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2006
KAMERAS TEST
Epson R-D1
Mit Mess-Sucher
Epson präsentiert mit der R-D1 eine digitale Messsucherkamera für Leica-M-Objektive. Die Epson arbeitet mit sechs Millionen Bildpunkten und kostet 3000 Euro.
Digitale Spiegelreflexkameras gibt es längst in allen Preisklassen ab 1000 Euro, doch fehlte bis jetzt eine digitale Messsucherkamera. Epson hat die Marktlücke erkannt und bringt mit der RD1 die erste Digitale für Leica-M - sowie kompatible Objektive. Von Leica selber kommt erst zur photokina 2006 ein entsprechendes Modell für das M-System.
Klassisches Design
Epson schreibt Fotografie-Geschichte - Die Epson R-D1 vereint hochaktuelle Technik und ausgezeichnete digitale Bildqualität mit dem Flair und den Möglichkeiten einer traditionellen Messsucherkamera - ein real gewordener Traum für Foto-Enthusiasten, professionelle Fotografen und Sammler", so charakterisierte Epson selbst bei der Präsentation seine tatsächlich bislang einmalige, in Kooperation mit Cosina entwickelte Kamera. Die lange Zeit von der Vorstellung bis zur Markteinführung hat die Erwartungen eher noch gesteigert.
Wenn die Kamera vor einem steht, vermittelt sie den gewünschten Digitalkamera-untypischen Eindruck. Dazu tragen die klassischen Bedienelemente bei wie Verschlussspannhebel und Rückspulknopf ebenso wie die an eine Armbanduhr erinnernde, analoge Zeigeranzeige zur Darstellung wichtiger Betriebsdaten. Verstärkt wird der klassische Eindruck durch den in zugeklapptem Zustand nicht erkennbaren Monitor. Den wertigen Eindruck, den das Gehäuse mit seiner mattschwarzen Lackierung und der griffigen Gummiarmierung vermittelt, unterstützt das solide Gefühl von Schwere, wenn man die Kamera in die Hand nimmt. Angesichts der vielen klassischen Bedienelemente sollte man meinen, dass die Handhabung der R-D1 keine Rätsel aufgibt. Doch wenn es ans Fotografieren geht, zeigt sich schnell, dass manches sehr ungewöhnlich gelöst ist - nicht nur wegen der Analoganzeigen. So dient der Rückspulknopf nun als Funktionswähler, und der Verschlussspannhebel muss wie bei einer analogen Kamera vor jeder Aufnahme gespannt werden. Der Off/On-Schalter sowie das kombinierte Verschlusszeiten-, Zeitautomatik-, Belichtungskorrektur- und ISO-Einstellungsrad stehen in der Design-Tradition der 70er Jahre. Allerdings fehlt eine automatische ISO-Einstellung, und der Empfindlichkeitsbereich beginnt erst bei ISO 200.
Ein optisches Schmuckstück ist das Zeigerwerk für die Anzeige von Weißabgleich, Bildqualität, Bildzahl und Batteriekontrolle. Gut daran ist die Kombination mit dem Hebel für die Schnellverstellung von Weißabgleich und Bildqualität, schlecht sind die kaum erkennbaren kryptischen Weißabgleichssymbole und bei Dunkelheit die fehlende Beleuchtung der Anzeige. Der Zeiger für die Bildzahl bringt ein Kuriosum mit sich: Zwar beträgt die Einschaltzeit der Epson nur eine Sekunde, doch brauchte der Zeiger fünf Sekunden für seine 270xGRADx-Drehung mit einer 1-GB-SD-Card. So sind die ersten Bilder bereits gemacht, bevor er seine Position erreicht hat.
Eigenwilliges Bedienkonzept
Nach jedem Brennweitenwechsel darf nicht vergessen werden, den Brennweiten-Wähler oben auf der R-D1 auf 50, 28 oder 35 zu stellen. Da die Kamera insgesamt nur für diese drei Brennweiten vorgesehen ist, stört das nicht so oft. Sehr angenehm ist die Bildkontrolle durch den hellen 1:1-Sucher. Man kann mit zwei offenen Augen fotografieren. Geübte kommen mit dem Mischbild-Entfernungsmesser schnell zurecht.
Der Funktionswähler links oben an der Kamera ist nur nutzbar, wenn der Monitor eingeschaltet ist. Wer das Display zum Schutz oder aus nostalgischen Gründen nach innen geklappt hat, muss es wieder aufklappen, um Menü-Einstellungen vorzunehmen. Dazu reicht es aber nicht, die Menütaste zu drücken, sondern es muss vorher das Display mit der Monitortaste separat eingeschaltet werden. Das Display arbeitet mit einer ordentlichen Auflösung von 235 000 Pixeln, bei einer Bilddiagonale von 4,5 cm. Allerdings kann das Display wie bei digitalen SLRs nur zur Bildkontrolle, nicht jedoch als Sucher genutzt werden. In der Menügestaltung zeigt sich die R-D1 eigenwillig. Es erscheint eine runde Fläche, auf der sechs Icon-Felder wie Tortenstücke angeordnet sind. Wählt man eines aus, erscheint je nach Funktionstiefe die nächste Tortenebene oder ein übliches Einstellmenü. Beim Menü-Umfang bleibt die R-D1 spartanisch. Dass die ganze Palette der sonst üblichen Autofokus- und Serienbild-Optionen fehlt, ergibt sich von selbst. Aber auch hinsichtlich der Belichtung und Bildqualität gibt es nur das Wichtigste einzustellen. Die JPEG-Bildqualitäten H und N unterscheiden sich nicht durch unterschiedlich starke Komprimierung, sondern N halbiert praktisch die Auflösung auf 2240 x 1488 Pixel (3,3 Megapixel). Die Option „Filmeinstellung" hat die R-D1 anderen voraus. Dahinter verbirgt sich die sinnvolle Möglichkeit, nicht nur Schärfung, Kontrast und Farbsättigung zu variieren, sondern auch noch den Farbton und Grad der Rauschunterdrückung. Davon lassen sich drei verschiedene Kombinationen speichern, um sie bei Bedarf schnell abrufen zu können. Schwarzweiß-Liebhaber werden sich über den „Monochrome"-Modus mit der Einstellmöglichkeit virtueller Farbfilter freuen. Die „User"-Taste lässt sich mit einem bevorzugten von sechs Menüpunkten belegen, um ihn direkt aufrufen zu können. Beim Jonglieren durch die Menüs erweist sich jedoch, dass der in zwei Ebenen arbeitende Funktionswähler in Form eines Filmrückspulknopfes umständlicher zu handhaben ist als die weithin übliche 4-Wege-Wipptaste mit OK-Knopf in der Mitte.
Wer in der Bedienungsanleitung Hilfe sucht, muss sich auf Enttäuschungen einstellen. Kapitelüberschriften wie „Manuelle Blendenverriegelung einstellen" für Nachführmessung mit Blendenvorwahl und „Belichtungseinstellung verriegeln" für Messwertspeicherung zeugen von Übersetzungsproblemen bei der sechssprachigen, über 300 Seiten dicken Anleitung. Aus der im englischen Original mit „1/125 s or less" angegebenen X-Synchronzeit wird im deutschen Part gar 1/125 s oder kürzer". In das Bild passt auch, dass im Kameramenü die Einstellung für das Datumsformat irreführend unter „Datenformat" steht.
Ordentliche Bildqualität
Die Auflösung ist höher als die der meisten 6-Megapixel-Modelle, erreicht jedoch nicht die Bestwerte der Nikon D70. Ebenfalls völlig in Ordnung sind die Rauschwerte, hier muss man beim Vergleich beachten, dass der erste Messwert für ISO 200 gilt, da die Epson keine ISO-100-Einstellung besitzt. Farbgenauigkeit und Weißabgleich sollten jedoch besser sein, und auch der abbildbare Motivkontrast entspricht nicht ganz unseren Erwartungen. Bei der Gesamtpunktzahl liegt die Epson deutlich hinter den SLR-Modellen zurück, da diese bis zu neun Punkte für ihre Autofokusgeschwindigkeit bekommen, die Epson jedoch als MF-Kamera keinen. Während also bei der Bildqualität die Epson-Ergebnisse mit den Werten der Konkurrenz in der Bestenliste vergleichbar ist, gilt dies nicht für die Gesamtpunktzahl.
Fazit
Horst Gottfried
Epson transferiert bei der R-D1 das Profil einer puristischen Messsucherkamera in die Welt der Digitalmodelle. Das führt auf der einen Seite zu Einschränkungen bei Funktionalität und Bedienungskomfort ermöglicht auf der anderen Seite jedoch ungewöhnliche Lösungen jenseits des üblichen. Vernünftig sind 3000 Euro für eine 6-Megapixel-Kamera sicher nicht -ihren speziellen Reiz hat die Epson aber vielleicht gerade wegen manch umständlicher Lösung. Die Bildqualität entspricht jedenfalls dem aktuellen Klassenstandard.
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