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Artikel

2006

KAMERAS TEST

Canon EOS-1Ds Mark II

Pixel-Attacke

Die Canon EOS-1Ds Mark II bietet eindrucksvolle 16,7 Megapixel Auflösung und setzt sich im Gesamtergebnis an die Spitze der digitalen SLR-Kameras. Äußerlich präsentiert sich die Neue als alte Bekannte.

Für Digitalfotos haben viele Bildagenturen ein schlichtes Auswahlkriterium: Bevor man auf den Bildinhalt schaut, wird zunächst die Dateigröße taxiert. Und was nicht annähernd 50 Megabyte vorweisen kann, fällt einfach durch das Raster. Für den Fotografen schrumpft die Vielfalt im Digitalkamera-Markt damit auf handverlesene Modelle zusammen: die Kodak DCS Pro SLR, Mittelformatkameras mit Digitalrückteil und Canons aktuelles Flaggschiff EOS1Ds Mark II.

Überraschend schnell

Satte 16,7 Megapixel Auflösung liefert der CMOS der EOS-1Ds Mark II. Das sind 4992 x 3328 Pixel oder eine Bildgröße von 42,27 x 28,18 cm bei 300 dpi. Ein schneller Bildprozessor (Digic II) sorgt dafür, dass man von den großen Datenmengen, mit denen die Kamera umgehen muss, nicht viel merkt: Weniger als zwei Sekunden benötigte die EOS-1Ds Mark II zum Abspeichern von Bilddateien auf eine Lexar Professional 24x, etwa vier Sekunden für eine RAW-Datei und kaum mehr, wenn RAW-File und JPEG parallel abgespeichert wurden.
Wenig Bedenkzeit lässt sich die Kamera auch nach dem Einschalten: In 0,8 Sekunden ist sie betriebsbereit. Bei der Auslöseverzögerung erreicht sie mit 0,18 Sekunden die bisherige Bestzeit und ist noch schneller als die 8-Megapixel-Kamera EOS 1D Mark II (0,29 s). Deren schnelle Bildfolgezeiten von 6,4 Bildern pro Sekunde erreicht sie zwar erwartungsgemäß nicht; 3,8 Bilder pro Sekunde und 21 in Serie bei maximaler Auflösung sind für eine Kamera dieser Megapixel-Klasse aber ein sehr guter Wert. Zum Vergleich: Die 14-Megapixel-Kamera Kodak DCS Pro SLR/n muss sich in allen genannten Punkten geschlagen geben. Die Einschaltverzögerung beträgt 2,8 Sekunden, die Auslöseverzögerung 0,43 Sekunden. Bei Serienaufnahmen schafft die Kodak maximal 2,0 Bilder pro Sekunde und 6 in Serie bei maximaler Auflösung. Der Bildsensor der neuen Canon besitzt die Abmessungen des Kleinbildformats (36 x 24 mm) und erlaubt den Anschluss aller EF-Objektive ohne Änderungen im Bildwinkel. Ebenso klar ist aber auch, dass EF-S-Objektive, zugeschnitten auf den kleineren Bildsensor der EOS-Modelle 10/20/ 300D, nicht verwendet werden können. Damit lässt sich leben, umfasst das derzeitige Canon-Programm doch mehr als 50 Objektive vom 14-mm-Weitwinkel bis zum 1200-mm-Supertele.

Spitze bei der Auflösung

Die Empfindlichkeit des Bildsensors lässt sich im Standardmodus von ISO 100 bis 1600 einstellen, bei zugeschalteter ISO-Erweiterung bis 50 und 3200. Zum Vergleich: Beim Vorgängermodell EOS-1Ds stellten ISO 1250 die obere Grenze dar. ISO 50 ist vor allem aus praktischen Gründen willkommen - und zwar in allen Situationen, in denen die Umgebungshelligkeit hoch ist und man die Blende möglichst weit öffnen möchte, um die Schärfentiefe gering zu halten (etwa bei Porträts). Beim Rauschen erreicht die EOS 1-Ds Mark II nicht die Traumwerte ihres Schwestermodells EOS 1-D Mark II, vor allem, wenn man die Werte bei 400 ISO heranzieht. Auch die Kodak DCS ist in diesem Punkt ein wenig besser.
Bei Farbwiedergabe und Objektkontrast bewegt sich die Canon auf gewohnt hohem Niveau, bei der Auflösung erklimmt sie gar neue Messwerthöhen: Mehr als 1500 Linienpaare bei ISO 100 und ISO 400 sind einsame Spitze. Das Gleiche gilt für die Platzierung der neuen Canon insgesamt: Mit 68 Punkten für die Bildqualität und 94 Gesamtpunkten avanciert sie zum Testsieger unter allen bisher getesteten SLR-Kameras.

Body & Bedienung

In Konstruktion und Ausstattung entspricht die EOS-1Ds Mark II ihrer Vorgängerin: In einem soliden Magnesiumgehäuse sind alle gängigen Belichtungsprogramme und Messverfahren sowie ein hochentwickelter 45-Punkt-Autofokus versammelt. Der Verschluss erlaubt Belichtungszeiten zwischen 1/8000 und 30 Sekunden und soll laut Hersteller mit rund 200 000 Auslösungen außergewöhnlich langlebig sein. Zweitauslöser und weitere Bedienelemente für Hochformataufnahmen sind für eine Profikamera typisch und auch bei den bisher getesteten D-Modellen zu finden.
Neben der bei SLR-Kameras obligatorischen CompactFlash-Karte lässt sich in einen zweiten Slot eine SD-Card einsetzen. Diese kann alternativ, aber auch parallel zur CF-Karte benutzt werden - als „Überlaufspeicher" oder zum Sichern individueller Benutzereinstellungen.
Im Untergeschoss des Gehäuses befindet sich ein stattlicher 12Volt-Batterieblock, Typ NiMH, durch einen Sperrmechanismus vor dem Herausfallen gesichert: Nach dem Entriegeln muss man zusätzlich eine Taste drücken, um den Akku aus dem Gehäuse ziehen zu können. Den Stromspender kennt man bereits vom Schwestermodell EOS-1D Mark II; der Stromverbrauch beider Kameras bewegt sich auf einem vergleichbaren und relativ niedrigen Niveau.
Was man von anderen EOS-Modellen dieses Typs ebenfalls kennt, ist die etwas lästige Doppelbelegung von Bedientasten oben am Gehäuse und das Fehlen eines 4Weg-Schalters. Zum Navigieren in den Menüs wird ausschließlich das große Drehrad hinten am Gehäuse in Kombination mit den Menü- und Select-Tasten benutzt. Ein neues Feature bei der Bildwiedergabe ist das RGB-Histogramm, das alternativ zum Helligkeits-Histogramm angezeigt werden kann. Dabei werden alle drei Farbkanäle parallel dargestellt.
Ein eingebautes Blitzgerät sucht man bei der EOS-1Ds Mark II vergebens. Über den Blitzschuh lassen sich aber die systemkompatiblen Speedlite-Modelle im E-TTL-IIModus verwenden. Im Gegensatz zur bisherigen E-TTL-Messung wird dabei die Entfernung zum Motiv mit einbezogen, zudem sollen reflektierende Gegenstände als solche erkannt und berücksichtigt werden, so dass sie das Ergebnis nicht verfälschen.

Menüs & Software

Vielfältig sind die Einstellmöglichkeiten für Bilder: Unter dem Menüpunkt „Parameter" lassen sich Schärfe und Kontrast in jeweils fünf Stufen justieren, Einstellungen in drei Anwenderprofilen speichern. Unter „Farbmatrix" kann man neben Adobe RGB vier Varianten des sRGB-Farbraums (Standard, Porträt, hohe und geringe Sättigung) wählen. Wer's lieber individuell hätte, darf auch
hier auf „Einstellung" wechseln, den Farbraum (sRGB, Adobe RGB) wählen, Farbsättigung und Farbton einstellen und in zwei Einstellprofilen festhalten (CM Einst. 1/2).
Noch weiter reichendere Möglichkeiten bietet die mitgelieferte RAW-Software Digital Photo Professional v 1.5. Dort lassen sich beispielsweise ICC-Profile in die zu TIFFs oder JPEGs konvertierten RAW-Dateien einbinden, um eine farblich korrekte Bildanzeige in Photoshop zu unterstützen. Neben sRGB und Adobe RGB stellt die Software zusätzlich den Farbraum „ Wide Gamut RGB" zur Verfügung; Separationsergebnisse mit üblichen CMYK-Farbräumen wie Euroscala oder SWOP können simuliert werden.
Der Datentransfer zum PC wird über eine Firewire-Schnittstelle bewerkstelligt, die für ein hohes Übertragungstempo bis 50 MB pro Sekunde steht. Der zusätzlich vorhandene USB-Anschluss nach dem 1.1-Standard hat dagegen ein eng umrissenes Aufgabenfeld: Er ist ausschließlich für PictBridge/ DirectPrint-Anwendungen vorgesehen.
Über den Firewire-Anschluss lässt sich die Kamera bei Bedarf mit einem optional erhältlichen Wireless-LAN-Transmitter (WFT-E1) koppeln, der Bilddateien im RAW- oder JPEG-Format direkt an ein lokales Netzwerk oder via Internet übertragen kann. Dabei sollen Übertragungsraten von maximal 56 MBit/s unter dem Wireless-Standard 802.11 möglich sein.

Fazit

Karl Stechl

Die Canon EOS-1Ds Mark II stellt digitales Fotografieren mit Kleinbildobjektiven auf eine neue Qualitätsstufe und erntet dafür verdiente Lorbeeren, auch wenn das Rauschverhalten bei ISO 400 nur durchschnittlich ist. Bei Gehäuse und Bedienkonzept folgt die Kamera dem bekannten Muster der Schwestermodelle. Gut für Canon-Anwender, die sich das Umlernen sparen können. Andererseits zeigt Canon selbst bei der kleineren Schwester EOS 20D, dass es auch andere Lösungsansätze gibt.

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