) entspricht. Besser wäre es, der Fotograf könnte bei Bedarf auch eine längere Verschlusszeit einstellen.
Bei der Wiedergabe von Bildern am Monitor ist die EOS 20D deutlich schneller als das Vorgängermodell, was ungeduldigen Naturen entgegenkommt. Steppt man die Bilder zum ersten Mal durch, sind die Pausen von Bild zu Bild noch etwas länger. Offenbar werden die Dateien dann aber in einen Pufferspeicher geladen, denn beim nächsten Anlauf gibt es kaum noch Pausen von Bild zu Bild. Zudem werden die Fotos, anders als bei der 10D, sofort nach dem Bildwechsel scharf wiedergegeben.
Zum Übertragen der Daten auf den Computer steht bei der EOS 20D eine Schnittstelle nach dem USB-2.0-Standard bereit, was bislang nur bei wenigen Konkurrenten der Fall ist. Zur Erinnerung: USB 2.0 Hi-Speed arbeitet rund 40-mal schneller als USB 1.1.
Kameratechnik
Auch auf Seiten der Kameratechnik wurde bei der EOS 20D einiges optimiert. Das neue AF-System arbeitet jetzt mit neun (früher sieben) Messfeldern in rautenförmiger Anordnung. Zudem sei der Autofokus „erheblich schneller geworden", sagt Canon - ein Postulat, das sich mit den subjektiven Empfindungen im Praxistest deckt. Die komplette Auslöseverzögerung ist mit 0,25 s ebenfalls sehr kurz. Wie gehabt, kann man einzelne Messpunkte auch direkt anwählen, wenn man der Kamera nicht deren Auswahl überlassen will.
Ein plötzlich auftauchendes fotogenes Motiv wird der 20D-Besitzer kaum noch verpassen, weil die Einschaltverzögerung mit 0,3 Sekunden jetzt sehr kurz ist. De facto bedeutet dies: einschalten und unmittelbar danach auslösen. Für diesen schnellen Antritt zeichnet der auch in der EOS 1D Mark II verwendete DIGIC-II-Prozessor verantwortlich. Dessen erweiterter Pufferspeicher ermöglicht zudem eine Serienbildgeschwindigkeit von 5 Bilder pro Sekunde und 42 Bildern in Serie.
Die zum Betrieb nötige Energie liefert ein Lithium-Ionen-Akku (BP-511A), der mit 1390 mAHh noch mehr Kapazität liefert als sein keineswegs schwächlicher Vorgänger. Wer dennoch die Energiekrise im entscheidenden Moment befürchtet, ordert am besten den optional erhältlichen Batteriehandgriff BG-E2. Dieser bietet Platz für zwei Lithium-Akkus oder sechs Mignon-Zellen (Akkus oder Batterien), wenn keine Möglichkeit bestehen sollte, die Lithium-Akkus aufzuladen. Das nötige Batteriemagazin ist im Lieferumfang des Batteriegriffs bereits enthalten, so dass man damit tatsächlich für alle Fälle gerüstet ist. Der BG-E2 besitzt einen zusätzlichen Hochformatauslöser sowie ein Hauptwählrad für die AF-Punkt-Wahl im Hochformat sowie. AE-/ AF-Tasten für das Speichern von Fokuspunkt und Belichtung.
Beim Blitzen arbeitet die EOS 20D mit E-TTL-II-Messung. Im Gegensatz zur früheren E-TTL-Messung wird dabei zusätzlich die Entfernung zum Motiv mit einbezogen, zudem sollen reflektierende Objekte als solche erkannt und berücksichtigt werden, so dass sie das Messergebnis nicht verfälschen. Noch weiter verfeinert präsentiert sich die Blitztechnik in Verbindung mit dem brandneuen Canon Speedlite 580EX: Dieses soll Informationen zur Farbtemperatur an die Kamera übermitteln, um auch bei unterschiedlicher Blitzintensität eine einheitliche Farbabstimmung zu garantieren.
Fazit
Karl Stechl
Mit der Canon EOS 20D hat das Konzept der 10D sozusagen die Zielgerade erreicht: Es gibt kaum noch etwas, was man an dieser Kamera verbessern könnte. Zudem bieten 8 Mio. Pixel Auflösung noch mehr Spielraum für Bildausschnitte als die 6 Mio. der EOS 10D. Somit ist die EOS 20D ein ganzes Stück professioneller geworden, bleibt für engagierte Hobbyfotografen aber dennoch erschwinglich. Und die COLORFOTO-Bestenliste hat ein neues Zugpferd - punktgleich mit Canons Topmodell 1D Mark II und diesem in der Bildqualität nur knapp unterlegen.
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