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Artikel
2006
KAMERAS TEST
Olympus E-300
Die Zweite vor der Ersten
Mit der E-300 bringt Olympus nach der E-1 Kamera mit 4/3-Chip, 3 Mio. Pixel Auflösung. Die unkonventionell konstruierte E-300 schlägt das teurere Schwestermodell nach Punkten und platziert sich in der Spitzengruppe der digitalen SLR-Kameras.
Nimmt man das übliche Pentaprisma als Kriterium für das Äußere einer Spiegelreflexkamera, fällt die E-300 völlig aus dem Rahmen. Sie wirkt etwas geduckt und in die Breite gezogen. Eine Sucherkamera kann sie aber auch nicht sein, weil der optische Sucher augenscheinlich fehlt.
Des Rätsels Lösung offenbart sich nach Abnehmen des Wechselobjektivs beim Blick in das Gehäuseinnere: Der Schwingspiegel ist nicht liegend platziert, sondern steht auf einer Kante und lenkt die Strahlen seitlich in Richtung des Suchereinblicks. Dieser ist weit links von der Gehäusemitte platziert, fast unmittelbar über dem TFT-Monitor. Abgesehen davon, dass der Sucher nur etwa 94% des späteren Bildes zeigt (und nicht annähernd 100% wie bei der E-1), hat die Konstruktion für den Anwender keine erkennbaren Nachteile.
Ein Vorteil ist auf jeden Fall der seitlich versetzte Suchereinblick, typisches Merkmal der Kamerafamilie, zu der die E-300 gehört: Man kommt mit dem Auge leichter an das Sucherokular heran, weil sich die Nase links neben den Kamera-Body schiebt, anstatt sich am Monitor platt zu drücken.
Gehäuse und Zubehör
Das Gehäuse der E-300 besteht aus Aluminium-Spritzguss mit Kunststoffelementen. Durch das seitlich angesetzte Griffstück liegt es gut in der Hand. Wer gerne noch mehr in der Hand hätte, sollte den optional erhältlichen Batteriehandgriff (ca. 100 Euro) in Betracht ziehen. Der Lohn für diese Investition: ein zusätzlicher Hochformatauslöser und deutlich verlängerte Laufzeiten. Als Stromquelle benötigt der Batteriehandgriff zwei Lithium-Ionen-Akkus des gleichen Typs (BLM-1), wie er serienmäßig mit der Kamera geliefert wird. Somit muss man nur einen Akku für rund 80 Euro dazukaufen, wenn man sich für den Batteriehandgriff entscheidet. Ein Muss ist er keineswegs, weil sich der Stromverbrauch auf erfreulich niedrigem Niveau bewegt.
Ein wichtiger Unterschied im Vergleich zur E-1 ist das bei der E-300 eingebaute Blitzgerät, das relativ weit nach oben ausklappt, um der Gefahr „roter Augen" bei Porträts entgegenzuwirken. Die Blitzleistung lässt sich an der Kamera regeln. Optional erhältlich sind drei Systemblitzgeräte für den an Bord befindlichen Blitzschuh. Unter den Modellen FL-20, FL-36 und FL-50 ist das mittlere insofern für die E-300 maßgeschneidert, als es sich bauartbedingt gleichzeitig mit dem Kamerablitzgerät verwenden lässt.
Erhältlich ist die E-300 im Set mit dem Zuiko Digital 3,4-5,6/14-45 mm, das einem Kleinbildzoom mit 28-90 mm Brennweite entspricht (Bildwinkelfaktor 2). Rund 1000 Euro sind dafür ein moderater Preis, zumal das Objektiv gut verarbeitet ist. Bei Bedarf soll der Body in absehbarer Zeit auch solo für knapp 900 Euro erhältlich sein.
Kameratechnik
Die E-300 ist mit den üblichen Belichtungsmessmethoden ausgestattet: Matrixmessung (Digital ESP), mittenbetonter Integralmessung und Spot (etwa zwei Prozent des Sucherbildes). Der Messbereich ist geringfügig kleiner als bei der E-1: LW 2 bis 20 gegenüber LW 1 bis 20 bei Matrixmessung. ISO-Werte lassen sich zwischen 100 und 800 einstellen, im erweiterten Modus bis 3200. Die ISO-Automatik nutzt ISO 100 bis 400.
Das Programmwahlrad rechts oben am Gehäuse weist die Standardprogramme (P, A, S, M) auf, ergänzt durch Rastpositionen für fünf Motivprogramme. Weitere 14 Motivprogramme verstecken sich unter dem Begriff „Scene". Dort findet man Variationen von typischen Motivprogrammen wie etwa „Landschaft-Porträt" (Landschaft mit Person im Vordergrund), aber auch Extras wie „Sonnenuntergang", „Kerzenlicht" oder „Museum". Nach Vorwählen des „Scene"-Modus kann man sich die Funktion der einzelnen Programme durch Kommentare erläutern lassen.
Je nach gewähltem Belichtungsprogramm erlaubt der Schlitzverschluss Belichtungszeiten zwischen 1/4000 und 2 bzw. 60 s; im „B"-Modus sind Langzeiten bis acht Minuten möglich, so dass auch Nachtaufnahmen mit einer mittleren Blendeneinstellung eine lösbare Aufgabe sind. Die kürzeste Blitzsynchronisationzeit beträgt 1/180 s.
Der Autofokus arbeitet wie bei der E-1 mit drei Messfeldern, von denen das mittlere ein Kreuzsensor ist. Die Messfelder lassen sich einzeln anwählen, gruppieren sich allerdings eng um das Sucherzentrum. Will man auf stark dezentrale Motivpartien fokussieren, muss man entweder die AF-Speicherung bemühen oder auf manuelle Fokussierung wechseln. Beim Scharfstellen von Hand fällt auf, dass ein Motor im Spiel ist: Das Gefühl unmittelbarer Kontrolle will sich nicht im gleichen Maß einstellen wie bei einem konventionellen Objektiv.
Eine eigene Abblendtaste wie bei der E-1 zum Beurteilen der Schärfentiefe bei Arbeitsblende sucht man bei der E-300 vergebens. Die entsprechende Funktion ist dennoch vorhanden, weil sich die OK-Taste entsprechend konfigurieren lässt.
Bedienkonzept
Nach dem Einschalten signalisiert zunächst eine blaue LED an der Oberseite, dass der Chip per Ultraschall gereinigt wird; unmittelbar danach ist die Kamera startbereit. Insgesamt dauert der Vorgang moderate 0,5 s. Die Auslöseverzögerung ist mit 0,37 s gering, allerdings etwas länger als bei der E-1 (0,23 s). Bei den Bildfolgezeiten ist die E-300 geringfügig schneller als die Stallgefährtin (3 B/s gegenüber 2,4 B/s), schafft dagegen wesentlich weniger in Serie (4 statt 12).
Ein leichter Druck auf den Auslöser lässt den TFT-Monitor die aufnahmerelevanten Parameter anzeigen, von denen man die meisten im Direktzugriff hat. Das heißt, man drückt etwa die mit ISO gekennzeichnete Taste. Dann wird der betreffende Wert im Display grün angezeigt und lässt sich mit dem Drehrad verändern, das dem Programmwahlrad vorgelagert ist. Auf die gleiche Weise stellt man auch Belichtungskorrekturen ein, die im Monitor an einer Balkenskala und gleichzeitig digital angezeigt werden. Einziges Manko: Die Blitzbelichtung lässt sich nur umständlich über das Menü korrigieren; auch sie hätte man aber allzugerne im direkten Tastenzugriff.
Vier der genannten Funktionstasten sind als Doppelbelegungen auf dem 4-Weg-Schalter (Pfeiltasten) realisiert, was aber keinen Nachteil darstellt. Die Bestätigungstaste (OK-Taste) ist unterhalb der Pfeiltasten angebracht, wäre in deren Zentrum indes noch besser aufgehoben. Davon abgesehen, gibt es am Bedienkonzept aber nichts zu mäkeln: Nach kurzer Einarbeitungszeit muss man das Handbuch (auf CD) nicht weiter bemühen.
Die Menüstruktur ist komplex; es gibt fünf Untermenüs mit insgesamt 50 Einträgen, von denen „Bearbeiten" im Wiedergabemenü eine praktische Besonderheit darstellt. Aufgenommene JPEGs lassen sich über diese Funktion kleinerrechnen oder in ein Schwarzweiß- oder Sepia-Bild verwandeln, wobei die Originaldatei nicht angetastet wird. RAW-Dateien werden in JPEGs umgerechnet, bleiben selbst aber ebenfalls erhalten. Der Vorteil dieser Zweigleisigkeit liegt auf der Hand.
Während man auf die marktüblichen Voreinstellungen des Weißabgleichs über WB-Taste und Einstellrad direkten Zugriff hat, kann man eine Feinkorrektur des Weißabgleichs nur über das Menü vornehmen. Dort lassen sich alle Voreinstellungen über +/-7 Stufen auf der Blau-Rot-Achse verändern. Farbsättigung, Kontrast und Schärfe können ebenfalls über das Menü eingestellt, das Rauschfilter bei Bedarf zugeschaltet werden.
Etwas versteckt, als drittletzter Eintrag im letzten Menü, findet sich die Farbraum-Auswahl. Zur Verfügung stehen sRGB und AdobeRGB. Verzichten muss man auf anwenderbezogene Einstellprofile, von denen das Modell E-1 insgesamt vier zu bieten hat.
Bildaufzeichnung
Die Olympus E-300 zeichnet Bilder auf einen 17,3 x 13 mm großen CCD (4/3-Format) auf, der in seinen Abmessungen genau dem der E-1 entspricht, aber nicht 5,5 Mio., sondern 8 Mio. Pixel Auflösung bietet. Als Speichermedium dient eine CF-Karte. Als Dateiformate stehen wie üblich RAW und JPEG (auch parallel) zur Verfügung, ergänzt durch das in Digitalkameras nicht mehr häufig anzutreffende TIFF-Format. Das unkomprimierte TIFF ist rund 23 MB groß, ein RAW schlägt mit etwa 13,5 MB zu Buche, JPEGs in bester Qualität können mehr als 6 MB groß sein. Geöffnet in Photoshop misst das Bild 27,64 x 20,73 cm bei 300 dpi. Schön, dass sich die Kamera zum Abspeichern solcher Dateien nicht viel Zeit lässt. In Kombination mit einer SanDisk Ultra II (256 MB) benötigte die E-300 nur 3 bis 4 s für ein JPEG oder RAW und 6 s für ein unkomprimiertes TIFF.
Nicht zuletzt im Vergleich mit früheren ähnlichen Olympus-Modellen wird der Zugewinn an Rechengeschwindigkeit deutlich: Bei einer E-10 konnte man sich locker einen Kaffee genehmigen, während ein TIFF abgespeichert wurde.
Zügig gestaltet sich auch die Bildbetrachtung am Monitor: Beim Wechsel von Bild zu Bild sind keinerlei störende Verzögerungen zu verzeichnen, egal, welches Dateiformat gerade angesagt ist. Die Monitorlupe, die bis zehnfach vergrößert, lässt sich schnell und unkompliziert über das Drehrad aktivieren; mit den Pfeiltasten verschiebt man den Bildausschnitt. Dreht man das Rad in die andere Richtung, so werden Miniaturen angezeigt - erst vier, dann zwölf, dann 16. Auch an dieser Stelle ist Bedienfreundlichkeit Trumpf. Histogramm und Überbelichtungswarnung werden im Vollbild angezeigt. Vor allem bei der Überbelichtungswarnung ist dies ein Vorteil gegenüber jenen Kameras, bei denen in diesem Fall nur ein Thumbnail angezeigt wird. Die blinkenden Spitzlichter lassen sich nämlich oft nur schwer erkennen.
Spannung verspricht der Blick auf die Konkurrenten in der 1000- Euro-Klasse. Bei der Auflösung übertrifft die Olympus die Canon EOS 300D und die Pentax *istDs, nicht aber die Nikon D70. Im Rauschen zeigt sie nur bei ISO 400 Schwächen. Auch der Objektkontrast könnte bei dieser ISO-Einstellung besser sein.
Für die Bildqualität bedeutet dies unter dem Strich, dass die E-300 bei ISO 100 mit der Canon EOS 300D gleichzieht, während sich der Rückstand bei ISO 400 auf fünf Punkte beläuft. In der Gesamtwertung (die auf den ISO100-Werten beruht) liegt die E-300 aber einen Punkt vor der EOS 300D und nimmt damit hinter der Nikon D70 den zweiten Platz in der 1000-Euro-Klasse ein - Olympus-Fans dürfen also die Sektkorken knallen lassen.
Fazit
Karl Stecht
Die E-300 kann trotz ihres günstigeren Preises kaum als kleine Schwester der E-1 eingeordnet werden. Zwar bietet die E-1 das optisch attraktivere Gehäuse, nüchtern betrachtet hat die E-300 aber die Nase vorn: Sie bietet eine höhere Auflösung und ein eingebautes Blitzgerät, gewinnt zudem nach Punkten. Im Konkurrenzvergleich kann sich die E-300 mit den Besten messen: Mit knappem Vorsprung verdrängt sie die Canon EOS 300D von ihrem Platz in der Rangliste vergleichbarer digitaler SLR-Kameras.
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