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2006
FOTO-KALSSIK Kameras
Zeiss-Ikon-Messucher-Kamera mit Leica-M-Bajonett
Die Alternative?
Carl Zeiss überraschte auf der photokina mit einer Messsucherkamera für Wechselobjektive mit M-Bajonett. Ist die Zeiss Ikon eine Alternative zur Leica M7?
Statt mit Pixeln protzen lieber in die Retro-Kiste greifen - das hat Carl Zeiss bei der „Zeiss Ikon" mit Erfolg getan. Die neue Messsucherkamera aus der optischen Edelschmiede in Oberkochen war praktisch in allen Medien präsent, die noch über den Rand des digitalen Präsentiertellers hinausblickten.
Nicht von ungefähr weckt der Name Zeiss Erinnerungen an die große Zeit der deutschen Fotoindustrie. „Hinter dem Namen steckt ein sorgfältig durchdachtes Kamerasystem mit dem Anspruch, die Messsucherkamera neu zu definieren", so die Presse-Info mit Selbstbewusstsein.
Im Kern ist die Zeiss-Ikon eine Messsucher-Kamera für 35-mmFilm mit M-Bajonett für Wechselobjektive, mit Zeitautomatik und manueller Nachführmessung. Ihr Aluminiumgehäuse gefällt mit einem klaren, übersichtlichen Design und wirkt auf „klassische" Fotografen wie eine alte Bekannte. Hohe mechanische Präzision und sorgfältige Verarbeitung sichern die Leistungsfähigkeit des Systems. So macht die Kamera einen noch etwas gediegeneren Eindruck als die verwandten, bei Cosina produzierten Voigtländer Bessa- und Rollei-Modelle - ohne allerdings das berühmte Leica-Feeling zu erreichen.
Konzentration auf das Wesentliche
Die Bedienung gibt keine Rätsel auf, was bei den auf die fotografischen Grundfunktionen beschränkten Elementen kein Wunder ist. Es braucht halt nicht viel, um Fotos bewusst gestalten zu können.
Die Belichtungsmessung erfolgt mittenbetont integral, die Blende wird am Objektiv gewählt und die Zeit manuell oder automatisch gesteuert. Für kritische Motive bietet die Zeitautomatik einen Messwertspeicher. Der großen Tugend, aber auch Schwachstelle einiger Konkurrenzmodelle, dem Messsucher, hat Carl Zeiss besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Eine einzigartig große Messbasis von 75 mm bildet die Grundlage für die präzise Entfernungseinstellung, was besonders im Nahbereich wichtig ist. Das Sucherbild mit einem Vergrößerungsfaktor von 0,7x ist laut Zeiss durch eine besonders groß dimensionierte Optik rund 30 Prozent heller ist als bei den besten bisher erhältlichen Systemen.
Bei manueller Nachführmessung zeigt eine permanent leuchtende LED im Sucherfenster den tatsächlich eingestellte Belichtungswert, während der vom Messsystem empfohlene Belichtungswert blinkt.
Anders als bei Bessa-Modellen wird bei der Zeiss-Ikon der Leuchtrahmen für den Bildausschnitt im Sucher über die Steuerung im M-Bajonett automatisch zur Objektivbrennweite 28 mm + 85 mm, 35 mm oder 50 mm passend eingeblendet. Für weitere Brennweiten bedarf es separater Sucheraufsätze, die in den Mittenkontakt-Blitzschuh geschoben werden können. Die aus zehn Lamellen bestehende Blende der Objektive ist mit einer drittelstufigen Rastung zur Feineinstellung ausgestattet.
Objektive von Zeiss - nicht nur für Zeiss
Mit der neuen Kamera präsentiert Carl Zeiss nach eigenen Worten einen „völlig neuen, lichtstarken Objektivsatz". Er umfasst vom 15-mm-Ultraweitwinkel bis zum 85-mm-Porträt-Tele insgesamt sieben Festbrennweiten. Sie kommen Contax-G-Kennern abgesehen vom M-Bajonett nicht ganz unbekannt vor, und das ist ja nicht die schlechteste Referenz. Zeiss betont die minimale Blendendifferenz der Objektive, die die Konkurrenz in Solms noch nicht als verkaufsförderndes Element entdeckt hat. Sie soll gegen das Wandern der Schärfeebene beim Verstellen der Blende helfen. Bei den Zeiss-Ikon-Objektiven ist dieser Effekt so stark verringert, dass er innerhalb des Schärfentiefenbereichs bleibt und sich somit nicht auf das Bildergebnis auswirkt. Bei der Farbwiedergabe profitieren die Objektive von den Entwicklungen für die Kinofilmindustrie und speziellen Zeiss-Patenten auf diesem Gebiet. So sollen alle Objektive dieses Satzes eine einheitliche Farbcharakteristik aufweisen.
Schon vor der Kamera kommen die Objektive Planar 2/ 50 ZM, Biogon 2/35 ZM, Biogon 2,8/28 ZM, Biogon 2,8/25 ZM auf den Markt. Die Kamera selbst soll ebenso wie die drei weiteren Objektive Biogon 2,8/21 ZM, Distagon 2,8/15 ZM und Sonnar 2/ 85 ZM ab Frühjahr 2005 im Handel erhältlich sein. Preise hat Zeiss noch nicht genannt, mit rund 2000 Euro ist bei der Kamera zu rechnen. Wer die Zeiss-Ikon vorbestellt erhält die Limited-EditionErstausgabe der Kamera mit einer besonderen Gravur und Kameratasche. Für die Objektive war von einem Preis bei „60 Prozent vergleichbarer Leica-Brennweiten" die Rede.
Eine der interessantesten Informationen im Zusammenhang mit dem neuen Kamera- und Objektivsystem versteckt Carl Zeiss am Ende seiner Produktinformationen: „Die Objektive sind bereits im Hinblick auf die speziellen Anforderungen einer Digitalkamera entwickelt und können mit allen handelsüblichen Messsucherkameras - sowohl analog als auch digital - genutzt werden", heißt es dort beiläufig. Das lässt trotz der gebotenen sehr guten 24 x 36mm-KB-Qualität auf eine digitale Zeiss-Ikon hoffen. „Sobald die Digitaltechnik wesentliche Fortschritte macht, können Sie sich darauf verlassen, dass wir Digitalsysteme höchster Leistung vorstellen werden", verspricht Zeiss. Nun sind hochauflösende Sensoren aber schon lange auf dem Markt und können nicht das Problem sein. Wahrscheinlich braucht Zeiss einfach noch Zeit.
Fazit
Horst Gottfried
Die Zeiss-Ikon ist der jüngste und zweifellos nobelste Sprössling der Messsucher-Familie mit Cosina-Abstammung. Zwar trägt der Klassen-König nach wie vor einen roten Punkt am Revers, doch sind die Zeiss-Objektive eine attraktive Bereicherung des M-Angebots. Bleibt die spannende Frage: Bringt Zeiss tatsächlich wie Epson (Test Heft 1/2005) und Leica (photokina 2006) eine eigene digitale M-Messsucherkamera?
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