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Artikel

2006

KAMERAS TEST

Vergleich Canon EOS 20D und 350 D

Ungleiche Schwestern

In der Bildqualität sind die Unterschiede zwischen EOS 20D und 350D marginal. Aber bei Gehäuse, Bedienkonzept und einzelnen Funktionen zeigt sich, dass sie keine Zwillinge sind. Dieser Doppeltest macht deutlich, worin sie sich unterscheiden.

Die EOS 300D läutete vor eineinhalb Jahren einen Preissturz bei digitalen Spiegelreflexkameras ein und präsentierte sich im Set mit Standardzoom rund 500 Euro günstiger als das damals aktuelle Schwestermodell EOS 10D. Heute stehen sich die Nachfolger beider Modelle gegenüber. Der Preisunterschied ist ungefähr vergleichbar, die technischen Unterschiede fallen aber deutlich geringer aus.
Bei der Bildqualität sind die Unterschiede marginal: Insgesamt liegt die EOS 350D bei ISO 100 einen halben Punkt vorn, während die EOS 20D bei ISO 400 um einen ganzen Punkt in Führung geht. Bei Einschaltverzögerung und AF-Zeit mit Auslöseverzögerung sind die Werte in etwa vergleichbar. Einen nennenswerten Unterschied gibt es nur bei der Bildfolgezeit: Hier führt die EOS 20D mit 5 B/s gegenüber 2,8 B/s. Der Griff zum günstigeren Modell muss dennoch nicht automatisch der richtige sein: Neben den vielen Gemeinsamkeiten gibt es auch einiges, was die beiden Schwestern voneinander trennt.

Rund ums Gehäuse

Das merkt man schnell, wenn man beide Modelle abwechselnd in die Hand nimmt: Das Gehäuse der EOS 20D besteht größtenteils aus einer Magnesiumlegierung, ergänzt durch einige Kunststoffteile wie die obere Abdeckung des integrierten Blitzgeräts und die Bodenplatte. Am Griffstück gibt es eine handfeste Gummierung, die eine angenehme Haptik vermittelt: Die Kamera lässt sich selbst dann gut halten, wenn ein großes und schweres Teleobjektiv verwendet wird.
Konsequente Leichtbauweise vermittelt dagegen das Gehäuse der EOS 350D, das in Schwarz und in Silber erhältlich ist (der Redaktion stand bisher nur das schwarze zur Verfügung). Die Haptik ist akzeptabel. Das Gehäuse besteht komplett aus Kunststoff, dessen Oberfläche etwas aufgeraut ist. Auf eine Gummierung am Handgriff haben die Konstrukteure dagegen verzichtet. Daran ist insofern nicht viel auszusetzen, als diese Kamera überwiegend mit leichten Zoomobjektiven wie dem EF-S 18-55 mm verwendet wird, mit dem es auch preisgünstig im Set erhältlich ist. Unterm Strich hat das Schwestermodell 20D bei der Gehäusequalität eindeutig die Nase vorn. Der Blitzkabelanschluss freut Studiofotografen.
Bei der EOS 20D liefert ein Lithium-Ionen-Akku (BP-511A) mit 1390 mAh die nötige Energie, bei der EOS 350D der kleinere Typ NB-2LH mit 720 mAh, wie er auch in den PowerShot-S-Modellen verwendet wird. Die pro Akkuladung erreichbare Bildanzahl soll laut Hersteller bei beiden Modellen vergleichbar sein.

Bedienkonzept

Im Bedienkonzept unterscheiden sich die Kameras deutlich: Bei der EOS 350D findet man ein Einstellrad in Nähe des Auslösers, ergänzt durch einen 4-Weg-Schalter mit integrierter Bestätigungstaste an der Gehäuserückseite. Mit diesem 4-Weg-Schalter navigiert man mühelos durch die insgesamt fünf Menüseiten mit maximal sieben Einträgen. Pro Menüseite lassen sich alle Einträge ohne Scrollen überblicken. Zudem praktisch: Die Tasten des Schalters dienen im Aufnahmemodus als Funktionstasten für Messmethode, Empfindlichkeit, Aufofokus und Weißabgleich. Das heißt: Wird eine dieser Tasten gedrückt, springt automatisch der Monitor an, um den betreffenden Eintrag bzw. die Auswahlmöglichkeiten anzuzeigen.
Anders bei der EOS 20D: Neben dem Einstellrad in Auslösernähe findet sich an der Rückseite ein zweites, deutlich größeres Rad, das mit dem Daumen bedient wird. Dieses Rad benutzt man im manuellen Modus beispielsweise zum Einstellen der Blende, während man die Verschlusszeit mit dem vorderen Rad wählt. Bei der EOS 350D verwendet man in beiden Fällen das vordere Rad; zum Einstellen der Blende drückt man eine zusätzliche Taste.
Das Rad am Heck bewährt sich bei der EOS 20D auch zum Einstellen von Belichtungskorrekturen und zum schnellen Navigieren im Menü; zum Auswählen eines Eintrags drückt man die Bestätigungstaste. Da es sich mit dem Rad behende scrollen lässt, stört es auch nicht, dass sich die verschiedenen Menüseiten bei der EOS 20D auf einer Ebene bzw. in einer fortlaufenden Liste finden. Farblich abgesetzte Balken rechts am Menürand erleichtern die Orientierung; mit der Jump-Taste springt man von Seite zu Seite.
Zusätzlich zu den Rädern besitzt die 20D ein sogenanntes Jog-Dial, einen miniaturisierten 4-WegSchalter, den es beim Vorgängermodell EOS 10D noch nicht gab. Das Jog-Dial lässt sich für verschiedene Funktionen einsetzen, etwa beim Navigieren im per Lupenfunktion vergrößerten Monitorbild. Etwas Eingewöhnung vorausgesetzt, lässt sich die EOS 20D sehr schnell und intuitiv bedienen. Wer von einer digitalen Kompaktkamera kommt, wird sich mit der EOS 350D vermutlich auf Anhieb leichter tun.

Funktionsumfang

Gemessen am günstigen Anschaffungspreis besitzt die EOS 350D einen üppigen Funktionsumfang. Neu im Vergleich zum Vorgängermodell EOS 300D sind beispielsweise Spiegelvorauslösung, Direct-Print-Taste und manuelle Blitzlichtkorrektur. Korrigieren lässt sich das Blitzlicht im Aufnahme-Menü über +/-2 Blenden. Der gleiche Einstellbereich gilt für die Hauptbelichtung. Nur gibt es dafür eine eigens reservierte Taste, die in Kombination mit dem Einstellrad und einer Analogskala im LC-Display verwendet wird. Bei der 20D korrigiert man die Hauptbelichtung nach Antippen des Auslösers einfach mit dem hinteren Einstellrad, ebenfalls an einer Analogskala. Drückt man dann eine Taste, kann man an der gleichen Skala die Blitzbelichtungskorrektur einstellen.
Direktzugriffstasten gibt es beim größeren Modell auch für die drei Betriebsarten des 7-Punkt-Autofokus (One Shot, AI Focus, AI Servo) und für die Belichtungsmessmethoden (Matrix, mittenbetont, selektiv). Bei der EOS 350D muss man auch dafür in die entsprechenden Menüs abtauchen. Positiv ist andererseits, dass die 350D diese Einstellungen überhaupt zulässt: Beim Vorgängermodell 300D wurden sie von der Kamera programmabhängig vorgenommen, ohne dass der Anwender dies beeinflussen konnte.
Die Auswahl an Belichtungs- bzw. Motivprogrammen ist bei beiden Modellen vergleichbar.
Eine Besonderheit der 350D ist nur, dass der Hersteller bei den Blitzprogrammen den Schwerpunkt auf ISO 400 gesetzt hat. Das heißt: Abgesehen von jenen Fällen, in denen Licht im Überfluss zur Verfügung steht oder eine offene Blende angestrebt wird, wählt die Kamera vorzugsweise diesen ISO-Wert, um die Blitzreichweite zu erhöhen.
Erfreulicherweise hat Canon die EOS 350D wieder mit Individualfunktionen ausgestattet, die ja bei der EOS 300D völlig fehlten. Neun Individualfunktionen sind zwar nur halb so viele wie bei der EOS 20D; auf die wichtigsten muss man dennoch nicht verzichten (siehe Kasten auf Seite 21). Von der EOS 20D übernommen wurde auch der Schwarzweißmodus mit virtuellen Tonungs- und Filtereffekten.
Etwas Neues hat sich der Hersteller bei der EOS 350D für die Auswahl der Qualitäts- und Weißabgleicheinstellungen einfallen lassen: Die Optionen werden jetzt in einer übersichtlichen Tabelle dargestellt. Bei JPEGs hat man die Wahl zwischen drei Auflösungen mit je zwei Kompressionvarianten; RAW-Formate lassen sich entweder alleine abspeichern oder in Kombination mit einem JPEG von maximaler Auflösung und minimaler Kompression.

Fazit

Karl Stecht

Ob man sich nun für die EOS 20D oder die 350D entscheidet: Bildqualität und Funktionsumfang lassen in beiden Fällen kaum Wünsche offen. Pluspunkte sammelt die EOS 20D durch ihre zwei Einstellräder plus Jog-Dial, Blitzkabelanschluss und anderes; das Gehäuse ist deutlich solider. Mit dieser Kamera lässt es sich auch professionell arbeiten, während die 350D für Hobbyfotografie auf höchstem Niveau steht - ideal für unterwegs und eine verlockende Alternative zu den Kameras der Prosumer-Kategorie ä la Canon Pro1. Denn die haben einen kleineren Sensor, der deutlich stärker rauscht.

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