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Prüfstandtest

Test-Stenogramm

Canon EF

1. Beurteilung der technischen Eigenschaften

Die Canon EF ist eine mit Spannung erwartete Kamera. Ihre besonderen Eigenschaften, insbesondere die automatische Blendenbildung bei Zeitpriorität, aber auch der ungewöhnlich lange Belichtungszeitenbereich und die Kompatibilität mit dem Canon F 1-System, machen sie zu einer hochinteressanten Kamera. Angesichts dieser Kamera will ich keinesfalls den alten Streit über Zeit- oder Blendenpriorität wieder anheizen. Was ich dazu zu sagen habe, habe ich bereits an anderer Stelle in COLOR (2/74; Seite 92) gesagt. Bei der Canon EF wirkt sich die Zeitpriorität besonders günstig aus, weil automatische Blendensteuerung über den ganzen, riesigen Zeitenbereich möglich ist. Dazu kommt die "griffsichere" Bedienung der Zeiteneinstellung und die klare Anzeige von Zeit und Blende im Sucher.

Blendenautomatik mit einem besonderen "Pfiff": Canon hat schon vor geraumer Zeit mit Studien für eine Blendenautomatik begonnen. Dies führte schließlich zur Konstruktion des Servo-Suchers EE für die Canon F 1. Vorbedingung für jede Blendenautomatik ist eine Möglichkeit, die Objektivblende von der Kamera her zu steuern. Zusätzlich zum Springblendensystem (Druckstift oder Hebel zur Betätigung der Blende im Augenblick der Aufnahme) braucht man also eine weitere mechanische Übertragung, mit der die Kamera, die Blende im Objektiv sozusagen "vorprogrammieren" kann. Andererseits braucht man für die Offenblendenmessung ein ganz ähnliches, nur genau andersherum wirkendes Übertragungsglied, mit dem das Objektiv, die eingestellte Blende dem Belichtungsmesser in der Kamera mitteilen kann. Canon hat nun bei den FD-Objektiven beide Möglichkeiten in einem Übertragungsglied vereint. Somit lassen sich alle Objektive dieser FD-Reihe, also das gesamte Objektivprogramm der Canon F 1, mit automatischer Blendensteuerung an der Canon EF benutzen. Das ist ein Wort! Zum Zweck der automatischen Blendensteuerung muß man diese Objektive nur so einstellen, daß der Blendenring auf dem kleinen grünen Kreis einrastet. Jetzt kann der Hebel für den Blendensimulator von der Kamera aus in eine Stellung gebracht werden, die einer bestimmten Blende zugeordnet ist. Die Blende selbst schließt sich auf diesen Wert (mit Hilfe des zweiten Hebels) im Augenblick der Aufnahme.
Vor der Aufnahme, bei eingeschaltetem Belichtungsmesser, ist zunächst der Meßzeiger frei. Er pendelt, je nach Lichtmenge und Empfindlichkeits- bzw. Verschlußzeiteinstellung, sich auf eine bestimmte Blende ein. Der Übertragungsmechanismus ist an diesem Vorgang noch nicht beteiligt. Erst wenn man den Auslöser betätigt, wird der zuletzt gemessene Blendenwert in den Übertragungsmechanismus eingegeben. Damit ist die Blende vorprogrammiert. Der Spiegel klappt nun hoch und löst den Verschluß aus. Kurz vorher wird, über den zweiten Hebel für die Springblende, die Blende auf den vorprogrammierten Wert geschlossen und nach Verschlußablauf wieder geöffnet.
Die Belichtungsmessung erfolgt (natürlich durch das Objektiv) durch spezielle Siliziumzellen. Canon nennt sie "Silikon-Blauzellen". Es sind dies Siliziumzellen, die in ihrer spektralen Empfindlichkeit auf den mittleren bis blauen Farbbereich eingestellt sind (man soll nie sagen, daß eine Siliziumzelle ihr Maximum z. B. im roten Bereich hat, die Technik erfindet gleich wieder etwas Neues). Der Meßbereich ist gewaltig. So lassen sich mit diesem Belichtungsmesser die Blenden im Bereich der ganzen Lichtwertskala (1-17) steuern! Die elektrische Energie stammt aus zwei Mallory PX 625.
Diese Batterieknöpfchen sind ganz schön belastet. Auch fließt ein Ruhestrom, wenn man die Batterien nicht mit dem Schalter unter dem Schnellschalthebel abschaltet. Vergißt man dieses Abschalten, sind die Batterien in einer Nacht leer. Die Kamera funktioniert auch ohne Batterien von 1-1/1000 sek. Jedoch ohne Blendenautomatik und ohne Belichtungsmesser. Canon sollte sich hier etwas einfallen lassen zumal man den Batterieschalter zu gerne vergißt und somit der Strom eingeschaltet bleibt.
Wenn die Blenden nicht automatisch gesteuert werden sollen, kann man auf Arbeitsblendenmessung umschalten. Man muß dann, mit Verschlußzeit oder Blende, den Meßzeiger in eine Kerbe steuern. Die Blendenanzeige ist dann ungültig.
Wie alle Automatikkameras, mißt auch die Canon EF ziemlich integral. Allerdings ist eine leichte Mittenbetonung feststellbar. Meßergebnis und Blendensteuerung arbeitet einwandfrei.
Die Kamera stand mir mit dem Canon FD-Objektiv 1:2,8/100 mm zur Verfügung. Dieses Objektiv baut ungemein kurz, es ist kaum länger als das Standardobjektiv. Es verfügt über ausgezeichnete optische Eigenschaften und reiht sich in die Gruppe der Spitzenobjektive ein. Canon Objektive haben einen interessanten Bajonettanschluß. Das Objektiv wird auf die Kamera gesetzt und durch einen drehbaren Ring verriegelt. Dieser Ring verriegelt, bei abgenommenem Objektiv, den Hebel für die Blendenübertragung. Ich halte dieses Bajonett für ausgezeichnet und finde es auch absolut nicht umständlich. Es sorgt für bombenfesten Sitz des Objektives.

2. Beurteilung der Handhabung

Die Canon EF ist weder besonders groß, noch besonders schwer. Sie liegt gut in der Hand. Das Zeiteneinstellrädchen schaut über den Rand der Kameravorderseite. Es liegt somit direkt im Bereich des Mittelfingers. Bei einer Kamera mit Blendenautomatik ist das sehr gut, denn man kann so, ohne die Kamera vom Auge zu nehmen, die Zeit nach Belieben einstellen. Zeitanzeigeskala ist im Sucher sichtbar. Nicht ganz glücklich ist die Lage des, außerordentlich massiven, Schnellschalthebels. Er liegt zu nah am Okular. Um ihn zu betätigen, muß man die Kamera vom Auge nehmen. An der Rückwand, direkt unter dem Schnellschalthebel, liegt ein Schalter für die gesamte Stromzufuhr. Dieser Schalter verriegelt den Auslöser und den Schnellschalthebel, wenn er in der Stellung "off" steht. In der Stellung "on" ist dann alles frei und eingeschaltet. In der Achse des Schalters ist ein kleiner Knopf. Wenn man ihn drückt und gleichzeitig den Schnellschalthebel betätigt, wird der Film nicht transportiert. Durch diesen Knopf sind exakte Mehrfachbelichtungen möglich. Der Knopf ist fein, der Schalter weniger, denn man kann ihn zu leicht vergessen und dann ist bald kein Strom mehr in den Batterien. Ob man noch genüqend Strom hat, sieht man an einer kleinen Leuchtdiode, wenn man auf einen roten Knopf, am Boden der Kamera, drückt. Sie blinkt dann wie das Blaulicht eines Polizeifahrzeuges. Sie blinkt auch, wenn man Verschlußzeiten mit elektronischer Steuerung einstellt (2-30 Sekunden) so lange der Verschluß offen ist. Hinter dieser Leuchtdiode liegt die Blendenstoptaste. Mit ihr kann man die Blende auf einem bestimmten Wert festhalten und somit Belichtungskorrekturen durchführen. Bleibt noch über den kombinierten Hebel für Selbstauslöser, Schärfentiefenkontrolle und Arbeitsblendenmessung zu sprechen. Zum Zweck der Arbeitsblendenmessung ist er arretierbar. Zu diesem Zweck befindet sich an der Unterseite des großen Hebels ein kleiner. Mit diesem kleinen Hebel kann man, in seiner dritten 'Stellung, den Spiegel aus dem Strahlengang klappen und arretieren.
Das Sucherbild ist klar. Mikroprismenfeld in der Mitte, gut einstellbare und sichtbare Schärfe, wird ergänzt durch Mattscheibenring und ausreichend feine Fresnelscheibe. Das Sucherokular sitzt zu weit in der Fassung. Brillenträger können das Sucherbild nicht mehr überschauen. Dafür beeindruckt Fremdlicht, durch das Okular, den Belichtungsmesser kaum.
Die Auslöseerschütterung ist gering (dieser Punkt wird von allen Kameraherstellern heute sehr ernst genommen!). Der Auslösedruck ebenfalls. Auch der Weg des Auslösers ist normal, da ja die Blendenprogrammierung nicht durch die Kraft des Auslösedruckes erfolgt. Das Geräusch entspricht den Anforderungen, die man an eine gute Spiegelreflex stellen muß. Es ist kultiviert gedämpft. Das Einlegen der Filme ist erleichtert durch eine, mehrfach geschlitzte, Aufwickelspule und stellt kein Problem dar. Rückspulkurbel sitzt gut und läßt sich bequem betätigen.

3. Beurteilung der meßtechnischen Prüfung

Verschluß: Bewährter Copal Lamellen-Schlitzverschluß. Er zeigte gute Zeitkonstanz bei allen Belichtungszeiten. Die Langzeiten (2-30 Sekunden), die elektronisch gehemmt sind, sind ebenfalls bei gutem Batteriezustand ausreichend genau.

Belichtungsmesser, Blendensteuerung: Der Belichtungsmesser hat einen sehr großen Meßbereich, er bleibt auch bei geringen Lichtmengen recht genau. Dank der Silizium-Zellen reagiert er schnell und zeigt keine Fehlergebnisse bei schneller Hell-Dunkelmessung. Aus dem Blendensteuerdiagramm ist zu ersehen, wie sich die Blenden und Verschlußzeiten zueinander verhalten. So kann man z. B. mit der Verschlußzeit 1/30 sek. und einem Objektiv 1:1,422 von Lichtwert 6 - Lichtwert 14 fotografieren. Hat das Objektiv nur eine Öffnung von 1: 2,8, wird der Lichtwertbereich um zwei Lichtwerte kleiner (LW8-LW 14). Bei Blende 8 als Anfangsöffnung und 1/125 sek. kommt man vom Lichtwert 13 bis zum Lichtwert 16. Dies alles ist bezogen auf Film 18 DIN. Die Blendensteuerung arbeitete in allen Bereichen, in denen der Belichtungsmesser noch anzeigt, einwandfrei.

Reflexfreiheit Kameragehäuse: sehr gut.

Objektiv: Das getestete Canon FD 1:2,8/100 mm ist, wie bereits gesagt, sehr kurz. Baulänge von Auflage gemessen: 61 mm, Durchmesser ca. 72 mm. Sein Kennlinienverlauf weist es als Objektiv der oberen Klasse aus. Es liefert bereits bei offener Blende ausgezeichnete Werte. Es zeigt nur unwesentliche, stark gedämpfte Reflexe, was auf die Mehrschichtvergütung zurückzuführen ist. Das 100-mmObjektiv ist kein Standardobjektiv. Meine Leser werden aber merken, daß ich mir gerne aus dem Objektivangebot ein interessantes Exemplar herausgreifen und mit der Kamera teste. Die Brennweite 100 mm erschien mir in diesem Fall besonders interessant, weil es sich hier um eine Brennweite handelt, die mehr und mehr Freunde findet. Sei es als Porträtobjektiv oder für die allgemeine Fotografie überhaupt. Es schafft Distanz ohne aufdringliche Tele-Wirkung. Als Standardobjektiv würde ich das Canon FD 1:1,4/50 mm empfehlen.

4. Gesamtbeurteilung

Die, in Fachkreisen mit einiger Spannung erwartete, Canon EF erfüllt die, in sie gesetzten, Erwartungen. Sie ist präzise gebaut und macht einen robusten Eindruck. Zu bemängeln gibt es nur Kleinigkeiten. In erster Linie der hohe Stromverbrauch, der sicherlich zu öfterem Batteriewechsel zwingt. Schnellschalthebel und Sucherokular sind verbesserungsfähig. Anstelle des Batterieschalters würde ich mir eine eindeutigere Lösung vorstellen können, die dahin zielt, den Batteriestrom automatisch abzuschalten. Vielleicht sollte man sich auch überlegen, die beiden Knopfzellen durch eine leistungsfähigere Batterie zu ersetzen. Die Kamera hat Blendenautomatik bei Zeitvorwahl. Wenn diese Automatik genutzt werden soll" müssen Canon FD-Objektive benutzt werden. Mit anderen Canon-Objektiven kann nur mit der Arbeitsblende gemessen werden. Das ist die übliche Einschränkung bei dieser Art der Automatik. Wer sich auf ein Canon F 1 System eingestellt hat, findet in der EF eine vorzügliche Ergänzung. Wer sich ein System mit dem Grundbaustein Canon EF aufbaut, hat sicher keinen schlechten Griff getan. Wenn man den großen Zeitenbereich, z. B. bei Nah- und Makroaufnahmen, nutzen will, braucht man Balgengerät oder Zwischenringe mit dem Übertragungsmechanismus für die Programmierung der Blende. Das ist sicher alles greifbar, denn es dürfte identisch mit dem Systemzubehör der Canon F 1 sein, doch irgendwie endet hier die Elastizität der Blendenautomatik. Aber, wie bereits gesagt, das bezieht sich beinahe schon auf die Grenzgebiete der Fotografie und gilt daher in erster Linie für diejenigen, die gerne in diesen Grenzgebieten spielen (es sind gar nicht so wenige!).
In jeder Profisparte, in der es auf schnelle Schußbereitschaft und gleichmäßige Ergebnisse ankommt, kann die Canon EF mit Erfolg eingesetzt werden. Blendenautomatik hat in diesem Fall den unbestreitbaren Vorteil der absoluten Verschlußzeitkonstanz.
Eine Preisidee habe ich nicht. Ich konnte auch keine Hilfestellung in dieser Richtung bekommen, da die Kamera ja noch gar nicht auf dem Markt ist.
Jedenfalls ist die Canon EF nicht nur einfach eine Bereicherung des Sektors automatische Spiegelreflexkameras, sie ist auch eine feine Ingenieurarbeit.

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