← Zurück

Artikel

Test & Technik photokina-nachlese

Die neue Canon EOS 5

Auf der photokina wurde sie als kleine Sensation gefeiert, die EOS 5 mit "augengesteuertem Autofokus". Canon behauptet, die Kamera sei ihrer Zeit voraus, kritische Stimmen hingegen äußern, die EOS 5 sei unzeitgemäß, weil technologisch nicht ausgereift. Dennoch könnte sich der "augengesteuerte Autofokus" als eine zukunftsträchtige Technologie erweisen. Hier erfahren Sie, worum es dabei geht.

Wenn wir eine Szenerie beobachten, stellt das Auge automatisch auf das Detail scharf, das unsere Aufmerksamkeit am meisten erregt. Von dieser Gegebenheit sind offenbar die Entwicklungsingenieure von Canon ausgegangen, als sie den "augengesteuerten Autofokus" der EOS 5 konzipierten. Die Kamera soll automatisch auf das Objekt scharfstellen, auf welches der Fotograf blickt. Das funktioniert folgendermaßen: Die EOS 5 hat fünf AF-Fokussierpunkte, die in der Suchermitte entlang einer (imaginären) waagerechten Linie plaziert sind. Wenn nun der Fotograf durch den Sucher auf das Hauptobjekt blickt, wird automatisch der Fokussierpunkt aktiviert, der dem Hauptobjekt am nächsten liegt. Damit die Kamera die Blickrichtung des Fotografen erkennt, wird das Auge mit einem Infrarotstrahl beleuchtet. Das von der Netzhaut reflektierte lnfrarotlicht wird von einem CCD-Sensor erfaßt. Der Kameracomputer analysiert anschließend das Reflexionsmuster, um festzustellen, wohin das Auge sieht. Jedes Auge hat aber seine Eigenheiten, so daß die EOS 5 auf jedes Auge eigens geeicht werden muß. Dies geschieht durch ein spezielles Kalibrierprogramm, wobei bis zu fünf Kalibrierungen (für verschiedene Personen) gespeichert und abgerufen werden können.
Wenn die Scharfeinstellung in der Betriebsart "One-shot AF" abgeschlossen ist, kann das Objektiv, ebenfalls "per Blickkontakt", abgeblendet werden. Dafür muß der Fotograf auf die "Schärfentiefe-Markierung" blicken, die sich oben links im Sucher befindet. Die Blende wird dann für etwa sechs Sekunden auf den eingestellten Wert geschlossen.

Belichtungsmessung

Die Canon EOS 5 verfügt über vier Methoden der Belichtungsmessung: Bei der Mehrfeldmessung wird die Belichtung in sechzehn Zonen gemessen, wobei der aktivierte Fokussierpunkt als zentraler Meßbereich gilt. Bei Hochformataufnahmen schaltet laut Canon ein "Positionsüberwachungs-Sensor" auf formatabhängige Algorithmen um. Bei der Spotmessung wird ein Bereich von 3,5 Prozent des Suchers berücksichtigt. Normalerweise ist der selektive Meßbereich mit dem jeweils aktivierten Fokussierpunkt verbunden, kann aber auch in die Mitte des Suchers plaziert werden. Bei der mittenbetonten Integralmessung ist die Suchermitte stärker gewichtet. Die TTL-Blitzlichttmessung läßt die von der Filmebene reflektierte Lichtmenge. Die Gewichtung der Blitzlichtmessung ist mit dem jeweils aktivierten Fokussierpunkt gekoppelt.

Betriebsarten

Die Betriebsarten der EOS 5 kennt man bereits von anderen EOS-Modellen: Programm-, Blenden- und Zeitautomatik, Schärfentiefenautomatik, Vollautomatik, Motivprogramme für Porträt-, Landschafts-, Sport- und Nahaufnahmen sowie eine manuelle Belichtungseinstellung. Die EOS 5 hat außerdem eine TTL-Blitzautomatik für das eingebaute Blitzgerät und eine TTL-Blitzautomatik für systemkonforme Aufsteckblitzgeräte wie das Canon EZ Speedlite. In der X-Betriebsart können auch Stroboskopblitzgeräte verwendet werden. Das eingebaute Blitzgerät hat - je nach Brennweite - eine Leitzahl zwischen 10 und 15 (bei ISO 100). Die Blitzsynchronisation kann wahlweise auf den ersten oder auf den zweiten Verschlußvorhang erfolgen.
Die EOS 5 verfügt auch über sechzehn individuell programmierbare Funktionen, wie beispielsweise leise Rückspulung, Spiegelvorauslösung, Verringerung der Blitzintensität für das Authellblitzen bei Tageslicht und Entkoppelung des Spotmeßkreises aus der Verbindung mit dem Fokussierpunkt.
Die Verschlußzeiten reichen von 1/8000 Sekunde bis zu 30 Sekunden. In der Blendenautomatik und in der manuellen Belichtungseinstellung können die Verschlußzeiten in halben Stufen eingestellt werden. In den anderen Automatikfunktionen werden die Verschlußzeiten stufenlos gebildet. Längere Verschlußzeiten als 1/2000 Sekunde sind blitzsynchronisiert (in der Programmautomatik bis 1/60 Sekunde, in der Zeitautomatik bis 30 Sekunden), Eine Bulb-Einstellung für handgesteuerte Langzeitbelichtungen ist ebenfalls vorhanden.
Der eingebaute Motorantrieb kann in drei Stufen eingestellt werden: Einzelbild-Funktion sowie langsame oder schnelle Serienbild-Funktion mit bis zu fünf Aufnahmen pro Sekunde bei durchgedrücktem Auslöser. Filmtransport und -rückspulung erfolgen automatisch.
Durch einen Riemenantriebsmechanismus erfolgt der Filmtransport recht leise.

Sonstiges

Auf der Rückseite der EOS 5 befindet sich, wie bei der EOS 1, ein Schnelleinstellrad. Bei manueller Belichtungseinstellung wird über das Schnelleinstellrad die Blendenöffnung des Objektivs eingestellt. In den Automatikfunktionen dient das Daumenrad der Belichtungskorrektur oder - bei TTL-Blitzbelichtung - der Blitzkorrektur. Die Belichtungskorrektur kann im Bereich von ± 2 EV in halben Stufen eingestellt werden. Die EOS 5 ist außerdem mit einer Belichtungsreihenautomatik ausgestattet, wobei bei die Abstände der flankierenden Belichtungen in halben Stufen zwischen +2 EV und -2 EV gewählt werden können.
Gleichzeitig mit der EOS 5 hat Canon ein neues Zoomobjektiv präsentiert, das EF 3,5-4,5/ 28105 mm USM. Das Objektiv ist nur 265 Gramm leicht (Kunststoff macht es möglich).
Neu sind auch die Ultraschall-Objektive EF 3,5-5,6/35-350 mm L USM und EF 5,6/1200 mm L USM. Das EF 3,5 5,6/35 350 mm L TSM deckt einen bemerkenswert großen Brennweitenbereich ab. Das Objektiv besteht aus 21 Linsen in 15 Gruppen und wiegt 1350 Gramm. Das 84 Zentimeter lang Supertele EF 5,6/ 1200 mm L USM besteht aus 12 Linsen in 9 Gruppen und bringt 16,5 Kilogramm auf die Waage.
Die Canon EOS 5 soll etwa 1400 Mark kosten. In Japan und den Vereinigten Staaten gibt es bereits ein Schwestermodell der EOS 5 ohne "augengesteuerten Autofokus", das vermutlich demnächst auch in Europa erhältlich sein wird. Ob dies ein Hinweis darauf ist, daß Canon dem "augengesteuerten Autofokus" doch nicht ganz vertraut? Die ersten Erfahrungen, die wir mit der Canon EOS 5 auf der photokina gemacht haben, erschienen uns nämlich nicht so recht überzeugend: Die Kalibrierung hat nicht auf Anhieb geklappt, und die Aktivierung der drei mittleren Autofokussensoren hat uns nachhaltig Schwierigkeiten bereitet. Außerdem stellten wir fest, daß der "augengesteuerte Autofokus" bei Hochformataufnahmen nicht funktionierte - trotz intensiver Augenakrobatik. Die Fokussierpunkte sind dann nämlich senkrecht angeordnet; die Augensteuerung erkennt aber offenbar nur eine waagerechte Augenbewegung. Doch selbst bei den üblichen Querformataufnahmen muß sich das Hauptobjekt recht nahe an der imaginären Mittellinie befinden - was die Bildgestaltung doch etwas einengt.
Abgesehen davon ist auch noch nicht ganz klar, inwieweit auf Fehlsichtige Augen (Schielen) kalibriert werden kann.

{ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}