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Artikel
2006
KAMERAS TEST
Canon EOS 5D mit 12,7 Megapixel
Punktlandung
Canon hat eine Punktlandung in einer noch unbesetzten Preisregion geschafft: Die EOS 5D ist die bislang erste digitale SLR-Kamera mit Vollformatsensor in der 3000-Euro-Klasse und nicht mal halb so teuer wie die EOS 1Ds Mark II. Zu ihren Stärken gehört die exzellente Bildqualität bei ISO 400.
Mit der EOS 5D verschwimmen die Grenzen zwischen gehobener Amateurkamera und Profimodell: Die Neue ähnelt stark der EOS 20D, ist aber etwas größer und rund 120 g schwerer. An der Oberseite, wo sich bei der 20D die Kunststoffabdeckung für das eingebaute Blitzgerät befindet, bildet das Magnesiumgehäuse der 5D eine geschlossene Einheit. Das macht sie noch einen Tick solider, fordert vom Fotografen aber, dass immer ein Plätzchen in der Fototasche für den externen Blitz reserviert bleibt.
Ergonomisch präsentiert sich das Gehäuse rundum gelungen: Der Griff ist gummiert, das Gehäuse liegt angenehm in der Hand und vermittelt Wertigkeit. Allerdings ist es nicht gegen Spritzwasser und Staub abgedichtet wie bei den waschechten Profimodellen. Wer gerne noch etwas mehr in der Hand hätte, ordert den optionalen Batteriehandgriff BG-E4. Dieser wird mit zwei Exemplaren des Lithium-Ionen-Akkus BP-511A bestückt, von denen einer zum Lieferumfang der EOS 5D gehört. Es muss also nur ein weiterer zugekauft werden. Mit Handgriff gleicht sich die EOS 5D den Profimodellen EOS 1D/Ds Mark II optisch an, bleibt aber dennoch eine nahe Verwandte der 20D.
Bewährtes Bedienkonzept
Dafür sorgt schon das vom kleineren Modell entlehnte und bewährte Bedienkonzept: Es rankt sich um das an der Rückseite angebrachte Drehrad mit integrierter Bestätigungstaste, womit sich hurtig Menüpunkte anwählen und Werte verändern lassen. So stört es auch nicht, dass sich alle 31 Menüpunkte auf einer Ebene befinden und durch Scrollen mit dem Rad angewählt werden. Mittels Jump-Taste springt man jeweils zum ersten Eintrag der drei Untermenüs; farbige Streifen an der Seite erleichtern die Orientierung. Im Endeffekt kommt man damit schneller zum Ziel als bei einer Aufteilung der Einträge auf verschiedene Menüseiten. Neben diversen Tasten gibt es einen miniaturisierten 4-Wege-Schalter (Jog-Dial), der etwa zum Navigieren im per Lupenfunktion vergrößerten Bild verwendet wird. Im Zentrum des Geschehens prangt der 2,5 Zoll große Monitor mit 230 000 Pixel Auflösung. Das kleine Schmuckstück sorgt beim Navigieren im Menü für ein willkommenes Plus an Übersicht und besticht im Wiedergabemodus durch Brillanz, natürliche Farbwiedergabe und einen großen Betrachtungswinkel von 170 Grad horizontal/vertikal. Auch wenn man das Bild bei gekippter Kamera betrachtet, verändern sich Farbwiedergabe und Helligkeit kaum. Etwas Vergleichbares wünscht man sich auch bei den Consumer-Modellen in Canons D-SLR-Riege.
Zeitgemäße Kameratechnik
Das Modus-Rad links oben an der Kamera weist die bekannten Belichtungsprogramme aus: Vollautomatik, dazu Programm-, Zeit- und Blendenautomatik, ergänzt durch „M" für die manuelle Einstellung von Zeit und Blende. Auf Motivprogramme hat Canon bei dieser Kamera aus nachvollziehbaren Gründen verzichtet: versiertere Fotografen kommen auch ohne sie aus. Als zusätzliche Rastpositionen finden sich „B" für Bulb (Verschluss bleibt so lange offen wie der Auslöser anwählt. In der Praxis arbeitet der Autofokus zuverlässig und schnell. Die gemessene Auslöseverzögerung inklusive AF-Zeit liegt bei 0,3 s, was ganz gut, nach Canon-Maßstab allerdings kein Traumwert ist - den erreicht eher das Flaggschiff 1Ds Mark II mit 0,18 s. Die Einschaltverzögerung von 0,2 s lässt dagegen keine Wünsche offen. Das Sucherbild mit 0,71facher Vergrößerung erscheint deutlich größer als bei Kameras mit APS-C-Sensor üblich; im Gegensatz zum Schwestermodell EOS 1Ds Mark II beträgt das Gesichtsfeld allerdings nicht 100, sondern nur 96 Prozent. Die Einstellscheiben lassen sich wechseln: Neben der Standardversion gibt es eine Gitterscheibe und eine weitere Scheibe, die für manuelles Fokussieren optimiert ist (mit etwas gröberer Struktur - doch ohne zusätzliche Einstellhilfen).
Superwerte bei ISO 400
Der neu entwickelte CMOS der EOS 5D hat Kleinbildformat; er misst 35,8 x 23,9 mm. Damit entfällt der Bildwinkelfaktor, der in der Praxis einem Verlängerungsfaktor für die verwendete Brennweite entspricht. Die maximale Auflösung beträgt 4368 x 2912 (12,7 Mio.) Pixel und kann bei Bedarf auf 3168 x 2112 (6, 7 Mio.) oder 2496 x 1664 (4,1 Mio.) Pixel reduziert werden. In voller Auflösung misst ein Bild in Photoshop bei 300 dpi Einstellung 36,98 x 24,65 cm. Zum Vergleich: Der Bildsensor der 1Ds Mark II mit 16,7 Megapixel bringt's auf 42,27 x 28,18 cm bei 300 dpi.
Die eigentliche Überraschung brachten die Ergebnisse im Testlabor: Erwartungsgemäß bleibt die gemessene Auflösung der EOS 5D unter den Werten des größeren Schwestermodells. Beim Rauschen, bezogen auf ISO 100, erreichen beide Kameras den Höchstwert von 15 Punkten. Bei ISO 400 aber zieht die EOS 5D davon. Während die EOS 1Ds Mark II hier nur einen Signal-Rauschabstand von 36,0 und 8,5 Punkten erreicht, bleibt die EOS 5D auf höchstem Level (79,1 S/N und 15 Punkte). Beim Objektkontrast ist die EOS 5D generell eine Spur besser.
Unter dem Strich ergibt sich damit der bislang nicht dagewesene Fall, dass eine Kamera bei ISO 100 und 400 identische Werte für die Bildqualität (59 Punkte) und auch die gleiche Gesamtpunktzahl erreicht. Vergleicht man die Werte für die Bildqualität mit denen der EOS 1Ds Mark II, ergibt sich folgendes Bild: Bei ISO 100 liegt das größere Modell noch 9 Punkte vorne (wegen der höheren Auflösung); bei ISO 400 aber schrumpft der Abstand aber auf 2 Punkte (wegen des stärkeren Rauschens der 1Ds Mark II). Mit diesen Ergebnissen übertrifft die EOS 5D sogar die in sie gesetzten Erwartungen.
Fazit
Karl Stechl
Mit einer Gesamtpunktzahl von 85 platziert sich die EOS 5D hinter ihrem Schwestermodell EOS 1 Ds Mark II auf dem zweiten Platz in der Rangliste der digitalen SLR-Kameras. Am Canon-Topmodell kommt nicht vorbei, wer dessen noch höhere Auflösung benötigt. Diesem Anwenderkreis empfiehlt sich die EOS 5D aber allemal als Zweitgehäuse mit ausgezeichnetem Preis-Leistungs-Verhältnis. Und wer bisher nur von einer Kamera mit Vollformat-Chip geträumt hat, sieht diesen Traum jetzt in bezahlbare Nähe gerückt.
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